TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/1 97/08/0076

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.1997
beobachten
merken

Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §49 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/08/0077

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Dr. V in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen die jeweils aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. Februar 1996, jeweils Zl. Abt. 12/7022/7100 B, betreffend Verlust der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ergibt sich im wesentlichen folgender Sachverhalt:

1. Dem Beschwerdeführer wurde vom Arbeitsmarktservice Angestellte für den 7. November 1995 eine Kontrollmeldung vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer hielt diese nicht ein, sondern meldete sich erst wieder am 20. November 1995 beim Arbeitsmarktservice.

Mit Bescheid vom 30. November 1995 sprach das Arbeitsmarktservice daraufhin aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 2 AlVG für die Zeit vom 7. November bis 20. November 1995 keine Notstandshilfe erhalte, da kein triftiger Grund für das Kontrollmeldeversäumnis habe festgestellt werden können.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er als triftigen Grund für das Unterbleiben der Kontrollmeldung seine mangelnde Vermittelbarkeit infolge hohen Alters und Krankheit anführte. Laut amtsärztlichem Gutachten vom 7. September 1995 wäre er nur noch zu "leichten Tätigkeiten ohne Streß und Aufregung" fähig. Da es aber einen Arbeitsmarkt für solche Tätigkeiten nicht gebe, wäre er trotz Arbeitswilligkeit nicht mehr vermittelbar. Ein weiterer triftiger Grund für das Unterbleiben der Kontrollmeldung sei darin zu erblicken, daß am 7. November 1995 zwischen 8.00 Uhr und 12.00 Uhr ein "fürchterlicher Schneesturm tobte" und es draußen "spiegelglatt" gewesen sei. Der Sturm habe ihn "umgeschmissen", als er infolge der Straßenglätte den Halt verloren habe, sodaß er umkehren und wieder nach Hause habe gehen müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Begründend verwies die belangte Behörde auf ihre primäre Aufgabe, Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen. Deshalb erscheine ein persönlicher Kontakt mit dem Arbeitslosen (unter anderem zwecks Erfolgskontrolle allfälliger vorangegangener Vermittlungsversuche, Abklärung allfällig vorhandener Vermittlungshindernisse bzw. Defizite, Planung von Maßnahmen allfälliger Nach- und Umschulung bzw. Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und nicht zuletzt:

Ausfolgung neuer Vermittlungsvorschläge) unerläßlich. Auch im Falle des Beschwerdeführers sei es gerade in Wien mit dem größten Arbeitsmarkt Österreichs durchaus vorstellbar, eine zumutbare Beschäftigung zu finden. Gerade deshalb erscheine ein besonders enger Kontakt zwischen dem Arbeitssuchenden und dem Arbeitsmarktservice unerläßlich. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die Kontrollmeldung nicht einhalten können, weil am Vormittag des 7. November 1995 ein fürchterlicher Schneesturm getobt habe, sei er um die Beanwortung verschiedener Fragen ersucht worden. Mit Schreiben vom 16. Jänner 1996 habe er daraufhin mitgeteilt, der besagte Vorfall habe sich um ca. 8.05 Uhr ein paar Schritte von seinem Wohnhaus entfernt ereignet. Eine Anzeige bei der Polizei sei nicht erfolgt, weil höhere Gewalt vorgelegen sei und er sich weder verletzt habe, noch bestohlen worden sei. Schneesturm und Glatteis hätten es ihm unmöglich gemacht, zum Arzt oder auf das Arbeitsamt zu gehen. Er habe von zu Hause das Arbeitsmarktservice angerufen und die wetterbedingte Unmöglichkeit seines Erscheinens gemeldet, worauf ihm gesagt worden sei, er möge dann kommen, wenn das Wetter besser sei. Zu dem vom Beschwerdeführer behaupteten Anruf habe die belangte Behörde beim Arbeitsmarktservice Angestellte/Akademiker- und Maturantenberatung allerdings feststellen müssen, daß ein solcher Anruf nicht aktenkundig sei. Der belangten Behörde erschienen die Angaben des Arbeitsmarktservice glaubwürdiger als die Ausführungen des Beschwerdeführers, da dieser schon mehrmals eine Kontrollmeldung nicht eingehalten habe, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen.

2. Dem Beschwerdeführer wurde vom Arbeitsmarktservice Angestellte für den 23. Jänner 1996 eine weitere Kontrollmeldung vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer hielt auch diese Kontrollmeldung nicht ein, sondern meldete sich erst wieder am 30. Jänner 1996 beim Arbeitsmarktservice.

Mit Bescheid vom 6. Februar 1996 sprach das Arbeitsmarktservice aus, daß dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 23. Jänner bis 29. Jänner 1996 keine Notstandshilfe gebühre, da kein triftiger Grund für das Kontrollmeldeversäumnis festzustellen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er neuerlich auf seine mangelnde Vermittelbarkeit infolge hohen Alters und Krankheit verwies. Ein weiterer triftiger Grund sei, daß er von seinem Betreuer beim Kontrollmeldetermin nur "schikaniert" werde. Überdies habe er am 23. Jänner 1996 infolge "hohen Alters und Krankheit" einen Schwächeanfall erlitten, weshalb er sich den ganzen Vormittag "zwecks Kreislaufstabilisierung" habe flach hinlegen müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch dieser Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsmarktservice bestätigt. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde neuerlich auf die primären Aufgaben des Arbeitsmarktservice. Das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer von seinem Betreuer (in Wahrheit handle es sich dabei um eine Betreuerin) nur schikaniert werde, sei nicht geeignet, das Nichteinhalten von Kontrollmeldeterminen zu rechtfertigen; diesbezüglich bestünde die Möglichkeit der Beschwerde beim Vorgesetzten der Beraterin. Zum Vorbringen, der Beschwerdeführer habe den Kontrollmeldetermin wegen eines Schwächeanfalles nicht einhalten können, sei festzuhalten, daß er sich deswegen spätestens nach Abklingen des behaupteten Anfalles mit dem Arbeitsmarktservice hätte in Verbindung setzen können, um den Grund für das Nichteinhalten des Kontrolltermines mitzuteilen und das Kontrollmeldeversäumnis zu entschuldigen. Daß er dies getan habe, behaupte er auch nicht in seiner Berufung.

3. Gegen diese Bescheide hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluß vom 25. November 1996, B 909, 957/96, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

4. In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerde zunächst, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, ob der Beschwerdeführer vor dem 7. November 1995 oder vor dem 23. Jänner 1996 über die Rechtsfolgen der Unterlassung der für diesen Tag vorgeschriebenen Kontrollmeldung belehrt worden sei. Da eine solche Belehrung eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 49 Abs. 2 AlVG sei, hätte es derartiger Feststellungen bedurft.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, da er damit nur unterlassene Feststellungen der belangten Behörde hinsichtlich der Relevanz dieses Verfahrensmangels aber nicht behauptet, auch tatsächlich nicht belehrt worden zu sein.

2. In der Beschwerde wird der belangten Behörde weiters vorgeworfen, diese hätte auch nähere Feststellungen darüber treffen müssen, ob am 7. November 1995 tatsächlich ein Schneesturm getobt und den Beschwerdeführer umgeworfen habe, sodaß dieser nach Hause habe zurückkehren müssen.

Auf diesen Vorwurf ist zu erwidern, daß der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der belangten Behörde, denen er - allerdings untauglich - entgegentritt, erstmals in seiner Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice als triftigen Grund für sein Kontrollmeldeversäumnis am 7. November 1995 die ungünstige Witterungslage vorgebracht hat. Dieses Vorbringen muß allerdings - unabhängig davon, ob und in welchem zeitlichen Zusammenhang zum Säumnisfall die im Gesetz geforderte Entschuldigung zu erfolgen hat - jedenfalls als verspätet angesehen werden. Die vom Beschwerdeführer dazu vermißten Feststellungen waren daher entbehrlich.

3. Der Beschwerdeführer behauptet zwar insoweit einen "Telefonanruf", wenn er rügt, die belangte Behörde hätte pflichtgemäß erheben müssen, welcher Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice den Anruf des Beschwerdeführers entgegengenommen habe bzw. ob es darüber Aufzeichnungen gebe.

Darauf zu erwidern ist, daß nach den Erhebungen der belangten Behörde ein Anruf des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden konnte. Wenn die belangte Behörde dabei den Angaben der von ihr befragten Bediensteten des Arbeitsmarktservice mehr Glauben geschenkt hat als den Angaben des Beschwerdeführers, so handelt es sich dabei um einen Akt der freien Beweiswürdigung, der der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. dazu z.B. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, zu § 45 Abs. 2 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Unter diesem Gesichtspunkt ist eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit nicht festzustellen.

4. Was schließlich die Versäumung der Kontrollmeldung am 23. Jänner 1996 anlangt, so wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, daß der Beschwerdeführer vor seiner Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice eine entsprechende Entschuldigung - sei es fernmündlich oder schriftlich - für das Kontrollmeldeversäumnis abgegeben hat. Nähere Erhebungen im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten Schwächeanfall am 23. Jänner 1996 waren daher entbehrlich.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war diese ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997080076.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten