Entscheidungsdatum
01.09.2020Norm
ADV §7Spruch
W208 2232560-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Fabian F XXXX , geboren am XXXX , XXXX , gegen das Disziplinarerkenntnis des Kommandanten des Stabsbataillon 3 vom 09.06.2020, mit dem über ihn im Kommandantenverfahren die Disziplinarstrafe des Ausgangsverbotes im Ausmaß von 5 Tagen verhängt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Spruch zu lauten hat:
„Sie haben sich am 20.05.2020 um ca 20:30 Uhr im Assistenzeinsatz nach § 2 lit b) und c) Wehrgesetz 2001 in der Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme nach B XXXX begeben, ohne sich, wie von Ihrem Gruppenkommandanten Oberwachtmeister (OWm) Alfred K XXXX am ersten Tag im Einsatzraum mündlich befohlen, nicht nur bei der Wache, sondern auch im Zugsgefechtsstand abzumelden.
Sie haben damit vorsätzlich gegen ihre Pflicht zum Gehorsam nach § 7 Allgemeine Dienstvorschrift für das Bundesheer (ADV) verstoßen, wonach Sie die Ihnen erteilten Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und pünktlich auszuführen haben und dadurch eine Pflichtverletzung gemäß § 2 Abs 1 Z 1 und Abs 4 HDG 2014 begangen.
Über Sie wird gemäß § 46 Z 3 HDG 2014 die Disziplinarstrafe des vollen Ausgangsverbotes für die Dauer von 2 Tagen ausgesprochen, welches gemäß § 50 HDG 2014 in eine Ersatzgeldstrafe umzuwandeln ist.“
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Grundwehrdiener, befand sich zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung als Rekrut im Assistenzeinsatz gemäß § 2 lit b) und c) Wehrgesetz 2001.
2. Am 21.05.2020 wurde der BF zum Rapport gestellt, weil er sich nach Ansicht seines Einheitskommandanten unerlaubt über die befohlene Nachtruhe hinaus im Raum B XXXX befunden und ein „schleißiges, aufdringliches und schwer mangelhaftes äußeres Erscheinigungsbild“ abgegeben habe, das um 23:30 Uhr ein Journalist der Kronen Zeitung dem Militärkommando gemeldet habe und um 01:20 Uhr durch die Polizei dem Zugskommandanten bekannt geworden sei.
Der Einheitskommandant erließ bei diesem Rapport eine Disziplinarverfügung und verhängte ein Ausgangverbot von 14 Tagen über den BF, wegen Verletzung seiner Pflichten nach den § 3 ADV (Allgemeine Pflichten des Soldaten), § 7 ADV (Gehorsam) und § 9 (Meldepflichten) ADV, die dieser am 27.05.2020 fristgerecht beeinspruchte.
3. Mit dem beschwerdegegenständlichen Disziplinarerkenntnis vom 09.10.2017 sprach der zuständige Disziplinar- und Bataillonskommandant Oberst Georg H XXXX , MSD (belangte Behörde) den BF schuldig, nachdem er mehrere Zeugen, den BF und seine Mintbeschuldigten einvernommen hatte. Der Spruch lautet:
„Sie haben sich am 20.05.2020 im Zuge des Assistenzeinsatzes nach dienstlicher Verwendung ohne sich am Zugsgefechtsstand abzumelden nach B XXXX begeben, um ein Abendessen einzunehmen und dadurch vorsätzlich gegen § 9 ADV verstoßen und eine Pflichtverletzung gemäß § 2 Abs 1 Heeresdiziplinargesetz 2014 (HDG 2014) begangen. Über Sie wird daher gemäß § 46 Abs 3 HDG 2014 die Disziplinarstrafe des Ausgangsverbotes von fünf Tagen verhängt.“
Begründend wurde lediglich angeführt, der Sachverhalt der Nichteinhaltung der Meldepflicht gehe aus den Zeugenbefragungen eindeutig hervor. Es sei ein Abmelden am Zugsgefechtsstand befohlen gewesen. Im Einsatz sei ein aktuelles Lagebild unerlässlich und von hohem Stellenwert.
4. Dieses Disziplinarerkenntnis wurde dem BF am 09.06.2020 persönlich zugestellt und brachte der BF mit Schreiben vom 22.06.2020 eine Beschwerde dagegen ein, die er damit begründete, dass die Befehlslage nicht klar verständlich gewesen sei.
5. Mit Schriftsatz vom 26.06.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt – ohne, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch gemacht wurde – dem BVwG zur Entscheidung vor.
