TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/2 93/12/0121

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §56;
BDG 1979 §80 Abs2;
BDG 1979 §80 Abs5 Z1;
BDG 1979 §80 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 23. März 1993, Zl. Pr. 8538/16-1/93, betreffend Entzug einer Naturalwohnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberkontrollor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Strom- und Hafenaufsicht Linz, Schiffahrtspolizei.

Die gegen die amtswegige Ruhestandsversetzung beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/12/0122, abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. März 1993 hat die belangte Behörde entschieden wie folgt:

"Die Ihnen unter Zl. 40.074/13-1979 vom 4.4.1979 zugewiesene Naturalwohnung Nr. 6 im Haus S, M-Straße 74, wird Ihnen gemäß § 80 Abs. 5 Z. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 mit Wirksamkeit vom 1.4.1993 entzogen.

Die Naturalwohnung ist innerhalb von 6 Monaten ab der Entziehung zu räumen."

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, mit Erledigung vom 4. April 1979 sei dem Beschwerdeführer die genannte Wohnung als Sachleistung zugewiesen worden. Aufgrund des Bescheides vom 25. Februar 1993, Pr. Zl. 6493/1-1/93, sei der Beschwerdeführer mit Ablauf des 31. März 1993 in den Ruhestand versetzt worden. Gemäß § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 könne die Dienstbehörde die Wohnung entziehen, wenn der Beamte aus dem Dienststand ausscheide. Da der Beschwerdeführer ab 1. April 1993 Beamter des Ruhestandes sei und die ihm zugewiesene Wohnung den Charakter einer Naturalwohnung habe, sei eine Weiterbenutzung der Wohnung gemäß § 80 Abs. 5 Z. 1 BDG 1979 nicht vorgesehen. Die Wohnung werde daher entzogen. Die Festsetzung der Räumungsfrist stütze sich auf § 80 Abs. 7 BDG 1979.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 6. April 1993 durch Hinterlegung zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf, daß ihm eine Naturalwohnung nicht ohne gesetzliche Deckung und unter nicht gesetzmäßiger (gesetzmäßig begründeter) Ermessensausübung entzogen wird, verletzt.

§ 80 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, idF. BGBl. Nr. 550/1984, lautet:

"§ 80 (l) ...

(2) Dem Beamten kann im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung ist eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen muß, Naturalwohnung ist jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.

(3) ...

(4) ...

(5) Die Dienstbehörde kann die Dienst- oder Naturalwohnung entziehen, wenn

1.

der Beamte an einen anderen Dienstort versetzt wird oder aus dem Dienststand ausscheidet,

2.

...

3.

...

4.

...

(6) ...

(7) Ist eine Dienst- oder Naturalwohnung entzogen worden, so hat sie der Beamte innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen. Die Räumungsfrist kann, wenn es das dienstliche Interesse erfordert, bis auf einen Monat herabgesetzt werden. Eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt ein Jahr ist zulässig, wenn der Beamte glaubhaft macht, daß es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine andere Wohnmöglichkeit zu erhalten.

(8) ...

(9) Die Dienstbehörde kann dem Beamten, der an einen anderen Dienstort versetzt wurde, dem Beamten des Ruhestandes oder den Hinterbliebenen des Beamten, die mit diesem bis zu dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so lange die tatsächliche Benützung der Naturalwohnung gestatten, als diese nicht für einen Beamten des Dienststandes dringend benötigt wird. Die Abs. 3 bis 8 gelten sinngemäß."

Da das Ausscheiden aus dem Dienststand lediglich einen Entziehungstatbestand darstellt, erlischt das durch die bescheidförmige Zuweisung der Wohnung dem Beamten eingeräumte subjektiv-öffentliche Recht auf Benützung nicht bereits mit der Verwirklichung des Entziehungstatbestandes, sondern erst mit der Rechtswirksamkeit des Bescheides, mit dem die Dienstbehörde den Entzug derselben ausgesprochen hat bzw. mit dem im Entziehungsbescheid genannten späteren Zeitpunkt. Das Gesetz ermächtigt die Behörde nicht, die Wirksamkeit der Entziehung rückwirkend, d.h. mit einem Zeitpunkt festzusetzen, der vor der Zustellung des Entziehungsbescheides liegt (vgl. das Erkenntnis der Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1988, Zl. 88/12/0155). Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die von ihm benützte Naturalwohnung mit dem angefochtenen Bescheid, der am 6. April 1993 zugestellt wurde, mit Wirksamkeit vom 1. April 1993 entzogen. Die rückwirkende Festsetzung der Wirksamkeit des Entzuges der Dienstwohnung durch den angefochtenen Bescheid ist damit gesetzwidrig (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 29. November 1988).

Der angefochtene Bescheid war daher nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993120121.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten