TE Vwgh Erkenntnis 1955/1/28 1354/54

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Veröffentlicht am 28.01.1955
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §24 Abs1
AVG §31

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Eichler und die Räte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Kaniak, Dr. Umshaus, Dr. Dorazil und Dr. Naderer als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hezina als Schriftführer, über die Beschwerde des Ing. LS in W gegen den Beschluß des Wiener Stadtsenates vom 13. April 1954, Pr.Z. 904, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien hatte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 19. August 1953 eröffnet, daß er sich in Anwendung des gemäß § 136 Abs. 2 der Dienstordnung für die Beamten der Bundeshauptstadt Wien gegebenen freien Ermessens nicht bestimmt finde, dem Beschwerdeführer die seit dem 28. April 1954 zurückgelegte Dienstzeit anzurechnen. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde (Berufung) hat der Wiener Stadtsenat mit Beschluß vom 13. April 1954 als verspätet eingebracht zurückgewiesen und der Magistrat hat den Beschwerdeführer hievon mit Schreiben vom 15. April 1954 verständigt.

Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer wegen „Gesetzwidrigkeit“ mit der beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde, über die dieser erwogen hat:

Der Magistrat der Stadt Wien hat seinen Bescheid vom 19. August 1953 unter Verwendung eines Rückscheinumschlages der Post zur Beförderung und Zustellung zu eigenen Handen des Adressaten übergeben. Dieser war wie folgt bezeichnet worden: „Dr. Ing. LS, W, X Gasse nn.“ Der Rückschein wurde am 24. August 1953 mit „Dr. SL“ unterschrieben. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat diese Unterschrift nicht der Beschwerdeführer, sondern seine Ehegattin abgegeben; sie und nicht der Beschwerdeführer hat auch am 24. August 1953 den Rückscheinumschlag mit Inhalt in Empfang genommen. Die belangte Behörde ist nun der Auffassung, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides an den Beschwerdeführer bereits mit diesem Vorgang rechtswirksam erfolgt war, weil der Beschwerdeführer seine Ehefrau beauftragt hatte, jede an ihn gerichtete Post, auch wenn sie zur eigenhändigen Zustellung bestimmt ist, für ihn zu übernehmen und die Übernahme mit seiner Namensunterschrift zu bestätigen. Nach ausdrücklicher Erklärung des Beschwerdeführers sei seine Frau daher auch bevollmächtigt gewesen, das Schreiben des Magistrates vom 19. August 1953 zu übernehmen.

Der Rechtsansicht der belangten Behörde, die zur Zurückweisung des eingelegten Rechtsmittels geführt hat, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beipflichten. Auch bei Behandlung der Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist eine Ersatzzustellung nicht zulässig, wenn die Behörde die Zustellung einer Postsendung zu eigenen Händen des Empfängers angeordnet hat, wie es hier der Fall war (vgl. dazu auch § 114 Abs. 7 der Postordnung, BGBl. Nr. 329/1926). Die Einhändigung der Sendung an die Ehegattin des Beschwerdeführers hatte daher nicht die Wirkung einer Zustellung des übersandten Bescheides an den Beschwerdeführer. Daran konnten auch die Aufträge und Vollmachten nichts ändern, die der Beschwerdeführer bezüglich Übernahme der für ihn einlangenden Postsendungen zugegebenermaßen seiner Gatten erteilt hatte. Eine Postvollmacht im Sinne des § 114 Abs. 5 der Postordnung besaß seine Ehefrau übrigens auch nach der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde nicht. Sind aber bei einer Zustellung Mängel unterlaufen, dann gilt die Zustellung nach dem im § 31 AVG 1950 niedergelegten Rechtsgrundsatz, der für das Verfahren in dienstrechtlichen Angelegenheiten ebenfalls maßgebend sein muß, als erst in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist, hier also dem Beschwerdeführer, tatsächlich zugekommen ist. Es beruht somit auf einer Verkennung der Rechtslage, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß bereits die am 24. August 1953 erfolgte Aushändigung des Magistratsbescheides vom 19. August 1953 an die Ehefrau des Beschwerdeführers die im § 100 Abs. 2 der Verfassung der Stadt Wien festgesetzte Rechtsmittelfrist von 14 Tagen in Lauf gesetzt hat.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 28. Jänner 1955

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1955:1954001354.X01

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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