TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/11 W156 2165782-1

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Veröffentlicht am 11.11.2020
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Entscheidungsdatum

11.11.2020

Norm

ASVG §18a
ASVG §669 Abs3
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W156 2165782-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 20.04.2017, Zl. XXXX , betreffend Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird betreffend den Zeitraum vom 01.06.2001 bis 30.04.2005 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde wird für den Zeitraum von 01.05.2005 bis 31.07.2007 als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde wird für den Zeitraum von 01.08.2007 bis 30.09.2009 stattgegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin von 01.08.2007 bis 30.09.2009 zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG iVm 669 Abs 3 ASVG berechtigt ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 04.08.2004 wurde der erste Antrag der BF auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres an Zöliakie leidenden Sohnes XXXX , geb. XXXX , abgelehnt.

Dem Einspruch vom 16.09.2004 gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13.04.2005 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gegen diese Entscheidung erhob die BF kein Rechtsmittel.

Mit einem bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) am 31.01.2014 eingelangten Schreiben stellte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) einen weiteren Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres behinderten Kindes XXXX , geb. XXXX , gemäß § 18a ASVG ab 14.05.2001.

Mit Bescheid vom 20.04.2017 lehnte die PVA diesen Antrag mit der Begründung ab, dass aufgrund der Erkrankung des Sohnes an Zöliakie die Arbeitskraft der BF für den Zeitraum von 01.08.2002 bis 11.09.2009 aufgrund des fachärztlichen Begutachtungsergebnisses nicht gänzlich beansprucht werde, kein Bezug von erhöhter Familienbeihilfe vorliege und die BF der Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung unterliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass die angesprochene Begutachtung ihres Sohnes durchgeführt worden sei, als dieser schon 21 Jahre alt gewesen sei und erläuterte in Folge den Aufwand in der Betreuung ihres Sohnes.

Die PVA legte diese Beschwerde mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor (Einlangensdatum 28.07.2017) und verwies in ihrem Vorlageschreiben im Wesentlichen auf die bisher bereits ergangenen Entscheidungen.

Am 22.09.2020 wurde in Anwesenheit der BF und der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. In das Verfahren wurden das Gutachten des Med.- Rat Dr. Steinbrecher zu W 164 2112507-1 vom 25.09.2017 und das Gutachten von Dr. Entenmann zu W164 2103063-1 vom 22.10.2017 eingebracht.

Mit Schreiben vom 08.10.2020 gab die BF die rechtsfreundliche Vertretung bekannt und erstattete eine Stellungnahme, in der angeführt wird, dass im gegenständlichen Fall § 669 Abs. 3 ASVG idF BGBl. I Nr. 125/2017 anzuwenden sei und somit die Voraussetzungen der rückwirkenden Beantragung vorlägen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist die leibliche Mutter des Kindes XXXX , geb XXXX bei dem im Dezember 1999 Zöliakie diagnostiziert wurde. Von Dezember 1999 bis November 2013 wurde für das Kind erhöhte Familienbeihilfe bezogen.

Der von der BF gegenständlich gestellte Antrag bezieht sich auf die Zeit ab Mai 2001.

Der Sohn besuchte zu dieser Zeit noch den Kindergarten und in Folge die Schule. Großeltern und Verwandte standen der BF nicht zur Verfügung.

Die BF hatte erhöhten Betreuungsaufwand beim Einkaufen, Kochen, Säubern von Gebrauchsgegenständen, im Rahmen notwendiger Motivationsgespräche, engmaschiger ärztlicher Kontrollen und als Folge der trotz allem immer wieder beim Kind auftretenden Bauchbeschwerden. Sie hatte intensiven Kontakt zum Kindergartenpersonal zu pflegen.

Ab September 2002 besuchte der von Zöliakie betroffene Sohn die Volksschule und in Folge ab dem 15. Lebensjahr die HTL. Die BF hatte erhöhten Betreuungsaufwand beim Einkaufen, Kochen, Säubern von Gebrauchsgegenständen, im Rahmen notwendiger Motivationsgespräche, weiterhin regelmäßiger ärztlicher Kontrollen und als Folge der weiterhin trotz allem beim Kind hin und wieder auftretenden Bauchbeschwerden. Sie hatte sich mit dem Lehrpersonal zu vernetzen und dieses etwa bei Schulveranstaltungen zu unterstützen.

