TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/25 I401 2012328-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.11.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.11.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I401 2012328-1/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Philipp Stossier, Rechtsanwalt, Ringstraße 4/ Plobergerstraße 7, 4600 Wels, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse vom 26.06.2014, Zl: XXXX , betreffend „Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG“ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. beschlossen:

A)

Das Verfahren über die Beschwerde gegen den ersten Spruchteil betreffend die Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG wird wegen Zurücknahme der Beschwerde eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II. zu Recht erkannt:

C) Die Beschwerde gegen den zweiten Spruchteil des angefochtenen Bescheides betreffend die Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG wird als unbegründet abgewiesen.

D) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

zu Spruchpunkt I. A):

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich. Mit der Zurückziehung ist das Rechtsschutzinteresse der beschwerdeführenden Partei weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen und die Einstellung des betreffenden Verfahrens - in dem von der Zurückziehung betroffenen Umfang - auszusprechen ist (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2015, § 7 VwGVG, Rz 20; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 7 VwGVG, K 5 ff.).

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Beschwerde zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. VwGH vom 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320, u.v.a.).

Auf Grund des nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtlage in der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2020 unmissverständlich formulierten Parteiwillens des Beschwerdeführers, die Beschwerde gegen die Feststellung, dass es ein „echtes“ Dienstverhältnis war, zurücknehmen zu wollen, ist einer Sachentscheidung durch das Gericht die Grundlage entzogen und war daher das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Zu Spruchpunkt C):

I. Verfahrensgang:

1.1. Mit Bescheid vom 26.06.2014 stellte die Tiroler Gebietskrankenkasse, seit 01.01.2020 Österreichische Gesundheitskasse (in der Folge als TGKK bezeichnet) fest, dass XXXX (in der Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) bei der XXXX (in der Folge als XXXX bezeichnet) am 26.07.2003 weder als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG noch als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag.

1.2. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.12.2017, XXXX , wurde der vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge gegeben und festgestellt, dass er auf Grund seiner Beschäftigung bei der XXXX (nunmehr: XXXX ) am 26.07.2003 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in Verbindung mit § 471a bis § 471e ASVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AIVG der Arbeitslosenversicherung unterlegen sei.

1.3. Diese Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29.01.2020, Ra 2018/08/0028, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in diesem Erkenntnis unter anderem die Rechtsansicht, dass der Beschwerdeführer auf Grund des zwischen ihm als Motocross-Fahrer und der XXXX als Hersteller von Motorrädern abgeschlossenen Sponsorvertrags und des vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts nicht der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG unterlegen sei. Er hob weiters hervor:

„38 Bereits in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (886 BlgNR 20. GP 101 f) zum Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997, BGBl. I Nr. 139/1997, mit dem § 4 Abs. 4 ASVG im Wesentlichen seine heutige Form erhielt, wurde zum Zweck der Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung ausgeführt, dass derjenige, der in wirtschaftlicher Abhängigkeit "kontinuierlich Arbeit" für einen oder wenige Dienstgeber verrichte, ohne dass die Merkmale persönlicher Abhängigkeit vorlägen, einem Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 2 ASVG wesentlich näher als einem selbständig Erwerbstätigen stehe. Es sei im Sinn des § 539a ASVG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend und daher - insbesondere zur Abgrenzung von Zielschuldverhältnissen - die Anwendung des § 4 Abs. 4 ASVG geboten, wenn Personen ohne eigene unternehmerische Struktur "laufend ihre Arbeitskraft" einem "Auftraggeber" zur Verfügung stellten.

39 Der freie Dienstvertrag nach § 4 Abs. 4 ASVG unterscheidet sich somit vom Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG im Wesentlichen durch das Fehlen einer persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers (vgl. etwa VwGH 10.10.2018, Ra 2015/08/0130). Nicht anders als bei einem Beschäftigungsverhältnis wird auch bei einem freien Dienstvertrag durch die Verpflichtung zu Dienstleistungen für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit ein Dauerschuldverhältnis begründet. Die Hauptpflicht beim freien Dienstvertrag auf Seiten des Auftragnehmers umfasst Dienstleistungen, sie bezieht sich also auf bloß der Art nach umschriebene Tätigkeiten, bei welchen die Einräumung eines Gestaltungsrechtes an den Besteller (bzw. eine Unterwerfung auf Seiten des freien Dienstnehmers) wesentlicher Bestandteil des Vertrages ist, der bei der Vertragserfüllung einer Konkretisierung durch den Auftraggeber dahin bedarf, welche Einzelleistungen er im Rahmen des Vertrages verrichtet sehen möchte (vgl. VwGH 21.12.2005, 2004/08/0066; 29.6.2005, 2001/08/0053).

40 § 4 Abs. 4 ASVG verlangt - von der Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts abgesehen -, dass vom Dienstnehmer im Wesentlichen persönlich, ohne wesentliche eigene Betriebsmittel "Dienstleistungen" "für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.)" geleistet werden und "aus dieser Tätigkeit ein Entgelt" bezogen wird. Daraus folgt, dass eine Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung in Abgrenzung von anderen Dauerschuldverhältnissen nur dann in Betracht kommt, wenn zwischen der Erbringung von Dienstleistungen für den Dienstgeber - somit von Arbeitsleistungen, hinsichtlich derer eine Pflichtversicherung in Rede steht - und einer von einem Dienstgeber erbrachten Gegenleistung ("Entgelt") ein Austauschverhältnis besteht.

41 Dies ist typischerweise der Fall, wenn ein Dienstgeber, somit im Sinn des § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, auf dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, einen Auftragnehmer (Dienstnehmer) mit der laufenden Verrichtung einzelner im Zuge seiner betrieblichen Tätigkeit (Produktion, Erbringung von Dienstleistungen, etc.) anfallenden Arbeiten (Dienste) beauftragt und für die Erfüllung dieser Arbeiten ein Entgelt gewährt. Wird dagegen von einem Aufraggeber ein Entgelt an einen Auftragnehmer im Gegenzug für die Erbringung einer anderen Leistung als für die Verrichtung von Dienstleistungen (Arbeitsleistungen) in seinem Geschäftsbetrieb (seiner Tätigkeit) erbracht, so kommt ein freier Dienstvertrag nicht in Betracht. Dabei ist im Sinn des § 539a ASVG eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu wählen und der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

42 Bei einem "Sponsorvertrag" oder "Werbevertrag" erbringt ein Unternehmen regelmäßig als Sponsor Leistungen in Form von Geld- oder Sachmitteln - etwa auch Sportgeräten - an einen Sportler oder eine andere Persönlichkeit oder Vereinigungen im sportlichen oder kulturellen bzw. wissenschaftlichen Bereich. Die Gegenleistung des Gesponserten ist in der Regel die Zurverfügungstellung von "Werbung", mit der die Produkte bzw. die Marke des Sponsors in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden bzw. das positive Image des Gesponserten auf den Sponsor übertragen wird. Dies kann bei einem Sportler insbesondere dadurch erfolgen, dass nach der getroffenen Vereinbarung der Sportler allgemein bei der Ausübung seines Sportes bzw. bei konkret festgelegten Sportveranstaltungen und anderen öffentlichen Auftritten mit einem Kennzeichen (Logo) bzw. mit Produkten - wie Sportgeräten oder Bekleidung - des Sponsors auftritt und dafür ein Entgelt erhält (vgl. etwa Hohenbruck, Sponsoring des Einzelsportlers im Schisport, Zak 2013/120, 70, mwN).

43 Für einen Sportler ist der Abschluss eines derartigen Sponsorvertrags regelmäßig eine von mehreren Möglichkeiten, aus seiner auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübten sportlichen Tätigkeit ein Einkommen zu erzielen. Die Ausübung des Sportes stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aber - mangels insoweit bestehenden Austauschverhältnisses - nicht als eine Erbringung von Dienstleistungen für den Sponsor als Dienstgeber im Rahmen dessen Geschäftsbetriebes iSd § 4 Abs. 4 Z 1 ASVG dar. Typischerweise wird daher durch einen solchen "Sponsorvertrag" oder "Werbevertrag" keine Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 14 ASVG als freier Dienstnehmer begründet. Darauf ob die weiteren Voraussetzungen der Pflichtversicherung nach dieser Bestimmung erfüllt sind, insbesondere auch, ob der Sportler im Sinn dieser Bestimmung über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt (vgl. zu diesem Begriff VwGH 23.1.2008, 2007/08/0223), kommt es nicht mehr an.

44 Dennoch könnte unter Beachtung, dass im Sinn des § 539a ASVG nicht (primär) die vertragliche Vereinbarung bzw. die Bezeichnung des Vertrages, sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit maßgeblich ist (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0011 ua, mwN), sich im Einzelfall hinter einem "Sponsorvertrag" dennoch ein freier Dienstvertrag nach § 4 Abs. 4 ASVG verbergen. Voraussetzung dafür wäre, dass ein Entgelt des Sponsors nicht nur für die Zurverfügungstellung von Werbung durch den Sportler im dargestellten Sinn erbracht wird, sondern Elemente hinzutreten, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Sinn des § 539a ASVG die Annahme rechtfertigen, dass gegen Entgelt Dienstleistungen für den Sponsor im Rahmen dessen Geschäftsbetriebes erbracht werden. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn dem Gesponserten neben der Erbringung von Werbeleistungen der dargestellten Art - insbesondere dem Auftreten mit einem Logo bzw. mit Produkten des Sponsors - die Erbringung von Aufgaben für den Sponsor im Zuge dessen betrieblicher Tätigkeit (etwa im Zuge des Vertriebes der Produkte bzw. Dienstleistungen des Sponsors) übertragen werden. Eine andere Sichtweise könnte auch dann geboten sein, wenn die Ausübung des Sportes in Einbindung des Sportlers in den Betrieb des potentiellen Dienstgebers - bzw. in eine von diesem für die Sportausübung (etwa unter der Bezeichnung "Rennstall" oder "Team") geschaffene eigene betriebliche Struktur - erfolgt, soweit in diesen Fällen nicht ohnehin eine Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG vorliegt.

45 Im vorliegenden Fall hat die XXXX als Sponsor an den Mitbeteiligten Sach- und Geldleistungen erbracht. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich jedoch nicht, dass die Gegenleistung des Mitbeteiligten über die Zurverfügungstellung von Werbung für die XXXX an den vereinbarten Renntagen - so insbesondere am 26. Juli 2003 - durch das Auftreten mit den Produkten (Motorrädern) der XXXX und das Tragen einer Rennkleidung, die ihn als deren Werbeträger auswies, hinausgegangen wäre. Eine Einbindung in den Betrieb der XXXX bzw. in eine von dieser geschaffenen eigenen betrieblichen Struktur erfolgte nicht. Davon ausgehend stellte der Mitbeteiligte sich zwar für die Werbung der XXXX zu Verfügung, erbrachte bei wirtschaftlicher Betrachtung jedoch durch seine Tätigkeit als Rennfahrer keine Dienstleistungen im dargestellten Sinn für die XXXX , sodass kein freier Dienstvertrag vorlag. Eine Pflichtversicherung des Mitbeteiligten nach dem ASVG ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt daher nicht.“

II. Fortgesetztes Verfahren:

Gemäß § 63 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat der XXXX , der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, XXXX , der Pensionsversicherungsanstalt, XXXX , und dem Arbeitsmarktservice - XXXX die Möglichkeit der Stellungnahme zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.12.2017 und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.01.2020 eingeräumt. Weder die Unfallversicherungsanstalt noch die Pensionsversicherungsanstalt gaben eine Stellungnahme ab. Das Arbeitsmarktservice verzichtete per E-Mail auf die Abgabe einer Stellungnahme.

In ihrer Stellungnahme vom 16.03.2020 nahm die XXXX allgemein gehalten darauf Bezug, dass der Beschwerdeführer als von ihr bezahlter Motorsportler in ihren Teilbetrieb bzw. in die von ihr geschaffene betriebliche Struktur der Motorsportabteilung, die über ein eigenes Budget und ihr zugehöriges Personal verfüge sowie (zu ergänzen: erst) seit 2016 in einem eigenen Gebäude mit 18 000 m² Nutzfläche untergebracht sei, eingebunden gewesen sei.

Am 17.08.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung statt. Der Beschwerdeführer nahm - wie bereits ausgeführt - die erhobene Beschwerde gegen die Feststellung, dass er auf Grund der von ihm ausgeübten Tätigkeit als Motocross-Fahrer bei der XXXX am 26.07.2003 nicht der Vollversicherung nach dem § 4 Abs. 2 ASVG sowie dem AlVG unterlag, zurück.

Damit bildet den Gegenstand des fortgesetzten Verfahrens die Frage, ob er als freier Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG bei der XXXX beschäftigt war.

2.1. Unter Berücksichtigung der im vorangegangenen Beschwerdeverfahren gesetzten Ermittlungsschritte und des vom Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis vom 29.01.2020, Ra 2018/08/0028, nicht beanstandeten Sachverhalts, war darüber hinausgehend festzustellen:

Neben der Teilnahme an verschiedenen Benefiz-, Event- und Meisterschaftsrennen war der Beschwerdeführer verpflichtet, als Testfahrer zur Verfügung zu stehen. Zur Erfüllung der sich aus dem Sponsorvertrag ergebenden Verpflichtungen brachte er seine (im Training und Wettkämpfen) erworbenen Motocross-Fahrkenntnisse und Fertigkeiten ein, er verfügte aber über keine eigene unternehmerische Struktur.

Die XXXX stellte ihm für die Trainings und insbesondere für die Teilnahme an den Staatsmeisterschaftsrennen, den Rennen des XXXX , dem Benefiz-Rennen in XXXX , dem Rennen am XXXX und dem XXXX kein nur ihn unterstützendes und betreuendes Rennsportteam zur Verfügung, jedoch stand ihm und bis zu weiteren vier Motocross-Fahrern ein im Bereich des Motocross-Sports erfahrener Betreuer namens S L zur Seite.

Es liegt in der „Natur“ der Sache, dass sich der Beschwerdeführer als ein („Spitzen-“) Sportler dabei an den vorgegebenen Terminkalender der Staatsmeisterschafts-, XXXX und Benefiz-Rennen in XXXX sowie des XXXX halten musste.

Der Beschwerdeführer erbrachte keine sich von der Tätigkeit als Motocross-Fahrer unterscheidende (Arbeits-) Leistungen. Es fehlte die Verpflichtung, eine Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen zu erbringen, welche die XXXX bzw. ihre Motorsportabteilung in der Folge konkretisierte und der Beschwerdeführer über eine gewisse (vorgegebene) Zeit hindurch vorzunehmen bzw. „umzusetzen“ gehabt hätte. Im Betrieb und am Vertrieb der Produkte der XXXX nahm der Beschwerdeführer nicht teil, er hatte keine Aufgaben im Rahmen deren betrieblicher Tätigkeit zu erfüllen.

Zwischen dem Beschwerdeführer und der XXXX wurden keine über den abgeschlossenen Sponsorvertrag hinausgehenden Nebenabreden über projektrelevante Ziele und Vorgaben vereinbart. Ein (über moderne Kommunikationsmittel bestehender) Kontakt zur Koordinierung, Vergabe und Erfüllung von dem Beschwerdeführer vorgegebenen Aufträgen bestand nicht, wie es auch keine zeitlichen Vorgaben hinsichtlich der Koordinierung der vom Beschwerdeführer zu erbringenden Aufgaben mit anderen Mitarbeitern der Motorsportabteilung der XXXX gab. Diese betrafen die Verpflichtung des Beschwerdeführers, an den ihm von der XXXX zur Verfügung gestellten drei Motocross-Motorrädern mehrere Teile, wie verschiedene Auspuffe, Gabelbrücken, Reifen etc., auf ihre Belastbarkeit und Standfestigkeit zu testen und darüber ein Feedback zu geben.

Der Beschwerdeführer bezog außer den Geldleistungen, die auf Grund des Sponsorvertrags als Werbeträger der XXXX für die Teilnahme an Rennen erhielt, von dieser keine weiteren Geld- oder Sachleistungen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zum Schluss, dass der Beschwerdeführer nicht in den Teilbetrieb bzw. die betriebliche Struktur der Motorsportabteilung der XXXX eingebunden war.

2.2. Die ergänzenden Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aus der am 17.08.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung, sowie den vom Beschwerdeführer abgegebenen Stellungnahmen. Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen Abschluss des Sponsorvertags im XXXX bis zum Unfalltag am XXXX nicht in eine betriebliche Struktur in die Motorsportabteilung bzw. in ein für die Motocross-Tätigkeit etabliertes Team der XXXX eingebunden war, ergibt sich aus seinen Aussagen und jenen des einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung. In der Tatsache, dass dem Beschwerdeführer und bis zu vier weiteren Motocross-Fahrern beim Rennen in XXXX der besonders erfahrene Betreuer XXXX zur Seite stand und ihn/sie über die neuralgischen Stellen, die Verwendung bestimmter Reifen etc. beriet, kann eine Einbindung des Beschwerdeführers in einen „Rennstall" oder in ein zur Ausübung des Motocrosssports von der XXXX geschaffenes „Team" nicht erblickt werden. Auch aus den von ihm in der mündlichen Verhandlung getätigten Angaben, er sei verpflichtet gewesen, an Rennen in bestimmten Klassen teilzunehmen und bei Events anwesend zu sein, er habe mit den Mitarbeitern der XXXX die ihm zur Verfügung gestellten Motorräder an den gemeinsam vereinbarten Terminen eingestellt, abgestimmt und weiterentwickelt, ergibt sich keine Eingliederung in die Motorsportabteilung der XXXX . Ebenso wenig folgt aus dem Testen von Ersatzteilen an den ihm zur Verfügung gestellten drei Motocross-Fahrrädern, mag dies auch über einen längeren Zeitraum gedauert haben, und seinen positiven oder negativen Feedbacks über das von ihm verwendete bzw. getestete Material eine Eingliederung des Beschwerdeführers in die betriebliche Struktur der XXXX . Diese Verpflichtungen ergaben sich aus dem mündlich abgeschlossenen Sponsorvertrag, was der Beschwerdeführer im Übrigen auch in der mündlichen Verhandlung bekräftigte (vgl. Verhandlungsprotokoll, S 6).

2.3. Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG (in der zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 99/2011 [vgl. VwGH vom 29.01.2019, Ra 2017/08/0084]) stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1.       einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.       eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn

a)       dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b)       dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c)       dass eine freiberufliche Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) begründet, ausgeübt wird oder

d)       dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

In der Regel ist jedenfalls dann von einem arbeitnehmerähnlichen freien Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG auszugehen, wenn der freie Dienstnehmer innerhalb und unter Verwendung der betrieblichen Struktur des Auftraggebers tätig wird.

Aus den im Vorverfahren und im fortgesetzten Verfahren getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum des im XXXX mündlich abgeschlossenen Sponsorvertrages bis zum Unfalltag am XXXX nicht in eine von XXXX eigens geschaffene betriebliche Struktur eingebunden war. Er nahm im Betrieb und am Vertrieb der (Motocross-) Produkte der XXXX nicht teil. Er hatte keine Aufgaben im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit der Motorsportabteilung zu erfüllen.

Außer der sich aus dem Sponsorvertrag ergebenden Verpflichtung, seine Person mit seinem bekannten Namen für einen bestimmten Zeitraum für die Produkte der XXXX zu Werbezwecken zur Verfügung zu stellen sowie ein aus der Testung von mehreren Teilen der ihm zur Verfügung gestellten drei Motcross-Fahrrädern resultierendes Feedback zu geben, erbrachte der Beschwerdeführer keine gesondert abgegoltenen (Dienst-) Leistungen für die XXXX im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes.

Die Voraussetzungen eines freien Dienstverhältnisses im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG lagen somit nicht vor, so dass die Beschwerde gegen die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei der XXXX am 26.07.2003 nicht als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag, abzuweisen war.

Zu Spruchpunkt B) und D) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sich die gegenständliche Entscheidung auf die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 29.01.2020 vertretene Rechtsansicht stützt.

Schlagworte

betriebliche Tätigkeit Einstellung freier Dienstvertrag Pflichtversicherung Rechtsanschauung des VwGH Sponsoring Werbung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2012328.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten