Entscheidungsdatum
04.06.2020Norm
AVG §74Spruch
L521 2231218-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. über die Beschwerde der XXXX , Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Paracelsusstraße 10, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 29.04.2020, Zl. 100 Jv 28/20-33, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Rechtsanwältin ist Klägerin im Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg. Mit der am 14.01.2020 eingebrachten Mahnklage begehrte die beschwerdeführende Rechtsanwältin die Zahlung von EUR 5.113,43 an ausstehendem Honorar von der im Verfahren beklagten Partei.
Für die Einbringung der Klage entrichtete die beschwerdeführende Rechtsanwältin Pauschalgebühr gemäß TP1 GGG im Betrag von EUR 314,00.
2. Nach Erhebung eines (leeren) Einspruchs durch die im Verfahren beklagte Partei am 21.02.2020 fanden außergerichtliche Vergleichsverhandlungen statt. Die beschwerdeführende Rechtsanwältin zog die Klage schließlich mit Eingabe vom 26.02.2020 unter Anspruchsverzicht zurück, was mit verfahrensabschließendem Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 04.03.2020 festgestellt wurde.
3. Mit an das Bezirksgericht Salzburg gerichteter Eingabe vom 20.04.2020 beantragte die beschwerdeführende Rechtsanwältin die Erstattung der halben Pauschalgebühr gemäß Anm. 2 zu TP 1 GGG und brachte begründend vor, dass die Klage aufgrund eines mit der beklagten Partei geschlossenen Vergleichs vor der ersten Verhandlung unter Anspruchsverzicht zurückgezogen worden sei.
4. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 29.04.2020, Zl. 100 Jv 28/20-33, wies der Präsident des Landesgerichtes Salzburg den Rückzahlungsantrag ab.
Begründend wird nach Wiedergabe des als unstrittig erachteten Verfahrensgeschehens unter Verweis auf den Wortlaut der Anm. 2 zu TP 1 GGG ausgeführt, dass die darin vorgesehene Ermäßigung der Pauschalgebühr nur dann zur Anwendung gelangen würden, wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen werde. Da im Gegenstand kein in der ersten Verhandlung abgeschlossener Vergleich vorliegen würde, wären die Voraussetzungen für eine Ermäßigung nicht gegeben, sodass der Rückzahlungsantrag abzuweisen sei.
5. Gegen den vorstehend angeführten und der beschwerdeführenden Rechtsanwältin am 05.05.2020 zugestellten Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, womit die Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinn einer Stattgabe des gestellten Rückzahlungsantrages begehrt wird. Eventualiter wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls begehrt, den Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg zum Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu verpflichten.
Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg hätte die beschwerdeführende Rechtsanwältin nicht vor der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung einen Vergleich schließen dürfen, um in den Genuss der Ermäßigung der Pauschalgebühr zu kommen, sondern das Gericht erst mit dem Aufwand einer Verhandlung beschäftigen müssen.
Anm. 2 zu TP 1 GGG verfolge allerdings den Zweck, den Parteien einen finanziellen Anreiz für einen frühzeitigen Vergleich zu bieten, womit den Gerichten Arbeit erspart werde. Dies müsse auch in jenen Fällen gelten, in welchen die Anberaumung einer Verhandlung überhaupt unterbleiben könne. Bei ergänzender Heranziehung von Anm. 3 zu TP 1 GGG zeige sich, dass das Bezirksgericht Salzburg die Klage zugestellt habe und deshalb mehr Aufwand angefallen sei, als die Anm. 3 zu TP 1 GGG für eine Ermäßigung der Pauschalgebühr voraussetze. Demgegenüber sei für das Gericht weniger Aufwand angefallen, als in den Tatbeständen der Anm. 2 zu TP 1 GGG vorgesehen sei. Es liege somit eine unechte Gesetzeslücke vor, die im Wege der Auslegung mittels eines Größenschlusses zu schließen sei. Demnach sei, wenn einer Partei im Fall eines Vergleichs in der ersten Verhandlung eine Ermäßigung der Pauschalgebühr gewährt werde, erst recht eine Ermäßigung der Pauschalgebühr zu gewähren, wenn der Vergleich ohne Durchführung einer Verhandlung abgeschlossen werde.
Der Gesetzgeber habe in Anbetracht der unterschiedlichen Tatbestände in Anm. 2 zu TP 1 GGG und Anm. 3 zu TP 1 GGG „offenbar nicht daran gedacht“, dass die Klage nach Zustellung, aber vor einer Verhandlung zurückgezogen werden könne und es sei nicht verständlich, weshalb in einem solchen Fall die gesamte Pauschalgebühr zu zahlen sei. Allenfalls habe der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung deshalb nicht für notwendig befunden, weil der gegenständliche Sachverhalt ohnehin von Anm. 2 zu TP 1 GGG umfasst sei.
