TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/15 G312 2226682-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2020
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Entscheidungsdatum

15.12.2020

Norm

ASVG §33
ASVG §35
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §5 Abs1 Z2
ASVG §7 Z3
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G312 2226682-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch
Mag. Rainer FRANK Rechtsanwalt in 8010 Graz, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse (vormals XXXX Gebietskrankenkasse) vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.09.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben angeführten Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom XXXX wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX , XXXX , (im Folgenden: AM) im Zeitraum vom XXXX bis XXXX und XXXX , XXXX , (im Folgenden: MM) im Zeitraum vom 22.06.20019 bis 23.06.2019 aufgrund ihrer Tätigkeit für XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz BF) der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß §§ 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2; 5 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 sowie 7 Z 3 ASVG unterliegen.

Dagegen erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung fristgerecht eine mit XXXX datierte und am 12.12.2019 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde.

Die Beschwerde wurde samt maßgeblichen Verwaltungsakte am 13.12.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.09.2020 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch, an der die BF mit ihrem Rechtsanwalt sowie die geladenen Zeugen teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm ebenfalls an der Verhandlung teil.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist die Mutter des Eigentümers ( XXXX : im Folgenden GG) des Unternehmens (Waffengeschäft) und der Schießanlage XXXX in XXXX . Auf dieser Liegenschaft befindet sich unter anderem ein Containerhaus mit Holzverschalung.

Am XXXX wurden XXXX und XXXX von Organen der Polizeiinspektion XXXX beim Verspachteln von Rigipswänden in dem oben genannten Containerhaus betreten.

Für die Spachtelarbeiten wurde MM ein Altholz zum Heizen versprochen, welches auf dem Grundstück des GG befunden hat.

Zwischen den beiden betretenen Personen und der BF besteht keine besondere spezielle Bindung.

Bei den durchgeführten Spachtelarbeiten handelt es sich um Maurerhilfsarbeiten, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführt wurden.

Weder AM noch MM verfügen über eigene Gewerbeberechtigungen für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die durchgeführte Kontrolle durch die Polizeiinspektion, die Niederschriften mit AM und MM, ihren Angaben und der BF gegenüber den Polizeiorganen sowie die Angaben der BF und der geladenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung.

Die niederschriftlichen Aussagen der beiden betretenen Personen, wonach sie am XXXX und XXXX mit Spachtelarbeiten durch die BF beauftragt waren, sind glaubhaft und nachvollziehbar, werden zudem vom Zeugen bestätigt und teilweise durch die BF, die es jedoch in weiterer Folge wieder in Abrede stellte.

Dass AM und MM zum Zeitpunkt der Betretung durch die Polizeiorgane nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren, blieb im Verfahren unbestritten. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen in der Beschwerde.

Nicht gefolgt kann dem Vorbringen der BF werden, wonach sie keine Kenntnis von AM gehabt hat, sowie dass die beiden genannten Personen ohne ihr Wissen das Containerhaus betreten und gearbeitet hätten. So hat sie selbst vor der Polizei angegeben, dass sie die beiden mit Spachtelarbeiten beauftragt habe und dafür eine kleine Spende gebe.

Aufgrund der Aufforderung zur Anmeldung der beiden genannten Personen bzw. zur Abgabe einer Stellungnahme erklärte die BF hingegen, dass sie zufällig mit MM Kontakt gehabt habe und AM ihr völlig unbekannt sei. MM habe sich bereit erklärt, im Austausch von Feuerholz die Spachtelarbeiten im Containerhaus zu übernehmen. Weitere Arbeiten seien nicht vereinbart worden, ebenfalls sei weder ein konkreter Herstellungszeitraum noch bestimmte Zeiten der Verrichtung der Tätigkeiten vereinbart worden. Aufgrund der Besichtigung habe MM gewusst, wo sich der Schlüssel für das Containerhaus befindet und habe sich dadurch ohne Absprache mit der BF Zutritt verschaffen können, von der Teilnahme des AM sei die BF nicht informiert gewesen. Die Tätigkeit sei klar umrissen gewesen, MM habe zugesagt, die Herstellung eines konkreten Werkes – Spachteln der Rigipsplatten – zu übernehmen. Es liege weder ein Vertrag vor, der auf unbestimmte Zeit geschlossen worden ist, noch handle es sich um wiederkehrende oder kontinuierliche Leistungserbringung. Da es sich um ein Zielschuldverhältnis handle, liege ein Werkvertag vor und kein Dienstvertrag. Da weder AM noch MM Dienstnehmer der BF seien und sie auch nicht Dienstgeberin, sei sie auch nicht zur Anmeldung der beiden Genannten verpflichtet.

Demgegenüber erklärte die BF in der mündlichen Verhandlung, dass eine fremde Person sie vor dem Geschäft ihres Sohnes angesprochen und gefragt habe, ob er das Altholz haben kann. Er habe dafür angeboten, Spachtelarbeiten durchzuführen, sie habe aber gesagt, dass das nicht notwendig sei. MM sei dann in weiterer Folge – ohne mit ihr das zu besprechen – in den Container gegangen, habe selber diesen aufgesperrt und die Arbeiten durchgeführt. Dass sie ihm Geld für die Spachtelmasse gegeben habe, bestreitet sie ebenso dass sie ihm den Container gezeigt habe. Ihren Angaben zu Folge, habe er selbst den Container betreten, dieser sei bestimmt offen gewesen.

Die Angaben der BF waren widersprüchlich, nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar.

So bestätigt selbst ihr Sohn als Zeuge in der mündlichen Verhandlung, dass MM zu ihm gekommen sei, um nachzufragen, ob er das Altholz wirklich haben kann. Seine Mutter habe ihm zuvor gesagt, dass jemand das Holz benötigt und dafür Spachtelarbeiten im Container durchführt. Der Zeuge erklärte weiters, dass es für ihn von Vorteil sei, dass das Holz von jemanden benötigt wurde, da er ansonsten für den Abtransport zahlen müsse. Es handle sich dabei um Altholz, was für ihn nicht mehr zu gebrauchen war, es seien sehr viele Nägel darin und er habe es dadurch nicht mit der Schnecke (Holzverarbeitungsmaschine) verwerten können. Der Zeuge bestätigte weiters, dass der Schlüssel nicht für jeden frei zugänglich sei, sondern man wissen müsse, wo sich dieser befindet. Es habe ja eine Vereinbarung gegeben. Befremdlich fand der Zeuge lediglich die Tatsache, dass MM eine weitere Person für die Spachtelarbeiten mitgenommen habe und nun der Mutter vorgeworfen werde, dass sie zwei Personen beschäftigt habe. Ebenso wusste der Zeuge, dass die Mutter das Arbeitsmaterial bezahlt habe, also MM das Geld für die Spachtelmasse gegeben habe. Der Zeuge erklärte weiters, dass alles seine Mutter erledigt habe, da der Container zur teilweise Nutzung für sie angedacht sei.

Der Zeuge war glaubwürdig, seine Angaben schlüssig und nachvollziehbar.

Ebenso unschlüssig und widersprüchlich sind auch die Angaben der BF, wonach MM seinen Sohn ohne ihr Wissen und Einverständnis zur Arbeitserledigung mitgebracht habe. So bestätigte sie zuerst selbst bei Kontaktaufnahme der Polizei, dass die beiden in ihrem Auftrag die Arbeiten erledigen würden, auch wenn sie dies später dann in Abrede stellte. Zudem bringt MM in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vor, dass er die BF bei Auftragserteilung gefragt habe, ob er seinen Sohn mitbringen könne, sie nicht dagegen aufgetreten sei, er dies als Einverständnis gewertet habe. Dies ist schlüssig und nachvollziehbar.

Das Vorbringen der BF, wonach kein Lohn vereinbart worden sei, ist ebenfalls nicht schlüssig, so bringt MM vor, dass er für die Arbeiten Brennholz von der BF erhalte. Dies wurde auch anfänglich von der BF bestätigt, ebenso von ihrem Sohn. Erst im weiteren Verlauf bestritt sie dies, was nur als Schutzbehauptung zu werten ist. Somit ist für die Ausübung der Tätigkeit ein Lohn – Naturallohn – vereinbart worden.

Verfahrensgegenständlich handelt es sich bei den durchgeführten Spachtelarbeiten (Maurerhilfsarbeiten) um Tätigkeiten im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne der ständigen Judikatur.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A):

3.1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind aufgrund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Nach § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind von einer Vollversicherung nach § 4 jene Dienstnehmer ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigt (geringfügig beschäftigten Personen).

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt gemäß Abs. 2 leg. cit. als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € (Anm. 1) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag.

Gemäß § 7 Z 3 lit. a ASVG sind in der Unfallversicherung die im § 5 Abs. 1 Z 2 von der Vollversicherung ausgenommenen Beschäftigten teilversichert.

Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer und der Personen hinsichtlich einer geringfügigen Beschäftigung nach § 5 Abs. 2 beginnt gemäß § 10 Abs. 1 ASVG unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses.

Die Dienstgeber haben gemäß § 33 Abs. 1 ASVG jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Der Dienstgeber hat gemäß Abs. 1a leg. cit. die Anmeldeverpflichtung so zu erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.       vor Arbeitsantritt die Beitragskontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen, den Tag der Beschäftigungsaufnahme sowie das Vorliegen einer Voll- oder Teilversicherung und

2.       die noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für jenen Beitragszeitraum, in dem die Beschäftigung aufgenommen wurde.

Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer oder Lehrling in einem Beschäftigungs- oder Lehrverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 44 Abs.1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst, welcher nach Z 1 bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG ist.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs.1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als bedungen.

Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist gemäß § 539a Abs. 1 ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können gemäß Abs. 2 leg. cit. Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

Ein Sachverhalt ist gemäß Abs. 3 leg. cit. so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind gemäß Abs. 4 leg. cit. für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten gemäß Abs. 5 leg. cit. auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

Wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so entsteht gemäß § 1151 Abs. 1 AGBG ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.

3.1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 99/08/0008 vom 17.12.2002 festgestellt hat, ist im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Sachverhaltes zunächst zu ermitteln, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben und auf welche Weise der Dienstgeber/Auftraggeber die Erbringung der Arbeitsleistung organisiert hat. Aufgrund dieser Feststellungen hat die Behörde zu beurteilen, ob die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit von der getroffenen Vereinbarung abgewichen ist bzw. ob die Vereinbarung den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Dienstgebers/Auftraggebers entspricht. Ist eine Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen, muss untersucht werden, ob ein Scheingeschäft vorliegt (vgl. §§ 539, 539a ASVG). Wenn keine anders lautende Vereinbarung festgestellt werden kann (bzw. wenn nicht das Vorliegen einer Scheinvereinbarung festgestellt werden kann), darf die Behörde aus dem tatsächlichen Ablauf der Beschäftigung allein auf das Vorliegen einer schlüssigen Vereinbarung schließen und diesen ohne weitere Ermittlungen zur Beurteilung heranziehen.

Die beiden betretenen Personen haben, als sie am XXXX von Organen der Polizeiinspektion betreten wurden, Hilfsarbeiten (Spachtelarbeiten von Rigipswänden) im Interesse der BF verrichtet.

Wenn die BF vorbringt, dass es sich bei den Tätigkeiten der betretenen Personen um Werkvertragsleistungen gehandelt habe und ihr AM gänzlich unbekannt sei, ist dazu Folgendes auszuführen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrags vom Werkvertrag entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werks gegen Entgelt übernimmt, wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, wohingegen es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf dessen Bereitschaft zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt (VwGH 10.10.2018, Ra 2015/08/0130). Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung bis zu einem bestimmten Termin zu erbringen, mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit (VwGH 11.11.2011, 2011/09/0154; 23.10.2017, Ra 2015/08/0135; 15.05.2019, Ra 2016/08/0056)

Für die Abgrenzung des Dienstvertrags vom Werkvertrag kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet oder ob er die Herstellung eines Werks gegen Entgelt übernimmt, wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, wohingegen es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf dessen Bereitschaft zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt (VwGH 11.12.2013, 2011/08/0322). Beim freien Dienstvertrag kommt es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die vom Besteller laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit an (VwGH 21.12.2011, 2010/08/0089). Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung bis zu einem bestimmten Termin zu erbringen, mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit (VwGH 11.11.2011, 2011/09/0154). Bei der Abgrenzung kommt dem wahren wirtschaftlichen Gehalt im Sinn des § 539a ASVG besondere Bedeutung zu. (VwGH vom 10.10.2018, Ra 2015/08/0130)

