Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §81 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des L und der J in B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, der gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Oktober 1996, Zl. Ge-442018/3-1996/Ha/En, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: D KG in B, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 30. Oktober 1996 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 74 ff und § 359 GewO 1994 und § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung ihrer bestehenden Gastgewerbebetriebsanlage (Tanzcafe-Bar) mit automatischen Kegelbahnen und erlaubten Spielen durch Verlegung der WC-Anlagen, Installierung einer Be- und Entlüftungsanlage, Änderung der Musikanlage und Errichtung einer Flüssiggasflaschenanlage an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen. Die Auflage Punkt 2. des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
"Im Lärmschleusenbereich des Ein-/Ausganges ist eine Tafel mit einem Text mit mindestens 2 cm großen Buchstaben anzubringen, welcher sinngemäß zumindest folgenden Inhalt aufweisen muß: "Liebe Gäste Verhalten Sie sich im Freien ruhig.""
Nach der Begründung dieses Bescheides umfaßt die Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage u.a. auch eine Neugestaltung des Zuganges, wobei von der öffentlichen Straße her zunächst eine Wegstrecke von 2 m über das Betriebsgrundstück bis zum Betriebsgebäude führt, das über eine Lärmschleuse betreten wird. Der Landeshauptmann legte dazu dar, der von ihm beigezogene gewerbetechnische Amtssachverständige habe hinsichtlich der möglichen Schallimmissionen u.a. ausgeführt, von der gegenständlichen Betriebsanlage seien prinzipiell Schallimmissionen durch die Gaststättenmusik, durch die Entlüftungsanlage, durch den Kfz-Verkehr der Besucher und durch Sprechen und Unterhaltung der Besucher vor dem Lokal zu erwarten. Gegenüber dem ursprünglichen Projekt seien nunmehr die drei am Betriebsgrundstück geplanten Pkw-Stellplätze und ein Wandventilator entfallen. Im Projekt der Lüftungsanlage werde eine maximale Schallemission von 40 dB in 4 m Abstand angegeben. Auf Grund der Pegelabnahme mit der Entfernung sei bei den Nachbarliegenschaften ein Betriebsgeräusch in der Größenordnung des örtlichen Grundgeräuschpegels (34 bis 35 dB) möglich. Bezüglich der Unterhaltung von Besuchern vor dem Lokal verbleibe nach Ausführung der projektierten Änderung des Zugangsbereiches ein freier Bereich von ca. 2 m vom Straßenrand bis zum Eingang. In diesem Bereich sei es grundsätzlich möglich, daß Unterhaltung und Gespräche von Besuchern stattfänden. Aus fachlicher Sicht sei dabei das Auftreten von Spitzenpegeln von Bedeutung. Nach der ÖAL-Richtlinie Nr. 33, welche schalltechnische Grundlagen für die Errichtung von Gastgewerbebetrieben insbesondere Diskotheken enthalte, seien durch lautes Sprechen Spitzenwerte von 58 bis 64 dB in 10 m Entfernung zu erwarten. Als nächstgelegene Nachbarliegenschaft zum Eingangsbereich sei jene der Beschwerdeführer anzusehen. Aus dem Katasterplan werde vom Eingangsbereich bis zum Kinderzimmer im Erdgeschoß ein Abstand von rund 20 m entnommen. Zwischen dem Eingangsbereich und dem Kinderzimmerfenster befände sich eine Garage. Berücksichtige man den Abstand von 20 m und eine Pegelminderung durch das bestehende Garagengebäude, so ließen sich Spitzenpegel an der Außenseite des Kinderzimmerfensters um rund 6 dB niedriger, d.h. in einer Größenordnung von 52 bis 58 dB erwarten. Bei vollständig geöffnetem Kinderzimmerfenster ließen sich im Raum um 5 dB niedrigere Werte, d.h. 47 bis 53 dB und bei gekipptem Fenster um 10 dB niedrigere Werte, d.h. 42 bis 48 dB erwarten. Der lärmtechnische Amtssachverständige habe ferner ausgeführt, als Maßstab für die Beurteilung einer Lärmsituation sei der Einfluß auf die Umgebung maßgeblich. Nach den meßtechnischen Untersuchungen in der Zeit bis 4.00 Uhr früh sei die Umgebung ohne Einfluß von betriebszugehörigen Geräuschen durch vereinzelte Fahrbewegungen auf den umliegenden Straßen und Naturgeräusche geprägt gewesen. Der örtliche Grundgeräuschpegel sei in einer Größenordnung von 34 dB gelegen. Durch den Betrieb der Lüftungsanlage seien bei den Nachbarn Immissionen in der Größenordnung dieses Grundgeräuschpegels zu erwarten. Dadurch werde die Bedingung, daß Dauergeräusche den örtlichen Grundgeräuschpegel nicht überschreiten sollten, eingehalten. Durch den Einbau eines elektronischen Pegelbegrenzers in die bestehende Musikanlage und dessen Einstellung auf einen Dauerschallpegel von 85 dB im Barbereich bzw. von 89 dB auf der Tanzflächenmitte werde erreicht, daß bei den Nachbarn selbst bei geöffneten Fenstern im Raum keine subjektiven Wahrnehmungen mehr möglich seien. Durch Geräusche von Besuchern auf der Außenanlage bis zur öffentlichen Verkehrsfläche (Zugangsbereich) könnten Spitzenwerte auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer im Bereich des Kinderzimmerfensters bis 58 dB bzw. im Raum bei geöffnetem Fenster bis 53 dB und bei gekipptem Fenster bis 48 dB verursacht werden. Diese Spitzenpegel lägen im Grenzbereich des nach technischen Richtlinien abgeleiteten Richtwertes. Als einzige Möglichkeit, diese Spitzenpegel aus der Besucherunterhaltung zu reduzieren, werde aus technischer Sicht die Errichtung einer zusätzlichen Wand entlang des Eingangsbereiches zur öffentlichen Verkehrsfläche gesehen. Diese Wand müßte bis zur Straßengrenze in einer Höhe von ca. 2,5 m ausgeführt werden. Bei Errichtung einer derartigen Wand ließe sich eine Pegelminderung um rund 5 dB erwarten. Dabei müßte diese Wand jedoch fugendicht im Bodenbereich und Wandbereich anschließen und ein Dämmaß von mindestens 20 dB aufweisen. Der medizinische Amtssachverständige habe ausgeführt, unter einer Gesundheitsgefährdung werde eine Einwirkung verstanden, durch welche, nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft, die Möglichkeit bestehe, daß Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite von Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschritten. Bei einer Belästigung handle es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten. Jede Immission - vorausgesetzt, daß sie überhaupt wahrgenommen werden könne - könne vom gesunden, normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung sei inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stelle noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben komme es insbesondere, wenn die Immission emotionell negativ bewertet werde. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen, wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation etc. Die gegenständliche Betriebsanlage solle u.a. als Tanzcafe/Bar eine Betriebszeit von 19.30 Uhr bis 4.00 Uhr früh (ohne Sperrtag) haben. Für diese Betriebszeit seien als wesentliche Betrachtungsmomente die Auswirkungen auf Veränderungen des Schlafes bzw. der Ruhe und Erholung zu berücksichtigen. Dazu sei folgendes festzuhalten:
Wie aus den lärmtechnischen Ausführungen ersichtlich sei, bewegten sich die Immissionen aus der Lüftungsanlage im Bereich des Grundgeräuschpegels, sodaß davon auszugehen sei, diese würden in der Umgebungsgeräuschsituation untergehen und nur unter vereinzelten besonderen Randbedingungen wahrnehmbar sein. Auch vom Musikbetrieb im Lokal habe auf Grund des persönlichen Höreindruckes des Sachverständigen festgestellt werden können, daß bei konsensgemäßem Betrieb eine Wahrnehmbarkeit oder Meßbarkeit von Musikgeräuschen in den Wohnräumen der Nachbarn nicht gegeben sei. Den konsensgemäßen Betrieb vorausgesetzt, könnten auch hier keine gesundheitsrelevanten Wirkungen abgeleitet werden. Der problematischste Bereich sei das Sprechen und die Unterhaltung der das Lokal verlassenden Gäste. Hiezu bedürfe es einer eingehenderen Auseinandersetzung mit dem Gehörorgan, von dem bekannt sei, daß es neben einer gewissen Anpassungsfähigkeit auch eine gewisse Ermüdbarkeit aufweise. Dies treffe insbesondere für die Gäste zu, die eine zumeist (zumindest vorübergehende) Hörermüdung zeigten. Daraus lasse sich das vielfach beobachtete Phänomen erklären, daß Personen, die Lokale mit lauter Musik, lauten Kinodarstellungen oder auch Pop- oder Rockkonzerte verließen, sich untereinander lauter unterhielten. Dazu kämen auf Grund der Vielgestalt der möglichen Reaktionsmechanismen mögliche Wirkungen konsumierter Getränke und geänderter Tagesabläufe. Auf der anderen Seite sei mit der Nachtruhe auch das für den Organismus unabdingbare Schlaf- und Ruhebedürfnis verbunden. Schlafstörungen durch Lärm könnten sowohl auf objektiver Ebene (z.B. verlängerte Einschlafdauer, kürzere Gesamtschlafdauer, häufigeres Aufwachen, verminderte Leistungsfähigkeit) als auch auf subjektiver Ebene (z.B. erschwertes Einschlafen, verminderte geschätzte Schlafdauer, erhöhtes Müdigkeitsempfinden, schlechtere Stimmung) beobachtet werden. Könnten solche kurz andauernde Schlafstörungen anfänglich von Einzelpersonen noch kompensiert werden, so könne bei längerem Fortbestehen (einzelne Autoren gäben hier einen Zeitraum von drei Wochen an) in weiterer Folge eine Verminderung sowohl auf psychischer Ebene als auch auf physischer Ebene beim Betroffenen auftreten. Für die Sicherung eines ruhigen, erholsamen Schlafes gäbe die WHO einen Dauerschallpegel von L(A,eq) von weniger als 35 dB im Raum an. Nachdem Schlafstadien oder der Schlaf überhaupt jedoch nicht ausschließlich anhand des äquivalenten Dauerschallpegels zu beurteilen seien, komme der Beurteilung der maximalen Pegel und deren Häufigkeit besondere Bedeutung zu. In der Literatur zeige sich, daß nicht nur die Aufwachreaktionen als erinnerbares Ereignis im engeren Sinn eine Schlafveränderung bewirkten, sondern daß auch bereits bei niedrigeren Pegeln, als sie für Aufwachreaktionen notwendig seien, Veränderungen von Schlafstadien zu beobachten seien. Diese Schlafstadienänderungen könnten z.B. EEG-Veränderungen darstellen oder auch Veränderungen im vegetativen Nervensystem (Blutdruckveränderungen) sein. Nach Griefahn träten solche Veränderungen zufolge statistischer Untersuchungen bei etwa zehn Ereignissen pro Nacht bei einem L(A,max) von 48 dB im Raum auf. In einem Vergleich mit den zugrunde liegenden Pegelwerten zeige sich, daß beim Anwesen der Beschwerdeführer im Kinderzimmer bei gekippten Fenstern diese Spitzenwerte bei 42 bis 48 dB lägen und somit geeignet seien, als wohl empfindlichste Gesundheitswirkung Schlafstadienveränderungen zu verursachen. Verständlichen Gesprächsteilen komme auf Grund ihres Informationsgehaltes eine besondere Störwirkung zu und es würden erschwerte Einschlafreaktionen bzw. Wiedereinschlafreaktionen die Folge sein. Aus medizinischer Sicht ergebe sich die Forderung, daß jedenfalls Maßnahmen zu treffen seien, die die Geräuschentwicklung durch Gespräche im Eingangsbereich minderten und es erscheine auch dringend angeraten, organisatorische Maßnahmen zu treffen, die den Aufenthalt von Gästen außerhalb des Lokales soweit wie möglich unterbinden. Der Landeshauptmann führte weiter aus, er lege seiner Entscheidung das Ermittlungsverfahren der Gewerbebehörde erster Instanz und das ergänzende Ermittlungsverfahren in zweiter Instanz insgesamt als schlüssig zugrunde. Dies betreffe auch das Lärmprojekt des Zivilingenieurs Dipl.-Ing. G, welches sowohl durch den gewerbetechnischen Sachverständigendienst der Gewerbebehörde erster Instanz als auch durch den technischen Sachverständigendienst der zweiten Instanz überprüft und als schlüssig nachempfunden worden sei. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergebe sich, daß bei konsensgemäßem Betrieb der gegenständlichen geänderten Betriebsanlage Immissionen in einem aus der örtlichen Situation hervortretenden Ausmaß, was die Lüftungsanlage und Musiklärm aus dem Inneren des Lokales betreffe, nicht zu erwarten seien und demzufolge insoweit jedenfalls Belästigungen in einem unzumutbaren Ausmaß und Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 durch die genehmigten Änderungen nicht zu erwarten seien. Bezüglich des Zugangsbereiches auf Grund von Geräuschen durch Benützer der Anlage auf ihrem Weg von und zur Betriebsanlage sei von einer unzumutbaren Belästigung nicht auszugehen, da schon die Ist-Situation im gegenständlichen örtlichen Bereich durch Besucherverkehr von und zur Gastgewerbebetriebsanlage mit einer unveränderten Betriebszeit gekennzeichnet sei. Zu berücksichtigen sei hinsichtlich dieses Zugangsbereiches, daß nunmehr eine Schallschleuse eingebaut werde, durch welche die Freifläche im Zugangsbereich verkürzt werde und insoweit Immissionen vermindert würden. Der restliche Vorplatz werde abgeschrankt. Der beschränkte verbleibende Platz sei für den Daueraufenthalt von Gästen nicht geeignet. Es sei daher hinsichtlich des Zugangsbereiches auch von keinen gesundheitsgefährlichen Immissionen bei der nächstgelegenen Nachbarschaft auszugehen, da vom Zugangsbereich auf der Betriebsanlage keine Immissionen ausgingen, die das Maß bzw. die Häuftigkeit überschritten, welche zu einer Gesundheitsgefährdung führen könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in den sich aus der Gewerbeordnung ergebenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringen sie u. a. vor, die belangte Behörde gehe davon aus, daß der Vorplatz vor der Betriebsanlage für den Daueraufenthalt von Gästen nicht geeignet wäre. Diese Sachverhaltsannahme sei in keiner Weise durch Beweisergebnisse gedeckt und sei aktenwidrig. Im Gegenteil: Der medizinische Sachverständige habe ausdrücklich Maßnahmen gefordert, die den Aufenthalt von Gästen außerhalb des Lokales unterbänden. Der lärmtechnische Sachverständige empfehle die Anbringung einer zusätzlichen Schallschutzwand. Keiner der Sachverständigen habe jedoch ausgeführt, es werde bereits durch die projektsgemäße Abschrankung ein Daueraufenthalt von Gästen vermieden. Ebensowenig sei die von der belangten Behörde dem Bescheid zugrunde gelegte Annahme durch Beweisergebnisse gedeckt, die Anbringung eines Schildes sei geeignet, eine verläßliche und wirkungsvolle Maßnahme gegen Besucherlärm zu bilden. Bei diesem Schild handle es sich tatsächlich um eine völlig wirkungslose und ungeeignete Auflage. Auch habe die belangte Behörde diese Frage nicht überprüft.
Schon mit diesem Vorbringen sind die Beschwerdeführer im Recht.
Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 63/1997 - dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes BGBl. Nr. 234/1972 unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden.
Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Wie sich aus den von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten und von ihr ausdrücklich als schlüssig bezeichneten Sachverständigengutachten ergibt, sind die von der Unterhaltung der das Lokal verlassenden Gäste ausgehenden Lärmimmissionen auf dem Grundstück der Beschwerdeführer geeignet, infolge der damit verbundenen Störungen des Schlafes Gesundheitsgefährdungen hervorzurufen, wenn es pro Nacht zu mindestens etwa zehn Störereignissen kommt. Der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang beizupflichten, daß mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 74 Abs. 3 GewO 1994 bei Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des vorliegenden Projektes nur jene Lärmereignisse zu berücksichtigen sind, die von jenen Gästen ausgehen, die sich noch auf der Betriebsliegenschaft, also im Zugangsbereich zwischen der öffentlichen Straße und dem Eingang in das Betriebsgebäude, befinden. Es mag zwar sein, daß dieser Bereich, wie die belangte Behörde meint, für den Daueraufenthalt von Gästen nicht geeignet ist. Das schließt aber nicht aus, daß sich die das Lokal verlassenden Gäste auch während des Durchmessens der fraglichen Strecke unterhalten und damit Lärmimmissionen bei den Beschwerdeführern hervorrufen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, warum die belangte Behörde meint, die Gestaltung dieses Zugangsbereiches verhindere, daß diese Immissionen "das Maß bzw. die Häufigkeit überschreiten, welche zu einer Gesundheitsgefährdung führen können", spricht doch die Vorschreibung der eingangs zitierten Auflage gegen diese Annahme. Diese Auflage ist allerdings zur Hintanhaltung der eine Gesundheitsgefährdung der Beschwerdeführer hervorrufenden Lärmimmissionen schon deshalb nicht geeignet, weil, wie der medizinische Sachverständige dargelegt hat, die Besucher einer Diskothek bei Verlassen des Lokales als Folge des in einem solchen Lokal herrschenden hohen Schallpegels ein verändertes Lärmempfinden haben, sodaß nicht zu erwarten ist, daß sie selbst bei gutem Willen in Befolgung der Aufforderung, Ruhe zu bewahren, ihre Unterhaltung auf eine solche Lautstärke senken werden, daß es nicht zu den die in Rede stehende Gesundheitsgefährdung bewirkenden Immissionen bei den Beschwerdeführern kommen werde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/04/0091).
Soweit die belangte Behörde bei Beurteilung der vom gegenständlichen Zugangsbereich ausgehenden Lärmimmissionen auch darauf hinweist, es sei schon die Ist-Situation "durch Besucherverkehr von und zur Gastgewerbebetriebsanlage mit einer unveränderten Betriebszeit gekennzeichnet", ist auf den zweiten Satz des § 81 Abs. 1 GewO 1994 zu verweisen. Um diese Immissionen im vorliegenden Fall einer Genehmigung der Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage außer Betracht lassen zu können, hätte es entsprechender Feststellungen darüber bedurft, ob und allenfalls in welchem Ausmaß die Besucherfrequenz und das Verhalten dieser Besucher im Zugangsbereich durch die den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens bildenden Änderungen der Betriebsanlage beeinflußt werden.
Der angefochtene Bescheid war schon aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es erübrigte sich damit eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996040294.X00Im RIS seit
20.11.2000