6. Da der Akt unvollständig war, legte die belangte Behörde (dazu vom BVwG telefonisch aufgefordert) am 03.07.2020 weitere Aktenteile (Unterstellungsverhältnis/Organigramm, Zustelladressen der inzwischen abgerüsteten Rekruten, Berechnung Ersatzgeldstrafe) vor.
7. Das BVwG beraumte mit Ladungen vom 10.07.2020 eine Verhandlung an. Nach Zustellung der Ladungen zogen zwei Mitbeschuldigte des BF die Beschwerde zurück.
8. Am 27.08.2020 fand eine Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der der Vertreter der belangten Behörde, der BF und zwei seiner Mitbeschuldigten erschienen sind. Ein Mitbeschuldigter kam trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Verhandlung. In der Verhandlung wurden neben dem BF und seinen beiden Mitbeschuldigten, zwei Zeugen (der Zugskommandant und der Gruppenkommandant) einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschuldigten (BF)
Beim 2000 geborenen BF handelt es sich um einen Rekruten der von 07.01.2020 bis 07.07.2020 seinen Grundwehrdienst versah (VHS 11).
Zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen wird festgestellt, dass er als Grundwehrdiener im Assistenzeinsatz € 643,14 im Monat verdient hat und in seinem Zivilleben (nach dem Abrüsten) derzeit arbeitslos ist und vom AMS rund € 1.050,-- netto im Monat (€ 35,-/Tag) noch bis Ende September erhält. Danach wird er an der Wirtschaftsuniversität sein Studium beginnen. Er hat keine Sorgepflichten und wohnt noch bei seinem Vater, der alle Kosten trägt.
Festgestellt wird, dass er strafrechtlich (Strafregisterauszug vom 27.08.2020) und verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, jedoch eine disziplinäre Vorstrafe aufweist. Er erhielt eine Geldbuße von € 50,-- weil er beim Entladen seiner Waffe um 03:00 Uhr früh einen Fehler beging und in die Ladebox schoss, wodurch er auch einen Tinnitus erlitt (VHS 10, 21).
1.2. Zum Sachverhalt
Der BF der Teil einer Gruppe von 18 Soldaten war, die unter dem Kommando des Gruppenkommandanten, den damaligen OWm und nunmehrigen Stabswachtmeister (StWm) Alfred K XXXX (im Folgenden: K) stand. Die Gruppe stand im zweimonatigen Assistenzeinsatz nach § 2 lit a und b WG 2001, der für die Gruppe 21.05.2020 um 10.00 Uhr geendet hat.
Der Gruppenkommandant K hat am ersten Tag nach dem Eintreffen im Einsatzraum B XXXX von seinem Zugskommandanten Oberstabswachtmeister (OStWm) Roland HEIß (im Folgenden: H) den Befehl erhalten, dass die Rekruten, wenn sie ihre Unterkunft, die örtliche HTL, verlassen, sich sowohl beim Zugsgefechtsstand im 2. Obergeschoss als auch bei der Wache beim Eingang des Gebäudes (von BF auch als Charge vom Tag bezeichnet) abzumelden hatten. OWm K gab diesen Befehl im Zuge einer Befehlsausgabe an seine Gruppe, darunter den BF, weiter. Dass der BF diesen Befehl überhört oder missverstanden hat, ist nicht glaubhaft.
Am 20.05.2020 dem letzten Tag vor der Ablöse durften die Rekruten truppweise zum Einkaufen oder Sport gehen und war auch ein Bier – nach Abschluss der Reinigungsarbeiten ca um 20:00 Uhr – erlaubt. Die Gruppenkommandanten setzten sich nach Freigabe des Biers in einem Zimmer zusammen.
Am 20.05.2020 um ca 20:30 Uhr, in der Zeit ohne dienstliche Inanspruchnahme, verließ der BF mit seinen mitbeschuldigten Kameraden die Unterkunft um Essen zu gehen.
Er meldete sich dabei nur bei der Wache am Eingang ab, wo sein Name erfasst wurde. Die Abmeldung beim Zugsgefechtsstand nahm er nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten aufgrund der Aktenlage und der Ergebnisse der Verhandlung vor dem BVwG getroffen werden.
Feststeht, dass der schriftliche Kompaniebefehl vom 13.04.2020 keine Ausführungen zum Thema „Abmelden“ in der „Zeit ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme“ (auch als ZBV „Zeit zur besonderen Verwendung“ bezeichnet) enthielt, sondern nur festgelegt hat, dass sich ein Soldat im „Bereitschaftsdienst“ vor dem Sport beim Zugsgefechtsstand abzumelden hatte. Ein schriftlicher Zugsbefehl existierte nicht und war der Befehl des Zugskommandanten - der die Abmeldung auch beim Zugsgefechtsstand anordnete - nur mündlich erteilt worden (VHS 15).
