Entscheidungsdatum
15.12.2020Norm
AWG 2002 §1 Abs3 Z9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Grubner als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 17. Jänner 2020, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 50 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) eingestellt.
2. Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum angefochtenen Straferkenntnis:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 79 Abs. 2 AWG 2002 zur Last gelegt, er habe in *** (KG), Grundstück Nr. ***, nicht gefährliche Abfälle gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürften. Eine Ablagerung von Abfällen dürfe nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen. Am 2. August 2019 sei folgender Abfall vorgefunden worden: ca. 20 m³ Astschnitt
ca. 5 m³ nicht mehr verwertbares Altholz (Astholzreste, Paletten, Bretter, div. Holzkonstruktionen); ca. 20 m³ Erdablagerungen; ca. 40 m³ steiniges Aushubmaterial; ca. 1 m³ Welleternit; ein Schneepflug; ein altes mit Beton gefülltes Fass und ein Streugerät.
Begründend führte die belangte Behörde – im Wesentlichen – an, im Zuge einer Überprüfung am 2. August 2019 sei durch den Amtssachverständigen für Naturschutz festgestellt worden, dass ca. 20 m³ Astschnitt (die nicht aus einer forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung stammen würden, sondern von Garten- und Parkflächen im Rahmen des Gewerbebetriebes), ca. 5 m³ diverses nicht mehr verwertbares Altholz (Astholzreste, Paletten, Bretter, div. Holzkonstruktionen), ca. 20 m³ Erdablagerungen (älteren Datums, schon bewachsen), ca. 40 m³ steiniges Aushubmaterial, ca. 1 m³ Welleternit, 1 Schneepflug, 1 altes mit Beton gefülltes Fass (wird als Walze verwendet), 1 Streugerät, auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** gelagert seien. Die belangte Behörde führte weiters an, dass auf Grund der großen Menge an Materialien eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes vorliege. Auch eine – wie vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Äußerung angeführt – Nutzung der Gegenstände im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ändere daran nichts. Der Beschwerdeführer sei als Abfallerzeuger und somit als Abfallbesitzer für die Lagerung außerhalb hierzu genehmigter Anlagen verantwortlich, da er das angeführte Grundstück als Pächter benutze. Hinsichtlich des Verschuldens wurde angeführt, dass die Rechtsvermutung für das Verschulden des Beschuldigten vorliege. Ein Entlastungsbeweis sei nicht gelungen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer – im Wesentlichen – vor, dass es sich bei den fraglichen Materialien nicht um Abfall handle. Der Amtssachverständige habe aus einer Momentaufnahme heraus behauptet, dass die Lagerungen keinesfalls im Rahmen eines ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Betriebes stattfinden würden und der Beschwerdeführer begründete dies.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 20. November 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer einvernommen, in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde Einsicht genommen und weiters Beweis erhoben durch Erstattung von Befund und Gutachten durch den Amtssachverständigen für Landschaftsbild B.
In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er einer der ersten Bio-Weinbauern sei. Die Äste würden aus seinem Gewerbebetrieb (Baumpflege) stammen. Zum Altholz führte der Beschwerdeführer aus, dass es sich um alte Heurigentische und ein paar Paletten handle und er diese für den privaten Zweck als Unterzündholz verwende und in der Zwischenzeit entsorgt habe. Zu den Erdablagerungen gab der Beschwerdeführer an, dass diese von einem Aushub für ein Einfamilienhaus im Ort stammen würden und er die Steine herausgearbeitet und für eine Trockensteinmauer verwendet habe. Das restliche Erdmaterial habe er in die Ackerkrume eingebracht. Weiters führte der Beschwerdeführer aus, dass er das Welleternit entsorgt habe, welches er für die Abdeckung von Holzscheitern verwendet habe, und dass alle im Bescheid angeführten Materialen nicht mehr vorhanden sind. Der Schneepflug stamme vom landwirtschaftlichen Nebengewerbe und das Streugerät verwende er im Rahmen der Tätigkeit der Landwirtschaft. Das mit Beton gefüllte Fass diene als Frontgewicht für einen Traktor. Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.
