RS Vfgh 2019/10/9 E1851/2019

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Veröffentlicht am 09.10.2019
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Index

41/03 Personenstandsrecht

Norm

AdelsaufhebungsG §2
Vollzugsanweisung zum AdelsaufhebungsG, StGBl 237/1919 §5
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Feststellung der schuldhaften Verletzung des AdelsaufhebungsG wegen Führens der Adelsbezeichnung "von" auf einer Website; keine Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe in Kronen

Rechtssatz

Der VfGH geht im Hinblick auf die hier maßgeblichen Bestimmungen des in Verfassungsrang stehenden §2 Adelsaufhebungsgesetz (AdelsaufhebungsG) und des in Verordnungsrang stehenden §5 Vollzugsanweisung (im Folgenden: VA) von folgender Rechtslage aus: Weder die (einfachgesetzlichen) Verwaltungsstraferhöhungsgesetze 1928 und 1948 noch das (ebenso einfachgesetzliche) Schillingrechnungsgesetz oder die, das AdelsaufhebungsG nicht erfassenden, im Übrigen ebenso einfachgesetzlichen Euro-Umstellungsgesetze haben am ursprünglichen und weiterhin in Geltung stehenden Inhalt des §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG dahingehend, dass Übertretungen "mit Geld bis zu 20.000 K" bestraft werden, etwas geändert. Soweit §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG daher eine Übertretung des Verbots des §2 Satz 1 AdelsaufhebungsG mit einer solchen Geldstrafe bis zu 20.000 Kronen sanktioniert, ist diese Verwaltungsstrafbestimmung mittlerweile, wovon das Verwaltungsgericht Wien (VGW; Landesverwaltungsgericht, LVwG) zutreffend ausgeht, nicht (mehr) anwendbar.

Der VfGH geht insbesondere angesichts des Wortlauts des §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG davon aus, dass die in dieser Strafbestimmung angedrohte Geld- oder Freiheitsstrafe selbstständig nebeneinander als Sanktion vorgesehen sind, §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG also (auch) eine primäre Freiheitsstrafe vorsieht. Da das VGW im angefochtenen Erkenntnis demgegenüber (unzutreffend) davon ausgegangen ist, dass §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG nur eine Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht, und demzufolge keine Freiheitsstrafe verhängt hat, können Überlegungen zum Inhalt der in §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG enthaltenen (primären) Freiheitsstrafe insbesondere im Hinblick auf Art3 Abs2 PersFrSchG hier dahinstehen.

Die VA und damit auch deren §5 stehen im Rang einer Verordnung des Bundes in Geltung. Was den Inhalt dieses §5 Abs1 der VA insbesondere im Hinblick auf die dort (in der Stammfassung) vorgesehene Strafdrohung einer Geldstrafe "bis zu 20.000 K" anlangt, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der VfGH in stRsp davon ausgeht, dass es dem Gesetzgeber verwehrt ist, Regelungen über die Geltung von Verordnungen zu treffen. Dies steht einer inhaltlichen Änderung von die gesetzliche Grundlage lediglich wiedergebenden Bestimmungen in einer auf Grund eines Gesetzes erlassenen Verordnung durch das nachfolgende Gesetz nicht entgegen; doch schließt eine systematische Interpretation anhand der in Verfassungsrang stehenden Bestimmung des §2 AdelsaufhebungsG eine entsprechende inhaltliche Änderung des §5 VA durch die Verwaltungsstraferhöhungsgesetze 1928 bzw 1948 - weil diese allenfalls generell auch Verordnungen in diesem Sinn miteinbeziehen - im konkret vorliegenden Fall aus. Denn wollte man annehmen, dass mit den genannten gesetzlichen Regelungen §5 VA einen Inhalt dahingehend erhalten hätte, dass §5 Abs1 VA eine Geldstrafe "bis zu 4.000 S" (Schilling) festlege, die auf Grund unmittelbar anwendbarer Unionsrechtsbestimmungen nunmehr als eine solche bis zu € 260,69 zu verstehen sei, setzte dies den Inhalt des §5 Abs1 VA diesbezüglich in Widerspruch zu seiner verfassungsgesetzlichen Grundlage in §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG. Der VfGH geht daher davon aus, dass §5 Abs1 VA (weiterhin) nur der ursprüngliche Inhalt einer Geldstrafdrohung von bis zu 20.000 Kronen und daher ein im Hinblick auf §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG bloß wiederholender, verweisender Charakter und keine selbstständige normative Bedeutung zukommt.

Das VGW ist daher im angefochtenen Erkenntnis zutreffend davon ausgegangen, dass ungeachtet der festgestellten schuldhaften Verwaltungsübertretung die Verhängung einer Geldstrafe über den Beschwerdeführer auf Grund von §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG nicht in Betracht kommt.

Wenn das VGW im angefochtenen Erkenntnis in der Schuldfrage davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer, weil er sich auf seiner Website jedenfalls auch als nach dem Impressum Verantwortlicher als "**** von ********" bezeichnet hat, gegen die Anordnungen des AdelsaufhebungsG verstoßen hat, ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten.

Ob das VGW prüfen hätte müssen, ob nach §2 Satz 2 AdelsaufhebungsG eine (primäre) Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen wäre, kann hier dahinstehen, weil der Beschwerdeführer diesbezüglich, das heißt durch die Nichtverhängung einer Freiheitsstrafe, in den von ihm geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nicht verletzt ist.

Keine Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes im Hinblick auf den Verfassungsrang des §2 AdelsaufhebungsG und in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten im Hinblick auf die Bedeutung des Adelsaufhebungsgesetzes zur Herstellung demokratischer Gleichheit.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Adel, Namensrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E1851.2019

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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