Kopf
Das Landesgericht Wiener Neustadt als Rekursgericht hat durch den Richter Mag. Edelmann als Vorsitzenden sowie die Richter MMag. Dr. Sengstschmid und Dr. Kaller-Pröll in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. G. W., vertreten durch Mag. Bernhard Mlynek, Rechtsanwalt in Pressbaum, wider die beklagte Partei X., vertreten durch Dr. Markus Gilhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1.252,14 s.A. über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 07.06.2020, 2 C 881/18i-28, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Kostenrekurs wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Kostenentscheidung zu lauten hat:
„3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters bei sonstiger Exekution die mit EUR 2.378,48 (darin enthalten EUR 500,-- an Barauslagen und EUR 313,08 USt) bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 225,05 (darin EUR 37,47 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte EUR 1.252,14 s.A. an Schadenersatz für die Beschädigung seines geparkten Fahrzeugs durch das unachtsame Öffnen der neben dem vom Kläger verwendeten Parkplatz befindlichen Mitarbeiter-Nebeneingangstür durch einen Mitarbeiter der Beklagten.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht der Klage im Umfang von EUR 170,-- s.A. statt. Das Mehrbegehren wies es ab. In der Kostenentscheidung sprach es der Beklagten EUR 1.626,17 (darin EUR 500,-- an Barauslagen und EUR 271,03 USt) gemäß § 43 Abs 2 ZPO zu. Dabei seien die berechtigten Einwendungen gegen die Kostennote der Beklagten berücksichtigt worden. Die als vorbereiteter Schriftsatz titulierte Eingabe ON 7 datiere vom 02.01.2019. Die vorbereitete Tagsatzung sei am 08.01.2019 erfolgt. Aus dem Zweck des § 257 Abs 3 ZPO iVm dem ebenfalls durch die ZVN 2002 geschaffenen § 178 Abs 2 ZPO (Prozessförderungspflicht) folge, dass Schriftsätze, die außerhalb dieser 7-tägigen Frist bis zur vorbereiteten Tagsatzung beim Richter oder beim Gegner einlangten, nach den Intentionen des Gesetzgebers der ZVN 2002 nicht zu honorieren seien, dies selbst dann, wenn sie nicht zurückgewiesen würden. Die Frist sei gewahrt, wenn die elektronische Eingabe bei Gericht und Gegner (auch mit E-Mail) bis 24 Uhr des letzten Tages einlange. Da die Verspätung amtswegig wahrzunehmen sei, betreffe die Verzeichnung der Kosten verspäteter Schriftsätze eine „offenbare Unrichtigkeit der Kostennote“, die selbst ohne Kosteneinwendungen aufzugreifen wäre.
Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass ihr EUR 2.378,48 (darin EUR 500,-- an Barauslagen und EUR 313,08 USt) zugesprochen würden.
Der Kläger erstattete keine Rekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Die Rekurswerberin argumentiert, das Erstgericht habe ihr nicht wie im Kostenverzeichnis EUR 1.878,48 zuzüglich Barauslagen in Höhe von EUR 500,--, sondern unrichtigerweise nur EUR 1.626,17 inklusive Barauslagen in Höhe von EUR 500,-- zugesprochen. Auch wenn das Erstgericht offensichtlich davon ausgehe, dass der Beklagten eine Honorierung des Schriftsatzes vom 02.01.2019 nicht zustehe, so seien ihr dennoch die Barauslagen und die übrigen Vertretungskosten im vollen Ausmaß zu ersetzen. Die Barauslagen seien nicht in die Vertretungskosten hineinzurechnen, sondern zu diesen zu addieren. Auch der bei der Tagsatzung vom 08.01.2019 ausdrücklich zugelassene Schriftsatz vom 02.01.2019 wäre im vollen Ausmaß zu honorieren gewesen, weil der 01.01.2019 ein gesetzlicher Feiertag gewesen sei und somit § 126 Abs 2 ZPO zur Anwendung gelange. Überdies habe die Beklagte mit der Einbringung des Schriftsatzes unmittelbar nach dem Jahreswechsel (damit noch innerhalb der verhandlungsfreien Zeit) eine zügige Replik auf den Schriftsatz der Gegnerin vom 30.12.2018 noch vor der vorbereiteten Tagsatzung am 08.01.2019 beabsichtigt. Die Beklagte habe das Gericht und den Prozessgegner mit diesem Schriftsatz insbesondere über die im Hinblick auf den Schriftsatz vom 30.12.2018 besonders strittigen Sachverhaltselemente informiert, diesbezüglich auch Beweise (Urkunden) vorgelegt und einen Zeugen nominiert. Aufgrund der Schriftsatzeinbringung vom 02.01.2019 sei dem Gericht und dem Prozessgegner eine noch bessere Vorbereitung auf den Gerichtstermin am 08.01.2019 möglich gewesen. Aus dem Verhandlungsprotokoll vom 08.01.2019 sei auch ableitbar, dass an diesem Tag ohne der Erstattung eines weiteren Vorbringens umfassend erörtert und rasch ein Prozessprogramm habe festgelegt werden können. Der Schriftsatz habe daher der Prozessbeschleunigung und
-vereinfachung gedient und sei daher auch zu honorieren.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Der Rekurswerberin ist zunächst zuzustimmen, dass das Erstgericht offenbar irrtümlich die Barauslagen nicht zusätzlich zu den Vertretungskosten bestimmt, sondern als von diesen inkludiert ausgewiesen hat. Wie aus der Begründung des Erstgerichts ersichtlich, wollte dieses die Kostennote der Beklagten lediglich um den Schriftsatz vom 02.01.2019 kürzen.
Gemäß § 257 Abs 3 ZPO müssen vorbereitende Schriftsätze spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht und beim Gegner einlangen.
Da die vorbereitende Tagsatzung am 08.01.2019 stattgefunden hat, wäre der letzte Tag der Frist sohin der 01.01.2019, ein gesetzlicher Feiertag, gewesen.
Fällt der letzte Tag einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, Feiertag oder Karfreitag, ist jedoch nach § 126 Abs 2 ZPO der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als der letzte Tag der Frist anzusehen.
Zur Frage, ob die Frist des § 257 Abs 3 ZPO gemäß § 126 Abs 2 ZPO verlängert wird, wenn der letzte Tag der Frist ein gesetzlicher Feiertag ist, ist weder veröffentlichte Judikatur noch Literatur ersichtlich.
Das Erstgericht ist offenbar davon ausgegangen, dass dem Gegner und dem Gericht eine volle Woche zur Vorbereitung auf die vorbereitende Tagsatzung zur Verfügung stehen muss und daher § 126 Abs 2 ZPO auf die gleichsam rückwärts vom Verhandlungstermin berechnete Frist nicht anwendbar wäre, weil dies dem Zweck des § 257 Abs 3 ZPO widerspräche.
Wenn auch eine derartige teleologische Reduktion des § 126 Abs 2 ZPO durchaus vertretbar erscheint, erachtet der erkennende Senat die Gründe dafür nicht für ausreichend:
Vielmehr ist mit der hM davon auszugehen, dass es auch im Falle dieser Frist jedenfalls ausreicht, wenn der Schriftsatz bis 24 Uhr des letzten Tages der Frist einlangt (Kodek in Fasching/Konecny3 § 257 ZPO Rz 20/1; Ziehensack in Höllwerth/Ziehensack, § 257 ZPO Rz 3; Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 3.57; jeweils mwN). Steht bereits dadurch dem Gericht und dem Gegner nicht immer eine Frist von sieben vollen Tagen zur Vorbereitung zur Verfügung, wäre es ein Wertungswiderspruch, § 126 Abs 2 ZPO ohne Anhaltspunkt im Gesetzestext nur deshalb nicht anzuwenden, weil dadurch die Vorbereitungsfrist um einen weiteren Tag (allenfalls in Sonderkonstellationen auch um mehrere weitere Tage) verkürzt wird.
Im Ergebnis ist also festzuhalten: Die Frist des § 257 Abs 3 ZPO wird gemäß § 126 Abs 2 ZPO verlängert, wenn der letzte Tag der Frist ein Samstag, Sonntag, gesetzlicher Feiertag oder Karfreitag ist. Diesfalls ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als der letzte Tag der Frist anzusehen. Dass dadurch dem Gericht und dem Gegner nicht eine volle Woche zur Vorbereitung der vorbereitenden Tagsatzung verbleibt, ist unerheblich.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frist des § 257 Abs 3 iVm § 126 Abs 2 ZPO daher durch Einbringung des Schriftsatzes am 02.01.2019 gewahrt. Der Schriftsatz war aus den im Rekurs genannten Gründen auch zweckmäßig und demgemäß zu honorieren.
Dem Kostenrekurs war daher Folge zu geben und der Kostenzuspruch auf EUR 2.378,48 zu erhöhen.
Die Kostenentscheidung des Rekursverfahrens ist in §§ 41,50 ZPO begründet. Der Erhöhungsbetrag nach § 23a RATG beträgt jedoch nur EUR 2,10, weil ein Kostenrekurs kein verfahrenseinleitender Schriftsatz ist.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ist in § 528 Abs 2 Z 3 ZPO begründet.
Textnummer
EWN0000030European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00239:2020:01800R00078.20D.1217.000Im RIS seit
13.01.2021Zuletzt aktualisiert am
13.01.2021