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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BDG 1979 §14 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. August 1995, Zl. 121.763/7-II/2/95, betreffend Ersatz eines Übergenusses gemäß § 13a GG 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Revierinspektor i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war die Bundespolizeidirektion S.
Den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer, der damals noch im aktiven Dienstverhältnis stand, mit 9. August 1994 krank gemeldet hatte.
Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 16. September 1994 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, daß der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 30. September 1994 in den Ruhestand versetzt werde. Dies wurde damit begründet, daß er nach dem polizeiamtsärztlichen Befund vom 24. August 1994 dauernd unfähig sei, seinen Dienst ordnungsgemäß zu erfüllen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 16. Jänner 1995 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Dies wurde damit begründet, daß die dem (vertretenen) Beschwerdeführer am 19. September 1994 persönlich zugestellte Erledigung keinen ordnungsgemäß erlassenen Bescheid darstelle, weil ein solcher nur an seine Rechtsvertreter ordnungsgemäß und damit rechtswirksam zuzustellen gewesen wäre. Die Berufung richte sich damit gegen eine Erledigung, die keinen Bescheid darstelle, weshalb sie als unzulässig zurückzuweisen sei.
Mit der bei der erstinstanzlichen Behörde am 16. November 1994 eingelangten Eingabe vom 14. November 1994 hatte der Beschwerdeführer (durch seine Vertreter) bekanntgegeben, er habe mit Eingabe vom 7. September 1994 die Bevollmächtigung angezeigt. Dessen ungeachtet sei ihm persönlich ein "Bescheid" über die Ruhestandsversetzung zugestellt worden. Dieser Vorgang sei rechtsunwirksam, daran ändere auch nichts, daß er vorsichtshalber direkt ein Rechtsmittelschreiben an die Behörde gerichtet habe. Erst mit Zustellung eines Bescheides an seine Vertreter könne die Rechtswirksamkeit eintreten. Im vorletzten Absatz dieses Schreibens (dieser ist in weiterer Folge für das vorliegende Verfahren von Bedeutung) erklärte der Beschwerdeführer, im übrigen halte er vorsichtshalber fest, daß derzeit (...) "ein rechtswidriger Zustand" bestehe. Er sei nämlich "beurlaubt" (im Original unter Anführungszeichen) worden, was in Wahrheit lediglich bedeute, daß er an der Erfüllung seiner Dienstpflicht gehindert werde, ein Verbrauch des Erholungsurlaubes sei darin nicht zu erblicken.
In der Folge wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 17. Februar 1995 gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. März 1995 in den Ruhestand versetzt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die, soweit vorliegendenfalls erheblich (Ruhestandsversetzung) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurde; der Beschwerdeführer gelte daher mit Ablauf des der Zustellung des Berufungsbescheides folgenden Monatsletzten als in den Ruhestand versetzt; die Zustellung erfolgte im Juli 1995. Der Beschwerdeführer befindet sich demnach seit dem (Beginn des) 1. August 1995 im Ruhestand.
Zwischenzeitig hatte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21. Februar 1995 der Dienstbehörde erster Instanz bekanntgegeben, ihm sei eine Rückforderung von Bezügen als Übergenuß mit der Begründung angekündigt worden, daß ihm nur jene Bezüge bzw. Bezugsbestandteile (Nebengebühren, Zulagen) gebührten, die während eines Krankenzustandes zustünden (Anmerkung: die bezogene Ankündigung ist nicht aktenkundig). Er weise dazu darauf hin, daß er sich nicht krank gemeldet habe, sondern "beurlaubt" (im Original unter Anführungszeichen) worden sei (Hinweis auf den vorletzten Absatz seiner Mitteilung vom 14. November 1994). Er mache dementsprechend geltend, daß ihm die Bezüge "auf dieser Basis (und nicht ausgehend von einem Krankenstand) auszubezahlen sind". Völlig undenkbar sei unter diesen Voraussetzungen die Rückforderung irgendwelcher ausbezahlter Beträge als Übergenuß. Im Hinblick auf seine Dienstbereitschaft und überhaupt auf den von ihm im Pensionsverfahren eingenommenen Standpunkt habe er alle diesbezüglichen Beträge im guten Glauben in Empfang genommen, sodaß ein rückforderbarer Übergenuß im Sinne des § 13a GG 1956 keinesfalls vorliege. Er begehre somit die bescheidmäßige Absprache dahingehend, daß eine Übergenußrückforderung nicht stattfinde.
Hierauf entschied die erstinstanzliche Behörde mit Bescheid vom 22. Februar 1995 wie folgt:
"Ihr Antrag vom 21. Feber 1995 auf Nichtdurchführung einer Einbehaltung von pauschalierten Nebengebühren bzw. auf eine bescheidmäßige Absprache, daß eine diesbezügliche Übergenußrückforderung nicht stattfindet, wird durch die Bundespolizeidirektion Schwechat als für Sie zuständige Dienstbehörde gemäß § 15 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes 1956 zurückgewiesen."
Begründend führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 28. September 1994 gegen den Bescheid vom 16. September 1994 betreffend seine Ruhestandsversetzung das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. "In Auslegung" des § 14 Abs. 6 BDG 1979 habe der Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt bis zur Entscheidung über eine ZULÄSSIGE und rechtzeitige Berufung gegen eine Versetzung in den Ruhestand als beurlaubt gegolten, weshalb es auch zu keinerlei Kürzungen seines Gehaltes "oder Einstellungen von Teilen desselben" durch die Dienstbehörde gekommen sei. In weiterer Folge sei jedoch die Berufung mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 1995 als unzulässig zurückgewiesen worden; "da aus diesem Grunde die Voraussetzungen des § 14 Abs. 6 BDG 1979 (zulässige Berufung) nicht gegeben war, Sie sich seit dem 09.08.1994 durch Ihre Krankmeldung im Krankenstand befinden und laut amtsärztlichen Gutachten vom 14.11.1994 eine Dienstfähigkeit Ihrer Person jetzt und in ferner Zukunft nicht gegeben oder zu erwarten ist, war bezüglich der Ihnen bisher mit dem jeweiligen Monatsbezug im voraus ausbezahlten pauschalierten Nebengebühren von den im § 15 Absatz 5 des Gehaltsgesetzes 1956 in der geltenden Fassung normierten Bestimmungen auszugehen". (Es folgt die Darstellung dieser Norm.) Da somit der Beschwerdeführer infolge seiner unzulässigen Berufung nicht als beurlaubt gelte und er infolge seines Gesundheitszustandes nicht dienstfähig sei, seien die pauschalierten Nebengebühren am 8. Februar 1995 ab dem Monat Oktober 1994 rückwirkend zur Einstellung gebracht worden. Deshalb sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin brachte er vor, richtig sei, daß er sich am 9. August 1994 krank gemeldet habe. Der Inhalt der von ihm dazu vorgelegten ärztlichen Bestätigung sei ihm im Detail nicht in Erinnerung, er gehe jedoch davon aus, daß sie keine unbeschränkte Dauer der Dienstunfähigkeit angegeben habe. Er habe sich einer Therapie zu unterziehen gehabt, die bis 15. September 1994 gedauert habe. Danach sei er dienstbereit gewesen. Eine Dienstverrichtung sei ihm jedoch nicht gestattet worden. Dieser Zustand sei nach wie vor gegeben. Dementsprechend stünden ihm die vollen Bezüge einschließlich der Nebengebühren völlig unabhängig von der Regelung des § 14 Abs. 6 BDG 1979 zu. Daß die Erledigung der erstinstanzlichen Behörde vom 16. September 1994 kein Bescheid sei, sei erst durch den Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 1995 klargestellt worden, der ihm am 23. Jänner 1995 (Anmerkung: zu Handen seiner Vertreter) zugestellt worden sei. Zuvor sei er "dementsprechend gutgläubig beim Empfang aller Beträge" gewesen, die ihm "ausgehend von der scheinbaren Erlassung des "Bescheides" vom 16.9.1994" zugestanden seien. Überdies sei er als gutgläubig anzusehen, weil er dienstbereit gewesen und nur vom Dienstgeber an der Dienstverrichtung gehindert worden sei, sodaß er sich weder als im Krankenstand befindlich betrachtet, noch davon auszugehen gehabt habe, daß irgendein anderer Grund dafür gegeben gewesen sei, daß ihm die ausbezahlten Beträge nicht zugestanden wären.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben, aber den Spruch des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides dahin abgeändert, daß dieser zu lauten habe:
"Gemäß § 13a Absatz 3 des Gehaltsgesetzes 1956 in der geltenden Fassung sind Sie verpflichtet, dem Bund zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) in der Höhe von insgesamt S 25.008,70 zu ersetzen".
Begründend führte die belangte Behörde aus, die erstinstanzliche Dienstbehörde habe am 8. Februar 1995 die Einstellung der dem Beschwerdeführer gebührenden pauschalierten Nebengebühren rückwirkend ab Oktober 1994 veranlaßt. Zugleich sei die Einbehaltung der bereits zur Ausbezahlung gelangten Beträge von den laufenden Bezügen in die Wege geleitet worden. Nach Darstellung des weiteren Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, gemäß § 13a Abs. 1 GG 1956 seien zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) dem Bund zu ersetzen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden seien. Die Rechtmäßigkeit des Empfanges setze das Vorhandensein eines gültigen Titels am Fälligkeitstag voraus. Als Titel komme entweder das Gesetz, eine Verordnung oder ein Bescheid in Betracht. Zu Unrecht empfangen seien Leistungen, für deren Empfangnahme kein gültiger Titel vorhanden sei.
Vorliegendenfalls sei strittig, ob im Zuge des von Amts wegen eingeleiteten Ruhestandversetzungsverfahrens die von der erstinstanzlichen Behörde veranlaßte Rückforderung der dem Beschwerdeführer vom Oktober 1994 bis Februar 1995 ausbezahlten pauschalierten Nebengebühren zu Recht erfolgt sei.
§ 14 Abs. 6 BDG 1979 bestimme, daß der Beamte als beurlaubt gelte, solange über eine zulässige und rechtzeitige Berufung gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden worden sei. Aus der Formulierung "Berufung gegen eine Versetzung" ergebe sich, daß es sich um ein von Amts wegen eingeleitetes Ruhestandsverfahren handle, in dessen Rahmen der Beamte gegen den die Versetzung in den Ruhestand verfügenden Bescheid berufe. Hätte nämlich der Beamte die Versetzung in den Ruhestand beantragt und wäre ihm diese verweigert worden, so könnte er nicht gegen die Versetzung in den Ruhestand, sondern nur gegen deren Verweigerung berufen. Diesfalls würde er aber nicht als beurlaubt gelten, er müßte vielmehr Dienst leisten. Die rechtlichen Folgen dieser Beurlaubung seien im Gesetz zwar nicht geregelt, Lehre und Rechtsprechung gingen aber einhellig davon aus, daß während der Zeit der Beurlaubung nach dieser Gesetzesstelle der Anspruch auf die Bezüge bestehen bleibe, zumal auch das Dienstverhältnis formal weiter bestehe.
Die erstinstanzliche Behörde begründe ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die vom Beschwerdeführer gegen ihren Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand erhobene Berufung von der belangten Behörde als unzulässig zurückgewiesen worden sei, somit die Voraussetzungen des § 14 Abs. 6 BDG 1979 ("zulässige Berufung") nicht gegeben gewesen seien. Wenngleich die belangte Behörde im Ergebnis der erstinstanzlichen Behörde zustimme, könne sie dieser Rechtsansicht nicht beitreten. Es sei zwar zutreffend, daß die Berufung als unzulässig zurückgewiesen worden sei. Dies sei aber deshalb erfolgt, weil der (vermeintliche) Bescheid vom 16. September 1994 niemals dem Beschwerdeführer gegenüber erlassen worden sei. Eine auf § 14 Abs. 6 BDG 1979 gestützte Einstellung der Nebengebühren sei somit unzutreffend, weil diese Bestimmung eindeutig auf jene Fälle abstelle, in welchen ein Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand erlassen worden sei.
Vorliegendenfalls sei vielmehr der Umstand, daß der Beschwerdeführer ab 9. August 1994 vom Dienst abwesend gewesen sei, unter § 15 Abs. 5 zweiter Satz GG 1956 zu subsumieren, das heiße, das Ruhen der pauschalierten Nebengebühren trete angesichts der mehr als einmonatigen Abwesenheit vom Dienst ab Oktober 1994 kraft Gesetzes ein. Daran vermöge auch der Einwand des Beschwerdeführers, er sei dienstbereit gewesen, die Dienstbehörde habe aber eine Dienstverrichtung nicht gestattet, nichts zu ändern, weil § 15 Abs. 5 GG 1956 eine Fortzahlung der pauschalierten Nebengebühren ausdrücklich auf Zeiten eines Urlaubes sowie einer Dienstverrichtung aufgrund eines Dienstunfalles beschränke, vorliegendenfalls aber keiner dieser Tatbestände zum Tragen komme. Für den Bezug von pauschalierten Nebengebühren ab Oktober 1994 habe es somit an einem gültigen Titel gemangelt.
Zur Frage des guten Glaubens, dessen Vorliegen zum Zeitpunkt des Empfanges der Leistung den Beamten von der Verpflichtung zur Rückerstattung des Übergenusses befreie, werde vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, daß der gute Glaube bereits dann fehle, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur Zweifel hätte haben müssen. Die Redlichkeit des Empfängers einer zu Unrecht empfangenen Leistung sei somit nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa mit Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 82/12/0007 (= Slg. Nr. 11.023/A) ausgesprochen habe, sei die objektive Erkennbarkeit dann anzunehmen, wenn der Irrtum der auszahlenden Stelle in einer offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürftigen Norm bestehe. Nur bei einer zwar unrichtigen, aber nicht offensichtlich falschen Auslegung einer Norm, sei die objektive Erkennbarkeit zu verneinen. In welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen ein Ruhen bzw. die Fortzahlung der pauschalierten Nebengebühren eintrete, ergebe sich in eindeutiger Weise, ohne daß eine weitere Auslegung erforderlich wäre, aus § 15 Abs. 5 GG 1956.
Da der Beschwerdeführer ab Oktober 1994 bereits mehr als einen Monat vom Dienst abwesend gewesen, sich jedoch weder im Urlaub befunden, noch aufgrund seines Dienstunfalles an der Ausübung des Dienstes verhindert gewesen sei, hätte er erkennen müssen, daß ihm keine pauschalierten Nebengebühren zustünden.Daran vermöge auch sein Hinweis, er sei dienstbereit gewesen, die Dienstbehörde habe aber eine Dienstverrichtung nicht gestattet, nichts zu ändern. Ebenso sei sein Einwand unmaßgeblich, er sei bis zur Kenntnisnahme (Zustellung) der Berufungsentscheidung der belangten Behörden am 23. Jänner 1995 von einer "Erlassung des Bescheides der BPD Schwechat vom 16.9.1994" (im Original unter Anführungszeichen) und somit angesichts der eingebrachten Berufung von der damit verbundenen Beurlaubungsregelung des § 14 Abs. 6 BDG 1979 ausgegangen. Der Beschwerdeführer hätte nämlich unter Anlegung eines objektiven Beurteilungsmaßstabes angesichts der maßgeblichen Rechtslage ZUMINDEST Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angewiesenen Nebengebühren haben müssen, zumal er anwaltlich vertreten gewesen sei. Dies ergebe sich umso mehr daraus, als er bereits am 14. November 1994 die Unwirksamkeit der Zustellung des "Bescheides" vom 16. September 1994 geltend gemacht habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsvefahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 13a Abs. 1 GG 1956 sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse) dem Bund zu ersetzen, soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Verpflichtung zum Ersatz auf Verlangen mit Bescheid festzustellen.
§ 15 GG 1956 trifft nähere Bestimmungen zu den Nebengebühren und sieht auch deren Pauschalierung vor. Von Bedeutung im Beschwerdefall ist insbesondere Abs. 5 dieser Bestimmung:
"(5) Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung aufgrund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt."
Nach § 14 Abs. 6 BDG 1979 gilt der Beamte als beurlaubt, solange über eine zulässige und rechtzeitige Berufung gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden wurde.
Der Beschwerdeführer zieht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder das (Gesamt)Ausmaß des von der belangten Behörde angenommenen Übergenusses noch den Umstand in Zweifel, daß er nicht nur im beschwerdegegenständlichen Zeitraum, sondern schon ab 9. August 1994 keinen Dienst verrichtet hat, bringt aber vor, er sei, soweit für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von Belang, nicht im Sinne des § 15 Abs. 5 GG 1956 "vom Dienst abwesend" gewesen, weil er dienstbereit gewesen sei, ihn der Dienstgeber aber an der Dienstleistung gehindert habe. Damit stimme auch "der eindeutig erschließbare Sinn" dieser Bestimmung überein. Aus der Rechtsfolge, daß der Beamte bestimmte Ansprüche auf pauschalierte Nebengebühren verliere, ergebe sich die Schlußfolgerung, daß auch die Ursache dafür beim Beamten gelegen sein müsse, daß sie also in seine Sphäre falle.
Überdies sei ein Größenschluß zu ziehen: Wenn sogar ein Dienstunfall, für welchen den Dienstgeber keinerlei Verschulden zu treffen brauche, den Anspruchsverlust ausschließe, so müsse dies umso mehr für den Fall gelten, daß der Dienstgeber durch ein vorsätzliches Handeln, nämlich durch das Verbot der Dienstverrichtung, diese verhindere. Die Ursache dafür sei zwar in einem Rechtsirrtum gelegen gewesen, dieser sei jedoch als schuldhaft zu werten. Die Gesetzesbestimmungen über die Zustellung im Falle einer anwaltlichen Bevollmächtigung seien so eindeutig, daß es sich als eine Fahrlässigkeit darstelle, wenn die erstinstanzliche Dienstbehörde den beabsichtigten Bescheid (Anmerkung: vom 16. September 1994) über die Ruhestandsversetzung nicht dem Vertreter, sondern dem Beschwerdeführer als Partei selbst "zugestellt" habe. Jedenfalls könne es keinen Zweifel daran geben, daß seine "Nicht-Dienstleistung" während des bezughabenden Zeitraumes eine Ursache gehabt habe, die ausschließlich in der Sphäre des Dienstgebers gelegen sei.
Schon gar nicht könne aber die Rede davon sein, daß er, selbst bei Anwendung des gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblichen objektiven Maßstabes, die betreffenden Nebengebühren nicht gutgläubig in Empfang genommen hätte. Wie seine Ausführungen zeigten, sei § 15 Abs. 5 GG 1956 im hohen Maße auslegungsbedürftig und es könne daher keineswegs unterstellt werden, daß er diese Norm im Sinne des behördlichen Standpunktes interpretieren und davon ausgehend hätte erkennen müssen, daß ihm die Nebengebühren nicht zustünden. Der Vollständigkeit halber sei hiezu noch zu bemerken, daß er durch seinen Vertreter über die Unwirksamkeit der "Bescheidzustellung" vom September 1994 informiert worden sei, daß sein Vertreter mit Schriftsatz an die erstinstanzliche Behörde vom 14. November 1994 insbesondere auch die rechtlichen Gegebenheiten klargestellt habe, und daß man ihn dennoch weiterhin nicht Dienst habe versehen lassen. Selbst wenn man aber davon ausginge, daß er dem Scheine nach beurlaubt im Sinne des § 14 Abs. 6 BDG 1979 gewesen sei, könnte man ihm die Gutgläubigkeit nicht absprechen, da "Urlaub" nach § 15 Abs. 5 GG 1956 einer jener Tatbestände sei, die dazu führten, daß die pauschalierten Nebengebühren auch während einer "Abwesenheit" vom Dienst "weiterhin" zustünden.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:
Zunächst ist festzuhalten, daß die Behörde erster Instanz das Begehren des Beschwerdeführers zwar "zurückgewiesen" hat; aus der Begründung ihres Bescheides ergibt sich aber deutlich, daß sie meritorisch über das Begehren abgesprochen, sich somit lediglich im Ausdruck vergriffen hat. Die belangte Behörde hat daher zu Recht in der Sache selbst (meritorisch) entschieden.
Die rechtlichen Folgen der Fiktion einer Beurlaubung gemäß § 14 Abs. 6 BDG 1979 sind im Gesetz nicht geregelt. Der Verwaltungsgerichtshof tritt diesbezüglich der Beurteilung der belangten Behörde bei, daß ein solcher fiktiver Urlaub als Urlaub iS des § 15 Abs. 5 GG 1956 zu gelten hat, weil das Gesetz weder Gegenteiliges anordnet, noch sonst eine entsprechende Einschränkung vornimmt (vgl. dazu auch Zach, BDG - Loseblattausgabe, 1. Bd, 55. Ergänzung, S 14*7, Anmerkung 21 zu § 14 BDG 1979).
Die Besonderheit des Beschwerdefalles liegt darin, daß ein Ruhestandsversetzungsbescheid nur dem Schein nach vorlag und daher die dagegen erhobene Berufung, rückblickend betrachtet, nicht "zulässig" war. Da aber die erstinstanzliche Behörde von einem Bescheid ausging, bestand für den Beschwerdeführer ein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse an der Klärung dieser Frage. Damit ist § 14 Abs. 6 BDG 1979 im Beschwerdefall zwar nicht unmittelbar anwendbar, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat; wohl aber gebieten die besonderen Umstände des Beschwerdefalles die analoge Anwendung dieser Bestimmung. Das bedeutet, daß der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum als beurlaubt im Sinne des § 14 Abs. 6 leg. cit. und damit auch im Sinne des § 15 Abs. 5 GG 1956 zu gelten hatte.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995120259.X00Im RIS seit
20.11.2000