Der Amtssachverständige für Landschaftsbild B wurde in der Verhandlung um Erstattung von Befund und Gutachten zu den Fragen ersucht, ob bzw. welche Auswirkungen die im angefochtenen Straferkenntnis genannten Ablagerungen auf das Orts- und Landschaftsbild haben, und gegebenenfalls, ob für einen Durchschnittsbetrachter diese Beeinträchtigungen evident bzw. offenkundig sind. Er führte dazu gutachterlich aus, dass Erholungssuchende und sonstige Landschaftsbetrachter die Lagerungen von Steinmaterial, Geräten (Schneepflug, Streugerät, Fass = Gewicht für Traktor), Welleternit 1m², Paletten, Bretter, etc. als naturfremde Objekte in der Erholungslandschaft (Naturpark) wahrnehmen würden. Die offenen, bewuchsfreien Bodenflächen mit Spuren von Fahrzeugen („verdichtete Boden“) und die ungeordneten Lagerungen von Altholz und Astschnitt würden den Eindruck eines „Lagerplatzes“ verstärken. Die unnatürliche Geländeform des Erdwalles, am östlichen Rand der Lagerfläche, könne ebenfalls nicht einer intakten Natur- und Kulturlandschaft in einem Landschaftsschutzgebiet bzw. Naturpark zugeordnet werden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die Lagerungen eine nur wenig einsehbare Fläche gewählt worden sei und der Erdwall durch natürliche Sukzession inzwischen begrünt sei, verbleibe eine sichtbare Restbelastung. Die gegenständlichen Ablagerungen seien geeignet, das Landschaftsbild zu beeinträchtigen. Von Blickpunkten am Grundstück selbst seien diese Beeinträchtigungen als erheblich einzustufen, von den Wegen im Umfeld seien nur vereinzelt Blickbeziehungen zur Lagerfläche möglich, diese Störwirkung würden deutlich reduziert werden. Zu beachten sei der jahreszeitliche Aspekt. In den Wintermonaten seien durch die fehlende Belaubung der Bäume deutlich bessere Blickbeziehungen von den Wegen zur Lagerfläche möglich. Vor allem der Blick entlang der Längsachse der Lagerfläche, in Richtung Süden vom *** aus, könne zu dieser Zeit mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes einhergehen. Auch für einen Durchschnittsbetrachter könne attestiert werden, dass diese Lagerung in ihrer Gesamtheit als störend wahrgenommen werden. Die Beeinträchtigungen seien für Durchschnittsbürger evident bzw. offenkundig.
4. Feststellungen:
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist folgender Sachverhalt als erwiesen anzusehen:
Auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, lagerte der Beschwerdeführer zumindest im Zeitraum vom 21. August 2018 bis zum 2. August 2019 ca. 20 m³ Astschnitt, ca. 5 m³ Altholz (Astholzreste, Paletten, Bretter, div. Holzkonstruktionen), ca. 20 m³ Erdablagerungen, ca. 40 m³ steiniges Aushubmaterial, ca. 1 m³ Welleternit, einen Schneepflug, ein altes mit Beton gefülltes Fass und ein Streugerät.
Das gegenständliche Grundstück befindet sich im Landschaftsschutzgebiet „***“ bzw. im „***“ südlich der ***. Dieses Gebiet ist auf Grund der abwechslungsreichen Landschaft (Heide, Weingärten, Wald, zahlreiche Aussichtspunkte, etc.) und der Randlage zum Siedlungsbereich von ***, sowie der Nähe zu einem Ballungsraum (***), ein beliebtes und stark frequentiertes Naherholungsgebiet bzw. Ausflugsziel und deshalb auch als Naturpark im Sinne des NÖ NSchG 2000 ausgewiesen. Das gegenständliche Grundstück befindet sich weiters innerhalb folgender Schutzgebiete: Landschaftsschutzgebiet „***“, ***, Natura 2000 FFH-Gebiet „***“, *** „***“ (innerhalb der Pflegezone), knapp westlich angrenzend an das Natura 2000 Vogelschutzgebiet - Gebiet „***“. Das gegenständliche Grundstück befindet sich südlich der von Erholungssuchenden hochfrequentierten Bereiche, es handelt sich dabei um einen aufgelassenen Weingarten. Im unmittelbaren Nahbereich sind mehrere Wanderwege in unterschiedlichen Quellen publiziert. Letztlich laden, östlich angrenzend, mehrere Tische und Bänke zum Verweilen in der Natur ein.
Von verschiedenen Blickpunkten aus, auch von Blickpunkten vom Grundstück Nr. ***, KG *** aus, werden vor allem technische Geräte wie etwa der Schneepflug, das Streugerät und das Fass sowie Lagerungen von Steinen, Erdmaterial, Welleternit (1m²), Paletten, Bretter, etc. als störend wahrgenommen.
Von den von Erholungssuchenden frequentierten Orten (Wanderwege auf Grundstück Nr. *** und Bänke nahe der Weingartenhüter-Hütte auf Grundstück Nr. ***, *** und ***) sind Lagerungen auf dem Grundstück Nr. *** wahrnehmbar. Letztlich sind auch durch Lücken im Baumbestand – auch in belaubten Zustand – vom westlich im Wald gelegenen Weinwanderweg, vereinzelt Blickbeziehungen zur Lagerfläche möglich.
Lagerungen von Steinmaterial, Geräten (Schneepflug, Streugerät, Fass = Gewicht für Traktor), Welleternit 1m² und Paletten, Bretter, etc. werden von Erholungssuchenden und sonstigen Landschaftsbetrachtern als naturfremde Objekte in der Erholungslandschaft (Naturpark) wahrgenommen. Die offenen, bewuchsfreien Bodenflächen mit Spuren von Fahrzeugen („verdichtete Boden“) und die ungeordneten Lagerungen von Altholz und Astschnitt verstärken den Eindruck eines „Lagerplatzes“. Die unnatürliche Geländeform des Erdwalles, am östlichen Rand der Lagerfläche, kann ebenfalls nicht einer intakten Natur- und Kulturlandschaft in einem Landschaftsschutzgebiet bzw. Naturpark zugeordnet werden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die Lagerungen eine nur wenig einsehbare Fläche gewählt wurde und der Erdwall durch natürliche Sukzession inzwischen begrünt ist, verbleibt eine sichtbare Restbelastung. Die genannten Lagerungen beeinträchtigen das Landschaftsbild. Von den Wegen im Umfeld sind nur vereinzelt Blickbeziehungen zur Lagerfläche möglich und diese Störwirkung wird deutlich reduziert. Zu beachten ist der jahreszeitliche Aspekt. In den Wintermonaten sind durch die fehlende Belaubung der Bäume deutlich bessere Blickbeziehungen von den Wegen zur Lagerfläche möglich. Vor allem der Blick entlang der Längsachse der Lagerfläche, in Richtung Süden vom *** aus, könnte zu dieser Zeit mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes einhergehen. Vom Blickpunkt des Grundstückes aus stellt sie sogar eine außerordentliche ästhetisch nachteilige und störende Beeinflussung des Landschaftsbildes dar.
5. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen in den Inhalten des Verwaltungsstrafaktes und in den Ergebnissen der durchgeführten Verhandlung, insbesondere im Gutachten des Amtssachverständigen für Landschaftsbild. Sie wurden auch nicht bestritten.
6. Rechtslage und Erwägungen:
6.1. Nach § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 begeht, wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 bis 8 400 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 Euro bedroht.
Die Anwendung von § 79 AWG 2002 setzt voraus, dass Abfall im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002 vorliegt.
Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23. Februar 2012, 2008/07/0179).
Gemäß § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn andernfalls das Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
Das AWG 2002 enthält keine Legaldefinition des Begriffes „Landschaftsbild“. Gemäß dem Auslegungsprinzip der Einheit und der Rechtsprache ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass in der Rechtssprache geprägte Begriffe die gleiche Bedeutung haben (vgl. VwGH 19. Dezember 2019, Ro 2019/07/0012). Dies gilt auch für den Begriff des „Landschaftsbildes“. Unter Landschaftsbild im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 ist daher das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen (VfGH 12. Dezember 1974, B 99/74, VfSlg 7443; VwGH 12. Dezember 1983, 83/10/0228, VwSlg 11253 A/1983). Bei der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes handelt es sich um eine Frage des ästhetischen Empfindens, die – wenn nicht auf Grund der gegebenen Umstände des Einzelfalles die ästhetisch nachteilige und störende Beeinflussung für jeden Durchschnittsbetrachter evident und offenkundig ist (VwGH 22. April 1999, 99/07/0050) – eines hinreichenden Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf sachverständiger Grundlage, bedarf (VwGH 25. April 1996, 95/07/0080; VwGH 24. März 1998, 97/05/0318; VwGH 20. Dezember 1999, 97/10/0197; VwGH 21. November 2002, 2002/07/0046, 0146). Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sind die optischen Auswirkungen des Vorhabens auf das sich von jedem möglichen Blickpunkt aus bietende Bild der Landschaft entscheidend. Es genügt, dass das Vorhaben zumindest von einem Blickpunkt aus eine das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigende Wirkung nach sich zieht (VwGH 25. November 2015, 2013/10/0134).
Wie bereits festgestellt, hat der Beschwerdeführer Altholz (Astholzreste, Paletten, Bretter, diverse Holzkonstruktionen), Erdablagerungen, steiniges Aushubmaterial, Welleternit, einen Schneepflug, ein altes mit Beton gefülltes Fass und ein Streugera?t auf seiner landwirtschaftlich genutzten Grünfläche gelagert. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstatteten Gutachten des Amtssachverständigen für Landschaftsbild geht hervor, dass die genannten Lagerungen das Landschaftsbild beeinträchtigen: Das gegenständliche Grundstück befindet sich im Landschaftsschutzgebiet „***“ beziehungsweise im „***“ su?dlich der ***. Dieses ist ein beliebtes und stark frequentiertes Erholungsgebiet. Die Lagerfläche kann außerhalb des Grundstückes vereinzelt wahrgenommen werden. Auch ein Durchschnittsbeobachter empfindet diese als stark störend.
Das Landschaftsbild ist somit durch die Lagerung der genannten Objekte auf der Grünfläche beeinträchtigt.
Bei der Frage, ob die Beeinträchtigung erheblich im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die anhand des Gutachtens des Sachverständigen zu lösen ist. Der Amtssachverständige hat dazu in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass von Blickpunkten am Grundstück selbst bzw. der Blick entlang der Längsachse der Lagerfläche, in Richtung Süden vom *** aus, die Beeinflussung des Landschaftsbildes eine außerordentliche ästhetisch nachteilige und störende sei. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich auch erheblich.
Die gelagerten Objekte erfüllen daher den objektiven Abfallbegriff im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002.
6.2. Abfälle dürfen gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen. „Lagern“ im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vorgang von vorübergehender Dauer.
Wie bereits festgestellt hat der Beschwerdeführer die genannten Gegenstände an einem nicht geeigneten Ort, und zwar auf seiner landwirtschaftlich genutzten Grünfläche gelagert. Diese Grünfläche stellt keine hiefür genehmigten Anlage oder einen für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Ort dar.
Der objektive Tatbestand von § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 ist daher erfüllt.
Nach § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Einen Entlastungsbeweis, dass den Beschwerdeführer für die Lagerung der Objekte auf der Grünfläche kein Verschulden trifft, konnte er nicht erbringen. Der Beschwerdeführer hat daher § 15 Abs. 3 AWG 2002 auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.
6.3. Obwohl der objektive und der subjektive Tatbestand des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 erfüllt sind, führt die Beschwerde den Beschwerdeführer zum Erfolg: Die Tat ist gemäß § 79 Abs. 2 AWG 2002 nur dann zu bestrafen, falls die Tat nicht nach einer anderen Verwaltungsübertretung mit strengerer Strafe bedroht ist.
Ein gleichlautender Tatvorwurf, im Wesentlichen nur darum ergänzt, dass die Lagerung außerhalb des Ortsbereiches erfolgt sei, wurde gegen den Beschwerdeführer erhoben und eine Übertretung des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NSchG 2000) zur Last gelegt. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 17. Jänner 2020 wurde der Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 6 NÖ NSchG 2000 iVm § 36 Abs. 1 NÖ NSchG 2000 zu einer Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 69 Stunden) bestraft. Die Beschwerde gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Erkenntnis vom 9. Dezember 2020, LVwG-S-609/001-2020, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, wonach ca. 20 m³ Erdablagerungen, ca. 40 m³ steiniges Aushubmaterial und ca. 1 m² Welleternit gelagert worden seien.
Eine Verwaltungsübertretung nach § 36 Abs. 1 Z 2 des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NSchG 2000) begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 14 500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer einem Verbot des § 6 NÖ NSchG 2000 zuwiderhandelt.
Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich und funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), ist gemäß § 6 NÖ NSchG 2000 die Lagerung und Ablagerung von Abfällen außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen (§ 7 Abs. 1 Z 6), ausgenommen die in der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft üblichen Lagerungen sowie kurzfristige, die Dauer von einer Woche nicht überschreitende, Lagerungen, verboten.
Die Höchststrafe für Übertretungen des NÖ NSchG 2000 nach § 36 Abs. 1 leg.cit. liegt bei 14 500 Euro, wohingegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs. 2 AWG 2002 mit Geldstrafe bis zu 8 400 Euro bedroht sind. Die Strafhöhe nach dem NÖ NSchG 2000 ist somit höher, sodass diese als eine „strengere Strafe“ im Sinne des § 79 Abs. 2 AWG 2002 anzusehen ist (VwGH 30. April 2003, 2002/03/0008). Es ist bei Vorliegen einer ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel wie im § 79 Abs. 2 AWG 2002 schließlich auch nicht erforderlich, dass verdrängendes und verdrängtes Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben (vgl. VwGH 24. Februar 2011, 2007/09/0361; VwGH 29. April 2008, 2007/05/0125; VwGH 11. Mai 1998, 98/10/0040). Vielmehr ist entscheidend, ob das den Tatbestand des § 15 Abs. 3 AWG 2002 erfüllende Verhalten, wie im vorliegenden Fall, auch ein wesentliches Sachverhaltselement des Tatbestandes des § 6 NÖ NSchG 2002 bildet (vgl. VwSlg 14890 A/1998). Dies trifft auf die gegenständlichen Tatvorwürfe zu.
Die Tat ist daher nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht. Somit ist im gegenständlichen Fall die Regelung des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 als subsidiär zur Bestimmung des § 36 Abs. 1 Z 2 NÖ NSchG 2000 zu sehen.
Es liegen somit Umstände vor, die die Strafbarkeit ausschließen, der Beschwerdeführer durfte daher wegen dieser Tat nicht wegen einer Übertretung des AWG 2002 bestraft werden.
7. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Abfall; Lagerung; Landschaftsbild; Beeinträchtigung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.510.001.2020Zuletzt aktualisiert am
12.01.2021