TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/30 I421 2232715-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §1
GEG §6 Abs1
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
UGB §283

Spruch

I421 2232715-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von der XXXX , beide vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggstraße 1, 6900 XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgericht XXXX vom 20.05.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit jeweils 20 Zwangsstrafverfügungen des Landesgerichtes XXXX (als Handelsgericht) jeweils vom 08.10.2019 zu XXXX wurden über die Beschwerdeführer Zwangsstrafen gemäß § 283 UGB von insgesamt je EUR 21.000,00 verhängt.

Diese Zwangsstrafverfügungen wurden den Beschwerdeführern rechtswirksam zugestellt und mangels Erhebung von Rechtsmitteln rechtskräftig.

2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 02.12.2019 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes XXXX für dessen Präsidenten den Beschwerdeführern die gegen sie verhängten Zwangsstrafen im Gesamtbetrag von je EUR 21.000,00 sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG, idHv EUR 8,00 zur Zahlung vor.

3. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer am 12.12.2019 Vorstellung, in welcher die Unzulässigkeit der Einbringung der Zwangsstrafen aufgrund der Datenschutzgrundverordnung geltend gemacht und ein in einem Parallelverfahren eingebrachtes Oppositionsgesuch „mutatis mutandis als Beschwerdegründe“ vorgebracht wurde. Dabei wird vorgebracht, die den Zahlungsaufträgen zu Grunde liegenden Zwangsstrafenbeschlüsse seien aus unionsrechtlicher Sicht unwirksam. Entsprechend einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12.09.2019, C-64/18, Zoran Maksimovic, sei das Kumulationsprinzip und das System der Kombination des Kumulationsprinzips mit einer Mindeststrafe mit dem Unionsrecht unvereinbar. Im Weiteren wird vorgebracht, dass in einem Parallelverfahren einer Gesellschaft in Deutschland wegen Nichtoffenlegung der Jahresabschlüsse Ordnungsgelder in Höhe von EUR 8.000,00 gegen die Gesellschaft verhängt worden seien, während das österreichische Firmenbuch im gleichen Zeitraum Geldstrafen in Millionenhöhe verhängt habe. Sämtliche österreichischen Gerichte hätten sich trotz Geldstrafen in Millionenhöhe geweigert, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die verpflichtete Partei und ihre Gesellschafter persönlich zu hören. Dagegen sei vor dem Landesgericht Bonn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden, deren Gegenstand das dort gestellte Vorabentscheidungsersuchen gewesen sei. Am 25.05.2018 sei die Datenschutzgrundverordnung in Kraft getreten. Es herrsche nun ein neuer Rechtsrahmen, weshalb sich die Bestrafung der verpflichteten Partei wegen Nichtoffenlegung der Jahresabschlüsse, die wesentliche personenbezogene Daten ihrer Gesellschafter, die natürliche Personen seien, enthielten, als unionsrechtswidrig erweise. Der Schutz bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sei ein Grundrecht, das gemäß Art. 8 Abs. 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 16 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleistet sei. Die Datenschutzgrundverordnung würde Daten natürlicher Personen schützen. Dieser Schutz dürfe nicht umgangen werden. Die verpflichtete Partei sei eine reine Familiengesellschaft, ihr würden nur natürliche Personen angehören. Die Bilanzen würden naturgemäß weitgehend persönliche Daten enthalten. Zwischenzeitig sei die verpflichtete Partei auch in eine Personengesellschaft mit einem persönlich haftenden Gesellschafter umgewandelt worden und sei nicht mehr offenlegungspflichtig. Die Durchsetzung von Zwangsstrafen gegen eine nicht mehr offenlegungspflichtige Gesellschaft sei kafkaesk. Durch die Offenlegung der Bilanzdaten werde es möglich, die Familienmitglieder und Gesellschafter der Firma XXXX durch Verknüpfung von Daten und Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Identität zu identifizieren, da sämtliche Daten ihnen unmittelbar zuordenbar seien. Die frei zugänglichen Daten des Geschäftsführers im Firmenbuch und die Angaben zu seiner Entlohnung sowie der Ergebnisverwendung in den Jahresabschlüssen würden das Vermögen und Einkommen des Geschäftsführers offenlegen, was von gewerblichen Anbietern ohne Zustimmung der jeweiligen Personen abgegriffen, ausgewertet und online kostenpflichtig verwertet werden könne. Die Datenschutzgrundverordnung wolle genau vor solchen Praktiken schützen, weshalb die Offenlegungsverpflichtungen des UGB damit im unlösbaren Widerspruch stünden. Die Zwangsstrafenbeschlüsse wären daher wegen Durchsetzung eines illegitimen Zweckes und Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung nichtig. Die entsprechenden Zahlungsaufträge wären aufzuheben. Der Europäische Gerichtshof habe das geplante Abkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union über die Übermittlung von Fluggastdatensätzen aus der Union nach Kanada als nicht vereinbar mit Art. 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens), Art. 8 (Schutz personenbezogener Daten), Art. 21 (Nichtdiskriminierung) und Art. 52 Abs. 1 (Verhältnismäßigkeit) der Charta der Grundrechte in einem Gutachten beurteilt. Auch hieraus ergebe sich der hohe Stellenwert des Datenschutzes in der Europäischen Union und die Erforderlichkeit der Neubeurteilung der verhängten Zwangsstrafen wegen Nichtoffenlegung aus datenschutzrechtlichen Gründen. Mittels Vergleiches zur BRD wird im Weiteren die "völlig überzogene Umsetzung in Österreich" und die Verletzung "unionseuropäische[r] Standards" und die Beschädigung des "Ansehen[s] des Unionsrechts durch österreichische Willkürakte" moniert. Weiters moniert werden der Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aufgrund „schrankenloser Kumulierung und ständiger Wiederholung von Bestrafungen“, die absolute Nichtigkeit der Zwangsstrafen, die verfahrensrechtliche Nichtigkeit und die unionsrechtlich unwirksame Beschränkung des Prüfungsauftrages. Die Vorstellungswerber beantragten daher, "die den Zahlungsaufträgen zugrunde liegenden Rechtsakte wegen absoluter Nichtigkeit und evidenter unionsrechtlicher Gleichheitswidrigkeit außer Acht zu lassen. Damit ergibt sich von selbst, dass der Zahlungsauftrag ohne Rechtsgrundlage, nämlich auf der Basis unionsrechtlich verdrängter innerstaatlicher Judikatur, ergangen ist". Weiters beantragt wurde, den angefochtenen Auftrag zur Zahlung von Zwangsstrafen ersatzlos aufzuheben.

4. Mit Stellungnahme vom 16.03.2020 teilten die Beschwerdeführer mit, dass ihnen bekannt sei, dass die innerstaatliche Rechtsprechung dahin gehe, dass im Rahmen der Erlassung von Zahlungsaufträgen nur die Existenz des Zwangsstrafenbeschlusses zu prüfen sei und Bindung an den gerichtlichen Beschluss bestehen solle. Sie gingen aber im vorliegenden Fall vom Vorrang des Unionsrechts in allen Stufen des Verfahrens aus und gäbe es keine Bindung an unionswidrige Rechtsakte. Die Beschwerdeführer hielten die den Zahlungsaufträgen zu Grunde liegenden Zwangsstrafenbeschlüsse aus unionsrechtlicher Sicht für unwirksam, weil sie den obersten Grundsatz des Unionsrecht, nämlich die Verhältnismäßigkeit allen Rechtshandelns, in gröblichster Weise missachten würden. Das Kumulationsprinzip und das System der Kombination eines Kumulationsprinzips mit einer Mindeststrafe sei mit dem Unionsrecht nicht vereinbar. Aufgrund geänderter Rechtslage und Rechtsprechung hätten die Beschwerdeführer beim Bezirksgericht XXXX am 13.11.2019 Klage und Aufschiebungsantrag eingebracht, welches zu XXXX anhängig sei, wobei dieses Vorbringen im Zuge der Stellungnahme wiederholt wurde. In Zusammenhang mit aktueller Rechtsprechung und der Rechtslage der österreichischen Höchstgerichte wurde weiters ausgeführt, dass das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz inzwischen in seinem Runderlass vom 13.01.2020 ausgesprochen habe, dass das Kumulationsprinzip in Österreich nicht mehr angewendet werden dürfe. Inzwischen habe der Verwaltungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen ausgesprochen, dass der Anwendung der von der angefochtenen Entscheidung angewendeten Gesetze, die offenkundig einer unmittelbar anwendbaren Norm des Unionsrechts widersprächen, der Vorrang unmittelbar anwendbaren Unionsrechts entgegenstehe. Aus den Erkenntnissen sei ersichtlich, dass die Rechtslage offenkundig in hohem Maße unklar sei, wobei ungeachtet dessen in jeder Lage des Verfahrens dem Unionsrecht der Vorrang einzuräumen sei. Es werde daher beantragt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes XXXX zu unterrechen sowie von der Vorschreibung und Einbringung abzusehen und das Verfahren einzustellen.

