TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/1 W274 2227645-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
Auskunftspflichtgesetz §4
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art20 Abs4
DSG §1
DSGVO Art6

Spruch

W274 2227645-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesveraltungsgericht erkennt durch Mag. Lughofer als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch XXXX Österreichischer Rundfunk, Würzburggasse 30, 1136 Wien, gegen den Bescheid des Präsidenten des Nationalrats vom 19.11.2019, GZ 42010.0040/1-L3.1/2019, wegen § 1 Auskunftspflichtgesetz, zu Recht:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Mit E-Mail vom 14.07.2019 wandte sich XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer - BF) über die Auskunftsplattform "fragdenstaat.at" an den E-Mail-Dienst des Parlaments (letzteres im Folgenden: belangte Behörde) unter dem Betreff "Gehaltsfortzahlung" und beantragte "gemäß § 2, 3 AuskunftspflichtG" die Erteilung folgender Auskunft:

"Welche Abgeordneten haben in den Jahren 2017, 2018 und 2019 die Gehaltsfortzahlung nach Erledigung ihres Mandats in Anspruch genommen und für wie lange?

Für den Fall einer unvollständigen Erteilung oder Nichterteilung der Auskunft (z.B. Verweigerung) beantrage ich die Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 AuskunftspflichtG."

Mit E-Mail vom 16.07.2019 an den BF erging erfolgende Antwort des Sprechers der Parlamentsdirektion, XXXX :

"Eine Auskunft kann nur erteilt werden, sofern dem nicht eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht. Im konkreten Fall steht die Auskunftserteilung dem Grundrecht auf Datenschutz der betroffenen Person entgegen.

Die Weitergabe der Daten wäre ein Eingriff einer staatlichen Behörde im Sinne des der DSG (§ 1 Abs. 2 DSG). Dieser Eingriff wäre nur zulässig, wenn es dafür eine ausdrückliche und hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung gäbe. Eine solche besteht nicht.

Es kann auch kein überwiegendes berechtigtes Interesse im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO) angenommen werden, weil diese Bestimmung für Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben nicht gilt. Zudem spielen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Bezugsfortzahlung wesentliche Umstände aus dem Privatleben hinein und/oder lassen sich solche daraus ableiten, sodass das Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen gegenüber dem Interesse der Öffentlichkeit an dieser Information überwiegt."

Mit E-Mail vom 19.07.2019 des BF an XXXX führte der BF aus, da es sich beim Amt des/der Abgeordneten zum Nationalrat nicht um ein Angestelltenverhältnis, sondern um ein Amt handle, das auch nicht mit einem Gehalt, sondern mit einem Bezug remunieriert werde und dessen Erledigung und Sonderzahlungen selbstständig von öffentlichem Interesses seien, könne auch bei Weiterbezug von öffentlichem Interesse ausgegangen werden. Er weise daraufhin, dass er diese Anfrage in seiner Rolle als "Gouvernement Watchdog" stelle. Für den Fall einer vollständigen oder teilweisen Nichterteilung der Auskunft beantrage er die Ausstellung eines Bescheides.

Mit dem bekämpften Bescheid wies der Präsident des Nationalrats als belangte Behörde den Antrag auf Auskunft vom 14.07.2019 ab und führte zusammengefasst aus, der Präsident des Nationalrats sei gemäß § 20 Z 1 Bundesbezügegesetz (BBezG) mit der Vollziehung dieses Gesetzes betraut und somit die zur Gewährung oder Versagung der Auskunft zuständige Behörde. Er sei dies auch nach § 1 Abs. 1 iVm § 4 AuskunftspflichtG iVm Art. 30 Abs. 3 und 6 B-VG. Als Verfahrensordnung gelte § 17 BBezG sowie das AVG.

Aufgrund des klar abgegrenzten Auskunftsbegehren sei kein weiteres Ermittlungsverfahren erforderlich.

Der Anspruch auf Bezugsfortzahlung nach Ausscheiden aus dem Nationalrat oder dem Bundesrat sei in § 6 BBezG geregelt. Danach gebühre Organen auf Antrag eine Fortzahlung von 75 % der monatlichen Bezüge unter anteilsmäßiger Berücksichtigung der Sonderzahlungen, wenn sie keinen Anspruch auf die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit hätten.

Bestehen Einkünfte nach § 2 Abs. 3 Z. 5 bis 7 des EinkommenssteuerG bzw. Ansprüche auf solche Einkünfte, sei jeweils ein Zwölftel dieser Jahreseinkünfte von den monatlichen Bezugsfortzahlungsansprüchen nach Abs 1 in Abzug zu bringen. Der Anspruch auf Bezugsfortzahlung bestehe nach Abs. 2 nur solange, als nicht ein Anspruch auf Geldleistungen

1. für die Ausübung einer neuerlichen Funktion nach diesem Bundesgesetz, nach vergleichbaren bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften oder für eine Funktion im Rahmen der europäischen Gemeinschaften,

2. für eine sonstige Erwerbstätigkeit oder

3. aus einer Pension bestehe.

Gemäß Abs. 3 gebühre die Bezugsfortzahlung

1. Anspruchsberechtigen, die nach dem § 2 des Unvereinbarkeits- und TransparenzG 1983 keinen anderen Beruf ausüben dürften, für die Dauer von höchstens 6 Monaten,

2. sonstigen Anspruchsberechtigten für die Dauer von höchstens 3i Monaten

Gemäß Abs. 4 bestehe der Anspruch auf Bezugsfortzahlung nicht, wenn ein Anspruch

1. auf eine Geldleistung nach Abs. 2 Z. 1 bis 3 deswegen nicht bestehe, weil das Organ darauf verzichtet habe oder

2. ein Anspruch auf Pension deswegen nicht bestehe, weil das Organ einen hierfür erforderlichen Antrag nicht gestellt habe.

Habe gemäß Abs. 5 ein Anspruchsberechtigter aufgrund einer früheren Tätigkeit eine dem Abs. 1 vergleichbare Leistung nach diesem Bundesgesetz, nach anderen bundesrechtlichen Vorschriften, nach landesrechtlichen Vorschriften oder nach Vorschriften der europäischen Gemeinschaften erhalten, sei diese auf den nunmehr gebührenden Anspruch anzurechnen.

Auf dieser Grundlage gebühre Mitgliedern des Nationalrates und des Bundesrates, die keinen Anspruch auf die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit hätten, bej Beendigung ihrer Funktionsausübung auf Antrag eine Fortzahlung von 75 % der monatlichen Bezüge unter anteilsmäßiger Berücksichtigung der Sonderzahlungen. Bestimmte Einkünfte nach dem EinkommenssteuerG seien gegenzurechnen. Die maximale Dauer der Bezugsfortzahlung betrage für den Präsidenten/die Präsidentin des Nationalrates und die Klubobleute 6 Monate, für alle anderen Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates 3 Monate. Der Anspruch ende, sobald ein Anspruch auf Geldleistungen für die Ausübung einer neuerlichen Funktion nach dem BBezG, nach vergleichbaren bundes- der landesrechtlichen Vorschriften oder für eine Funktion im Rahmen der EU, für eine sonstige Erwerbstätigkeit oder eine Pension bestehe.

In weiterer Folge stellte die belangte Behörde die rechtlichen Grundlagen der Auskunftspflicht dar und verwies auf das Erkenntnis des VwGH vom 21.09.2005, 2004/12/0151, wonach sich dieser mit dem Verhältnis von Art. 20 Abs. 4 B-VG und Art. 8 und 10 EMRK sowie der damit verbundenen Frage des Bestehens eines Geheimhaltungsinteresses von "Public Officials" auseinandergesetzt habe. Danach müssten PolitikerInnen im Interesse einer umfassenden Freiheit der politischen Diskussion weitergehende Beschränkungen ihrer Privat-und Persönlichkeitsrechte in Kauf nehmen. Es bestehe ein erhöhtes Auskunftsinteresse nicht erst dann, wenn die Frage unmittelbar die amtliche (politische) Tätigkeit betreffe, sondern schon dann, wenn es sich um Angelegenheiten des privaten bzw. beruflichen Lebens handle, wenn ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit gegeben erscheine.

Schließlich legte die belangte Behörde die Grundlagen des Datenschutzrechts dar.

Sie folgerte sodann rechtlich zusammengefasst, die Auszahlung von Bezügen im Rahmen von Bezugsfortzahlungen sei als hoheitliches Verwaltungshandeln zu qualifizieren. Die Weitergabe der Namen der ehemaligen Abgeordneten, denen eine Bezugsfortzahlung gebühre, wäre ein Eingriff einer staatlichen Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG, der einer ausdrücklichen hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung bedürfe. Eine solche gesetzliche Grundlage, die den Präsidenten/die Präsidentin des Nationalrates bzw. die ihm/ihr gemäß Art. 30 Abs. 3 B-VG unterstehende Parlamentsdirektion zur Weitergabe von Informationen über Bezugsfortzahlungen ermächtige, bestehe nicht.

Der Präsident des NR sei zwar gemäß § 20 BBezG hinsichtlich der Mitglieder des Nationalrates (sowie des Bundesrates, der Volksanwaltschaft und des Präsidenten des Rechnungshofes sowie deren Hinterbliebenen) mit der Vollziehung dieses Gesetzes betraut. Daraus könne aber keine Ermächtigung zur Weitergabe der gewünschten Daten an Dritte abgeleitet werden.

Die allgemeine Bestimmung des § 14 Abs. 8 GOG-NR sei im Hinblick auf § 1 DSG und das Erfordernis einer ausreichend präzisen, für jedermann vorhersehbaren Regelung keine geeignete Grundlage zur Weitergabe. Nach dieser Bestimmung oblägen dem Präsidenten alle Veröffentlichungen betreffend die Tätigkeit des Nationalrates und seiner Ausschüsse. Umfasst seien auch die Herausgabe des stenographischen Protokolls über die Sitzung des NR, von Ton- und Bildaufnahmen von den Verhandlungen, die Veröffentlichung der Liste der Abgeordneten und Verlautbarungen über die Tätigkeit der Ausschüsse sowie die Veröffentlichung von Verhandlungsschriften im Sinne des § 39 Abs. 3 GOG-NR. Diese Regelung beziehe sich also ausschließlich auf Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Verfahren, also solche, die dem Bereich der Gesetzgebung zuzurechnen seien.

Der Auskunftserteilung stehe das Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten gemäß § 1 DSG entgegen.

Gemäß Art. 6 DSGVO sei eine Verarbeitung nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der in dieser Bestimmung aufgezählten Bedingungen erfüllt sei. Art. 6 Abs. 1 lit e DSGVO erlaube eine Verarbeitung, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sei, die im öffentlichen Interesse liege oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolge, die dem Verantwortlichen übertragen worden sei. Gemäß Art. 6 Abs. 3 DSGVO müsse der Zweck der Verarbeitung in einer Rechtsgrundlage festgelegt sein oder hinsichtlich der Verarbeitung für die Erfüllung einer m öffentlichen Interesse liegenden oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgenden Aufgabe erforderlich sein.

Beides liege hier nicht vor. Es gäbe keine Rechtsgrundlage, die den Präsidenten des NR bzw. die ihm unterstehende Parlamentsdirektion zur Weitergabe von Informationen über Bezugsfortzahlungen ermächtige. Auch wenn der Präsident des NR mit der Vollziehung des BBezG betraut sei, könne nicht davon gesprochen werden, dass die Erteilung personenbezogener Auskünfte über Bezugsfortzahlungen an Dritte zur Wahrnehmung dieser Aufgabe im Sinne Art. 6 Abs. 1 lit e DSGVO erforderlich wäre.

Es sei auch keine der übrigen Bedingungen des Art. 6 DSGVO erfüllt. Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO, der auf eine Interessenabwägung abstelle, gelte explizit nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung. Der gewünschten Auskunft stehe daher auch die DSGVO entgegen.

Ein Anspruch auf Weitergabe personenbezogener Informationen zu journalistischen Zwecken lasse sich auch nicht aus den Regelungen zum sogenannten Medienprivileg (Art. 85 DSGVO iVm § 9 DSG) ableiten.

Sodann stellte die belangte Behörde Art. 20 Abs. 3 B-VG (Amtsverschwiegenheit) dar. Das für das Bestehen einer Verschwiegenheitspflicht erforderliche Geheimhaltungsinteresse könne eines der in Art 20 Abs. 3 B-VG aufgezählten öffentlichen Interessen oder ein überwiegendes Interesse einer Partei sein. Die explizit aufgezählten öffentlichen Interessen lägen im gegenständlichen Fall nicht vor. Es sei daher eine Interessenabwägung im Hinblick auf das überwiegende Interesse der Parteien vorzunehmen.

Die betroffenen ehemaligen Abgeordneten, die Bezugsfortzahlungen beantragt bzw. bezogen hätten, seien Parteien im Sinne des Art. 20 Abs 3 B-VG. Es sei das Interesse des Auskunftswerbers an der Erlangung der begehrten Information mit dem Geheimhaltungsinteresse der Parteien abzuwägen. Nur bei Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen der Parteien sei der Behörde eine Auskunftserteilung verwehrt.

Es sei also abzuwägen, ob das Interesse des Auskunftswerbers als Journalist Public Watchdog auch im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des EGMR oder das Interesse der ehemaligen Abgeordneten an der Geheimhaltung der gewünschten Auskunft überwiege.

Abgeordnete, die aus dem Nationalrat ausscheiden, hätten unter den in § 6 BBezG angeführten Voraussetzungen einen rechtlichen Anspruch auf Bezugsfortzahlung für einen relativ eng begrenzten Zeitraum. Es handle sich um einen Anspruch auf einen Bezug zur Überbrückung, wenn Abgeordnete nach ihrem Ausscheiden kein anderes Einkommen hätten. Der Weiterbezug erfolge nicht automatisch, sondern müsse beantragt werden. Die Bezugsfortzahlung sei keine Ermessensentscheidung.

Es handle sich bei einer allfälligen Bezugsfortzahlung um Mittel aus Steuergeld. An der Kenntnis der ordnungsgemäßen Verwendung öffentlicher Gelder bestehe ein öffentliches Interesse.

Bedingung für den Anspruch sei, dass der/die Betroffene keinen Anspruch auf Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit nach Ende der Funktion habe (d. h. unmittelbar nach dem Ausscheiden keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne/werde). Die Gründe für einen Antrag auf Bezugsfortzahlung lägen also im privaten Bereich der ehemaligen Abgeordneten bzw. ließen Rückschlüsse auf deren fehlende Erwerbstätigkeit nach ihrem Ausscheiden zu (daher medial auch als "Arbeitslosengeld für Politiker" bezeichnet). Die Entscheidung, ob und wie lange die Bezugsfortzahlung beansprucht werde, sei somit eine nicht in der Tätigkeit als Abgeordneter begründete. Zudem seien von den Bezugsfortzahlungsansprüchen bestimmte Einkünfte nach dem Einkommenssteuergesetz in Abzug zu bringen. Das bedeute, dass durch die Erteilung einer Auskunft hinsichtlich des Anspruchs auf Bezugsfortzahlung wesentliche Umstände aus dem Privatleben ehemaliger Abgeordneter veröffentlicht würden bzw. aus einer Auszahlung auch ableitbar wären, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse des/der Betroffenen bestehe. Wesentlich sei, dass es sich im vorliegenden Fall um Informationen im Zusammenhang mit dem Privatleben ehemaliger Abgeordneten des Nationalrats handle und nicht um aktive MandatarInnen, die nach der Rechtsprechung des VwGH und des EGMR weiter gehende Beschränkungen ihrer Privat- und Persönlichkeitsrechte in Kauf nehmen müssten. Es sei nicht ersichtlich, dass zur Ausübung der Kontrollfunktion als „Public Watchdog“ und zur Wahrung der Interessen der Öffentlichkeit die konkreten Namen und Beträge der Bezugsfortzahlung der ehemaligen Abgeordneten unbedingt erforderlich seien.

Der VfGH habe es als nicht notwendig erachtet, dem Rechnungshof gegenüber Namen von Personen und deren Bezüge zu veröffentlichen, um die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel sicherzustellen (VfSlg 17.065/2003). Umso weniger könne im vorliegenden Fall eine Auskunftserteilung über die Namen der ehemaligen Abgeordneten gegenüber einem Journalisten für dessen Tätigkeit für erforderlich erachtet werden, um für Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften bzw. über die Verwendung öffentlicher Mittel zu sorgen. Der Schutz der privaten Interessen bzw. Geheimhaltungsinteressen der ehemaligen Abgeordneten überwiege gegenüber dem Interesse des Auskunftswerbers bzw. der Öffentlichkeit. Eine Ausnahme von der Amtsverschwiegenheit könne daher nicht mit einem überwiegenden berechtigten Interesse des Antragstellers als Medienvertreter bzw. der Öffentlichkeit an den Namen der ehemaligen Abgeordneten gerechtfertigt werden, selbst wenn es sich bei den Mitteln, aus denen die Bezugsfortzahlungen erfolgten, um öffentliche Gelder handle.

Der Auskunftserteilung stehe das Grundrecht auf Datenschutz, die DSGVO und die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entgegen.

Die Parlamentsdirektion könne aber folgende Daten zur Verfügung stellen:

"Es gab im Jahr 2017 27 Bezugsfortzahlungen, im Jahr 2018 4 Bezugsfortzahlungen und im Jahr 2019 per Stichtag 18.11.2019 13 Bezugsfortzahlungen. Der dafür aufgewendete Gesamtbetrag beläuft sich im Jahr 2017 auf EUR 655.241,82, im Jahr 2018 auf EUR 73.752,96 und im Jahr 2019 auf EUR 324.303,32.“

Erkennbar gegen diesen Bescheid (belangte Behörde bezeichnet als „Parlamentsdirektion“) richtet sich die Beschwerde des BF, nunmehr vertreten durch XXXX , p. A. Österreichischer Rundfunk, "wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts" mit dem Antrag, den Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragte Auskunftserteilung zu gewähren sei. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit dem Verwaltungsakt am 16.01.2020 dem BVwG vor.

Am 07.02.2020 übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme.

II. Die Beschwerde ist nicht berechtigt:

1. Gemäß § 20 Abs. 4 B-VG haben alle mit Aufgaben der Bundes,- Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Nähere Regelungen werden durch das Auskunftspflichtgesetz des Bundes und die Auskunftspflichtgesetze der Länder festgelegt.

Dementsprechend bestimmt § 1 AuskunftspflichtG, dass die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnde Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen haben, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

2. Zu prüfen ist, ob die in Art. 20 Abs. 3 B-VG normierte Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit – als gesetzliche Verschwiegenheitspflicht – der Pflicht zur Auskunftserteilung entgegensteht:

2.1. Nach Art. 20 Abs. 3 B-VG sind alle mit Aufgaben des Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist.

Als „Partei“ iSd Art. 20 Abs. 3 B-VG sind alle Personen anzusehen, die aus irgendeinem Anlass mit der Behörde in Berührung kommen (VwGH 28.01.2019, Ra 2017/01/0140).

Bei der Prüfung des Interesses der Partei an der Geheimhaltung ist eine Abwägung der Interessen, nämlich des Interesses an der Information und des Geheimhaltungsinteresses der Partei, vorzunehmen. Stehen einander die beiden Interessenlagen gleichwertig gegenüber, so steht der Auskunftserteilung keine Geheimhaltungsverpflichtung der Behörde entgegen; (nur) bei Überwiegen der Geheimhaltungsinteressen der Partei ist der Behörde eine Auskunftserteilung verwehrt (VwGH 28.01.2019, Ra 2017/01/0140).

Im Hinblick auf eine verfassungskonforme Auslegung des § 1 AuskunftspflichtG ist Art. 10 EMRK und die dazu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sowie der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes zu beachten:

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist das in Art. 10 EMRK verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung dahingehend auszulegen, dass dieses – unter bestimmten Voraussetzungen – ein Recht auf Zugang zu Informationen miteinschließt. Bei der Ermittlung der Reichweite des Rechtes auf Zugang zu Informationen sind im Wesentlichen folgende Kriterien relevant: der Zweck und das Ziel des Informationsansuchens (ist das Sammeln von Informationen ein relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische oder andere Aktivitäten, mit denen ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden soll oder die ein essentielles Element einer solchen darstellen?), die tatsächliche Notwendigkeit des Informationsbegehrens für die Ausübung der Meinungsfreiheit, der Charakter der begehrten Informationen (die Informationen, Daten oder Dokumente, hinsichtlich derer ein Zugang begehrt wird, müssen generell den Test, ob sie im öffentlichen Interesse liegen, bestehen; die Notwendigkeit einer Offenlegung kann dann bestehen, wenn die Offenlegung unter anderem für Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften und über Angelegenheiten sorgt, die für die Gesellschaft als Ganzes interessant sind), die Rolle des Zugangswerbers/ der Zugangswerberin (als Journalist/in bzw. als "social watchdog" [gesellschaftlicher Wachhund] oder Nichtregierungsorganisation, deren Aktivitäten sich auf Angelegenheiten des öffentlichen Interesses bezogen), und schließlich die Existenz von bereiten und verfügbaren Informationen (VwGH 29.05.2018, Ra 2017/03/0083, mit Verweis auf EGMR vom 8.11.2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11, insbesondere Z 131 und 156 ff).

Der Verwaltungsgerichtshof führte unter Bezugnahme auf die vom EGMR entwickelten Kriterien aus, dass jene Bestimmungen, die dem Auskunftspflichtigen die Verweigerung einer begehrten Auskunft ermöglichen, insbesondere dann eng auszulegen seien, wenn ein Auskunftsersuchen als relevanter Vorbereitungsschritt für journalistische oder andere Aktivitäten, mit denen ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden solle, zu sehen sei, die begehrten Informationen im öffentlichen Interesse liegen und dem Auskunftswerber eine Rolle als "watchdog" im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zukomme (VwGH vom 29.05.2018, Ra 2017/03/0083).

Weiters ist bei einer Interessensabwägung zu beachten, dass vor allem Politiker im Interesse einer umfassenden Freiheit der politischen Diskussion, die geradezu zum Kernbereich des Begriffs einer demokratischen Gesellschaft gehört, weitergehende Beschränkungen ihrer Privat- und Persönlichkeitssphäre in Kauf nehmen müssen. Anders als die Privatpersonen setzen sich Politiker unvermeidlich und wissentlich der eingehenden Kontrolle aller ihrer Worte und Taten durch die Presse und die allgemeine Öffentlichkeit aus und müssen daher ein großes Maß an Toleranz zeigen (VwGH 21.09.2005, 2004/12/0151 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR 08.07.1986, Lingens gegen Österreich, case number 12/1984/84/31). So führte der VwGH weiters aus, dass das bei Personen mit öffentlichen Ämtern – sogenannten „public officials“ – ein erhöhtes Auskunftsinteresse nicht erst dann bestehe, wenn die Frage unmittelbar die amtliche (politische) Tätigkeit betreffe, sondern schon dann, wenn es sich um Angelegenheiten des privaten bzw. des (außerhalb der politischen Tätigkeit entfalteten) beruflichen Lebens handle, wenn nur ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit gegeben erscheine (VwGH 12.09.2005, 2004/12/0151, mit Verweis auf die diesbezüglichen Überlegungen von Holoubek in ecolex, 1990, 785, „public figures“ als Maßstab bei der Grundrechtsprüfung).

2.2. Im vorliegenden Fall überwiegt das Geheimhaltungsinteresse der ehemaligen Nationalratsabgeordneten gegenüber dem Auskunftsinteresse des BF:

2.2.1. Der BF ist als Journalist und Moderator des ORF ein „public watchdog“ im Sinne der Rechtsprechung des EGMR. Sein Auskunftsersuchen ist grundsätzlich als Vorbereitungsschritt für journalistische Zwecke anzusehen, mit dem ein Forum für eine öffentliche Debatte geschaffen werden soll, weshalb das Geheimhaltungsinteresse der vom Auskunftsersuchen betroffenen ehemaligen Nationalratsabgeordneten grundsätzlich eng auszulegen ist.

2.2.2. Die vom Auskunftsersuchen betroffenen ehemaligen Nationalratsabgeordneten sind Parteien im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG. Zur Frage, ob gegenüber ihnen ein erhöhtes Auskunftsinteresse (und damit ein geringes Geheimhaltungsinteresse) im Sinne der zuvor angeführten Rechtsprechung des VwGH bzw. EGMR (VwGH 21.09.2005, 2004/12/0151; EGMR 08.07.1986, Lingens gegen Österreich, case number 12/1984/84/31) besteht, ist Folgendes auszuführen:

Der BF brachte in der Beschwerde im Wesentlichen vor, dass gegenüber ehemaligen Nationalratsabgeordneten ein erhöhtes Auskunftsinteresse bestehe, weil es sich zum einen bei der angeforderten Auskunft um eine solche handle, die mit der ehemaligen politischen Tätigkeit der Nationalratsabgeordneten in unmittelbarem Zusammenhang stehe und zum anderen ehemalige Nationalratsabgeordnete als „public officials“ oder „public figures“ anzusehen seien. Er stütze sich dabei im Wesentlichen auf die Entscheidung des EGMR zu Lingens gegen Österreich, dem schon zuvor erwähnten wissenschaftlichen Beitrag von Holoubek (ecolex 1990, 785) sowie auf das Erkenntnis des VwGH von 2005 (VwGH 21.09.2005, 2004/12/0151):