Ab dem Besuch der HTL hatte die BF weiterhin einen (in geringerem Ausmaß als davor) erhöhten Betreuungsaufwand beim Kochen, Säubern von Gebrauchsgegenständen.

Die BF hatte im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum ihren Wohnsitz im Inland. Sie lebte mit ihrem von Zöliakie betroffenen Sohn XXXX im gemeinsamen Haushalt in XXXX . Sie ging geringfügigen Beschäftigungen nach.

Für den Zeitraum von 14.05.2001 bis 31.07.2002 liegen Zeiten der Kinderziehung vor.

Im Zeitraum vom 26.02.2005 bis 31.07.2007 unterlag die BF der Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung gemäß § 19a ASVG.

Ab dem 14.09.2009 unterliegt die BF einer gesetzlichen Pensionsversicherung.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 13.04.2005 wurde der erste Antrag der BF vom 04.07.2003 abgewiesen und erwuchs der Bescheid in Rechtskraft.

Die allgemeinen, nicht auf den jeweils konkret beurteilten Fall bezogenen Aussagen der ins Verfahren eingebrachten Gutachten werden den hier vorliegenden Feststellungen zu Grunde gelegt.

Daraus ergibt sich zusammengefasst folgendes:

Zöliakie sei eine angeborene Autoimmunerkrankung, die durch das Klebereiweiß Gluten, dass in Getreideprodukten enthalten ist, ausgelöst wird. Die Krankheit wird üblicherweise im frühen Kindesalter entdeckt, wenn erstmals glutenhaltige Nahrungsmittel in die Ernährung eingeführt werden. Unbehandelt führt Zöliakie zum Absterben einiger Teile der Dünndarmschleimhaut. Damit können nicht genug Nährstoffe aufgenommen werden und es ergeben sich schwerwiegende Folgekrankheiten, die unbehandelt zum Tod führen können.

Die medizinische Behandlung der Erkrankung Zöliakie besteht in einer glutenfreien Diät. Diese Art der Behandlung hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht geändert. Zusätzliche Arzneimittel werden nicht eingesetzt. Regelmäßige ärztliche Kontrollen der wichtigsten Blutwerte und die Beobachtung der allgemeinen Entwicklung sollten erfolgen.

Die Gestaltung des Tagesablaufes sowie die Ernährung des Kindes ist essentiell, da sie die einzige Therapieform der Erkrankung darstellt. Es muss darauf geachtet werden, dass das Kind keine glutenhaltigen Nahrungsmittel zu sich nimmt. Das Kind darf auch nicht "Naschen", da schon die kleinste Glutenzufuhr einen neuen Krankheitsschub auslösen kann. Kochgeschirr und Besteck müssen (normal also mit den im Haushalt üblichen Mitteln) abgewaschen werden.

Lebenslang vermieden werden müssten: Weizen, Roggen, Hafer und Gerste. Auch Dinkel, Grünkern, Ein-und Zwei Korn (Emmer), Urkorn, Bulgur, Couscous und Wildreis müssten bei Gluten-Unverträglichkeit strikt gemieden werden. Andere Getreidesorten (wie zB Mais, Naturreis, Hirse, Quinoa, Buchweizen und Amaranth) werden gut vertragen und können bei Gluten-Unverträglichkeit die Deckung des Kohlehydratebedarfes ermöglichen. Auch Soja, Nüsse und Samen würden als Hülsenfrüchte keine Probleme machen.

Durch das Meiden von Gluten bessert sich der Zustand des Darmes wiederum, so dass Folgeschäden vermieden werden können. Betroffene müssten lebenslang auf Gluten-haltige Lebensmittel verzichten, somit auch auf verfeinerte Nahrungsmittel, die ebenfalls Gluten-Beimengungen enthalten.

Die Konsequenzen der Einnahme belastender Lebensmittel kann von kurzzeitigen Durchfällen und kurzzeitiger Übelkeit bis hin zu einer Wachstumsretardierung, einem Untergewicht und schwerer gesundheitlicher Probleme führen. Bei einer krassen und längerfristigen Missachtung (mehrere Monate) treten so schwere Störungen auf, dass ein Schulbesuch nicht mehr möglich ist. Dies ist vom Alter des Kindes unabhängig.

Erziehungs-, Motivations- und Kontrollmaßnahmen durch die Eltern sind bei einem Heranwachsenden, vor allem bei einem kleinen Kind besonders wichtig. Da Gluten auch in solchen Kleinigkeiten wie Gummibärchen und Ähnlichem enthalten ist, muss das Kind wirklich andauernd motiviert werden. Man kann selbstverständlich davon ausgehen, dass das Kind im Laufe seiner Entwicklung lernt mit der Krankheit umzugehen. Ein 3 und 4-jähriges Kind wird man besser überwachen müssen, als etwa einen 15 oder 16 jährigen Knaben. Hier darf man doch von einer gewissen Eigenverantwortlichkeit ausgehen.

Die glutenfreie Ernährung von Kindern stellt auch deshalb ein bedeutendes Problem dar, da Kinder durch die vielen Nahrungsmittelverbote leicht stigmatisierbar sind und häufig in eine Außenseiterposition geraten können. Die Krankheitseinsicht und die Notwendigkeit zur Diätführung ist im Kleinkindalter schwer zu vermitteln. Im jugendlichen Alter kommt es im Rahmen des Ablöseprozesses vom Elternhaus häufig zu einer Verweigerung, die Krankheit und ihre Behandlung zu akzeptieren. Mehrere Faktoren sind notwendig damit eine restriktive Diät im Kindesalter durchgeführt werden kann: Die Einsicht, krank zu sein, die Akzeptanz der Krankheit, die Bereitschaft, die Krankheit zu behandeln und das spezielle Wissen zur Diätführung zusammen mit den Fertigkeiten die Nahrung entsprechend zu zubereiten. Neben der reinen Vermittlung von Wissen und Können ist auch die kontinuierliche Motivierung des Kindes durch die Eltern zum Durchführen und Durchhalten der Diät erforderlich. Erst im jugendlichen Alter besteht erfahrungsgemäß (bei Knaben frühestens mit 15 Jahren) die Reife, das Wissen und das Können, eine Gluten-freie Ernährung konsequent selbstständig zuzubereiten.

Glutenfreie Nahrung kann aktuell in allen Lebensmittelketten gekauft werden. Diesbezüglich haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten Verbesserungen ergeben.

Mit der Verordnung (EG Nr. 41/2009) wurde die Zusammensetzung und Kennzeichnung von Lebensmitteln geregelt, die für Menschen mit einer Gluten-Unverträglichkeit geeignet sind. Diese Verordnung trat mit 01.01.2012 in Kraft.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich soweit hier Wesentlich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, aus der Beschwerde und dem Vorbringen der BF in der mündlichen Verhandlung.

Weiters wurden die allgemeinen, nicht auf den jeweils konkret beurteilten Fall bezogenen Aussagen der ins Verfahren eingebrachten fachärztlichen Sachverständigengutachten aus den Bereichen innere Medizin und Pädiatrie zusammengefasst den hier vorliegenden Feststellungen zu Grunde gelegt.

Der von der BF im Beschwerdeverfahren detailliert geschilderte Betreuungsaufwand erscheint nachvollziehbar und steht im Wesentlichen mit den herangezogenen gutachterlichen Feststellungen im Einklang.

Seitens der belangten Behörde wurde von der Abgabe einer Stellungnahme zu den eingebrachten Gutachten Abstand genommen.

Insgesamt hat die BF primär den Aufwand betreffend die ständige Überwachung der – aus medizinischen Gründen penibel einzuhaltenden – Diät (- das Kind durfte keinerlei Brotkrümmel und keinerlei glutenhaltige Zutat zu sich nehmen -) und die altersentsprechende Motivationsarbeit betont, deren Facetten beim heranwachsenden Kind eine besondere Herausforderung gebildet hätten. Die BF hat damit überdies aufgezeigt, dass sie in ihrem Bemühen, dem Kind trotz seiner Einschränkungen einen altersentsprechenden Alltag möglich zu machen, im Hinblick auf die damals noch bevorstehende Entwicklung des Kindes wie oben festgestellt Präventivarbeit geleistet hat.

Die diesbezüglichen Vorbringen der BF waren glaublich geschildert und erscheinen unter Berücksichtigung der angeführten allgemeinen fachärztlichen Stellungnahmen schlüssig und waren den Feststellungen daher zu Grunde zu legen.

Die BF hat in ihrer Stellungnahme auch von fehlendem Verständnis anderer Kinder und Erwachsener berichtet hat. Auch die von ihr nachvollziehbar geschilderten Anstrengungen im Kontakt mit KindergartenpädagogInnen, LehrerInnen zeigen, dass die BF stets bemüht war, einer Stigmatisierung ihres Sohnes prophylaktisch entgegenzuwirken.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Anwendung des § 18a ASVG in der vor dem 01.01.2015 geltenden Fassung:

Die besondere Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG wurde durch die 44. ASVG-Novelle (BGBl. Nr. 1987/609), in Kraft ab 01.01.1988, geschaffen. Sie sollte zunächst nur Elternteilen zugutekommen, die sich ausschließlich und allein der Pflege ihres behinderten Kindes widmeten und daher nicht in der Lage waren, einer pensionsversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und für eine eigenständige Alterssicherung vorzusorgen: § 18a Abs. 1 ASVG stellte auf die „gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft“ ab. § 18a Abs. 2 Z 2 ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 20/1994, BGBl. I Nr. 1/2002, BGBl. I Nr. 142/2004, BGBl. I Nr. 132/2005 schloss die Selbstversicherung für Zeiten aus, für die eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung oder ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung bestand. § 18a Abs. 2 ASVG sah mit Z 2 und 3 noch weitere Ausschlussgründe vor.

Seit dem SVÄG BGBl. I Nr. 2015/2 (mit Geltung ab 1.1.2015, § 688 Abs. 1 Z 2) genügt gemäß
§ 18a Abs. 1 ASVG bereits eine „überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft“, sodass – wie bei der Pflege naher Angehöriger nach § 18b – eine Selbstversicherung zusätzlich zu einer aus einer Erwerbstätigkeit resultierenden Pflichtversicherung, im Ergebnis also eigentlich eine „Höherversicherung“ ermöglicht wird. Der Ausschlussgrund des § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG wurde aufgehoben. (vgl. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18a, Stand: 01.08.2015, rdb.at).

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis 2015/08/0022 vom 04.11.2015 ausgeführt hat, kann für die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG unter Berücksichtigung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG grundsätzlich als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden.

Eine besondere Rückwirkung wurde erstmals mit BGBl I Nr. 3/2013 durch die Übergangsvorschrift des § 669 Abs. 3 ASVG geschaffen. Diese Bestimmung ermöglichte eine Antragstellung auch für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes, die „irgendwann“ zwischen 01.01.1988 und 31.12.2012 erfolgt ist.

Gemäß § 707a Abs. 1 ASVG (Weitere Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017) in der Fassung BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/2017 treten die §§ 330b samt Überschrift und 669 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 mit 1. Jänner 2018 in Kraft.

§ 669 Abs 3 ASVG wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 125/2017, in Kraft seit 01. 01. 2018 geändert und lautet nun wie folgt:

Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.

Wie der VwGH mit Erkenntnis Ra 2019/08/0051 vom 05.06.2019 ausgesprochen hat, stellt § 669 Abs. 3 ASVG in der Fassung BGBl I Nr. 125/2017 darauf ab, dass die betreffenden Personen die zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllen müssen. Auf die im zu erwerbenden Zeitraum der betreffenden Selbstversicherung früher in Geltung gestandenen Voraussetzungen für eine Selbstversicherung kommt es gemäß § 669 Abs. 3 ASVG nicht an.

Im Beschwerdefall wurde der Antrag bereits im Jahr 2014 – und somit vor der Änderung des § 18a ASVG durch BGBl. I Nr. 2/2015 – eingebracht. Daher ist auf die im Jahr 2014 geltende Fassung des § 18a ASVG abzustellen (BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 132/2005), welcher u.a. die „gänzliche Beanspruchung“ der Arbeitskraft (Absatz 1 und 3) sowie u.a. auch eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung oder andere Selbstversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung (Absatz 2 Ziffer 1) als Ausschlussgrund vorsah:

§ 18a. (1) Personen, die sich der Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden behinderten Kindes, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, widmen und deren Arbeitskraft aus diesem Grund gänzlich beansprucht wird (Abs. 3), können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.

(2) Die Selbstversicherung ist für eine Zeit ausgeschlossen, während der

1. eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung oder andere Selbstversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht oder

2. eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuß bezogen wird oder

3. eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.

(3) Eine gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 liegt vor, solange das behinderte Kind

1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,

2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,

3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.

(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.

(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.

(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,

1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,

2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.

Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.

(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich.

3.1.2. Zu A.I.) Zurückweisung wegen entschiedenen Sache:

Da die BF bereits einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für den genannten Zeitraum bzw. Teile desselben gestellt hat, ist zu prüfen, ob die belangte Behörde den nun vorliegenden Antrag allenfalls teilweise wegen entschiedener Sache hätte zurückweisen müssen.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 bis 71 leg. cit. die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet und auch in den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften keine Sonderregelung vorgesehen ist (§ 68 Abs. 6 leg. cit.), wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, da § 68 Abs. 1 leg. cit. in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne danach eingetretene Änderungen der Sach- oder Rechtslage) verhindern soll.

Die Anordnung des § 68 Abs. 1 AVG zielt in erster Linie darauf ab, die wiederholte Aufrollung einer bereits "entschiedenen Sache" ohne nachträgliche Änderung (d.h. bei Identität) der Sach- und Rechtslage auf Antrag der Partei oder durch die Behörde selbst (von Amts wegen) zu verhindern (VwGH 24.1.2006, 2003/08/0162 u.a.).

Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E. 80 zu § 68 AVG, sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. November 1980, Slg. Nr. 10.285/A, vom 16. Jänner 1990, Slg. Nr. 13.097/A, und vom 20. September 2000, Zl. 95/08/0261). Liegt eine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag nicht entgegen. (vgl. VwGH 2001/08/0057 vom 4.10.2001 mit Verweis auf VwGH 30. Jänner 1984, Slg. 7762A/1970, vom 21. Februar 1991, 90/09/0162 u.v.a.).

Der Sachverhalt – die Erkrankung des Kindes, die erforderliche Therapie, die Unterstützungsleistungen der Beschwerdeführerin für das Kind, der Bezug der erhöhten Kinderbeihilfe, der gemeinsame Wohnsitz im Inland und das Nicht- bzw. Vorliegen von Ausschlussgründen wie beispielweise eine andere Selbstversicherung oder Ersatzzeiten – ist jedenfalls gleichgeblieben.

Auch hat sich die maßgebliche Rechtslage erst durch die Novelle BGBl. I Nr. 125/2017, in Kraft seit 01.01.2018, in einer – auch für die BF - relevanten Weise geändert.

Somit ist für den gegenständlichen Beschwerdefall für den Zeitraum von Dezember 1999 bis zum 30.04.2005 keine Änderung in der Sach- oder Rechtslage eingetreten. Daher ist aufgrund des Vorliegens der früheren Entscheidung durch den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung bezüglich der Berechtigung der zur Selbstversicherung nach § 18a ASVG aufgrund der Pflege ihres Sohnes im genannten Umfang entschiedene Sache gegeben und der Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Eine allfällige neuerliche Überprüfung wäre im Zusammenhang mit einem weiteren Antrag betreffend den Zeitraum von Dezember 1999 bis Mai 2005 lediglich im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung für diesen Zeitraum gegeben.

3.1.3. Zu A. II.) Abweisung der Beschwerde für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.07.2007:

§ 19a ASVG idF BGBl I Nr. 140/2002 lautet:

Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung

§ 19a. (1) Personen, die von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ausgenommen und auch sonst weder in der Krankenversicherung noch in der Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert sind, können sich, solange sie ihren Wohnsitz im Inland haben, auf Antrag in der Kranken- und Pensionsversicherung selbstversichern. Ausgeschlossen von dieser Selbstversicherung sind jedoch die im § 123 Abs. 9 und 10 genannten Personen sowie Personen, die einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung haben.

(2) Die Selbstversicherung beginnt

1. bei der erstmaligen Inanspruchnahme mit dem Tag des Beginnes der geringfügigen Beschäftigung, wenn der Antrag binnen sechs Wochen nach diesem Zeitpunkt gestellt wird,

2. sonst mit dem der Antragstellung folgenden Tag, im Falle der Beendigung der Selbstversicherung nach Abs. 3 Z 2 oder 3 jedoch frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten nach dieser Beendigung.

(3) Die Selbstversicherung endet

1. mit dem Wegfall der Voraussetzungen;

2. mit dem Tag des Austrittes;

3. wenn der fällige Beitrag nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Monates, für den er gelten soll, gezahlt worden ist, mit dem Ende des Monates, für den zuletzt ein Beitrag entrichtet worden ist.

(4) Der Antrag auf Selbstversicherung ist unter Bedachtnahme auf § 26 bei jenem Krankenversicherungsträger zu stellen, der nach dem Wohnsitz des Antragstellers für die Pflichtversicherung zuständig wäre. Dieser Versicherungsträger ist auch zur Durchführung der Krankenversicherung zuständig. Ist der Antragsteller bereits bei einem anderen Krankenversicherungsträger pflichtversichert, so ist dieser Versicherungsträger zur Entgegennahme des Antrages und zur Durchführung der Versicherung zuständig.

(5) Die nach Abs. 1 Selbstversicherten sind dem Zweig der Pensionsversicherung zugehörig, in dem zuletzt Pflichtversicherung bestand. Waren sie bisher nicht in der Pensionsversicherung pflichtversichert, so sind sie der Pensionsversicherung der Arbeiter zugehörig.

(6) Bezüglich der Gewährung von Leistungen sowohl nach diesem Bundesgesetz als auch nach dem Mutterschutzgesetz 1979 hat die Selbstversicherung in der Krankenversicherung die gleichen Rechtswirkungen wie eine Pflichtversicherung. Dies gilt auch hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung.

§ 19a ASVG idF BGBl.I Nr. 31/2007 lautet:

§ 19a. (1) Personen, die von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 oder Teilversicherung nach § 7 Z 4 ausgenommen und auch sonst weder in der Krankenversicherung noch in der Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert sind, können sich, solange sie ihren Wohnsitz im Inland haben, auf Antrag in der Kranken- und Pensionsversicherung selbstversichern. Die Pensionsversicherung nach § 8 Abs. 1 Z 2 lit. g dieses Bundesgesetzes, nach § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG und nach § 4a Z 4 BSVG gilt nicht als Pflichtversicherung im Sinne des ersten Satzes. Ausgeschlossen von dieser Selbstversicherung sind jedoch die im § 123 Abs. 9 und 10 genannten Personen sowie Personen, die einen bescheidmäßig zuerkannten Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung haben. Die Selbstversicherung für Personen, die von der Teilversicherung nach § 7 Z 4 ausgenommen sind, erfolgt in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz und in der Krankenversicherung nach dem B-KUVG (§ 7a B-KUVG).

(2) Die Selbstversicherung beginnt

1. a) bei der erstmaligen Inanspruchnahme mit dem Tag des Beginnes der geringfügigen Beschäftigung, wenn der Antrag binnen sechs Wochen nach diesem Zeitpunkt gestellt wird, und

b) bei Personen, die mit Dienstleistungsscheck entlohnt werden, mit dem Tag des Beginnes der ersten Beschäftigung, wenn der Antrag spätestens bis zum Ablauf des nächsten Kalendermonates gestellt wird,

2. sonst mit dem der Antragstellung folgenden Tag, im Falle der Beendigung der Selbstversicherung nach Abs. 3 Z 2 oder 3 jedoch frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten nach dieser Beendigung,

3. bei Personen, die mit Dienstleistungsscheck entlohnt werden und nach § 471f in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert waren, am Tag nach dem Ende dieser Pflichtversicherung.

(3) Die Selbstversicherung endet

1. mit dem Wegfall der Voraussetzungen; für Personen, die mit Dienstleistungsscheck entlohnt werden, fallen die Voraussetzungen mit Ablauf des ersten Kalendermonates weg, wenn für zwei aufeinander folgende Kalendermonate kein Dienstleistungsscheck eingelöst wird;

2. mit dem Tag des Austrittes;

3. wenn der fällige Beitrag nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Monates, für den er gelten soll, gezahlt worden ist, mit dem Ende des Monates, für den zuletzt ein Beitrag entrichtet worden ist.

(4) Der Antrag auf Selbstversicherung ist unter Bedachtnahme auf § 26 bei jenem Krankenversicherungsträger zu stellen, der nach dem Wohnsitz des Antragstellers für die Pflichtversicherung zuständig wäre. Dieser Versicherungsträger ist auch zur Durchführung der Krankenversicherung zuständig. Ist der Antragsteller bereits bei einem anderen Krankenversicherungsträger pflichtversichert, so ist dieser Versicherungsträger zur Entgegennahme des Antrages und zur Durchführung der Versicherung zuständig.

(5) Die nach Abs. 1 Selbstversicherten sind dem Zweig der Pensionsversicherung zugehörig, in dem zuletzt Pflichtversicherung bestand. Waren sie bisher nicht in der Pensionsversicherung pflichtversichert oder sind sie auf Grund des Bezuges von Dienstleistungsschecks versichert, so sind sie der Pensionsversicherung der Arbeiter zugehörig.

(6) Bezüglich der Gewährung von Leistungen sowohl nach diesem Bundesgesetz als auch nach dem Mutterschutzgesetz 1979 hat die Selbstversicherung in der Krankenversicherung die gleichen Rechtswirkungen wie eine Pflichtversicherung. Dies gilt auch hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung.

Gemäß § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 132/2005, ist die Selbstversicherung für eine Zeit ausgeschlossen, während der eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung oder andere Selbstversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht.

Im gegenständliche Fall war die BF im Zeitraum von 26.02.2005 bis 31.07.2007 aufgrund ihre geringfügigen Beschäftigung gemäß § 19a ASVG in der Kranken- und Pensionsversicherung selbstversichert.

Erst mit der Novelle BGBl I Nr. 2/2015 wurde diese Bestimmung mit 01.01.2015 behoben.

Da die BF ihren Antrag mit 31.01.2014 stellte, ist gemäß der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum anzuwendenden Fassung des § 18a ASVG der Ausschlussgrund nach § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG verwirklicht und war der Beschwerde für diesen Zeitraum daher nicht stattzugeben.

3.1.4. zu A III.) Stattgabe der Beschwerde für den Zeitraum vom 01.08.2007 bis 30.09.2009:

Aus den Feststellungen ist ersichtlich, dass lediglich für den Zeitraum von 01.08.2007 bis 13.09.2009 keine Versicherungszeiten der BF in der Pensionsversicherung bzw. keine Ersatzzeiten vorliegen (vergleiche § 18a Absatz 2 ASVG).

Die BF verfügte in diesem Zeitraum über einen gemeinsamen Wohnsitz im Inland mit dem behinderten Kind, für welches erhöhte Familienbeihilfe bezogen wurde.

Verfahrensrelevant nunmehr ist die Frage, ob die Arbeitskraft der BF in diesem Zeitraum gänzlich beansprucht wurde.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Ro 2014/08/0084 vom 19.01.2017 klargestellt hat, stellt die Legaldefinition des § 18a Abs 3 ASVG – anders als jene des § 18b ASVG – nicht primär auf die zeitliche Inanspruchnahme durch die Pflege (Anzahl der Pflegestunden) sondern auf speziell für behinderte Kinder zugeschnittene Kriterien ab. (RZ9.3).

Zur Beurteilung dieser Kriterien war auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu der vor dem 01.01.2015 geltenden Fassung des § 18a ASVG (Kriterien der "gänzlichen Beanspruchung der Arbeitskraft") zurückzugreifen. Eine gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft iSd § 18a Abs 1 ASVG liegt somit dann vor, wenn ein schulpflichtiges behindertes Kind zwar die Schule besucht (also nicht wegen seiner Behinderung von der Schulpflicht befreit ist), aber dennoch unter Berücksichtigung des Alters und seiner spezifischen Behinderung die überwiegende Betreuung auch außerhalb der Zeit des Schulbesuches erforderlich ist und ob bei Unterbleiben dieser Betreuung die Entwicklung des Kindes im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zuteil wird, benachteiligt oder gefährdet ist. (vgl. VwGH 16.11.2005, 2003/08/0261).

Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:

Die Diagnose der Zöliakie wurde im vorliegenden Fall im Dezember 1999 gestellt. Sie war somit zum Antragszeitpunkt der Selbstversicherung, dem 31.01.2014, bereits gegeben.

Die PVA hat den von der BF dargelegten Betreuungsaufwand im Kern nicht bestritten. Sie behauptet jedoch, dass der genannte Betreuungsaufwand die Arbeitskraft der BF nicht gänzlich beansprucht hätte.

Diesbezüglich ist auf die obige Judikatur des VwGH zu verweisen, die ausdrücklich betont, dass die Beanspruchung der Arbeitskraft unter dem Aspekt des § 18a ASVG anders zu prüfen ist, als im Falle einer beantragten Selbstversicherung gem. § 18b ASVG. Im Rahmen der Beurteilung, ob die Arbeitskraft der BF durch die Betreuung ihres von Zöliakie betroffenen Sohnes gänzlich beansprucht wurde, ist somit nicht auf die rein zeitliche Inanspruchnahme abzustellen und es sind nicht ausschließlich notwendigen Pflegeverrichtungen im Sinne der Einstufungsverordnung, EinstV, BGBl. II Nr. 37/1999 zu berücksichtigen. Es war auf die speziellen auf das behinderte Kind zugeschnittenen Kriterien abzustellen. Es war somit der gesamte Aufwand zu berücksichtigen, der dem Kind einen altersentsprechenden Alltag und damit eine altersentsprechende körperliche, psychische und soziale Entwicklung möglich machte.

Somit waren die von der BF geschilderten Motivationsanstrengungen, die ständige Bereitschaft die Diät des Kindes zu überwachen und bei Gefahr eines Diätfehlers motivierend einzuschreiten, weiters Anstrengungen darin, dem noch im Kindesalter und in der frühen Pubertät befindlichen Sohn glutenfreie und dennoch schmackhafte Gerichte zuzubereiten, und durch den Aufbau guter Kontakte zu den Pädagogen der Gefahr seiner Stigmatisierung unter Gleichaltrigen vorzubeugen, in die vorliegende Beurteilung einzubeziehen.

Die von der BF geschilderten Betreuungsmaßnahmen sind als notwendig in dem Sinn anzusehen, dass dem von Zöliakie betroffenen Sohn eine normale körperliche und psychische Entwicklung ermöglicht werden konnte und dass diese Betreuungsmaßnahmen in der Situation der BF (keine Möglichkeit einer seiner Diät entsprechenden Verpflegung in Betreuungseinrichtungen, keine Verfügbarkeit von Großeltern oder weiteren Verwandten) zwingendermaßen mit einem überwiegend hohen Betreuungsaufwand außerhalb der Zeit des Kindergarten- und Schulbesuchs einhergingen.

Der Sohn der BF konnte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch nicht mit der eigenverantwortlichen Einhaltung der – notwendigerweise besonders strengen – Diät betraut werden. Er bedurfte ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege iSd der oben genannten Bestimmung. Bei Unterbleiben dieser Betreuung wäre seine Entwicklung im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zuteil wird, benachteiligt oder gefährdet gewesen.

Der Sohn der BF war zu diesem Zeitpunkt 12 bis 14 Jahre, befand sich also noch mitten in der Pubertät, die für ihn zwar nicht außergewöhnlich schwierig war, aber durchaus einen gewissen Mehraufwand an Motivationsarbeit mit sich brachte.

Die Arbeitskraft der BF wurde durch die von ihre im verfahrensgegenständlichen Zeitraum aufgebrachten Pflegeaufwand gänzlich beansprucht.

Gemäß § 18a Abs. 6 Z 1 ASVG endet die Selbstversicherung mit dem Ende des Kalendermonates, in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung
(Abs. 1) weggefallen ist.

Da die BF ab dem 14.09.2009 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG unterlag, endete die Selbstversicherung nach § 18a Abs. 6 Z 1 ASVG mit dem 30.09.2009.

Gemäß § 669 Abs 3 ASVG können insgesamt maximal 120 Versicherungsmonate zugesprochen werden. Diese werden durch die Berechtigung im Zeitraum von 01.08.2007 bis 30.09.2009 nicht ausgeschöpft und war die BF daher im vorgenannten Zeitraum zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß §18a ASVG berechtigt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen treffen die zeitraumbezogen anzuwendenden §§ 18a sowie 669 Abs. 3 ASVG eine klare Reglung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Arbeitskraft Ausschlusstatbestände geringfügige Beschäftigung Pensionsversicherung Pflegebedarf Prozesshindernis der entschiedenen Sache Rechtslage res iudicata Selbstversicherung Teilstattgebung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2165782.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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