TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/2 93/12/0246

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.1997
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AHStG §7 Abs1 litb;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
GleichstellungsV 1991 §1 Z3;
GleichstellungsV 1991 §1;
StudBerG §2 Abs2 idF 1985/292;
StudBerG §2 Abs2 Z1 idF 1985/292;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom 24. Juni 1993, GZ. 82/30-1992/93, betreffend Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1964 geborene Beschwerdeführer, ein malaysischer Staatsbürger, stellte am 2. März 1993 einen Antrag auf Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für die Studienrichtung "Internationale Betriebswirtschaft". Im Antragsformular gab er an, daß er die über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für die angestrebte Studienrichtung durch den Besuch der malaysischen Berufsschule in Elektronik (1981), eine vierjährige Hotelpraxis in Malaysien von 1989 bis 1992 und eine laufende Deutschausbildung erworben habe. Die studienrechtliche Gleichstellung ergebe sich aus "BGBl. 469, § 1 Absatz 3, - "Gesetzlicher Unterhaltspflichtiger"". Seinem Antrag war eine gerichtlich beglaubigte Erklärung des Mag. B beigelegt, in der dieser sich verpflichtete, während der "Besuchsdauer" von fünf Jahren für den Unterhalt und die Unterkunft des Beschwerdeführers aufzukommen.

Mit Bescheid vom 18. März 1993 wies der Rektor der Universität Wien diesen Antrag ab und führte in der Begründung aus, die Verpflichtungserklärung des Mag. B erfülle nicht den in der Verordnung des Bundesministers, BGBl. Nr. 469/1991, festgelegten Tatbestand der "gesetzlichen Unterhaltspflicht".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, das dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundeliegende Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil ihm keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden sei. In diesem Rahmen hätte er auch "Bedenken zur Frage von Zuständigkeiten oder zu den anzuwendenden Rechtsvorschriften" gehabt. Außerdem sei der Bescheid, soweit ausgesprochen werde, eine bestimmte Erklärung sei "nicht ausreichend", unbegründet geblieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. Juni 1993 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und nach Darstellung des Verfahrensganges sowie der maßgeblichen Rechtsvorschriften ausgeführt, das Zulassungsverfahren zur Studienberechtigungsprüfung sei ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren (§ 2 Abs. 1 StudBerG). Die Behörde erlasse den Zulassungsbescheid auf Grund der einschlägigen Gesetzesvorschriften nach Vorlage der vom Zulassungswerber beizubringenden Unterlagen. Dies entspreche der Mitwirkungspflicht der Partei im Verwaltungsverfahren zur Feststellung des objektiven Sachverhaltes (§ 37 AVG). Die Behörde sei jedoch weiters verpflichtet, auf die im Verwaltungsverfahren geltenden Grundsätze der "Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis" Bedacht zu nehmen und habe nach § 56 AVG von einem förmlichen Ermittlungsverfahren Abstand zu nehmen, wenn der maßgebende Sachverhalt von vornherein klar gegeben sei. Der Sachverhalt im Zulassungsverfahren werde durch die Angaben des Antragstellers determiniert und die Entscheidung durch Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nach Durchführung eines verkürzten Ermittlungsverfahrens auf Grund der vorgelegten Unterlagen erlassen. Der Vorwurf, dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur Stellungnahme nach dem AVG eingeräumt zu haben, sei unrichtig. Dem Beschwerdeführer sei bei Antragstellung am 4. März 1993 mitgeteilt worden, daß der gesetzliche Gleichstellungstatbestand nicht vorliege. Erst 14 Tage später sei der Bescheid erlassen worden. Wenn der Beschwerdeführer auch inhaltliche Bedenken, wie z.B. zur Frage von Zuständigkeiten oder anzuwendenden Vorschriften gehabt habe, hätte er in der Berufungsschrift im konkreten die inhaltlichen Mängel anzuführen und Beweise dafür anzubieten gehabt, ein allgemeiner Hinweis sei von der Behörde nicht aufzugreifen. Zum Vorwurf, daß der Bescheid unbegründet geblieben sei, soweit ausgesprochen werde, eine bestimmte Erklärung sei "nicht ausreichend", sei auszuführen, der erstinstanzliche Bescheid führe als Begründung der Abweisung an, daß die vorgelegte Verpflichtungserklärung nicht den Tatbestand der gesetzlichen Unterhaltspflicht, wie in der Verordnung, BGBl. Nr. 469/1991, festgelegt, erfülle. Die Verpflichtungserklärung des Mag. B stelle eine vertragliche Unterhaltsverpflichtung dar. In der zitierten Gleichstellungsverordnung sei jedoch expressis verbis von gesetzlicher Unterhaltspflicht die Rede, welche im ABGB und den annexen Gesetzen geregelt sei. Durch eine vertragliche Verpflichtungserklärung werde der Tatbestand "gesetzliche Unterhaltspflicht" nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 2 des Studienberechtigungsgesetzes, BGBl. Nr. 292/1985

idF. BGBl. Nr. 624/1991 (StudBerG), lautet:

"Zulassungsvoraussetzungen

(1) Zur Studienberechtigungsprüfung ist auf seinen schriftlichen Antrag hin zuzulassen, wer

1.

ein bestimmtes ordentliches Universitäts- oder Hochschulstudium durchführen will, das die Reifeprüfung zur Voraussetzung hat,

2.

das 22. Lebensjahr vollendet hat,

3.

die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,

4.

eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für die angestrebte (erste) Studienrichtung nachweist und

5.

nicht bereits erfolglos versucht hat, die Studienberechtigungsprüfung für die angestrebte Studienrichtung abzulegen.

(3) Abweichend von Abs. 1 Z 3 sind Bewerber, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, zuzulassen, wenn sie

1.

im Falle des Besitzes einer österreichischen Reifeprüfung hinsichtlich der Aufnahme als ordentlicher Hörer einer Universität österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt wären (§ 7 AHStG, BGBl. Nr. 177/1966) und

2.

die deutsche Sprache in jenem Ausmaß beherrschen, das von einem Ausländer für die Aufnahme als ordentlicher Hörer verlangt wird."

Gemäß § 7 Abs. 1 lit. b letzter Satz AHStG idF

BGBl. Nr. 306/1992 kann der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung durch Verordnung solche Personengruppen bestimmen, deren Reifezeugnis aufgrund bestimmter persönlicher Nahebeziehungen zu Österreich oder einer Tätigkeit im Auftrag der Republik Österreich jedenfalls als in Österreich ausgestellt gilt und für die die im Abs. 3 festgelegten Fristen und Beschränkungen nicht gelten.

§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Gleichstellung von Reifezeugnissen für die Zulassung zum Studium, BGBl. Nr. 469/1991 (für den Beschwerdefall relevant ist die Stammfassung), lautet (auszugsweise):

"Für die Zulassung zum Universitätsstudium gelten die Reifezeugnisse folgender Bewerber im Sinne des § 7 Abs. 1 lit. b AHStG jedenfalls als in Österreich ausgestellt:

1.

...

2.

...

3.

Personen, die entweder selbst wenigstens durch fünf zusammenhängende Jahre unmittelbar vor der Bewerbung um Zulassung den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich haben oder die mindestens einen gesetzlichen Unterhaltspflichtigen haben, bei dem dies der Fall ist."

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf ein ordentliches Verfahren, insbesondere auf Gewährung von Parteiengehör sowie in seinem Recht auf Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung verletzt.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die Auslegung der belangten Behörde widerspreche dem "Schutzzweck der Norm, insbesondere im Zusammenhang mit anderen Gesetzen". Setzte sich die Meinung der belangten Behörde durch, könne ein Nicht-EWR-Bürger, der nicht fünf Jahre in Österreich den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt oder einen ebensolang im Bundesgebiet aufhältigen gesetzlichen Unterhaltspflichtigen habe, zu einer Studienberechtigungsprüfung nicht zugelassen werden. Eine derartige Absicht des Gesetzgebers könne dem Inhalt der Verordnung BGBl. Nr. 469/91 nicht unterstellt werden, sodaß die Ansicht des Beschwerdeführers, eine Substitution der gesetzlichen Unterhaltspflicht durch die vorgelegte Verpflichtungserklärung anzubieten, berechtigt gewesen sei. Diesbezüglich werde auch auf die Bestimmung des Art. 6 MRK verwiesen, der ein faires Verfahren garantiere. Da die belangte Behörde einer einfachgesetzlichen Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe, regt der Beschwerdeführer auch ein Verfahren nach Art. 139 B-VG an.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 lit. b AHStG determiniert den Verordungsgeber insoweit, als die Gleichstellung der (ausländischen) mit inländischen Reifezeugnissen - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - nur solchen Personengruppen zugestanden wird, die ein bestimmtes PERSÖNLICHES NAHEVERHÄLTNIS zu Österreich haben. Diesem Ziel wird die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Gleichstellung von Reifezeugnissen für die Zulassung zum Studium, BGBl. Nr. 469/1991, in der Form gerecht, als sie in ihrem § 1 Z. 3 anordnet, daß die Reifezeugnisse jener Bewerber, die entweder selbst wenigstens durch fünf zusammenhängende Jahre unmittelbar vor der Bewerbung um Zulassung den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich haben oder die mindestens einen gesetzlichen Unterhaltspflichtigen haben, bei dem dies der Fall ist, jedenfalls als in Österreich ausgestellt gelten. Diese Formulierung entspricht nahezu wörtlich der Auffassung, die der Nationalratsausschuß für Wissenschaft und Forschung anläßlich der Beschlußfassung über die in § 7 Abs. 1 lit. b AHStG vorgesehene Verordnungsermächtigung zum Ausdruck gebracht hat (vgl. AB XVIII. GP, 116 der Beilagen zu den Sten. Prot. des NR). Die Ansicht der belangten Behörde, durch eine vertragliche Verpflichtung werde der Tatbestand "gesetzliche Unterhaltspflicht" nicht erfüllt, weil unter "gesetzlichem Unterhaltspflichtigen" nur eine Person zu verstehen sei, die dem Zulassungswerber unmittelbar aufgrund des Gesetzes zur Leistung des Unterhalts verpflichtet ist, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen. Ausgehend davon, daß die Gleichstellung der (ausländischen) mit inländischen Reifezeugnissen nur solchen Personengruppen zugestanden werden soll, die ein bestimmtes persönliches Naheverhältnis zu Österreich haben, vermag der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken weder in Hinblick auf das AHStG noch auf die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Gleichstellung von Reifezeugnissen für die Zulassung zum Studium zu teilen.

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, daß ihm die belangte Behörde das Ergebnis des verkürzten Verfahrens nicht vorgehalten habe, obwohl die Abweisung des Antrages erwogen worden sei. Damit hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, welche Sachverhaltselemente der belangten Behörde dadurch nicht zur Kenntnis gekommen sind; der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht erkennen, daß der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden sei. Die Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör bezieht sich nach der ständigen hg.

Rechtsprechung auf Tatumstände und Ermittlungsergebnisse, nicht aber auf Rechtsansichten der Behörde. Das Parteiengehör dient nicht - wie der Beschwerdeführer meint - dazu, rechtliche Fragen zu erörtern, oder ihm gleichsam vorweg den Inhalt eines später zu erlassenden Bescheides mitzuteilen (vgl. z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 611 ff wiedergegebene hg. Judikatur). Da die rechtlichen Schlußfolgerungen ausschließlich auf Unterlagen beruhten, die vom Beschwerdeführer selbst geliefert wurden, bestand für die belangte Behörde auch keine Veranlassung, den Beschwerdeführer dazu nochmals zu hören (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1993, Zl. 91/08/0184, mit weiterem Judikaturhinweis).

Da die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993120246.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten