TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/5 W170 2236463-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2020
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Entscheidungsdatum

05.11.2020

Norm

AVG §73
BDG 1979 §1 Abs1
B-VG Art133 Abs4
COVID-19-MG §1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §8 Abs1

Spruch

W170 2236463-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht von XXXX wegen Nichterledigung der Anträge vom 27.10.2019, 02.12.2019 und 27.12.2019 auf bescheidmäßige Erledigung von Disziplinaranzeigen durch die Bildungsdirektion Kärnten zu Recht:

A) Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird gemäß §§ 73 AVG, 8 Abs. 1, 28 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Anträge vom 27.10.2019, 02.12.2019 und 27.12.2019 von XXXX auf bescheidmäßige Erledigung bestimmter Disziplinaranzeigen zu Recht:

A) Die Anträge werden gemäß §§ 28 Abs. 1 und 2 VwGVG und 1 Abs. 1 BDG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

XXXX ist ein Vertragslehrer, er befindet sich in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis.

Am 08.10.2020 erhob XXXX eine Säumnisbeschwerde dahingehend, das Bundesverwaltungsgericht möge über seine „Anträge auf bescheidmäßige Erledigung der Disziplinaranzeigen (Beilage ./1 und Beilage ./2) in der Sache selbst entscheiden und damit die Verfahrensbearbeitung endgültig zur Erledigung bringen“.

In der Beilage ./1 zur Säumnisbeschwerde befindet sich eine Disziplinaranzeige des Direktors der HTBLVA XXXX vom 17.10.2013, wonach XXXX eine schriftliche Weisung vom 07.10.2013 und eine schriftliche Weisung vom 09.10.2013 nicht befolgt habe und den Schulleiter in seinen Agenden nicht unterstütze sondern sich SchülerInnen gegenüber gegen die vom Schulleiter kommunizierte Meinung ausspreche. Weiters würde XXXX Schriftverkehr und Protokolle nicht an die Schulleitung sondern über die private E-Mailadresse an den Landesschulrat für Kärnten übermitteln, Schreiben, die die Schule und den Schulalltag betreffen nicht offiziell im Sekretariat einlaufen lassen, sich in seinen Aktivitäten und Vorgehen in keinem Bereich mit der Schulleitung abstimmen, persönlich verfasste Informationsschreiben ohne Absprache mit der Schulleitung in die Lehrerinfomappe legen und Firmen ohne Rücksprache und vor allem inhaltlicher Abstimmung mit der Schulleitung kontaktieren. Die Disziplinaranzeige erging an den Landesschulrat für Kärnten.

Weiters findet sich in gegenständlicher Beilage eine weitere Disziplinaranzeige des Direktors der HTBLVA XXXX vom 29.11.2013, wonach XXXX die Weisung („Dienstauftrag“), die Klassenräume auf Sauberkeit jeweils um 12.10 Uhr und 17.20 Uhr zu kontrollieren, nicht beachtet habe, weil er diese Kontrollen in Unterrichtsstunden anderer Lehrer durchgeführt habe, die sich von XXXX verfolgt fühlen würden; es liege daher Mobbing vor. Mittels Schreiben des Landesschulrates für Kärnten mit 03.12.2013, Zl. 1118.270756/0093-B/2013, wurde XXXX diese Disziplinaranzeige vorgehalten und dieser zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Weiters findet sich in gegenständlicher Beilage eine weitere Disziplinaranzeige des Direktors der HTBLVA XXXX vom 06.12.2013, wonach XXXX gemeinsam mit einem anderen Lehrer einen weiteren Lehrer unter massiven Druck gestellt und in seiner beruflichen Existenz bedroht habe. Mittels Schreiben des Landesschulrates für Kärnten mit 16.12.2013, Zl. allg/5263-A/2013, wurde XXXX diese Disziplinaranzeige vorgehalten und dieser zu einer Stellungnahme aufgefordert.

In der Beilage ./2 zur Säumnisbeschwerde befindet sich keine Disziplinaranzeige.

Am 27.10.2019 übermittelte XXXX unter anderem an die E-Mail-Adresse office@bildung-ktn.gv.at ein E-Mail, mit dem er den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der „Angelegenheit mit der Zahl ‚allg/5263-A/2013 vom 16.12.2013‘“ an die Bildungsdirektion Kärnten stellte.

Am 02.12.2019 übermittelte XXXX unter anderem an die E-Mail-Adresse office@bildung-ktn.gv.at ein E-Mail, mit dem er den Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der „disziplinären Angelegenheit mit der Zahl ‚204417-1/0005-Sch/2013 vom 06.12.2013 (SGA-Bericht – Aktuelle Situation an der HTBLVA XXXX )‘“ und „auf Einberufung der ÜBERPFÜFUNG der o.a. Disziplinaranzeige durch die ‚unabhängige und weisungsfreie DISZIPLINARKOMMISSION‘“ an die Bildungsdirektion Kärnten stellte.

Am 27.12.2019 übermittelte XXXX unter anderem an die E-Mail-Adresse office@bildung-ktn.gv.at ein E-Mail, mit dem er die Anträge auf bescheidmäßige Erledigung der Disziplinaranzeige vom 17.10.2013, die Herausgabe einer Kopie des vollständigen Bearbeitungsakten zu dieser Disziplinaranzeige, auf „vollständige und gründliche Aufklärung der wahren Hintergründe der beispiellosen Mobbingkampagne“ gegen sich bzw. gegen beide provisorischen Abteilungsvorstände, auf Einberufung der Überprüfung der o.a. Disziplinaranzeige durch die „unabhängige und weisungsfreie DISZIPLINARKOMMISSION“ und auf Einschaltung der „Ombudsstelle für Schulen beim BMBWF“ an die Bildungsdirektion Kärnten stellte.

Es ist kein Grund zu sehen, warum die Bildungsdirektion Kärnten diese Anträge nicht hätte erledigen können.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aus dem Antrag, dem auch die Behörde in der Aktenvorlage nicht entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (in Folge: Säumnisbeschwerde):

In ihrem Anschreiben führt die Bildungsdirektion Kärnten (in Folge: Behörde) aus, dass es sich bei XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) um einen Vertragslehrer und keinen Beamten handle, sodass kein Anspruch auf die bescheidmäßige Erledigung von Disziplinaranzeigen bestehe und diese daher auch keiner hoheitlichen Erledigung zugeführt haben werden können, da dies „von der Rechtsordnung“ bei VertragslehrerInnen nicht vorgesehen sei.

Dabei übersieht die Behörde aber, dass der Beschwerdeführer am 27.10.2019, 02.12.2019 und 27.12.2019 (unter anderem) Anträge an die Bildungsdirektion Kärnten auf bescheidmäßige Erledigung verschiedener Disziplinaranzeigen gestellt hat (nur diese Anträge sind dem Wortlaut nach vom Beschwerdeantrag der Säumnisbeschwerde umfasst) und aus dem Umstand, dass die Erlassung des beantragten Bescheids nicht geboten ist, sich noch nicht darauf schließen lässt, dass keine Säumnis der Behörde vorliegt. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht nämlich ein Anspruch des Antragstellers auf (bescheidmäßige) Zurückweisung seines Antrags (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092). Auch dieser Anspruch ist mit Säumnisbeschwerde verfolgbar (VwGH 27.01.2004, 2000/10/0062, VwSlg 16269 A/2004). Eine Verwaltungsbehörde verletzt ihre Entscheidungspflicht daher nicht nur dann, wenn sie (beispielsweise) über ein Rechtsmittel nicht rechtzeitig eine Sachentscheidung trifft, sondern auch dann, wenn sie eine gebotene Zurückweisung eines Rechtsmittels verabsäumt (vgl. VwGH 21.09.2005, 2005/13/0064), selbiges gilt für einen Antrag. Bei der Entscheidung über die Frage, ob die belangte Behörde mit der Erlassung eines Bescheids säumig war, ist daher nicht darauf abzustellen, ob der Antrag inhaltlich berechtigt ist oder zurückzuweisen gewesen wäre (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092).

Die Anträge wurden ausdrücklich an die Bildungsdirektion Kärnten gestellt und waren daher von dieser zu erledigen.

Die Anträge wurden spätestens am 27.10.2019, 02.12.2019 und 27.12.2019 gestellt, selbst unter Bedachtnahme auf §§ 1 f COVID-19-VwBG ist daher die 6-monatige Entscheidungspflicht, die sich aus § 73 AVG ergibt, abgelaufen und liegt Säumnis der Behörde vor. Dass diese kein oder nicht ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung trifft, wurde im Vorlageantrag nicht einmal behauptet. Daher ist die Säumnisbeschwerde zulässig und auch begründet.

3.2. Zu den Anträgen vom 27.10.2019, 02.12.2019 und 27.12.2019 auf bescheidmäßige Erledigung bestimmter Disziplinaranzeigen:

Gemäß § 1 Abs. 1 BDG ist dieses auf alle Bediensteten, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen, anzuwenden. Der Beschwerdeführer ist Vertragslehrer und daher nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, auf ihn ist das BDG nicht anwendbar.

Das VBG hingegen kennt kein öffentlich- rechtliches Disziplinarverfahren, es gibt daher kein auf den Beschwerdeführer anwendbares öffentlich- rechtliches Disziplinarrecht, sodass eine diesbezügliche bescheidmäßige meritorische Absprache nicht in Betracht kommt und keine hiefür zuständige Behörde vorhanden ist. Trotzdem sind die dementsprechenden Anträge des Beschwerdeführers, die an die Bildungsdirektion Kärnten gerichtet waren, zu erledigen, nämlich als unzulässig zurückzuweisen.

Darüber hinaus sind die Disziplinaranzeigen – wäre der Beschwerdeführer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis – durch den Dienstvorgesetzten an die Dienstbehörde erfolgt, von dieser aber weder an den (damals zuständigen) Vorsitzenden der Disziplinarkommission beim BMUKK (bzw. BMBWF) oder den (nunmehr zuständigen) Leiter der Bundesdisziplinarbehörde bzw. an den Disziplinaranwalt oder die Disziplinaranwältin vorgelegt worden, auch ist keine Disziplinarverfügung erlassen worden. Gemäß § 110 Abs. 2 BDG kann die Dienstbehörde von der Erlassung einer Disziplinarverfügung oder der Weiterleitung der Disziplinaranzeige absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind. Auf Verlangen der Beamtin oder des Beamten ist diese oder dieser hievon formlos zu verständigen.

Aus § 110 Abs. 2 BDG ergibt daher, dass in diesem Stadium des Verfahrens eine bescheidmäßige Erledigung nicht in Betracht kommt (siehe zum inhaltsgleichen Oberösterreichischen LDG: VwGH 17.12.1992, 92/09/0246).

Daher wären die Anträge auch dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen würde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es findet sich hinsichtlich der Säumnisbeschwerde die unter A) zitierte, klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hinsichtlich der Anträge schon mangels öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers keine grundsätzliche Rechtsfrage.

Schlagworte

Anwendungsbereich Disziplinaranzeige Disziplinarverfahren Entscheidungspflicht Mobbingvorwurf öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Pandemie privatrechtliches Dienstverhältnis Säumnisbeschwerde Vertragslehrer Weisung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2236463.1.00

Im RIS seit

13.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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