Ein Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (Erkenntnis vom 16. Februar 2011, 2008/08/0222). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt damit auseinandergesetzt, ob eine Vereinbarung zur Abhaltung von Kursen (Vorträgen, Seminaren) als Werkvertrag anzusehen ist, und hat ausgeführt, dass eine vertragsmäßige Konkretisierung des Werkes schon daran scheitert, dass es sich bei der Erteilung von Unterricht nicht um ein Endprodukt im genannten Sinn handelt. Außerdem ist kein Maßstab ersichtlich, nach welchem für den Werkvertrag typische Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden sollten. Ein der für den Werkvertrag essenziellen Gewährleistungsverpflichtung entsprechender Erfolg der Tätigkeit ist nicht messbar, weshalb von einem individualisierbaren "Werk" nicht die Rede sein kann. Es liegt vielmehr eine Vereinbarung über Dienstleistungen vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2015, Ra 2015/08/0045, und vom 19. Februar 2014, 2013/08/0160; 12.10.2016, Ra 2016/08/0095).

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0270). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (VwGH vom 18. Mai 2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0101; Zl. 2012/08/0165).

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer solchen Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden, sofern nicht besondere atypische Umstände hervorkommen, die einer solchen Deutung entgegenstünden, etwa der Vorlage eines erfolgsbezogen entlohnten Werkvertrages, der mit der Erbringung eines vorweg bestimmten, abgrenzbaren und gewährleistungspflichtigen Erfolgs geendet hätte (VwGH vom 26.05.2014, Zl. 2013/08/0052; VwGH vom 24.04.2014, Zl. 2012/08/0081).

Bei den von den beiden betretenen Personen verrichteten Tätigkeiten (Spachtelarbeiten) handelt es sich um (Maurer-)Hilfstätigkeiten, wobei jedenfalls der Arbeitsort durch die BF vorgegeben war. Dies spricht gegen einen freien Dienstvertrag. Die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit der betretenen Personen ist nicht näher zu prüfen, sie ergibt sie sich aus den Umständen der Tätigkeit.

Hinsichtlich Maurertätigkeiten hat der VwGH bereits in mehreren Entscheidungen das Vorliegen eines Werkvertrages verneint (99/08/0102, 2000/08/0159), da kein bestimmter Erfolg geschuldet war, sondern (Maurer-)Hilfsarbeiten, die notwendiger Weise nach Anleitung und Aufsicht durchgeführt werden mussten.

3.1.3. Die Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1152 ABGB erfolgt mangels abweichender Vereinbarung entgeltlich. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis 2012/08/0165 vom 19.12.2012 ausgesprochen hat, kommt es für das Vorliegen der Entgeltlichkeit nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden Dienstleistungen (Verspachtelungsarbeiten, also Maurerhilfsarbeiten) im Interesse der BF durchgeführt, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeführt werden.

Weder war verfahrensgegenständlich ein Werk geschuldet – wie die BF vermeint – da die verfahrensgegenständliche Tätigkeit nach ständiger Judikatur des VwGH eine Dienstleistung darstellt, noch lag Unentgeltlichkeit vor.

Die zum Teil vorgebrachte Unentgeltlichkeit ist - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt – lediglich als Schutzbehauptung zu werten. Zudem wurde ein Lohn in Form eines Naturallohnes (Brennholz) vereinbart, wie die Zeugen glaubhaft in der mündlichen Verhandlung ausgesagt haben und die BF teilweise einräumt und der Sohn der BF bestätigt.

Der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, wenn sie zum Ergebnis gelangte, dass die verfahrensgegenständlichen Personen im entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 5 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 sowie § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlagen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Dienstleistungen Dienstverhältnis Entgeltlichkeit Hilfskraft persönliche Abhängigkeit Teilversicherung Unfallversicherung wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G312.2226682.1.00

Im RIS seit

12.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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