5. Mit angefochtenem Bescheid vom 20.05.2020 verpflichtete die belangte Behörde die Beschwerdeführer, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die im Firmenbuchverfahren XXXX des Landesgerichts XXXX verhängten Zwangsstrafen in Höhe von jeweils EUR 21.000,00 und jeweils die Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in der Höhe von EUR 8,00 auf das Konto des Landesgerichts XXXX , Verwendungszweck: XXXX , einzuzahlen.

6. Gegen diesen, dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführer am 29.05.2020 zugestellten Bescheid, richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 25.06.2020, mit welcher der Bescheid in vollem Umfange angefochten wird. Es wurde beantragt, über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Zusammengefasst bekämpften die Beschwerdeführer die im Grundverfahren ergangen Beschlüsse, mit welchen die im vorliegenden Verfahren einzubringenden Zwangsstrafen verhängt wurden. Diese Beschlüsse würden gegen Unionsrecht, namentlich gegen die Datenschutzgrundverordnung verstoßen, wären unverhältnismäßig und würden eine mündliche Verhandlung erfordern, da sie als Disziplinarrecht zu qualifizieren seien. Es liege Nichtigkeit bzw. verfahrensrechtliche Nichtigkeit vor. Zudem regten die Beschwerdeführer an, verschiedene, die gesetzlichen Grundlagen des Grundverfahrens betreffenden Fragestellungen dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Die Zwangsstrafen würden gegen den ordre public verstoßen und es handle sich um grundrechtsverletzende Rechtsakte. Einwendungen gegen das Einbringungsverfahren als solches wurden nicht erhoben.

7. Mit Schriftsatz vom 29.06.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.07.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt samt der Beschwerde zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

Über die Beschwerdeführer wurden mit gerichtlichen Beschlüssen (Zwangsstrafverfügungen) rechtskräftig Strafen gemäß § 283 UGB verhängt. Die Beschwerdeführer bekämpften diese Beschlüsse nicht. Sie erwuchsen in Rechtskraft. Die Beschwerdeführer sind aufgrund rechtskräftiger Entscheidungen des Gerichtes zu Bezahlung der im Einbringungsverfahren vorgeschriebenen Zwangsstrafen verpflichtet.

Die (Erst-)Beschwerdeführerin ist auch zum Abfragetag am 25.09.2020 im Firmenbuch zu XXXX als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingetragen. Aus diesem Firmenbuchauszug ergibt sich weiter, dass der (Zweit-)Beschwerdeführer als Geschäftsführer der (Erst-)Beschwerdeführerin eingetragen ist, der seit 25.02.2011 diese selbständig vertritt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf die vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsunterlagen. Das Vorliegen der dem Einbringungsverfahren zu Grunde liegenden rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen über die Zahlungspflicht der Beschwerdeführer [hier: die unter Punkt I. 1. genannten Zwangsstrafverfügungen über insgesamt EUR 21.000,00] steht anhand dieses Akteninhaltes unzweifelhaft fest und wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - im Einklang mit dieser Aktenlage - festgehalten.

Die Beschwerdeführer traten dem nicht mit konkreten substantiierten Tatsachenbehauptungen entgegen bzw. behaupteten nicht, dass sie gegen die Zwangsstrafverfügungen Rechtsmittel erhoben hätten.

Die Feststellungen, dass die (Erst-)Beschwerdeführerin zum Abfragetag am 25.09.2020 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Firmenbuch eingetragen ist und der (Zweit-)Beschwerdeführer diese selbständig vertritt, ergibt sich aus der vom erkennenden Gericht am 25.09.2020 durchgeführten Firmenbuchabfrage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Beschwerde bringt im Ergebnis ausschließlich verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken gegen die gerichtlichen Entscheidungen betreffend die Verhängung von Zwangsstrafen, die dem hier relevanten Einbringungsverfahren zugrunde liegen, vor.

