Index
L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
ASVG §175 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Dr. N in U, gegen den Bescheid der Rentenkommission über die Unfallfürsorge für die Beamten der Bundeshauptstadt Wien vom 2. August 1995, Zl. MA 2/83/94, betreffend Ansprüche nach dem Unfallfürsorgegesetz 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Magistratsrätin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Bundeshauptstadt Wien. Sie kam am 24. Februar 1993 gegen 9.00 Uhr morgens als Fußgängerin im Bereich der Kreuzung Wien VIII, Josefstädterstraße/Landesgerichtsstraße/Auerspergstraße zu Sturz, wobei sie sich verletzte (Knöchelbruch, der dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zufolge operativ versorgt werden mußte, wobei auch eine Nachoperation erforderlich gewesen sei). Den Verwaltungsakten zufolge fand dieser Unfall zunächst keinen aktenmäßigen Niederschlag.
Mit Schreiben vom 8. Februar 1994 an die Magistratsabteilung (MA) 2, Unfallfürsorge, gab die Beschwerdeführerin bekannt, es sei erst im Zuge von Recherchen über die Relevanz von Krankenständen bei einer Dienstbeurteilung virulent geworden, daß ihr damaliger Unfall am 24. Februar 1993 um 9.00 Uhr am Weg zur Arbeit nicht schriftlich als Dienstunfall gemeldet worden sei. Es sei ihr nunmehr empfohlen worden, dies auch jetzt noch nachzuholen; sie bitte daher, diese Unfallanzeige trotz verspäteter Frist anzunehmen (Eingangsstampiglie: 17. Februar 1994). In der bezogenen, von der Dienststelle der Beschwerdeführerin mit 15. Februar 1994 datierten Unfallanzeige (es handelt sich dabei um ein behördeninternes Formular) ist, soweit für den Beschwerdefall erheblich, angeführt, die Beschwerdeführerin sei "beim Überqueren des Fußgängerüberganges am Weg zur Arbeit im Schnee ausgerutscht und niedergefallen". In der Rubrik "Bei Wegunfällen" heißt es, sie sei "von zu Hause" weggegangen und sollte sich "zur Arbeit" begeben. Angeführt ist eine Anschrift im 14. Wiener Gemeindebezirk. In weiterer Folge beschaffte die Behörde die entsprechenden Krankengeschichten; darin ist als Unfallsort "1080 Wien, Josefstädterstraße nn, Kaffee XY" angegeben (Anmerkung: das Kaffee XY ist im Erdgeschoß des Eckhauses Josefstädterstraße/Landesgerichtsstraße untergebracht). In einem Aktenvermerk vom 14. März 1994 ist festgehalten, die Beschwerdeführerin habe über telefonisches Befragen erklärt, daß sie sich einige Tage nach dem gegenständlichen Unfall bei ihrer Vorgesetzten telefonisch gemeldet und ihr Mitteilung gemacht habe, daß es sich bei dem fraglichen Unfall um einen Unfall auf dem Weg zum Dienst gehandelt habe. Angeblich habe ihre Vorgesetzte dies damals der Personalstelle weitergemeldet, dort sei aber angeblich nichts unternommen worden. Die Behörde erhob weiter, daß die Beschwerdeführerin am Unfalltag im Amt für Jugend und Familie für den 17. und 18. Bezirk, Wien 17, Rötzergasse 6 (Anmerkung: beim Elterleinplatz) den Dienst hätte antreten sollen. In einem weiteren Aktenvermerk vom 25. April 1994 hielt der Sachbearbeiter der Behörde fest, er habe heute die Beschwerdeführerin in ihrer Dienststelle telefonisch befragt, wieso sich denn der Unfall auf der Kreuzung Josefstädterstraße/Lastenstraße" ereignet habe. Dazu habe die Beschwerdeführerin bekanntgegeben, daß sie sich an diesem Tag "zwei Stunden Freizeit (offenbar Zeitausgleich) nahm, während dieser Zeit machte sie Besorgungen".
Hierauf stellte die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 6. Mai 1994 I. gemäß § 7 Abs. 6 des Unfallfürsorgegesetzes 1967 (UFG 1967) fest, daß es sich bei dem von der Beschwerdeführerin am 24. Feber 1993 um 9.00 Uhr dadurch erlittenen Unfall, daß sie im Bereich jener Kreuzung gestürzt sei, nicht um einen Dienstunfall im Sinne des § 2 Z. 10 UFG 1967 gehandelt habe und stellte II. weiters fest, daß ihr eine Versehrtenrente gemäß § 6 leg. cit. nicht gebühre. Ein Versehrtengeld gemäß § 16 leg. cit. werde ihr nicht zuerkannt.
Begründend wurde ausgeführt, gemäß § 2 Z. 10 UFG 1967 sei ein Dienstunfall ein Unfall, der sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis bzw. auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg vom oder zum Ort der Dienstverrichtung ereigne. Hiezu führe "die geltende Rechtsprechung" (Hinweis auf die Entscheidung SSV XV/9) unter anderem aus, daß der Unfallversicherungsschutz nicht jedem Weg von oder zur Arbeitsstätte zukomme. Wege, die eigene wirtschaftliche Interessen oder sonstige persönliche Zwecke verfolgten, stünden nicht unter Versicherungsschutz. Im allgemeinen werde daher nur der unmittelbare Weg von der Wohnung des Versicherten zum Betrieb oder umgekehrt, von Ausnahmen abgesehen, die das Gesetz ausdrücklich erwähne, vom Unfallversicherungsschutz erfaßt.
Wie sich aus der Unfallanzeige vom 15. Februar 1994 ergebe, wohne die Beschwerdeführerin im 14. Bezirk (die nähere Anschrift ist angeführt). Ihre Dienststelle befinde sich in Wien XVII, Rötzergasse 6; dorthin sei sie am Unfalltag unterwegs gewesen. Der gegenständliche Unfall habe sich in Wien VIII, auf der Kreuzung
Josefstädterstraße/Landesgerichtsstraße auf dem Weg zum Dienst ereignet. Dieser Ort liege nicht auf dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung der Beschwerdeführerin und ihrer Dienststelle. Demzufolge liege kein Dienstunfall im Sinne des UFG 1967 vor.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Soweit für den Beschwerdefall erheblich, führte sie darin wörtlich aus:
"Dazu ist auszuführen, daß ich am 24.2.1993 meinen Dienst um 9.30 Uhr antreten wollte. Wie durch Anfrage bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik jederzeit beweisbar ist, herrschten zum damaligen Zeitpunkt chaotische Wetterverhältnisse und war keineswegs sicher - was sich dann später als richtig herausgestellt hat - daß öffentlichen Verkehrsmittel ordnungsgemäß verkehren. Insbesondere war nicht absehbar, ob der Autobus die Station Schöffelplatz anfahren werde. Mein normaler Arbeitsweg wäre Bus 149 vom Schöffelplatz bis Bahnhof Hütteldorf, von dort mit S 45 (bzw. U4) Richtung Hernals. Da ich zunächst die Absicht hatte, eine private Besorgung zu machen - allerdings auch auf dem Weg zum Dienst - kam mir das Angebot eines Nachbarn, mich im Auto eines Bekannten von ihm mitzunehmen, gelegen, da wie gesagt öffentliche Verkehrsmittel nicht bzw. wenn überhaupt ganz unregelmäßig verkehrten. Dieser Bekannte führte mich aufgrund der herrschenden Verkehrslage gezwungenermaßen nicht zum Bahnhof Hütteldorf, sondern zur U-Bahnstation Ober St. Veit, wo ich mit der U 4 weiterfuhr. Da durch diese schlechten Verkehrsverhältnisse die Zeit schon sehr fortgeschritten war, gab ich die Absicht, meine private Besorgung zu erledigen, auf und fuhr bis zur Station Karlsplatz, um dort die U 2 bis zur Linie 43 (Richtung Elterleinplatz) zu nehmen. Aufgrund der durch die Witterungsverhältnisse völlig überfüllten U-Bahn stieg ich jedoch bei einer längeren Fahrverzögerung eine Station vor der Linie 43 (U 2-Station Rathaus) aus, um zu Fuß zur Linie 43 zu gehen (was trotz der Schneefälle nach fast einer Stunde U-Bahn noch als angenehmer zu bewerten war). Beim Überqueren der Straße passierte mir dann der Dienstunfall.
