Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. April 1995, Zl. 317.534/3-III/4/95, betreffend Verweigerung der Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer begehrte mit Ansuchen vom 2. September 1994 seine Gleichstellung mit Inländern für die Ausübung des Gastgewerbes im Standort E. Zu diesem Ansuchen brachte er vor, er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der H-Gesellschaft m.b.H.; diese betreibe im Standort E ein chinesisches Restaurant. Das genannte Restaurant werde von Anrainern und Einwohnern in der Umgebung "sehr begrüßt"; es würden "günstige köstliche Speisen, nettes Service und gemütliche Atmosphäre" angeboten. Desweiteren führte der Beschwerdeführer folgendes aus:
"Wir zahlen alle Steuer und Abgeben sowie Beiträge von Behörden immer pünktlich. Dadurch leisten wird auch den Beitrag zum Aufbau des österr. Soziallebens und zum Gunst der österr. Volkswirtschaft. Wir achten sorgfältig auf Gewerbegesetze und Lebensmittelgesetze sowie andere Gesetze zum Ausübung des Gewerbes. Ich würde mich sehr über ein positives Ergebnis freuen und bedanke mich im voraus für Ihre Mühe."
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. September 1994 wurde diesem Ansuchen gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 nicht Folge gegeben. Zur Begründung führte der Landeshauptmann aus, das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses sei vom Gleichstellungswerber nachzuweisen. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, ein solches Interesse zu begründen. Auf Grund seiner nur allgemein gehaltenen Behauptungen könne nicht auf das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses geschlossen werden.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er wiederholte darin sein im Ansuchen erstattetes Vorbringen und ergänzte dieses dahingehend, er könne gewerberechtlicher Geschäftsführer sein, wenn er den Befähigungsnachweis besitze. Die Ausübung des Gewerbes durch Ausländer liege im volkswirtschaftlichen Interesse. "Unser Restaurant" sei ein seit 1993 bestehender und "fortbleibender Betrieb". Auch im Falle der Versagung der begehrten Gleichstellung bleibe das Restaurant in Betrieb. Er müsse nach der Gewerbeordnung 1994 einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. April 1995 wurde dieser Berufung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 keine Folge gegeben. Zur Begründung führte der Bundesminister (nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges) aus, für den Steueranfall sei die Nationalität des Steuerschuldners unbeachtlich. Dieses Kriterium sei nicht ausreichend für die Annahme eines volkswirtschaftlichen Interesses im Sinne des § 14 Abs. 2 GewO 1994. Der Beschwerdeführer habe selbst dargelegt, daß die H-Gesellschaft m.b.H. das Gastgewerbe unabhängig vom Ausgang des vorliegenden Gleichstellungsverfahrens (auch weiterhin) ausübe. Eine allfällige Gleichstellung des Beschwerdeführers mit Inländern habe auf die Marktpräsenz und das Steueraufkommen dieser Gesellschaft keinen Einfluß. In diesen Umständen sowie auch hinsichtlich der Frage, wer bei dieser Gesellschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer fungiere, könne ein volkswirtschaftliches Interesse nicht erblickt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht auf Gleichstellung mit Inländern gemäß § 14 Abs. 2 Gew 1994 verletzt. Er bringt hiezu vor, die belangte Behörde habe sich nur mit dem volkswirtschaftlichen Interesse, aber nicht damit auseinandergesetzt, ob im konkreten Einzelfall besondere Umstände vorlägen, die den öffentlichen Interessen zuwiderliefen. Die Gründung von Unternehmen sei grundsätzlich positiv zu bewerten und als im volkswirtschaftlichen Interesse liegend anzusehen. Sofern nicht im Einzelfall anderes zu befürchten sei, bedürfe dies keines zusätzlichen Nachweises. Das zusätzliche gesetzliche Kriterium des Vorliegens eines volkswirtschaftlichen Interesses könne nicht dahingehend interpretiert werden, daß die Gewerbeausübung durch Ausländer von vornherein nicht in dem genannten Interesse liege. Darin sei kein allgemeiner Konkurenzschutz zugunsten bestehender inländischer Betriebe zu erblicken. Ein volkswirtschaftliches Interesse sei anzunehmen, wenn die vom Gleichstellungswerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen eine Qualität aufweisen, die sie für die österreichische Wirtschaft besonders attraktiv und nützlich erscheinen lasse. Im vorliegenden Fall habe er durch sein Antragsvorbringen ausdrücken wollen, daß es in der Ortschaft E einen echten Bedarf an einer Gastwirtschaft, insbesondere einem Chinarestaurant gegeben habe. Daraus habe die belangte Behörde falsche Schlußfolgerungen gezogen. Daß der Gastgewerbebetrieb auch im Falle der Verweigerung der Gleichstellung mit einem anderen gewerberechtlichen Geschäftsführer weitergeführt werde, dürfe nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Ein Chinarestaurant könne nur von einem Chinesen mit Erfolg und gutem Qualitätsstandard geführt werden. Ein österreichischer gewerberechtlicher Geschäftsführer "könnte nur als Strohmann auftreten". Es liege im öffentlichen Interesse daß er (der Beschwerdeführer) sowohl als handelsrechtlicher als auch als gewerberechtlicher Geschäftsführer für sein Lokal verantwortlich sei. Aus diesem Grund habe er am 8. März 1995 die Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe abgelegt. Im angefochtenen Bescheid seien keine Bedenken vorgebracht worden, daß seine Gleichstellung den öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Die Erlassung eines negativen Bescheides setze aber solche "Bedenken" voraus. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird gerügt, daß die belangte Behörde ausreichende Erhebungen und Feststellungen unterlassen habe. Im Gleichstellungsverfahren gelte die Offizialmaxime uneingeschränkt. Den Gleichstellungswerber treffe keine Beweislast hinsichtlich einzelner Tatbestandselemente wie etwa des volkswirtschaftlichen Interesses. Im Hinblick darauf, daß er nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, wäre die Behörde verpflichtet gewesen, von sich aus Erhebungen zu pflegen. Dadurch hätte sich ergeben, daß "es im Raum E zu wenig Gastbetriebe gibt und mein Lokal eine wichtige Marktlücke füllt". Bei konkreten volkswirtschaftlichen Bedenken hätte ihn die belangte Behörde zur Erstattung eines entsprechenden Beweisanbotes auffordern müssen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürfen ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist oder wenn der Bezirksverwaltungsbehörde nachgewiesen wurde, daß österreichische natürliche Personen in dem Heimatstaat des Ausländers bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes keinen anderen wie immer gearteten Beschränkungen unterliegen als die Angehörigen dieses Staates (Gegenseitigkeit).
Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1996) bedürfen Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen diese Gegenseitigkeit nicht nachgewiesen werden kann, und Staatenlose für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung kann ausgesprochen werden, wenn anzunehmen ist, daß die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zum Tatbestand der Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 dargetan hat, setzte der Ausspruch der Gleichstellung (durch den Landeshauptmann) nach dieser - bis 1. Juli 1993 in Geltung stehenden - Rechtslage die Annahme eines negativ umschriebenen Tatbestandes voraus. Es durften nach der genannten Rechtslage demnach keine Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigten, daß die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen den öffentlichen Interessen insbesondere den Interessen der österreichischen Wirtschaft, sei es auch den öffentlichen Interessen eines Wirtschaftszweiges zuwiderlaufe. Dies wäre - abgesehen vom Vorliegen des Nachweises dieses negativ umschriebenen Tatbestandes - dann gegeben gewesen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles in dieser Hinsicht berechtigte Zweifel bzw. Bedenken am Vorhandensein des negativ umschriebenen Tatbestandes bestanden hätten (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 22. März 1988, Zl. 87/04/0229, und vom 15. September 1992, Zl. 91/04/0275).
Durch die - mit 1. Juli 1993 in Kraft getretene - Gewerberechtsnovelle 1992 wurden die Voraussetzungen der Gleichstellung im § 14 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. dahingehend neu formuliert, daß - abgesehen von dem unverändert negativ umschriebenen Tatbestand der sonstigen öffentlichen Interessen - zusätzlich und als ein positives Tatbestandsmerkmal anzunehmen ist, daß die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt.
Bei Prüfung des Vorliegens dieses Tatbestandselementes ist zu berücksichtigen, daß dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was immer dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmalen faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft für die Bestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. insofern zu, als die Feststellung, die nach dem Inhalt des Ansuchens beabsichtigte Gewerbeausübung durch den Antragsteller liege im volkswirtschaftlichen Interesse, notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbringen der Partei voraussetzt (vgl. in diesem Zusammenhang die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 299ff, wiedergegebene hg. Judikatur zur Mitwirkungspflicht).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, daß es nicht rechtswidrig war, wenn die belangte Behörde auf Grund des vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringens ein volkswirtschaftliches Interesse an seiner Gleichstellung schon deshalb verneinte, weil das dem Ansuchen zugrunde gelegte Gastgewerbe unabhängig von der begehrten Gleichstellung des Beschwerdeführers bzw. dem Ergebnis des Gleichstellungsverfahrens ausgeübt wird. Die Beschwerdebehauptungen, daß ein Unternehmen gegründet oder eine Marktlücke geschlossen würde, treffen nach dem weiteren Vorbringen auf den Beschwerdeführer (in sachverhaltsmäßiger Hinsicht) nicht zu. Denn der Beschwerdeführer bringt selbst vor, daß der Bedarf an einem Spezialitätenlokal wie einem Chinarestaurant in seinem Ansuchen zugrundegelegten Standort bereits durch den Gastgewerbebetrieb der H-Gesellschaft m.b.H. gedeckt wird. Nach seinem (in der Berufung und auch in der Beschwerde erstatteten) Vorbringen beabsichtigt der Beschwerdeführer im Falle der Genehmigung seines Ansuchens in diesem Gastgewerbebetrieb als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig zu werden.
Solcherart hat der Beschwerdeführer aber ein sein Einzelinteresse an der begehrten Gleichstellung übersteigendes volkswirtschaftliches Interesse an der beabsichtigten Ausübung des Gastgewerbes schon in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht dargelegt. Seinem Ansuchen ist demnach kein sachverhaltsmäßiger Bezugspunkt hinsichtlich eines gesamtwirtschaftlichen (qualifizierten) Interesses an der Gleichstellung im Sinne des § 14 Abs. 2 leg. cit. zu entnehmen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 22. April 1997, Zl. 95/04/0045).
Entgegen den Beschwerdeausführungen war die belangte Behörde im Hinblick auf den Inhalt des Ansuchens somit nicht gehalten, die in der Beschwerde behaupteten Erhebungen anzustellen, oder den Beschwerdeführer zur Entkräftung allfälliger Bedenken aufzufordern.
Bei diesem Ergebnis mangelt es schon aus den dargelegten Gründen den in der Beschwerde behaupteten Verfahrensverletzungen an der erforderlichen Relevanz, da die belangte Behörde auch bei deren Vermeidung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995040104.X00Im RIS seit
20.11.2000