TE Bvwg Beschluss 2020/11/26 I410 2236502-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.11.2020
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Entscheidungsdatum

26.11.2020

Norm

AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §58 Abs3
B-VG Art133 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §7

Spruch

I410 2236502-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva LECHNER, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 02.10.2020, Zl. XXXX , wegen des Anspruchs auf Gebühren als Begleitperson des Klägers in einer Sozialrechtssache, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Eingabe vom 14.08.2020 machte die Beschwerdeführerin als Begleitperson des Klägers in einer Sozialrechtssache für die Teilnahme an vom Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht angeordneten Terminen bei medizinischen Sachverständigen Spesen in Höhe von insgesamt 765,60 Euro geltend.

Dieser Antrag wurde in einer als Bescheid bezeichneten Erledigung des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 02.10.2020 gemäß § 79 Abs. 1 Z 1 ASGG in sinngemäßer Anwendung der für Zeugen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes mit näherer Begründung zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die von der Beschwerdeführerin am 13.10.2020 fristgerecht erhobene Beschwerde, die vom Präsidenten des Landesgerichts XXXX mit Erledigung vom 22.10.2020 unter Anschluss des Justizverwaltungsaktes dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde. Im vorgelegten Akt befindet sich lediglich eine nicht unterfertigte und nicht amtssignierte Ausfertigung des angefochtenen Bescheids.

Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts, den unterschriebenen Bescheid im Original bzw. eine Kopie davon vorzulegen, teilte der Präsident des Landesgerichts XXXX mit Schreiben vom 18.11.2020 mit, dass bei „Durchsicht des im eIP geführten Jv-Gebührenaktes hervorgekommen [ist], dass offensichtlich das vorbereitete Original des Zurückweisungsbescheids nie unterfertigt worden ist – weder durch händische Originalunterschrift, noch durch qualifiziert elektronische Signatur. Die Abfertigung ist irrtümlich ergangen. Dies wurde leider auch bei Erstellung des Vorlageberichts übersehen.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Landesgericht XXXX fertigte am 02.10.2020 eine als Bescheid bezeichnete Erledigung seines Präsidenten aus, mit welcher der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Anspruch auf bestimmte Gebühren zurückgewiesen wurde. Diese Erledigung wurde gemäß dem im Akt erliegenden Zustellnachweis der Beschwerdeführerin am 08.10.2020 zugestellt.

Die im vorgelegten Akt erliegende, als Bescheid bezeichnete und der Beschwerdeführerin zugestellte Erledigung des Präsidenten Landesgerichts XXXX weist folgende Fertigungsklausel auf:

„ XXXX , am 02.10.2020
Der Präsident des Landesgerichts“

Die Erledigung weist weder eine Amtssignatur oder die Unterschrift eines genehmigenden Organwalters noch einen Beglaubigungsvermerk durch die Kanzlei auf. Ihr liegt offenkundig auch keine solche Genehmigung durch den Präsidenten des Landesgerichts XXXX oder einen für ihn approbrationsbefugten Organwalter zugrunde. Im vorgelegten Justizverwaltungsakt ist eine solche nicht ersichtlich. Die vorliegende Erledigung wurde versehentlich abgefertigt, ohne zuvor durch eigenhändige Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur genehmigt worden zu sein.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Justizverwaltungsakt und den dazu angestellten zusätzlichen Erhebungen, insbesondere aus der Mitteilung des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 18.11.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist.

Diese Bestimmungen gelten auch für Bescheide (§ 58 Abs. 3 AVG).

Die Zurechnung einer monokratischen Erledigung zum Staat setzt voraus, dass diese entweder von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, selbst oder von einem (zumindest abstrakt) approbationsbefugten Organwalter (intern) genehmigt wurde.

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG muss jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift - bzw. bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität – genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt (vgl. nur VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252 unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, Rz. 8 zu § 18, und die dort zitierte Literatur und Judikatur).

Ausgehend davon zählen zu den (formalen) Mindesterfordernissen der schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides gem. § 58 Abs. 3 iVm § 18 Abs. 4 AVG insbesondere die Erkennbarkeit des Namens des Genehmigenden sowie die ordnungsgemäße Fertigung, also – grundsätzlich – die Unterschrift des Genehmigenden oder die Beglaubigung durch die Kanzlei (vgl nur Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 (Stand 1.7.2005, rdb.at) Rz. 10 mwN) oder – bei der Ausfertigung in Form von elektronischen Dokumenten – die Amtssignatur.

Die den Gegenstand der vorliegende Beschwerde bildende Erledigung des Präsidenten des Landesgerichts XXXX erfüllt die genannten Mindestvoraussetzungen für einen Bescheid schon deshalb nicht, weil offenkundig keine Genehmigung durch den Präsidenten des Landesgerichts selbst oder durch einen für ihn approbationsbefugten Organwalter erfolgt ist. Die gegenständliche Erledigung stellt daher keinen Bescheid dar. Vielmehr ist die vorliegende Justizverwaltungssache – mangels bescheidmäßiger Erledigung – nach wie vor in erster Instanz offen.

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG bzw § 7 VwGVG kann nur ein Bescheid sein (mwN auf die Rsp. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz. 14). Wie dargelegt mangelt es der den Gegenstand der Anfechtung bildenden Erledigung des Landesgerichts XXXX an der Bescheidqualität. Diese kann daher auch nicht zum Gegenstand einer Beschwerde vor einem Verwaltungsgericht gemacht werden.

Die vorliegende Beschwerde war daher mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstands iSd Art 130 Abs. 1 Z 1 bzw § 7 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen; vielmehr fußt die gegenständliche Entscheidung auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur Bescheidqualität behördlicher Erledigungen und davon ausgehend der (Un)Zulässigkeit von Beschwerden an die Verwaltungsgerichte.. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtssignatur Bescheidqualität Nichtbescheid Unterfertigung Unterschrift Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I410.2236502.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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