Die Rechtsansicht des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg widerspreche auch dem Gleichheitsgrundsatz, weil idente Sachverhalte unterschiedlich behandelt würden, sodass dem Antrag jedenfalls stattzugeben sei.
6. Die Beschwerdevorlage langte am 25.05.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführende Rechtsanwältin ist Klägerin im Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg. Mit der am 14.01.2020 eingebrachten Mahnklage begehrte die beschwerdeführende Rechtsanwältin die Zahlung von EUR 5.113,43 an ausstehendem Honorar von der im Verfahren beklagten Partei XXXX .
Für die Einbringung der Klage entrichtete die beschwerdeführende Rechtsanwältin Pauschalgebühr gemäß TP1 GGG im Betrag von EUR 314,00 im Wege des Gebühreneinzugs.
Das Bezirksgericht Salzburg bewilligte am 21.01.2020 die Erlassung eines bedingten Zahlungsbefehls, der der beklagten Partei am 24.01.2020 zugestellt wurde.
2. Nach Erhebung eines leeren Einspruchs durch die im Verfahren beklagte Partei am 21.02.2020 fanden außergerichtliche Vergleichsverhandlungen statt. Der Inhalt des allenfalls zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs kann nicht festgestellt werden.
3. Die beschwerdeführende Rechtsanwältin zog die Klage in der Folge mit Eingabe vom 26.02.2020 zurück. Mit verfahrensabschließendem Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 04.03.2020, XXXX , wurde die Klagszurückziehung unter Anspruchsverzicht festgestellt und der beklagten Partei zur Kenntnis gebracht.
4. Mit an das Bezirksgericht Salzburg gerichteter Eingabe vom 20.04.2020 beantragte die beschwerdeführende Rechtsanwältin die Erstattung der halben Pauschalgebühr gemäß Anm. 2 zu TP 1 GGG.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die vorstehend getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des seitens der Justizverwaltungsbehörde vollständig vorgelegten Aktes des justizverwaltungsbehördlichen Verfahrens 100 Jv 28/20 des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg, der eine vollständige Kopie der Akten des Verfahrens XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg umfasst.
2.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im Rechtsmittelverfahren nicht strittig und ergibt sich unzweifelhaft aus den im Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg eingebrachten Schriftsätzen sowie dem Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg vom 04.03.2020, XXXX .
Nicht festgestellt werden kann der Inhalt des zwischen der beschwerdeführenden Rechtsanwältin und der beklagten Partei XXXX angeblich abgeschlossenen Vergleichs, zumal weder eine Vergleichsausfertigung vorgelegt, noch der Inhalt des Vergleiches anderweitig kommuniziert wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl. Nr. 501/1984 idF BGBl. I Nr. 81/2019 unterliegt die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.
Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird § 2 Z. 1 lit. a GGG zufolge für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage, in den in den Anmerkungen 1 und 2 zur Tarifpost 1 angeführten Verfahren mit der Überreichung des Antrags, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift und für Vergleiche in allen Verfahren mit der Beurkundung durch das Entscheidungsorgan begründet.
TP1 GGG zufolge ist im zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes von über 3.500,00 Euro bis 7.000,00 Euro eine Pauschalgebühr von 314,00 Euro zu entrichten.
Gemäß Anmerkung 2 zu TP 1 GGG idF BGBl. I Nr. 81/2019 ist die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auch für prätorische Vergleiche (§ 433 ZPO) sowie für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und Europäischer Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen und wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird, ermäßigt sich die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 auf die Hälfte. Für Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen nach den §§ 382b, 382e und 382g EO fallen keine Gebühren nach Tarifpost 1 an.
3.2. Die beschwerdeführende Rechtsanwältin brachte am 14.01.2020 eine Mahnklage über eine Honorarforderung von EUR 5.113,43 ein, wofür gemäß § 1 Abs. 1 und § 2 Z. 1 lit. a iVm TP 1 GGG eine Pauschalgebühr von EUR 314,00 zu entrichten war. Die Verwirklichung des Gebührentatbestandes sowie das Entstehen der Gebührenschuld aufgrund der Einbringung der Klage sind im Rechtsmittelverfahren nicht strittig.
3.3. Der bedingte Zahlungsbefehl wurde der beklagten Partei am 24.01.2020 zugestellt, sodass eine nachträgliche Ermäßigung der Pauschalgebühr nach Anm. 3 zu TP 1 GGG nicht in Betracht kommt, was ebenfalls im Rechtsmittelverfahren nicht strittig ist.
3.4. Die Justizverwaltungsbehörde führt im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass auch eine nachträgliche Ermäßigung der Pauschalgebühr nach Anm. 2 zu TP 1 GGG in Anbetracht des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht in Betracht kommt.
Es wurde weder ein prätorischer Vergleich nach einer Ladung zum Vergleichsversuch gemäß § 433 ZPO geschlossen, noch liegt ein Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder reines Beschlusses Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung außerhalb eines Zivilprozesses vor. Die Rechtssache wurde auch nicht in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen. Ausgehend von einer am Wortlaut orientierten Auslegung von Anm. 2 zu TP 1 GGG erweist sich das gegenständliche Rückzahlungsbegehren somit als nicht berechtigt.
Die beschwerdeführende Rechtsanwältin zieht diesen Umstand in ihrem Rechtsmittel auch nicht in Zweifel, vielmehr wird eine planwidrige Gesetzlücke geortet, die im Wege eines Größenschlusses zu schließen sei. Die dahingehenden Ausführungen in der Beschwerde stellen sich aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch nachvollziehbar und schlüssig dar. Dennoch führen sie die Beschwerde nicht zum Erfolg.
Den Ausführungen in der Beschwerde ist nämlich entgegenzuhalten, dass das GGG einem dem öffentlichen Recht zuzuordnende Vorschrift ist, weshalb die in der Beschwerde zitierten Ausführungen des Obersten Gerichtshofes zum Vorliegen unechter Gesetzeslücken und deren interpretativer Schließung nur eingeschränkt einschlägig sind.
Vielmehr ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach im Bereich des öffentlichen Rechts ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut nur dann zulässig ist, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat. Dies ist etwa dann gegeben, wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0089). Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (VwGH 24.02.2016, Ro 2014/10/0061 mwN).
Ausgehend davon ist zunächst der Zweck der erst mit BGBl. I Nr. 81/2019 in Anm. 2 zu TP 1 GGG eingefügten Wortfolge „und wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird“ zu untersuchen. Der bezughabende Beschluss des Nationalrats geht auf den Antrag 80/A XXVI. GP des Abgeordneten Dr. Alfred NolI, Kolleginnen und Kollegen, vom 31.01.2018 zurück. Zur Begründung wird (nebst allgemeiner Kritik an der Höhe der Gerichtsgebühren) dargelegt: „Wenn eine Rechtssache in der ersten Verhandlung verglichen wird, ist das von Aufwand und Ergebnis einem prätorischen Vergleich gleichzuhalten. Auch der Aufwand des Gerichts ist durch die halbe Pauschalgebühr abgedeckt.“ Weitergehende Materialen des Nationalrates liegen nicht vor.
Ausgehend von der Antragsbegründung erfolgte die Erweiterung der Anm. 2 zu TP 1 auf Vergleichsabschlüsse „in der ersten Verhandlung“, weil der Aufwand dafür einem „einem prätorischen Vergleich gleichzuhalten“ sei. Entgegen der Argumentation in der Beschwerde liegt BGBl. I Nr. 81/2019 somit nicht die Intention zugrunde, schlechthin jedwede Form der Verfahrensbeendigung vor der ersten Tagsatzung mit einer Gebührenermäßigung zu privilegieren, sondern lediglich die Absicht, einen mit einem bereits bestehenden Ausnahmetatbestand vergleichbaren Fall ebenfalls einer Privilegierung zu unterziehen. Bei diesem Ergebnis kann – im Kontext der einleitend zitierten Rechtsprechung – nicht davon gesprochen werden, dass eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als zum Ausdruck gebracht wurde. Vielmehr wollte der Gesetzgeber eindeutig nur den Fall eines Vergleichsabschlusses in „in der ersten Verhandlung“ privilegieren, weil dies mit einem bereits bestehenden Ausnahmetatbestand vergleichbar sei. Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang auch keine konkreten Überlegungen angestellt, bis zu welchem Verfahrensstadium das Gericht mit mehr oder weniger Arbeitsschritten belastet ist.
In Anbetracht der Ausführungen in der Beschwerde wäre darüber hinaus davon auszugehen, dass – wenn der Argumentation der beschwerdeführenden Rechtsanwältin gefolgt würde – eben sämtliche Arten der Verfahrensbeendigung vor der ersten Tagsatzung mit einer Ermäßigung der Pauschalgebühr bedacht würden, da der Aufwand des Gerichtes stets derselbe wäre. Alleine auf den Umstand eines außergerichtlichen Vergleichs abzustellen wäre in diesem Zusammenhang unsachlich, zumal ja die (fehlende) Arbeitsbelastung des Gerichtes als Argumentation ins Treffen geführt wird. Dass mit Anm. 2 zu TP 1 idF BGBl. I Nr. 81/2019 eine der Anm. 3 zu TP 1 vergleichbare Gebührenermäßigung für den Fall jedweder Verfahrensbeendigung vor (oder während) der ersten Tagsatzung geschaffen wurde, kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden und hätte einer ausdrücklichen dahingehenden Regelung bedurft.
In diesem Zusammenhang ist nochmals auf Anm. 3 zu TP 1 zu verweisen, welche in ihrem zweiten Satz eine Gebührenermäßigung für den Fall der a-limine-Zurückweisung der Klage vorseht. Wird jedoch die Klage erst nach der Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgewiesen, ist die volle Pauschalgebühr selbst dann zu entrichten, wenn die Zurückweisung vor der ersten Tagsatzung erfolgt (vgl. Dokalik, Gerichtsgebühren13, § TP 1 GGG Anm. 18). Wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass im Fall des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung eine Gebührenermäßigung wegen des Entfalls des Aufwandes für die Durchführung der Verhandlung (bzw. der ersten oder der vorbereitenden Tagsatzung) eintreten solle, hätte eine solche Rechtsfolge auch in Anm. 3 zu TP 1 vorgesehen werden müssen, was nicht erfolgt ist. Auch dieser Aspekt spricht gegen das Bestehen einer Gesetzeslücke.
In formaler Hinsicht ist noch festzuhalten, dass das Verfahren XXXX des Bezirksgerichtes Salzburg mit Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht (§ 230 Abs. 3 ZPO) erledigt wurde, und nicht wegen eines (dem Gericht nicht einmal vorgelegten) Vergleichs der Streitteile.
Im Bereich des GGG tritt hinzu, dass die Bestimmungen des GGG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewusst an formale äußere Tatbestände anknüpfen, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (VwGH 22.10.2015, Ro 2014/16/0021 mwN).
Nach der Rechtsprechung ist es insbesondere nicht möglich, im Wege der Analogie einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausnahmetatbestand zu begründen (vgl. VwGH 29.01.2015, Zl. 2013/16/0100; 29.04.2013, Zl. 2011/16/0004 mwN). Auch deshalb ist der in der Beschwerde vorgeschlagenen Auslegung von Anm. 2 zu TP 1 nicht zu folgen. Dazu tritt, dass im gegenständlichen Verfahren der angeblich abgeschlossene Vergleich gar nicht vorgelegt wurde, sodass zunächst Ermittlungen zum behaupteten Vergleichsabschluss angestellt werden müssten, was der beabsichtigen einfache Handhabung des Gesetzes nicht entsprechen würde.
3.5. Eine Rückzahlung von Gerichtsgebühren gemäß § 6c Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG), BGBl. Nr. 288/1962 idF BGBl. I Nr. 61/2018, findet nur statt, soweit sich ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht (Z. 1) oder soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist (Z. 2).
Keine dieser Alternativen trifft im gegenständlichen Fall zu. Dem Rückzahlungsantrag muss somit mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der Erfolg versagt bleiben.
3.6. Die von der Justizverwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht erweist sich somit im Ergebnis als zutreffend. Die Beschwerde ist aufgrund der vorstehenden Erwägungen gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm Anm. 2 zu TP 1 GGG und § 6c Abs. 1 GEG als unbegründet abzuweisen.
3.7. Das in der Beschwerde vorgetragene Begehren, der beschwerdeführenden Partei Schriftsatzaufwand im Betrag von EUR 737,60 sowie einen Ersatz für die aufgewendete Eingabengebühr im Betrag von EUR 30,00 zuzuerkennen, ist unzulässig.
Gemäß dem § 6b Abs. 1 GEG zufolge auch im Einbringungsverfahren anzuwendenden § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. In keiner im vorliegenden Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschriften ist der von der beschwerdeführenden Partei angesprochene Anspruch auf Ersatz eines Schriftsatzaufwandes vorgesehen. Demnach gilt § 74 Abs. 1 AVG, wonach jeder Beteiligte, also auch die beschwerdeführende Partei, die ihr im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (VwGH 24.07.2008, Zl. 2007/07/0100).
Der Antrag auf Kostenersatz ist somit unzulässig und gemäß § 74 AVG zurückzuweisen.
3.8. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt eindeutig aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, Zl. 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen), sodass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – eine solche wurde im Übrigen nicht beantragt – abgesehen werden konnte. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Ist die Rechtlage nach den in Betracht kommenden Normen – wie vorliegend – klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor; das selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (VwGH 27.08.2019, Ra 2018/08/0188; 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Gebührenermäßigung keine Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Gesetzesanalogie Gesetzeslücke Klagsrückziehung Kostenersatz - Antrag Kostentragung Pauschalgebühren Rückzahlungsantrag Vergleich ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L521.2231218.1.00Im RIS seit
11.01.2021Zuletzt aktualisiert am
11.01.2021