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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §12 Abs3 litg idF 1993/817;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 29. August 1994, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist von Beruf Schauspieler; er bezog ab September 1993 Arbeitslosengeld.
Nach der Arbeitsbescheinigung der X-GesmbH vom 26. Jänner 1994 bezog er aus einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Schauspieler vom 18. Jänner bis 24. Jänner 1994, das durch Zeitablauf endete, ein Entgelt in der Höhe von (brutto) S 12.680,--. Nach der Arbeitsbescheinigung des ORF vom 14. Februar 1994 bezog er aus einem weiteren arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis als Schauspieler vom 25. Jänner bis 12. Februar 1994, das ebenfalls durch Zeitablauf endete, einen Betrag von insgesamt (brutto) S 90.000,-- (vom 25. Jänner bis 31. Jänner 1994: S 33.157,--, vom 1. Februar bis 12. Februar 1994: S 56.843,--).
Mit zwei Bescheiden vom 24. März 1994 stellte daraufhin das Arbeitsamt Versicherungsdienste den Bezug des Arbeitslosengeldes gemäß § 24 Abs. 1 iVm den §§ 7 Abs. 1 und 12 Abs. 3 lit. g AlVG für die Monate Jänner und Februar 1994 ein. Nach der Begründung habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß der Beschwerdeführer im Monat Jänner 1994 ein Bruttoeinkommen von S 45.837,-- und im Monat Februar 1994 von S 56.843,-- erzielt habe. Dieser Betrag übersteige jeweils den 40-fachen Wert des täglichen Arbeitslosengeld-Grundbetrages in der höchsten Lohnklasse (1994: täglich
S 407,50 x 40 = S 16.300,--). Der Beschwerdeführer gelte daher in den genannten Monaten nicht als arbeitslos.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, seine Beschäftigungen seien keine "vorübergehenden" gewesen. Nach § 5 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung gelte nämlich als "vorübergehende" Beschäftigung eine Arbeit, die für einen kürzeren Zeitraum als eine Woche vereinbart worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung - ohne sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen - keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AlVG ist eine der Voraussetzungen für den Anspruch aus Arbeitslosengeld unter anderem Arbeitslosigkeit.
Nach § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seiner Beschäftigung keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Nach § 12 Abs. 3 lit. g AlVG idF der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer einen Leistungsbezug nicht länger als 30 Tage unterbricht und aus einer oder mehreren vorübergehenden unselbständigen Beschäftigungen oder aus selbständiger Erwerbstätigkeit, die an einem oder mehreren Tagen im Monat ausgeübt wird, innerhalb eines Monats als unselbständig Erwerbstätiger einen sozialversicherungspflichtigen Bruttolohn oder als selbständiger Erwerbstätiger Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 und 3 EStG 1988 erzielt, der bzw. die den 40-fachen Wert des täglichen Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigt bzw. übersteigen, für diesen Monat.
Ursache für diese Regelung war nach dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, daß in der Praxis Fälle aufgetreten sind, in denen Arbeitslose während des Bezuges von Arbeitslosengeld an einzelnen Tagen (sogenannte vorübergehende Beschäftigungen) oder als selbständige Erwerbstätige mit Werkvertrag an einzelnen Tagen mit einem überdurchschnittlich hohen Einkommen beschäftigt waren. Nach der (damaligen) Rechtslage würden diese Personen nur an den Tagen der Beschäftigungsausübung als nicht arbeitslos gelten und erhielten für die übrigen Tage Arbeitslosengeld. Es sei daher vorgesehen, daß diese Personen, wenn ihr monatliches Einkommen den Grundbetrag des Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigt, für den ganzen Monat als nicht arbeitslos gelten und für diesen Monat kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe erhalten
(vgl. 1332 BlgNR XVIII. GP, 1).
In der Beschwerde wird - wie bereits in der Berufung - im wesentlichen die Auffassung vertreten, bei den vom Beschwerdeführer ausgeübten Beschäftigungen handle es sich um keine vorübergehenden, da sie zumindest die Dauer einer Woche im Sinne des § 5 Abs. 2 letzter Satz der Notstandshilfeverordnung erreicht hätten.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Nach der Systematik des AlVG ist nämlich zwischen der für den Bezug von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe gleichermaßen geltenden Anspruchsvoraussetzung "Arbeitslosigkeit", die in § 12 AlVG näher geregelt ist, und der Anrechnung von Einkünften auf einen (an sich wegen Arbeitslosigkeit zustehenden) Notstandshilfebezug gemäß § 36 AlVG iVm den nach dieser Gesetzesstelle vom Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu erlassenden "Richtlinien" (Notstandshilfeverordnung) zu unterscheiden. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte § 5 der NHV regelt nur die Einkommensanrechnung (in einer vorübergehende Beschäftigungsverhältnisse im übrigen begünstigenden Weise) und hat mit der im Falle des Beschwerdeführers maßgebenden Rechtsfrage, ob er im beschwerdegegenständlichen Zeitraum als arbeitslos anzusehen ist, nichts zu tun. § 12 Abs. 3 lit. g AlVG will vielmehr ausschließen, daß jemand während der übrigen Zeit des Monats als arbeitslos gilt, obwohl er in einer wenn auch nur kurzen, 30 Tage nicht überschreitenden Beschäftigung ein Entgelt erzielt hat, das die dort genannten Einkommensgrenzen überschreitet. Der Begriff der vorübergehenden Beschäftigung nach dieser Gesetzesstelle bestimmt sich daher nicht nach dem auf den Bezug von Arbeitslosengeld gar nicht anzuwendenden § 5 NHV; darunter wird (werden) vielmehr eine (oder mehrere) den Leistungsbezug nicht länger als 30 Tage unterbrechende Beschäftigung (Beschäftigungen) verstanden. Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt darin, daß jedenfalls in jenen Fällen, in denen eine von vornherein auf bestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung nicht während eines ganzen Monates ausgeübt wird, dabei aber ein die Höhe des 40fachen des täglichen Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse übersteigendes Einkommen erzielt wurde, die Arbeitslosigkeit (und damit der Anspruch auf Arbeitslosengeld) nicht - wie sonst bei kurzfristigen, die jeweilige "Bagatellgrenze" des § 12 Abs. 6 lit. a bzw. c AlVG übersteigenden Beschäftigungsverhältnissen - nur während der Tage der Beschäftigung, sondern während des ganzen Monats nicht vorliegt.
Diese Voraussetzung traf im Beschwerdefall zu, wobei unbestritten ist, daß der Bruttolohn des Beschwerdeführers den 40-fachen Wert des täglichen Arbeitslosengeldes in der höchsten Lohnklasse überstieg. Unbestritten ist ebenfalls, daß der Beschwerdeführer den Leistungsbezug nicht länger als 30 Tage unterbrochen hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Zur Klärung der im Beschwerdefall allein entscheidenden Rechtsfrage war die beantragte mündliche Verhandlung entbehrlich, weshalb von ihr gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen wurde.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994080222.X00Im RIS seit
18.10.2001