Der Fall Lingens gegen Österreich – ein Fall zum Medienrecht, in dem sich der EGMR mit dem Verhältnis zwischen Art. 8 und Art. 10 EMRK beschäftigte – betraf die Verurteilung eines Journalisten wegen übler Nachrede. Dieser hatte zwei Artikel in einem Magazin veröffentlicht, in dem er das Verhalten des damaligen Bundeskanzlers Kreiskys als „unmoralisch“ und „würdelos“ bezeichnete (Hintergrund waren Aussagen Kreiskys, mit denen er den damaligen Chef der Freiheitlichen Partei verteidigte/unterstützte, der zuvor beschuldigt wurde, Mitglied einer Einheit der SS gewesen zu sein). Der EGMR entschied, dass die Verurteilung des Journalisten dessen Recht auf Meinungsfreiheit nach Art. 10 EMRK verletzte und führte in diesem Zusammenhang aus, dass Politiker weitergehende Beschränkungen ihrer Privat- und Persönlichkeitssphäre in Kauf nehmen müssten. Anders als Privatpersonen würden sich Politiker unvermeidlich und wissentlich der eingehenden Kontrolle aller ihrer Worte und Taten durch die Presse und die allgemeine Öffentlichkeit aussetzen und müssten daher ein großes Maß an Toleranz zeigen.

Im Anschluss an das Urteil des EGMR setzte sich Holoubek (ecolex 1990, 785) mit der Thematik der „Public Figures“ als Maßstab in der Grundrechtsdogmatik auseinander und führte im Wesentlichen aus, dass zwischen „public officials“ und „public figures“ zu unterscheiden sei: „Public officials“ seien Träger eines öffentlichen Amtes. „Public figures“ seien allgemein bekannte Personen des öffentlichen Lebens, die sich freiwillig in das Zentrum der Auseinandersetzung um eine öffentliche interessierende Angelegenheit begäben. Beide müssten nach diverser nationaler und internationaler Judikatur ein erhöhtes Maß an Kritik und Berichterstattung über ihre persönlichen Verhältnisse in Kauf nehmen. Dies werde meist damit begründet, dass Personen des öffentlichen Lebens zum einen in aller Regel selbst eine – verglichen mit „normalen“ Privatpersonen – begünstigte Zugangsmöglichkeit zur Öffentlichkeit hätten und somit auch auf Angriffe entsprechend regieren könnten. Zum anderen würden sich solche Personen häufig „freiwillig“ ins Rampenlicht der Öffentlichkeit stellen. Zum Dritten gelte für Träger öffentlicher Ämter oder Bewerber um solche, also für „public officials“, dass sie mit dem Amt auch Verantwortung für die Gemeinschaft übernommen hätten, womit auch ein über die Öffentlichkeit wirkendes Informations- und Kontrollrecht der Gemeinschaft über ihre Aufgabenwahrnehmung bestehe.

Er führte weiters aus, dass diese Argumente freilich von unterschiedlichem Gewicht seien, insbesondere die Chance einer „Richtigstellung durch Gegenargumente“ und die Freiwilligkeit der eigenen „Popularität“ sollten nicht überschätzt werden. Zu beachten sei zudem, dass der Maßstab der „public figures“ im Beleidigungsrecht entwickelt worden sei und daher gerade für solche Personen nicht einfach auf den Schutz der Privatsphäre übertragen werden könne. Überzeugend rechtfertigen lasse sich ein personenbezogener Maßstab damit nur in Hinblick auf Personen mit öffentlichen Ämtern, auf „public officials“. Hier begründe die Übernahme der Besorgung von Gemeinschaftsangelegenheiten durch eine Person ein legitimes erhöhtes Interesse der Gemeinschaft auch an dem diese Person prägenden und bestimmenden privaten Umfeld, hier stelle öffentliche Diskussion und Kritik eine wesentliche Möglichkeit der Gemeinschaft dar, auf die Aufgabenwahrnehmung durch den Amtsinhaber Einfluss zu nehmen. Die – nur im Einzelfall bestimmbare – Grenze des legitimen öffentlichen Informationsinteresses und Kritikrechtes liege dort, wo der Zusammenhang mit dem übernommenen Amt und seiner Erfüllung fehle (Holoubek, ecolex 1990, 788 f).

Der VwGH griff in seinem Erkenntnis von 2005 (VwGH 21.09.2005, 2004/12/0151) die Überlegungen von Holoubek auf und führte aus, dass diese fallbezogen auch auf das Auskunftsrecht zu übertragen seien. Dem Erkenntnis lag der Sachverhalt zugrunde, dass eine Nationalratsabgeordnete, die gleichzeitig die Funktion der Wissenschaftssprecherin innehatte, neben ihrer Tätigkeit als Abgeordnete als Universitätsassistentin beschäftigt war. Der Medienberichterstattung sei damals zu entnehmen gewesen, dass die Abgeordnete (trotz negativer Stellungnahmen) ins definitive Universitätsassistentendienstverhältnis übergeleitet worden sei. Der Beschwerdeführer ersuchte in Folge bei der belangten Behörde um Auskunft über die Anzahl der von der Abgeordneten veröffentlichten wissenschaftlichen Publikationen bzw. um Auskunft, welche Publikationen im Definitivstellungsverfahren berücksichtigt wurden. Die Behörde verweigerte die Auskunftserteilung – mit dem Hinweis (unter anderem) auf die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit und dem Grundrecht auf Datenschutz.

Der Verwaltungsgerichtshof entschied, dass ein erhöhtes Auskunftsinteresses des Revisionswerbers (und damit korrelierend ein geringeres Geheimhaltungsinteresse der Abgeordneten) anzunehmen sei, weil das Auskunftsbegehren Fragen betreffe, die sich zwar nicht unmittelbar auf die amtliche Tätigkeit bezögen, es sich jedoch um Angelegenheiten des privaten (bzw. des im gegebenen Fall außerhalb der politischen Tätigkeit entfalteten beruflichen) Lebens der Abgeordneten handle, die einen Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit aufwiesen. Er begründete dies damit, dass die Abgeordnete die Funktion der Wissenschaftssprecherin innegehabt habe und es ungeklärt geblieben sei, ob diese mit politischen Aussagen oder Initiativen zu Fragen der Definitivstellung von Universitätsassistenten in die Öffentlichkeit getreten sei.

Soweit der BF sich nun in seinem Vorbringen auf das Erkenntnis des VwGH stützt und ausführt, dass auch bei ihm ein erhöhtes Auskunftsinteresse vorliege, weil die Gründe für die Bezugsfortzahlung ausschließlich in der politischen Tätigkeit der ehemaligen Abgeordneten lägen, kann dem nicht gefolgt werden:

Ehemalige Nationalratsabgeordnete sind nicht mehr Träger eines öffentlichen Amtes (und somit auch nicht mehr „public officials“), weshalb schon allein aus diesem Grund die Interessenslage nicht mit jener, die dem dargestellten Erkenntnis des VwGH zugrundeliegt, vergleichbar ist. Zudem liegt der Grund für die Bezugsfortzahlung nicht ausschließlich in der politischen Tätigkeit der ehemaligen Abgeordneten. Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, entsteht der Anspruch auf Bezugsfortzahlung zwar aufgrund der politischen Tätigkeit und ist somit untrennbar mit dem vorangegangenen Amt verbunden, ob der Anspruch aber tatsächlich besteht, hängt von den privaten bzw. persönlichen Umständen des einzelnen ehemaligen Mandatars ab und hat nichts mit seiner vorherigen politischen bzw. amtlichen Tätigkeit zu tun. Anspruch auf eine Bezugsfortzahlung nach § 6 BBezG haben nur ehemalige Abgeordnete, die keinen Anspruch auf die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit haben. Ob dies der Fall ist, hängt von den persönlichen bzw. privaten Umständen des jeweiligen Abgeordneten, wie beispielsweise seiner Ausbildung, beruflichen Vorerfahrungen etc. ab. Der Anspruch auf Bezugsfortzahlung besteht nur dann, wenn die jeweilige Person nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat arbeitslos ist (daher medial auch als „Arbeitslosengeld für Politiker“ bezeichnet). Die Gründe für die Bezugsfortzahlung liegen somit vorwiegend im privaten Bereich des jeweiligen ehemaligen Abgeordneten und nicht, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht, in dessen politischer Tätigkeit.

Zudem ist zu beachten, dass sich der VwGH in seiner Begründung maßgeblich auf die Überlegungen von Holoubek stützt und das Vorliegen eines Zusammenhanges mit der politischen Tätigkeit nur im Sinne dessen Ausführungen annimmt. Holoubek betont aber gerade, dass ein erhöhtes Informationsinteresse nur dann gerechtfertigt sei, wenn ein Zusammenhang mit dem übernommenen Amt und seiner Erfüllung vorliege, weil nur dann von einem legitimen Informations- und Kritikrecht der Öffentlichkeit auszugehen sei, um auf die Aufgabenwahrnehmung durch den Amtsinhaber Einfluss nehmen zu können. So würde dementsprechend die Annahme eines erhöhten Informationsinteresses gegenüber ehemaligen Abgeordneten, die nicht mehr Träger eines öffentlichen Amtes sind, nicht mit dem Zweck des erhöhten Auskunftsinteresses – und zwar um auf die Aufgabenwahrnehmung eines Amtsinhabers Einfluss nehmen zu können – im Einklang stehen.

Sofern der BF weiters vorbringt, Nationalratsabgeordnete würden auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Nationalrat „public officials“ bzw. „public figures“ bleiben, da ihr Status nicht mit ihrem Ausscheiden ende, weil ja auch die von ihnen in ihrer Funktionsperiode erlassenen Gesetze nicht endeten, so ist dies Auffassung nicht zu teilen:

Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausführte werden Gesetzesbeschlüsse vom Nationalrat als Organ gefasst, nicht von einzelnen Abgeordneten des Nationalrates. Das Ausscheiden eines einzelnen oder einzelner Abgeordneten hat keine Auswirkungen auf die Geltung von Gesetzen. Die Eigenschaft als Amtsträger endet hingegen mit dem Ausscheiden des Abgeordneten aus dem Nationalrat, weshalb dieser ab diesem Zeitpunkt kein „public official“ mehr ist. Dass allenfalls manche ehemaligen Abgeordneten als „public figures“ anzusehen sind, weil sie sich freiwillig in die Öffentlichkeit begeben und – wie in der Beschwerde dargelegt – mit dem Thema Bezugsfortzahlung „Politik machen“, kann – wie die belangte Behörde zutreffend ausführte – mag für manche Abgeordneten zu bejahen sei, jedoch pauschal nicht für alle. Das hier erhobene Auskunftsbegehren richtet sich aber auf die Bezugsfortzahlungen generell für 3 Jahrgänge.

2.2.3. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass betreffend der vom BF geforderten Auskunft von keinem geringeren Geheimhaltungsinteresse der ehemaligen Nationalratsabgeordneten gegenüber „normalen“ Privatpersonen auszugehen ist, weil Abgeordnete ab ihrem Ausscheiden aus dem Nationalrat nicht mehr Träger eines öffentlichen Amtes sind und die Gründe für eine allfällige Inanspruchnahme der Bezugsfortzahlung vorwiegend im privaten Bereich des jeweiligen Abgeordneten liegen. Zu beachten bleibt jedoch – wie anfangs (unter Punkt 3.2.1.) ausgeführt – die Rolle des BF als „public watchdog“, die ein erhöhtes Auskunftsinteresse des BF rechtfertigt, das infolge bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zu berücksichtigen ist.

2.3. Unstrittig ist, dass das Auskunftsbegehren des BF grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegt. Bei allfälligen Bezugsfortzahlungen handelt es sich um Mittel aus Steuergeld und an der Kenntnis der ordnungsgemäßen Verwendung öffentlicher Gelder besteht grundsätzlich ein Interesse der Gemeinschaft.

Die belangte Behörde ist diesem Interesse jedoch ausreichend nachgekommen, indem sie dem BF die Anzahl der in den Jahren 2017 – 2019 jeweils in Anspruch genommenen Bezugsfortzahlungen und die Höhe des dafür jeweils jährlich aufgewendeten Gesamtbetrages bekanntgab. Aus welchem Grund eine namentliche Nennung der Nationalratsabgeordneten, die die Bezugsfortzahlung in Anspruch nahmen, erforderlich ist, damit der BF seiner Aufgabe – der Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwendung öffentlicher Gelder bzw. der entsprechenden Informationsübermittlung an die Öffentlichkeit – nachkommen kann, ist nicht ersichtlich.

Insbesondere ist auf das von der belangten Behörde bereits erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 17.065/2003) hinzuweisen, in dem dieser es als nicht notwendig erachtete, dem Rechnungshof gegenüber Namen von Personen und deren Bezüge zu veröffentlichen, um die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel sicherzustellen. Es ist daher der belangten Behörde zuzustimmen, dass es im Hinblick auf dieses Erkenntnis umso weniger als erforderlich erachtet werden kann, einem Journalisten Auskunft über die Namen der ehemaligen Nationalratsabgeordneten zu erteilen, damit dieser seiner Aufgabe als „public watchdog“ bzw. seiner Aufgabe, für Transparenz über die Verwendung öffentlicher Mittel zu sorgen, nachkommen kann.

Die Interessen der ehemaligen Abgeordneten an der Geheimhaltung der Daten, aus denen hervorgeht, ob und für welchen Zeitraum sie die Bezugsfortzahlung in Anspruch nahmen, überwiegen somit das Auskunftsinteresse des BF bzw. das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den entsprechenden Daten.

3. Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG steht demnach der vom BF geforderten Auskunftserteilung entgegen, weshalb die belangte die Behörde die Erteilung der Auskunft zu Recht verweigerte.

Die Beschwerde ist somit nicht berechtigt.

4. Auf die Frage, ob auch die Pflicht zur Geheimhaltung personenbezogener Daten nach § 1 DSG (bzw. diverser Bestimmungen der DSGVO) als gesetzliche Verschwiegenheitspflicht der Auskunftserteilung entgegensteht, war nicht näher einzugehen, weil sich eine der Auskunftserteilung entgegenstehende gesetzliche Verschwiegenheitspflicht (wie soeben ausgeführt) bereits aus der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG ergibt.

5. Zuletzt ist festzuhalten, dass es keiner mündlichen Verhandlung bedurfte. Eine solche wurde weder beantragt noch hielt das Bundesverwaltungsgericht eine solche von Amts wegen für erforderlich. Die Klärung der Frage, ob die belangte Behörde die beantragte Auskunftserteilung zu gewähren hat, bedurfte weder einer Erörterung noch einer Beweisaufnahme. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. VwGH 13.9.2016, Ra 2016/03/0085).

6. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision folgt dem Umstand, dass eine im Rahmen der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Interessensabwägung vorzunehmen war.

Schlagworte

Amtsverschwiegenheit Auskunfterteilung Auskunftsbegehren Auskunftsinteresse Auskunftspflicht Bezugsfortzahlung Datenverarbeitung Datenverarbeitungszweck Geheimhaltungsinteresse Grundrecht auf Datenschutz Interessenabwägung Journalismus öffentliche Interessen personenbezogene Daten politischer Charakter Privatleben public figures public officials

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W274.2227645.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten