TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/4 W221 2227751-1

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Veröffentlicht am 04.11.2020
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Entscheidungsdatum

04.11.2020

Norm

B-VG Art132 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
WG 2001 §17 Abs1
WG 2001 §17 Abs2
WG 2001 §18b Abs4
WG 2001 §9

Spruch

W221 2227751-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Winkler & Riedl Rechtsanwälte OG, gegen den durch die Beschwerdevorentscheidung vom 18.12.2019, Zl. P852119/78-SteKo W/2019 (1) bestätigten Bescheid der Stellungskommission Wien vom 30.09.2019, Zl. P852119/76-SteKo W/2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Stellungskommission Wien vom 30.09.2019, zugestellt am 18.10.2019, wurde der Beschwerdeführer für „untauglich“ erklärt. Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der laut einem amtsärztlichen Zeugnis vorliegende medizinische bzw. psychologische Sachverhalt die Eignung des Beschwerdeführers für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung auf Dauer ausschließe. Es habe von einem persönlichen Erscheinen des Beschwerdeführers vor der Stellungskommission Abstand genommen und der Beschluss der Untauglichkeit allein auf Grund des amtsärztlichen Zeugnisses gefasst werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, welche am 12.11.2019 bei der belangten Behörde einlangte. Darin führt er aus, dass er an keiner Behinderung leide, auch wenn er an Multipler Sklerose erkrankt sei, da keine Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes bestehe. Er sei medikamentös sehr gut eingestellt und habe durch die diagnostizierte Multiple Sklerose keine körperlichen Beeinträchtigungen. Die von der belangten Behörde herangezogenen Befunde seien in sich widersprüchlich und würden keinen Beleg für eine behauptete Dienstunfähigkeit darstellen. Aus einem fachärztlichen Befundbericht vom 31.07.2017 gehe weiter hervor, dass der Beschwerdeführer voll leistungsfähig und dienstfähig sei. Dieser Befund sei jedoch in den darauffolgenden Begutachtungen des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt worden. Der Beschwerdeführer befinde sich in guter ärztlicher Behandlung und habe bisher seine Arbeit beim Bundesheer sehr gut erledigt. Warum der Beschwerdeführer nunmehr nicht mehr in der Lage sein sollte seinen Dienst als Militärexperte für Netzwerke zu erfüllen, sei nicht nachvollziehbar. Durch die neuerliche Stellung des Beschwerdeführers sei jedenfalls eine überschießende und unverhältnismäßige sowie diskriminierende Maßnahme gesetzt worden, weil die belangte Behörde schon lange über die Diagnose des Beschwerdeführers Bescheid wisse.

In Erledigung dieser Beschwerde erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit welcher sie die Beschwerde abwies und den angefochtenen Bescheid bestätigte. Nach einer Darstellung des Sachverhalts wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es unstrittig sei, dass beim Beschwerdeführer Multiple Sklerose diagnostiziert worden sei. Dabei handle es sich um eine chronische Erkrankung des Nervensystems, die nicht heilbar sei. Mit entsprechender Medikation lasse sich der Verlauf der Krankheit zwar günstig beeinflussen, jedoch könne aufgrund von Stress oder außergewöhnlichen Belastungen, die naturgemäß im Rahmen des Militärdienstes (inklusive freiwilliger Waffenübungen und Funktionsdienste im Rahmen der Miliz, etc.) auftreten können, ein scheinbar günstiger Verlauf dieser Erkrankung zu einer fatalen Veränderung des Gesamtverlaufes führen. Da ein Militärdienst per se zweifellos eine gravierende Gefahr für einen günstigen Verlauf von Multipler Sklerose darstelle, sei folglich die „Untauglichkeit“ des Beschwerdeführers auszusprechen. Dem vorliegenden militärärztlichen Gutachten vom 12.02.2018 sei als Diagnose Encephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) zu entnehmen, weshalb die Eignung des Beschwerdeführers für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung als Soldat auf Dauer ausgeschlossen sei. Folglich habe er nicht die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung als Soldat. Demnach besitze er nicht jene körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, die das Bedienen einer Waffe sowie die Aufbringung eines Mindestmaßes an Kraftanstrengung und Beweglichkeit erlaube, um die Basisausbildung zu absolvieren und die sonst bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten. Es habe daher von einem persönlichen Erscheinen des Beschwerdeführers vor der Stellungskommission Wien Abstand genommen werden und der Beschluss der Untauglichkeit allein auf Grund des amtsärztlichen Zeugnisses gefasst werden können.

Mit Vorlageantrag vom 30.12.2019 wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht begehrt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Streitkräfteführungskommando vorgelegt und sind am 22.01.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss der Stellungskommission Niederösterreich vom 19.07.2002 für tauglich befunden. Der Beschwerdeführer hat den Grundwehrdienst in der Dauer von 6 Monaten in der Zeit vom 10.07.2006 bis 09.01.2007 geleistet.

Der Beschwerdeführer dient seit 2007 als Informatiker im Rahmen von Funktionsdiensten und freiwilligen Waffenübungen an der Theresianischen Militärakademie und seit 2016 als Militärexperte in der Zentralstelle für die KdoüU&CD.

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2009 die Diagnose Multiple Sklerose erhalten.

Mit Bescheid der Stellungskommission Wien vom 30.09.2019 wurde der Beschwerdeführer für „untauglich“ erklärt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die mündliche Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Zu A)

§ 17 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lautet auszugsweise:

„Aufgaben

§ 17. (1) Den Stellungskommissionen obliegt die Feststellung der Eignung der Personen, die sich der Stellung unterziehen, zum Wehrdienst. Hiebei haben die Stellungskommissionen auch Wünsche der angeführten Personen hinsichtlich der Zuteilung zu Waffen- und Truppengattungen und zu Truppenkörpern entgegenzunehmen sowie Erhebungen über die Ausbildung und besonderen Fachkenntnisse dieser Personen anzustellen.

(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen: „Tauglich“ oder „Vorübergehend untauglich“ oder „Untauglich“. Zu den Beschlüssen der Stellungskommission bedarf es der Anwesenheit aller Mitglieder und der Mehrheit der Stimmen. Ein auf „Tauglich“ lautender Beschluss bedarf jedenfalls der Zustimmung des Arztes. Erscheint für die Feststellung der Eignung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Personen nach Abs. 1 von den Stellungskommissionen einer solchen Untersuchung zuzuführen.“

Mit dem angefochtenen Bescheid (Beschluss im Sinne des § 17 Abs. 2 WG 2001) wurde der Beschwerdeführer für „untauglich“ erklärt.

Mit der Feststellung der Stellungskommission, eine Person sei zum Wehrdienst „untauglich“, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass diese Person nicht die Eignung zum Dienst im Bundesheer im Sinne des WG 2001 besitzt. Darüber hinausgehende Rechtswirkungen entfaltet dieser Beschluss nicht (VwGH 23.10.2009, 2009/11/0112 mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 17 Abs. 2 WehrG schmälert die Feststellung der mangelnden Eignung zum Wehrdienst die Rechtsstellung des Wehrpflichtigen nicht, weil keine Vorschriften bestehen, denen zufolge dem Wehrpflichtigen ein subjektives Recht auf die Leistung des Wehrdienstes eingeräumt wird. Es fehlt im gegebenen Zusammenhang vielmehr an einer eigenen, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichteten eigenen Interessensphäre des Wehrpflichtigen (VwGH 23.10.2009, 2009/11/0112; vgl. auch VwGH 26.04.2013, 2013/11/0098). Ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, der Betreffende sei zum Wehrdienst „untauglich“, verletzt den Adressaten nicht in einem Recht, als „tauglich“ beurteilt zu werden (VwGH 24.01.2012, 2011/11/0219).

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer ursprünglich „tauglich“ war und mehrere Jahre für das Bundesheer gearbeitet hat. Eine getroffene Eignungsfeststellung bleibt nämlich gemäß § 18b Abs. 4 letzter Satz WG 2001 nur bis zum rechtskräftigen Abschluss einer neuerlichen Stellung aufrecht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG nur insoweit zu prüfen sind, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; 27.08.2014, Ro 2014/05/0062). Somit wird die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Parteibeschwerden im Sinn des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG auf die Behandlung von Fragen betreffend die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten eingeschränkt (vgl. VwGH 03.08.2016, Ro 2016/07/0008).

Da die Feststellung im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer sei zum Wehrdienst untauglich, diesen nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, umfasst das gegenständliche Verfahren keine Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten.

Im vorliegenden Fall hat jedoch die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen.

Das Rechtsmittel, über welches das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, bleibt im Fall eines zulässigen Vorlageantrages die Beschwerde. Der Vorlageantrag richtet sich nach dem VwGVG nämlich nur darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird, und zwar auch dann, wenn er eine zusätzliche Begründung enthält. Dem entspricht insbesondere auch § 28 VwGVG, der ausschließlich die Beschwerde zum Entscheidungsgegenstand des Verwaltungsgerichtes macht. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Ist die Beschwerde nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt; dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird, selbst wenn die Behörde die Unzulässigkeit der Beschwerde nicht wahrgenommen und eine meritorische - den Ausgangsbescheid aufhebende oder abändernde - Beschwerdevorentscheidung erlassen haben sollte (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).

Da eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG im Beschwerdefall nicht vorliegt, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung Dienstunfähigkeit Eignung Gesundheitszustand militärärztliches Gutachten Soldat Stellungskommission subjektiv-öffentliche Rechte Untauglichkeitsfeststellung Vorlageantrag Wehrdienst Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2227751.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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