Der BF gab an, bei der Einweisung des H sei das Abmelden nicht zur Sprache gekommen und habe er das erst von den anderen Rekruten erfahren. H habe nie explizit erwähnt, dass sie sich auch beim Zugsgefechtsstand hätten abmelden sollen. Er habe das erst nach dem Vorfall erfahren. Eine Befehlsausgabe seines Gruppenkommandanten K erwähnte er nicht (VHS 12).
Seine Verantwortung ist aufgrund der Zeugenaussagen nicht glaubhaft.
Der Zugskommandant H hat als Zeuge unter Wahrheitspflicht beim BVwG angeführt, dass dieser Befehl von ihm gegeben wurde. Er war sich zwar hinsichtlich des konkreten Ortes und ob alle Gruppenmitglieder bei der Einweisung anwesend waren, nicht sicher, konnte sich aber zumindest an die Einweisung erinnern (VHS 14, 19). Auch bei seiner Niederschrift vor der belangten Behörde, gab er an, dass die grundsätzliche Vorgangsweise gewesen wäre, sich beim Zugskommandanten oder Stellvertreter abzumelden und die Wache zu informieren. Diesen Befehl gab er wegen der Corona-Lage, weil möglichst wenig Kontakt der Soldaten zur Bevölkerung bestehen sollte und aus feuerpolizeilichen Gründen (VHS 15).
Der Gruppenkommandant K hat als Zeuge unter Wahrheitspflicht beim BVwG ausgesagt, dass er diesen Befehl von H erhalten habe und ihn im Zuge einer Befehlsausgabe „in einer Art Essecke“ der Gruppe, darunter dem BF, nach dem Eintreffen in der Unterkunft mitgeteilt habe. Damit steht fest, dass der Befehl auch dem BF bekannt gegeben wurde.
Der Mitbeschulidgte Stephan K XXXX behauptete, der Befehl sei ihm nicht bewusst gewesen, vielleicht sei es gesagt worden, vielleicht habe er es falsch verstanden (VHS 9) und später, ob der Befehl mündlich übermittelt worden sei, wisse er nicht (VHS 13). Er blieb damit vage und ausweichend.
Sein mitbeschuldigter Kamerad Thomas L XXXX sagte, es (gemeint das Abmelden am Zugsgefechtsstand) sei „sicher einmal gesagt worden“, sicher aber nicht von H, vielleicht von dessen Stellvertreter. Die anderen Rekruten hätten sich nicht darangehalten, daher habe er es auch so gemacht. Diese Aussage zeigt, dass es den Befehl gab und der auch Gruppenmitgliedern der Gruppe des BF bekannt war (VHS 10).
Im Akt befinden sich auch Niederschriften mit anderen Gruppenkommandanten (Wachtmeister David B XXXX und Oberwachtmeister Daniel P XXXX ), die ebenfalls angaben, dass sich die Soldaten beim Zugsgefechtsstand und bei der Wache abzumelden hatten, was ein weiteres Indiz darstellt, dass der Befehl gegeben und an die Rekruten kommuniziert wurde.
Insgesamt haben sich der BF und seine mitbeschuldigten Kammeraden - die nach den jeweiligen Zeugenaussagen keine substanziellen Fragen an die Zeugen gehabt haben, obwohl deren Aussagen im eklatanten Widerspruch zu ihren eigenen Aussagen standen - letztlich darauf zurückgezogen, dass sie „nichts gehört“ oder den Befehl „überhört“ hätten oder sich „nicht erinnern[könnten, dass das so explizit gesagt worden wäre“ (VHS 19). Damit können sie die Aussagen der Zeugen (insbesondere ihres Gruppenkommandanten K) nicht entkräften und sind diese Rechtfertigungen als Schutzbehauptungen zu werten.
Glaubhaft ist vielmehr, dass der BF und seine mitbeschuldigten Kameraden am letzten Tag vor der Ablöse, aufgrund der Lockerungen der Ausgangsbedingungen sowie dem Eindruck, dass dem Zugskommandanten H ohnehin alles egal wäre und weil sich andere Rekruten ebenfalls nicht (mehr) an den Befehl gehalten haben (Aussage des L, VHS 10), eine Abmeldung beim Zugsgefechtsstand nicht mehr für notwendig erachtet haben, zumal ihre Erreichbarkeit über Mobiltelefon und die WhatsApp-Gruppe des Gruppenkommandanten ohnehin gewährleistet war (VHS 18, 21) und diese keine Dienstaufsicht mehr ausübten, sondern beim Bier saßen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Die Beschwerde gegen das im Kommandantenverfahren verhängte Disziplinarerkenntnis wurde fristgerecht binnen 2 Wochen (§ 65 Abs 1 HDG 2014) bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das anzuwendende Heeresdisziplinargesetz 2014 (HDG 2014), BGBl I Nr. 2/2014 (WV) idgF sieht gemäß § 75 Abs 1 Senatsentscheidungen des BVwG nur für Beschwerden gegen Beschlüsse der Disziplinarkommission (DKS) nach § 72 Abs 2 (Z 1), sowie gegen ein Erkenntnis der DKS, mit dem die Disziplinarstrafe Entlassung oder Unfähigkeit der Beförderung oder Degradierung oder Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte verhängt wurde (Z 2), oder wenn gegen ein Erkenntnis der DKS der Disziplinaranwalt Beschwerde erhoben hat (Z 3), vor. Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2).
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2). Letzteres war hier der Fall.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebungen durch das BVwG)
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der Allgemeinen Dienstvorschrift für das Bundesheer (ADV) von Bedeutung:
„Gehorsam
§ 7. (1) Jeder Untergebene ist seinen Vorgesetzten gegenüber zu Gehorsam verpflichtet. Er hat die ihm erteilten Befehle nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und pünktlich auszuführen. Das bloß buchstäbliche Befolgen von Befehlen ohne Rücksicht auf die ihnen offenkundig zugrunde liegende Absicht genügt allein nicht zur Erfüllung dieser Pflicht.
[…]“
Meldungen
Allgemeine Meldepflicht
§ 9. (1) Der Untergebene ist verpflichtet, seinem Vorgesetzten alle militärisch bedeutsamen Tatsachen und sonstige für den Dienst wichtige Vorfälle, Nachrichten und Vorhaben unaufgefordert zu melden.
Insbesondere sind zu melden:
1. besondere Vorfälle;
2. das Abrücken und das Eintreffen bei einem dienstlich begründeten Ortswechsel;
3. alle die eigene Person betreffenden wichtigen Veränderungen und Vorfälle, soweit sie von dienstlichem Interesse und dem Vorgesetzten nicht bekannt sind.
Form der Meldung
(2) Meldungen sind, sofern nicht besondere Anordnungen bestehen, persönlich und mündlich zu erstatten; ist dies unmöglich oder unzweckmäßig, so hat die Meldung in anderer geeigneter Form zu erfolgen. Meldungen müssen wahrheitsgetreu, klar, kurz und vollständig sein. Sofern kein besonderer Zeitpunkt angeordnet wurde, sind Meldungen unverzüglich zu erstatten.
Besondere Meldepflicht
(3) […]
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Heeresdisziplinargesetzes 2014 – (HDG 2014), von Bedeutung:
„Strafbemessung und Schuldspruch ohne Strafe
§ 6. (1) Das Maß für die Höhe einer Disziplinarstrafe ist die Schwere der Pflichtverletzung. Dabei ist unter Bedachtnahme auf frühere Pflichtverletzungen, die in einem Führungsblatt festgehalten sind, darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer Pflichtverletzungen abzuhalten oder um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken. Darüber hinaus sind zu berücksichtigen
die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Umstände und
die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten.
[…]
Disziplinarstrafen für Soldaten, die den Grundwehrdienst leisten
Arten der Strafen
§ 46. Disziplinarstrafen für Soldaten, die den Grundwehrdienst oder im Anschluss an diesen den Aufschubpräsenzdienst leisten, sind,
1. der Verweis
2. die Geldbuße,
3. das Ausgangsverbot und
4. die Unfähigkeit zur Beförderung und die Degradierung.
[…]
Ausgangsverbot
§ 48. (1) Das Ausgangsverbot besteht im vollen oder teilweisen Entzug des Ausganges. Es ist mindestens für einen Tag, höchstens für 14 Tage zu verhängen.
(2) Überwiegen mildernde Umstände, so ist der Ausgang nur teilweise zu entziehen. Ein solcher Entzug besteht in der Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl ganzer Stunden, höchstens jedoch sechs Stunden, vor dem Zapfenstreich in der Unterkunft einzutreffen. Für Soldaten, die außerhalb der zugewiesenen Unterkunft wohnen dürfen, besteht der teilweise Entzug des Ausganges in der Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl ganzer Stunden nach Dienstschluss oder an dienstfreien Tagen ab 08.00 Uhr im Unterkunftsbereich anwesend zu sein. Ein teilweises Ausgangsverbot ist für die gesamte Strafdauer im gleichen täglichen Ausmaß zu verhängen. Dem mit teilweisem Entzug des Ausganges Bestraften hat ein Ausgang im Ausmaß von mindestens einer Stunde pro Tag zu verbleiben. Wird hiedurch die festgelegte Stundenanzahl des Ausgangsverbotes vermindert, so gilt die Strafe für diesen Tag dennoch als vollstreckt.
(3) Im Falle eines Überwiegens erschwerender Umstände kann der volle Entzug des Ausganges verschärft werden durch
1. die Verpflichtung, bestimmte Teile des Unterkunftsbereiches nicht zu verlassen, oder
2. die Verpflichtung zur Dienstleistung.
Die Dienstleistung nach Z 2 darf zwei Stunden täglich nicht überschreiten und hat spätestens eine Stunde vor dem Zapfenstreich zu enden. Die genannten Strafverschärfungen dürfen auch nebeneinander angeordnet werden.
[…]
Ersatzgeldstrafe
§ 50. (1) Soweit das Ausgangsverbot bis zum Tag der Entlassung des Bestraften aus dem Grundwehrdienst oder aus dem im Anschluss an diesen geleisteten Aufschubpräsenzdienst nicht oder nicht zur Gänze vollstreckt werden kann, tritt an die Stelle dieser Disziplinarstrafe eine Ersatzgeldstrafe. Das Ausmaß dieser Ersatzgeldstrafe ist vom Disziplinarvorgesetzten des Bestraften mit Bescheid festzustellen. Dieser Bescheid bedarf keiner Begründung.
(2) Ist im Zeitpunkt der Entscheidung abzusehen, dass das Ausgangsverbot bis zum Tag der Entlassung nach Abs. 1 nicht oder nicht zur Gänze vollstreckt werden kann, so hat die Behörde an Stelle der voraussichtlich nicht vollstreckbaren Teile dieser Disziplinarstrafe eine Ersatzgeldstrafe zu verhängen.
(3) Ist die Entscheidung erst nach der Entlassung nach Abs. 1 zu fällen, so ist von der Behörde an Stelle des Ausgangsverbotes eine Ersatzgeldstrafe zu verhängen.
(4) Die Ersatzgeldstrafe beträgt folgenden Hundertsatz der Bemessungsgrundlage für die Geldbuße nach § 47 Abs. 2 und 3:
1. 10 vH, zuzüglich 0,7 vH für jede Stunde eines teilweisen Entzuges des Ausganges und
2. 10 vH, zuzüglich 5 vH für jeden Tag eines vollen Entzuges des Ausganges.
(5) Zur Sicherung der Einbringlichkeit der Ersatzgeldstrafe können die dem Beschuldigten auszuzahlenden Barbezüge nach § 47 Abs. 2 ab Verkündung oder Unterfertigung der Entscheidung der Disziplinarbehörde bis zur Höhe der Ersatzgeldstrafe vorläufig einbehalten werden.“
Die relevanten Bestimmungen des Strafgesetzbuches (StGB) lauten:
„Besondere Milderungsgründe
§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter
1.
die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;
2.
bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;
3.
die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;
4.
die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat;
5.
sich lediglich dadurch strafbar gemacht hat, daß er es in einem Fall, in dem das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, unterlassen hat, den Erfolg abzuwenden;
6.
an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt war;
7.
die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen hat;
8.
sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen;
9.
die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat;
10.
durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist;
11.
die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen;
12.
die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird;
13.
trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist;
14.
sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist;
15.
sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern;
16.
sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, daß er unentdeckt bleiben werde;
17.
ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;
18.
die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat;
19.
dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.
(2) Ein Milderungsgrund ist es auch, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.“
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Allgemeines und Beschwerdegründe
Einleitend ist festzustellen, dass der Beschwerdegegenstand durch den Spruch und die Begründung des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses begrenzt wird. Der äußerste Rahmen für die Prüfungsbefugnis des BVwG ist die Sache des bekämpften Bescheides (VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0008). Ein Fehler bei der Subsumierung des so umgrenzten Sachverhaltes unter die korrekte gesetzliche Bestimmung ist durch das BVwG zu korrigieren.
Das was hier erforderlich, weil der BF nicht wie angeführt gegen die allgemeine Meldepflicht gemäß § 9 ADV verstoßen hat (er hat sich ja bei der Wache abgemeldet), sondern gegen den darüberhinausgehenden Befehl sich zusätzlich auch noch beim Zugsgefechtsstand abzumelden. Damit liegt eine Verletzung des § 7 ADV vor.
Soweit dem BF in der Disziplinarverfügung darüber hinaus Verhaltensweisen vorgeworfen wurden die über das Nichtabmelden am Zugsgefechtsstand hinausgehen (unerlaubtes Ausbleiben über 22:00 Uhr hinaus, äußeres Erscheinungsbild), sind diese im Verfahren vor dem BVwG nicht relevant, weil die Disziplinarverfügung durch den rechtskräftigen Einspruch außer Kraft gesetzt wurde (§ 66 HDG 2014).
Sofern in der zulässigen Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis als Begründung angeführt wurde, dass die Befehlslage im Einsatz nicht eindeutig gewesen ist, hat das Beweisverfahren das Gegenteil ergeben. Die Begründung des Bescheides weist jedoch Mängel auf, sodass sich die Beschwerde insgesamt als begründet erweist.
3.3.2. Zu den Pflichtverletzungen (objektiver und subjektiver Tatbestand)
§ 7 ADV statuiert die Gehorsamspflicht des Soldaten, die insbesondere auch die Pflicht enthält Befehle des zuständigen Vorgesetzten genau zu befolgen. Der BF hat einen Befehl seines vorgesetzten Gruppenkommandanten nicht genau befolgt, weil er sich nur bei der Wache und nicht auch beim Zugsgefechtsstand abgemeldet hat. Dass dieser Befehl vom Zugskommandanten ihm gegenüber nicht explizit gegeben wurde und auch nicht schriftlich erging, ändert nichts an der grundsätzlichen Pflicht des BF diesen zu befolgen, weil es ausreicht, dass ein zuständiger Vorgesetzter – hier der Gruppenkommandant – einen eindeutigen Befehl mündlich gibt (Vgl dazu die Ausführungen in § 6 Abs 5 ADV, der nur in Sonderfällen eine schriftliche Ausfertigung eines Befehls nach Verlangen des Soldaten erfordert).
In objektiver Hinsicht ist im Anlassfall daher von einer an sich schweren Pflichtverletzung auszugehen, weil der Gehorsamspflicht im Bereich der Landesverteidigung bereits grundsätzlich eine hohe Bedeutung zukommt, da sie für das Funktionieren des militärischen Dienstbetriebs und damit für die militärische Landesverteidigung von zentraler Bedeutung ist (VwGH 15.12.1999, 98/09/0213). Dies wird nicht zuletzt auch dadurch deutlich, dass militärischer Ungehorsam in § 12 Militärstrafgesetz sogar als gerichtlich strafbarer Tatbestand konzipiert ist.
Die vorliegende Pflichtverletzung ist in subjektiver Hinsicht als vorsätzlich und damit die Schuld als hoch zu werten, weil der BF gewusst hat, dass es diesen Befehl gab und er dennoch in Kauf genommen hat sich nicht daran zu halten. Seine Behauptung, er habe ihn nicht gehört, wurde durch die Zeugenaussagen wiederlegt. Selbst wenn er während der Befehlsausgabe unaufmerksam war, hatte er danach – von den anderen Kameraden – vom Befehl erfahren und wäre es bei Zweifeln an ihm gelegen, nachzufragen, inwiefern der Befehl am letzten Tag vor der Ablöse noch Gültigkeit aufwies.
Insbesondere im Bereich der Grundwehrdienst leistenden Soldaten, müsste mit nicht unerheblichen Auswirkungen auf den gesamten militärischen Dienstbetrieb gerechnet werden, wenn der Eindruck entstehen würde, dass die vorsätzliche Nichtbefolgung eines Befehles ohne entsprechende schwere Sanktion bliebe. Ganz besonders gilt dies für die Nichtbefolgung eines Befehls im Einsatz.
3.3.3. Zur Strafbemessung
3.3.3.1. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Ansicht der belangten Behörde, dass aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung mit einer Geldbuße nicht das Auslangen gefunden werden konnte, geteilt wird.
Der Strafrahmen beträgt gemäß § 48 HDG beim Ausgangsverbot 14 Tage und wurde der Strafrahmen mit 5 Tagen zu knapp einem Drittel ausgeschöpft.
Der belangten Behörde sind aber durch die Nichtbeachtung der unten genannten gesetzlichen Kriterien (vgl dazu die zu kurze Begründung des Bescheides) Ermessensfehler unterlaufen und hat der Vertreter sogar eingeräumt, die Vorwürfe in der Disziplinarverfügung (das Nichteinhalten der Ausgangszeiten), welche dem BF im vorliegenden Erkennntis gar nicht mehr vorgeworfen wurden, bei der Strafbemessung mitberücksichtigt zu haben (VHS 21 – Nichteinhalten der Ausgangszeiten).
Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel und gegebenenfalls die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar. Hiebei sind Beurteilungen betreffend die Persönlichkeit des Beschuldigten, sein vergangenes und zukünftiges Verhalten zu treffen. Das BVwG darf, wenn es zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung kommt, vor dem Hintergrund des Art 130 Abs 3 B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Ermessensübung durch die Disziplinarbehörde setzen. Jedoch ist das BVwG bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte und hat in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Gemäß § 2 Abs 5 HDG 2014, der auf die §§ 5 und 6 sowie §§ 8 bis 11 StGB verweist, sind die Vorschriften ua über Vorsatz, Fahrlässigkeit und Irrtum anzuwenden. Ebenso gemäß § 6 Abs 1 Z 1 HDG 2014 die für die nach dem StGB maßgeblichen Vorschriften für die Strafbemessung.
Gleich wie § 93 BDG 1979 normiert § 6 HDG 2014 die Schwere der Pflichtverletzung als vorrangige Grundlage für die Strafbemessung, weshalb die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH und Literatur anwendbar bzw relevant ist. Zur Schwere der Pflichtverletzung wird bei Gabriele Kucsko-Stadlmayer, „Das Disziplinarrecht der Beamten", 4. aktualisierte Auflage, Seite 103f folgendes ausgeführt:
"Als Maß für die Höhe der Strafe normiert § 93 Abs 1 BDG zunächst grundsätzlich die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Da gemäß § 91 BDG nur schuldhafte Pflichtverletzungen strafbar sind, kann daher auch nur die Schuld das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der ‚Schwere‘ der Dienstpflichtverletzung sein; dies ist eine konsequente Folge des Schuldprinzips. Das Ausmaß der Schuld wird zwar wesentlich auch durch das objektive Gewicht, dh den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung (Verletzung dienstlicher Interessen) konstituiert; dieser darf für die Strafbemessung jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als er in den Schuldvorwurf miteinbezogen werden kann. Lange Zeit hatte dagegen der VwGH den Begriff der ‚Schwere‘ der Dienstpflichtverletzung überwiegend im Sinne einer objektiven Schwere verstanden. Primär maßgeblich sei die ‚Bedeutung der verletzten Pflicht‘ sowie ‚in welchem objektiven Ausmaß gegen die einem Beamten auferlegten Pflichten verstoßen oder der Dienst beeinträchtigt wird‘. Betont wurde, es gehe ‚anders als im Strafrecht, wo moralische Wertung, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stehen‘, hier darum, ‚einen ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten und wiederherzustellen‘ und ‚die Sauberkeit und Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren.‘“
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, welche konkrete Strafhöhe erforderlich ist, um einerseits den Täter von der Begehung weiterer Pflichtverletzungen abzuhalten (Spezialprävention) und andererseits auch um Pflichtverletzungen anderer Personen entgegenzuwirken (Generalprävention). Ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
3.3.3.2. Zur Spezialprävention
Da der BF mittlerweile seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat, sind die spezialpräventiven Gründe in den Hintergrund getreten, wenngleich nicht weggefallen, weil der BF auch als Wehrpflichtiger der Miliz bzw Reserve noch Dienstpflichten (zB: Meldepflichten) hat. Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat sich seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 16.12.2015, Ro 2014/03/0083).
3.3.3.3. Zur Generalprävention
Im vorliegenden Fall geht es bei der Einhaltung des Befehls, sich nicht nur bei der Wache, sondern auch beim Zugsgefechtsstand abzumelden, um die Sicherstellung der uneingeschränkten Zugriffsmöglichkeit auf die im Einsatz befindlichen Soldaten, selbst wenn für diese kein Einsatz (mehr) geplant war. Es war eine doppelte Absicherung, um dem Zugskommandanten einen raschen Überblick über seine Mannschaft zu ermöglichen. Letztlich handelte es sich dabei zwar nur um die Erfüllung formaler Erfordernisse, da die Rekruten ohnehin bei der Wache erfasst wurden. Gerade im Einsatz unter den vorherrschenden Corona-Bedingungen ist dies jedoch kein übertriebener Formalismus. Eine Bestrafung ist vor diesem Hintergrund erforderlich, um auch alle anderen Soldaten von der Begehung gleichartiger Pflichtverletzungen – gerade am letzten Tag und damit in der heiklen Ablösephase eines Einsatzes – abzuhalten, selbst wenn die Dienstaufsicht nicht mehr so engmaschig ist.
3.3.3.4. Zu den Erschwerungsgründen
Erschwerend ist die Begehung im Einsatz und unter den vorherrschenden Coronabedingungen anzusehen (vgl dazu die Aussage des Behördenvertreters VHS 20).
3.3.3.5. Zu den Milderungsgründen
Die belangte Behörde hat keine Milderungsgründe festgestellt, diese liegen jedoch vor.
Zunächst ist auf den ordentlichen Lebenswandel und auffallender Widerspruch zum sonstigen Verhalten des BF hinzuweisen. Er hat weder verwaltungsstrafrechtliche noch strafgerichtliche Vorstrafen (lt glaubhaften Angaben in der VHS und dem eingeholten Strafregisterauszug) und seine geringe disziplinäre Vorstrafe (Fehler beim Entladevorgang und Schießen in die Ladebox) ist auf ein Versehen im Zustand der Übermüdung durchzuführen), welches zwar geeignet ist, das Gewicht des Milderungsgrundes zu verringern, nicht aber, ihn ganz abzusprechen.
Es ist kein (Image)Schaden entstanden, weil die vorgeworfene Nichtdurchführung der Doppelabmeldung - im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde - nicht mit dem Ausbleiben über den angeordneten Einrückungszeitpunkt und der Berichterstattung durch einen Journalisten bzw mit der Meldung der Polizei im Zusammenhang steht, weil diese dem BF im vorliegenden Disziplinarerkenntnis ausdrücklich nicht (mehr) vorgeworfen wurden. Ein Abmelden auch beim Zugsgefechtsstand hätte daran nichts geändert.
Ein Milderungsgrund ist die für die Rekruten ungewohnt lange durchgehende Einsatzdauer (zwei Monate mit nur einer Unterbrechung von nur eineinhalb Tagen – VHS 21) sowie dass die Pflichtverletzung am letzten Tag vor der Ablöse in der Zeit der nicht mehr geplanten dienstlichen Inanspruchnahme begangen wurde.
Ein weiterer Milderungsgrund ist das offenbar das Verhalten durch schlechtes Vorbild von Kameraden ausgelöst wurde, dem im Rahmen der Dienstaufsicht nicht entgegengetreten wurde, weil das Kaderpersonal ebenfalls schon in Feierlaune war (vgl dazu die Niederschrift des Wachtmeister B XXXX : „Gegen 20:00 Uhr war die Reinigung abgeschlossen und es wurde das Bier freigegeben. Ich setzte mich mit den anderen Gruppenkommandanten [ua. K] im Zimmer […] zusammen“) und sich dadurch die besonders verlockende Gelegenheit ergab, noch einmal außerhalb der Unterkunft mit den Kameraden zu feiern.
Neben der dargestellten erst nachträglich eingetretenen reduzierten spezialpräventiven Erforderlichkeit lagen daher den Erschwerungsgrund überwiegende Milderungsgründe vor, die von der belangten Behörde nicht berücksichtigt wurden, sodass vor diesem Hintergrund die Strafe von 5 Tagen AV auf ein angemessenes Ausmaß von 2 Tagen AV zu reduzieren war.
Da der BF mittlerweile aus dem Bundesheer entlassen wurde, ist diese Strafe gemäß § 50 iVm mit § 47 Abs 2 und Abs 3 HDG 2014 in eine Ersatzgeldstrafe umzurechnen. Er hat folglich mit einer Ersatzgeldstrafe von 20 % der Bemessungsgrundlage, das sind € 128,61 - die sich aus dem Monatsentgelt, der Dienstgradzulage und der Grundvergütung, zum Zeitpunkt des Erkenntnisses der belangten Behörde zusammensetzt (10% der Bemessungsgrundlage von € 643,14 = 64,31 plus 5 % pro Tag AV = € 32,15) - zu rechnen.
3.3.3.6. Zu den persönlichen Verhältnissen und zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
Die Höhe dieser Ersatzgeldstrafe ist für den BF aufgrund der Feststellung eines noch bestehenden monatlichen Einkommens von netto € 1.050,-- bis Ende September und seinen persönlichen Verhältnissen (VHS 11) wirtschaftlich verkraftbar und dem BF mittels Bescheid von der belangten Behörde zur Bezahlung vorzuschreiben.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Rechtsprechung des VwGH wird verwiesen.
Schlagworte
Ausgangsverbot Befehlsverweigerung Begründungsmangel Dienstpflichtverletzung Disziplinarerkenntnis Ermessensfehler Ermessenskriterien Ersatzgeldstrafe Erschwerungsgrund Gehorsamspflicht Geldstrafe Generalprävention Grundwehrdienst Milderungsgründe Pandemie Schwere der Dienstpflichtverletzung Spezialprävention Strafbemessung vorsätzliche Begehung wirtschaftliche LeistungsfähigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2232560.1.00Im RIS seit
12.01.2021Zuletzt aktualisiert am
12.01.2021