Damit ist der Beschwerde der Erfolg zu versagen.

Denn die Ansicht der Beschwerdeführer, dass im Einbringungsverfahren die diesem Verfahren zu Grunde liegenden gerichtlichen Entscheidungen, mit denen die einzubringenden Zwangsstrafen verhängt wurden, nochmals zu überprüfen seien, ist nicht zu teilen. Dem steht der eindeutige Wortlaut der - mit BGBl I Nr 190/2013 eingeführten -Bestimmung des § 6b Abs. 4 GEG entgegen, wonach im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden können. Diese Bestimmung entspricht dem (bereits vor Inkrafttreten der Bestimmung mit 01.01.2014) geltenden Grundsatz, dass die Vorschreibungsbehörde als Justizverwaltungsorgan an die Entscheidungen der Gerichte gebunden ist und gegen einen Zahlungsauftrag, mit dem sich aus einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergebende Beträge vorgeschrieben werden, ein Rechtsmittel nur dann erhoben werden kann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder der Zahlungsauftrag der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht (vgl § 7 Abs. 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 Abs. 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung ist auch für das GEG in der (seit der Novelle BGBl I Nr 190/2013) geltenden Fassung maßgeblich (vgl. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/10/0050).

Die Entscheidung, mit der die Zahlungspflicht im Sinne des § 6b Abs. 4 GEG rechtskräftig festgestellt wurde, ist im Falle der Einbringung von Geldstrafen (Zwangsstrafen) die gerichtliche Entscheidung über die Verhängung der Geldstrafe (Zwangsstrafe) (vgl. VwGH 13.10.2004, 2000/10/0033, welches die Einbringung einer rechtskräftig verhängten Geldstrafe betraf, sowie VwGH 22.12.2010, 2010/06/0173 betreffend Zwangsstrafen nach dem UGB; vgl. auch die jüngst die Beschwerdeführer in identischen Angelegenheiten betreffenden Verfahren VfGH 26.02.2018, E 4325/2017, sowie die Beschlüsse VwGH 14.06.2018, Ra 2018/16/0081 bis 0082 und VwGH 14.08.2018, Ra 2018/16/0086; siehe auch Dokalik, Gerichtsgebühren 13. Auf. E 30 und E 31 zu § 6b GEG). Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Bindung an die dem Einbringungsverfahren zu Grunde liegenden rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen über die Verhängung der Zwangsstrafen besteht und weder der belangten Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht eine selbständige Prüfungsbefugnis bezüglich der Rechtmäßigkeit dieser gerichtlichen Entscheidungen zukommt und diese nicht im Wege der Justizverwaltung hinterfragt oder gar abgeändert/revidiert werden können. Sache des gegenständlichen Verfahrens ist nicht die Verhängung von Zwangsstrafen nach § 283 UGB - deren Verhängung die Revisionswerber in den zugrundeliegenden Verfahren zudem gänzlich unbekämpft ließen -, sondern deren gerichtliche Einbringung, die weder eine Straf- noch eine Disziplinarsache darstellt (zur Einordnung der Strafen nach § 283 UGB sowie zur unions- und verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Verhängung dieser Strafen vgl. im Übrigen die unter RIS-Justiz RS0113285 wiedergegebene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, insbesondere OGH 21.2.2008, 6 Ob 20/08x (6 Ob 21/08v) sowie 13.9.2012, 6 Ob 152/12i, mwN). In Ansehung von Beträgen, die - wie im vorliegenden Fall - in Durchführung von rechtskräftigen Entscheidungen des Gerichtes in den Zahlungsauftrag der Justizverwaltungsbehörde aufgenommen wurden, könnten vielmehr nur mehr Einwendungen hinsichtlich einer unrichtigen Bestimmung der Zahlungsfrist im Zahlungsauftrag oder hinsichtlich einer Nichtentsprechung des Zahlungsauftrages mit der ihm zu Grunde liegenden Entscheidung des Gerichtes erfolgreich sein (vgl. VwGH 27.01.2009, 2008/06/0227). Solche Gründe (Einwendungen), insbesondere dahingehend, dass der angefochtene Bescheid bzw. die Zahlungsaufträge nicht den zu Grunde liegenden rechtskräftigen Zwangsstrafverfügungen des Gerichtes entspricht bzw. entsprechen, wurden allerdings weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich geworden. Der Kern des Vorbringens der Beschwerdeführer lässt sich vielmehr dahin zusammenfassen, dass die Zwangsstrafen als Ergebnis von "verfassungs-, unions- und menschenrechtswidrigen" gerichtlichen Verfahren verhängt worden und die den gerichtlichen Verfahren zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften verfassungswidrig bzw. unionsrechtswidrig seien und daher auch der angefochtene Bescheid bzw. die Zahlungsaufträge rechtswidrig seien. Derartige Einwendungen gegen den Grund der Zahlungspflicht richten sich - wie den Beschwerdeführern bereits u.a. in den vom Verwaltungsgerichtshof zur Zl 2008/06/0227 (vom 27.01.2009) und zur Zl. 2010/06/0173 (vom 22.12.2010) sowie jüngst zu Zl. Ra 2018/16/0081 bis 0082 (vom 14.06.2018) und zu Zl Ra 2018/16/0069, /0070 (vom 07.06.2018) entschiedenen Beschwerdefällen, die hinsichtlich Sachverhalt und Rechtsfragen mit dem vorliegenden Beschwerdefall vergleichbar sind, mitgeteilt wurde - daher gegen die Entscheidungen des Gerichtes, die nicht im Verwaltungsverfahren (Einbringungsverfahren), sondern vor den ordentlichen Gerichten (im Rechtsmittelweg) geltend zu machen sind. Neue Umstände wurden im gegenständlichen Fall nicht releviert, insbesondere nicht mit dem Vorbringen, die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hätte eine neue Rechtslage geschaffen, da dies hinsichtlich der weiterhin bestehenden und durch die DSGVO nicht berührten Offenlegungspflichten nach dem UGB in keiner Weise zutrifft. Aus den genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und auch aus Ablehnungsbeschlüssen des Verfassungsgerichtshofes (vgl etwa den Beschluss VfGH 26.02.2018, E 4325/2017) geht ferner hervor, dass die das gerichtliche Verfahren tragenden Rechtsnormen (wie insbesondere § 283 UGB und § 24 FBG) für die belangte Behörde nicht präjudiziell waren und daher auch für das Bundesverwaltungsgericht nicht sein können (vgl VwGH 22.12.2010, 2010/06/0173).

Schon aus diesem Grund sieht sich (auch) das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der gegenständlichen Beschwerde nicht veranlasst, die von den Beschwerdeführern gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, da im hier gegenständlichen Einbringungsverfahren kein Raum dafür ist, die gerichtlichen Grundverfahren und die diesen Verfahren zu Grunde liegenden Normen, die zu den rechtskräftig ausgesprochenen Zahlungsverpflichtungen der Beschwerdeführer geführt haben, auf ihre Rechtmäßigkeit, Verfassungsmäßigkeit und Übereinstimmung mit dem Unionsrecht hin zu überprüfen (vgl. VwGH 14.08.2018, Ra 2018/16/0085).

Da auch nicht behauptet wurde, dass die Zwangsstrafen bereits bezahlt worden wären, war die belangte Behörde aufgrund bindender gerichtlicher Entscheidungen gemäß § 1 iVm § 6a Abs. 1 GEG verpflichtet, den sich daraus ergebenden Betrag zu bestimmen und gleichzeitig eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben.

Von der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wurde aus folgenden Gründen abgesehen:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Unter Verweis auf § 39 Abs. 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl Nr. 10/1985 (VwGG), welcher im Wesentlichen § 24 Abs. 4 VwGVG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung in einer Frage der Gebührenpflicht nach dem GGG Abstand genommen (VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in den sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen mit der gegenständlichen Rechtssache vergleichbaren Beschlüssen vom 14.06.2018, Ra 2018/16/0081 bis 0082, vom 07.07.2018, Ra 2018/16/0069, /0070 und vom 14.08.2018, Ra 2018/16/0085 mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von besonderer Bedeutung die jeweiligen Revisionen der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Eine besondere Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall sohin nicht vor.

Schlagworte

Bindungswirkung Einhebungsgebühr Geldstrafe Grundverfahren Jahresabschluss Mandatsbescheid Offenlegungspflicht Rechtskraft Rechtskraft der Entscheidung Unionsrecht verfassungsrechtliche Bedenken Vorstellung Zwangsstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2232715.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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