Aus dem obigen ist ersichtlich, daß ich aufgrund einer Ausnahmesituation, nämlich der besonderen Wetter- und Verkehrslage nicht in der Lage war, den direkten Weg von meiner Wohnadresse zum Arbeitsplatz zu wählen, da die Verkehrsmittel nicht regelmäßig bzw. überhaupt nicht verkehren. Dieser von mir gewählte Weg zur Dienststelle war daher unter Berücksichtigung dieser Umstände der geeignetste um mich sicher in meine Dienststelle zu bringen und ist die Tatsache, daß ich nur überlegte eine private Besorgung zu machen, diese aber tatsächlich nicht gemacht habe und daher auch dafür keinen Umweg gemacht habe, völlig bedeutungslos.
Aufgrund der besonderen Umstände handelt es sich daher um einen Dienstunfall im Sinne des § 2 Zif. 10 UFG, da ja im Rahmen meines Weges zum Betrieb, somit in einem inneren Zusammenhang mit diesem steht und nicht aus eigenwirtschaftlichem Interesse erfolgt ist. Es ist somit der zeitliche, räumliche und örtliche Zusammenhang als Voraussetzung für das Vorliegen eines Dienstunfalles gegeben."
Die Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde am 24. Mai 1995 zur Sache vernommen. Sie erklärte zunächst, zum Unfallhergang befragt bringe sie vor wie in ihrer Berufung. Weiters führte sie aus, sie sei am Karlsplatz in die Linie U2 umgestiegen, um zur Straßenbahnlinie 43 am Schottentor zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie bereits etwa eineinhalb Stunden unterwegs gewesen. Da die U2 in der Station Rathaus einen längeren Aufenthalt gehabt habe und der Waggon komplett überfüllt gewesen sei, sei sie aus der U-Bahn ausgestiegen, um zu Fuß zur Straßenbahnlinie 43 zu gehen. Dabei habe sie den Ausgang "Josefstädterstraße" benützt. Als sie hinaufgekommen sei, habe sie die grüne Ampel auf der Kreuzung Landesgerichtsstraße/Josefstädterstraße gesehen und habe, ohne zu überlegen, den Fußgängerübergang Landesgerichtsstraße überquert. Über Vorhalt, daß die nächstgelegene Station der Straßenbahnlinie 43 ohne Überqueren der Straße zu erreichen gewesen wäre (nämlich die erste Station "nach Jonasreindl" auf der Universitätsstraße), gab sie an, daß ihr das jetzt bewußt sei, "ich damals aber nicht darüber nachgedacht habe. Durch die extremen Witterungsverhältnisse und die lange Anreise war ich vollkommen gestreßt und handelte ohne lange zu überlegen, um rechtzeitig einen Termin in der Dienststelle um 9.30 Uhr wahrzunehmen. Betonen möchte ich aber, daß ich die Straße nicht überqueren wollte, um eine Besorgung zu tätigen".
Zur Frage, weshalb der Unfall erst ein Jahr danach gemeldet worden sei, gab die Beschwerdeführerin an, daß sie am Tag nach dem Unfall mit ihrer Vorgesetzten telefoniert und ihr zur Kenntnis gebracht habe, daß es sich um einen Unfall auf dem Weg zum Dienst gehandelt habe. Ihre Vorgesetzte habe ihr zugesagt, dies an die Personalstelle weiterzuleiten. Sie habe erst ein Jahr später erfahren, daß eine entsprechende Meldung anscheinend nicht erstattet worden sei.
Hierauf hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage (§ 2 Z. 10 UFG 1967) führte die belangte Behörde begründend aus, nach der Judikatur zum Wegunfall im Sinne des ASVG, welcher hinsichtlich der Umschreibung mit dem Dienstunfall im Sinne des UFG 1967 gleichgesetzt werden könne, führe der Umstand, daß der Gesetzgeber zahlreiche Einzelfälle normiere, für die der Versicherungsschutz gelten solle, dazu, daß abgesehen von den speziell bezeichneten Fällen Umwege, aus welchen Gründen auch immer sie eingeschlagen würden, vom Versicherungsschutz nicht erfaßt seien (Hinweis auf die Entscheidung des OLG Wien vom 2. April 1984, SVSlg. XVIII, 29088), Abweichungen vom kürzesten Weg den inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit lösten und somit grundsätzlich nur der kürzeste Weg unter Unfallversicherungsschutz stehen könne (Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Wien vom 1. September 1983, 31 R 213/83).
Der kürzeste Weg von der Wohnung der Beschwerdeführerin zur Dienststelle sei ab Bahnhof Hütteldorf die Strecke Schnellbahn 45 bis zur Station Hernals und anschließend mit der Straßenbahnlinie 43 bis zum Elterleinplatz, bzw. die Strecke U4 bis zur Station Längenfeldgasse, dann weiter mit der U6 bis zur Station Alserstraße und ebenfalls mit der Straßenbahnlinie 43 bis zum Elternleinplatz. Der Weg, den die Beschwerdeführerin am Unfalltag gewählt habe, stelle eindeutig einen Umweg dar und lasse sich auch nicht dadurch schlüssig erklären, daß dieser nach Ansicht der Beschwerdeführerin wegen der schlechten Witterungsverhältnisse der geeignetste gewesen sei, sicher in die Dienststelle zu gelangen. Selbst wenn man aber die Meinung verträte, daß ein Umweg nicht vorgelegen sei, läge kein Dienstunfall vor, weil die nächstgelegene Station der Straßenbahnlinie 43 auf der gleichen Straßenseite liege wie der Ausgang aus der Station der Linie U2 und ein Überqueren der Landesgerichtsstraße, auf welcher sich der gegenständliche Unfall ereignet habe, überhaupt nicht nötig gewesen sei.
Die Aussage der Beschwerdeführerin, aufgrund einer Streßsituation nicht in der Lage gewesen zu sein, darüber nachzudenken, wo sich die nächste Straßenbahnhaltestelle befinde, müsse als unglaubwürdige Schutzbehauptung angesehen werden, die lediglich den Zweck verfolge, im nachhinein einen Wegunfall zu konstruieren. Jedenfalls habe die Beschwerdeführerin spätestens zu diesem Zeitpunkt den direkten Weg zur Arbeitsstätte verlassen. Es sei somit kein Grund gegeben, am Nichtvorliegen eines Dienstunfalles zu zweifeln, weil, wie bereits dargelegt, Umwege - und ein solcher liege eindeutig vor - aus welchem Grund auch immer sie eingeschlagen worden seien, vom Versicherungsschutz nicht erfaßt seien. Es handle sich somit um keinen Dienstunfall. Da aber eine Versehrtenrente nach § 6 UFG 1967 bzw. ein Versehrtengeld nach § 16 leg. cit. einen Dienstunfall voraussetze, sei auf das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das (Wiener) Gesetz über die Unfallfürsorge für die Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihre Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgegesetz 1967 - UFG 1967), LGBl. Nr. 8/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 8/1993, anzuwenden.
Gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. regelt dieses Gesetz die Ansprüche der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen auf Leistungen aus Anlaß eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit.
Als Dienstunfall wird unter anderem in den Begriffsbestimmungen des § 2 Z. 10 lit. b leg. cit. ein Unfall definiert, der sich auf einem mit dem Dienstverhältnis zusammenhängenden Weg zum oder vom Ort der Dienstverrichtung ereignet. Nach dem letzten Halbsatz der Z. 10 leg. cit., der sich auf alle in lit. a bis qu taxativ aufgezählten Fälle des Dienstunfalles bezieht, schließt verbotswidriges Handeln die Annahme eines Dienstunfalles nicht aus.
Nach § 7 Abs. 1 UFG 1967 gebührt dem Versehrten die Grundrente, wenn seine Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Versehrtheit hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist.
Hätte der Versehrte Anspruch auf Versehrtenrente und ist zu erwarten, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen des Dienstunfalles oder der Berufskrankheit nicht länger als ein Jahr ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der Versehrtheit mindestens 20 v.H. beträgt, so ist dem Versehrten nach § 16 Abs. 1 leg. cit. ein monatliches Versehrtengeld in der Höhe der halben Bemessungsgrundlage zuzuerkennen.
Nach § 7 Abs. 6 UFG 1967 ist das Vorliegen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit auf Antrag oder von Amts wegen festzustellen. Eine Meldung über einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit gilt nicht als Antrag. Von Amts wegen hat die Feststellung des Vorliegens eines Dienstunfalles außer in den Fällen des Abs. 7 zweiter Satz nur zu erfolgen, wenn er eine unmittelbar an das Unfallereignis anschließende Dienstunfähigkeit von mehr als drei Tagen zur Folge hatte oder während dieser drei Tage der Tod des Versehrten eintrat.
Nach § 7 Abs. 7 leg. cit. ist anläßlich der Feststellung nach Abs. 6 von Amts wegen der Anspruch auf Grundrente festzustellen. Sonst hat diese Feststellung auf Antrag zu erfolgen.
§ 36 UFG 1967 sieht vor, daß über Berufungen gegen Bescheide des Magistrates die Rentenkommission entscheidet. Gegen die Entscheidung der Rentenkommission ist keine Berufung zulässig.
Im Hinblick auf die inhaltliche Vergleichbarkeit dieser Rechtslage mit der Regelung des § 175 ASVG hat die belangte Behörde zutreffend die zur letztgenannten Bestimmung ergangene Rechtsprechung zur Auslegung des UFG 1967 herangezogen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1993, Zl. 89/12/0242, unter Hinweis auf Vorjudikatur).
In diesem Sinne teilt der Verwaltungsgerichtshof die auch von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene, aus der Judikatur der Zivilgerichte abgeleitete Auffassung (siehe dazu beispielsweise OGH in SVSlg. 34850 = SSV-NF 3/132), daß grundsätzlich nur der direkte Weg zwischen dem ständigen Aufenthaltsort und der Arbeitsstätte geschützt ist. Dies wird in der Regel die streckenmäßig oder zeitlich kürzeste Verbindung sein, wobei der Versicherte zwischen im wesentlichen gleichwertigen Verbindungen frei wählen kann. Auf einem längeren Weg besteht nur dann Versicherungsschutz, wenn der an sich kürzeste Weg unter Bedachtnahme auf das benützte private oder öffentliche Verkehrsmittel entweder überhaupt nicht (z.B. wegen einer Verkehrssperre) oder nur unter vor allem für die Verkehrssicherheit wesentlich ungünstigeren Bedingungen (z.B. Witterungs-, Straßen- oder Verkehrsverhältnissen) benützt werden oder der Versicherte solche für die tatsächlich gewählte Strecke sprechende Bedingungen wenigstens annehmen konnte (siehe dazu auch Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, Seite 294 ff, auch 316 f).
Vor diesem Hintergrund ist der Beurteilung der belangten Behörde beizutreten, daß sich der strittige Unfall nicht auf dem "direkten Weg" von der (damaligen) Wohnung der Beschwerdeführerin zu ihrer Dienststelle ereignete, sondern auf einem "längeren Weg". Strittig ist, ob dieser "längere Weg" dennoch aus besonderen Umständen als geschützt anzusehen ist, oder nicht. Die Beschwerdeführerin bejaht dies vor allem unter Hinweis auf die damals herrschenden besonderen Witterungs- und daraus resultierenden Verkehrsverhältnisse, die belangte Behörde hat dies jedenfalls im Ergebnis verneint. Diese strittige Frage kann aber aufgrund der vorliegenden Verfahrensergebnisse noch nicht abschließend gelöst werden:
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung ihre Auffassung dargelegt, weshalb der von ihr gewählte Weg als sachgerecht (im Sinne obiger Ausführungen) und damit als geschützt anzusehen sei. Richtig ist aber der Hinweis der belangten Behörde, daß aus ihrer Darstellung nicht ersichtlich ist, weshalb sie, nachdem sie in der Station Ober St. Veit einen stadteinwärts führenden Zug der Linie U4 bestiegen hatte (denkbar wäre ja auch gewesen, einen stadtauswärts führenden Zug zu besteigen und den Weg über die Vorortelinie S 45 zu nehmen), sich dazu entschloß, bis zur Station Karlsplatz weiterzufahren, anstatt in der Station Längenfeldgasse in die U-Bahnlinie 6 umzusteigen. Nach den Umständen des Falles kann aber darin, daß die Beschwerdeführerin DIESBEZÜGLICH in ihrer Berufung nichts vorbrachte, noch keine entscheidende Verletzung der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht erblickt werden. Vielmehr wäre nach der Lage des Falles die belangte Behörde verhalten gewesen, danach zu trachten, im Berufungsverfahren diese Frage auf geeignete Weise einer Klärung zuzuführen (beispielsweise durch Befragung der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer Einvernahme im Zuge des Berufungsverfahrens). (In der Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin nun vor, sie habe sich entschlossen, "wegen der geringeren Störanfälligkeit bei schwerem Schneefall die unterirdische U2 und die großteils unterirdische U4 anstelle der oberirdischen S 45 bzw. U6 zu wählen"). Im Zusammenhang damit steht auch die Frage, ob diese "längere Wegstrecke" nicht doch durch ein privates Interesse der Beschwerdeführerin bedingt war, sie nämlich diese Strecke mit der Absicht wählte, "Besorgungen zu machen". Diesbezüglich blieb aber unerörtert und unaufgeklärt, an welchem Ort die Beschwerdeführerin diese Besorgungen hätte tätigen wollen.
Bei der gegebenen Verfahrenslage kann hingegen der Beurteilung der belangten Behörde, ein Dienstunfall liege schon deshalb nicht vor, weil die Beschwerdeführerin nach Verlassen der U-Bahnstation Rathaus die Landesgerichtsstraße überquert und somit ab dem Überqueren jedenfalls einen Umweg eingeschlagen habe, um zur nächstgelegenen Haltestelle der Linie 43 zu gelangen, nicht beigetreten werden. Ist schon fraglich, ob das Benützen der anderen Straßenseite bereits als "Umweg" anzusehen ist, kann dies bei der damals gegebenen Wetterlage nicht zwingend als unzweckmäßiger angesehen werden (im Sinne der Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob ein Weg geschützt ist), als ein Fußmarsch entlang des - offenen - Friedrich Schmidtplatzes. Vorweg kann jedenfalls keineswegs gesagt werden, der Entschluß der Beschwerdeführerin, die Landesgerichtsstraße zu überqueren, sei derart unvernünftig oder unsinnig gewesen, daß dies zum Verlust des Schutzes führe (zu dieser Problematik siehe Tomandl, aaO, Seite 311 f).
Zusammenfassend blieb das Berufungsverfahren (schon) deshalb mangelhaft, weil die Frage nicht ausreichend geprüft wurde, weshalb sich die Beschwerdeführerin entschloß, mit der U-Bahnlinie 4 bis zur Station Karlsplatz zu fahren. Dadurch belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995120252.X00Im RIS seit
20.11.2000