TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 L511 2217108-1

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Veröffentlicht am 27.08.2020
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Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L511 2217108–1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwälte HAWEL-EYPELTAUER-GIGLEITNER-HUBER, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) vom 26.02.2019, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) in Verbindung mit § 67 Abs. 10 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) teilweise stattgegeben und festgestellt, dass der spruchmäßig vorgeschriebene Haftungsbetrag EUR 5.891,55 [anstelle von EUR 16.689,47] beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1.       Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [GKK]

1.1.    Mit Schreiben vom 27.11.2018 teilte die OÖGKK dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der XXXX [im Folgenden: T GmbH] ein Rückstand in Höhe von EUR 16.689,47 für mehrere Beitragsmonate im Zeitraum 09/2014 bis 02/2018 offen aufscheine, wofür der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der GmbH in Liquidation nach § 67 Abs. 10 ASVG hafte. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom selben Tag beigelegt (AZ 1-3).

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, den Rückstand bis zum 19.12.2018 zu begleichen oder alle Tatsachen vorzubringen, die gegen seine Haftung sprechen würden.

1.2.    Im Ermittlungsverfahren teilte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 07.01.2019 (AZ 4) mit, die T GmbH habe auf Grund von früheren Geschäftsverbindungen mit dem Ausland enorme Liquiditätsprobleme entwickelt und bis Dezember 2017 hohe offene Forderungen angesammelt. Der Vermögensverlust sei erst durch den Insolvenzantrag der GKK hervorgerufen worden. Es seien aber alle Gläubiger gleich befriedigt worden.

1.3.    Mit Haftungsbescheid vom 26.02.2019, Zahl: XXXX , verpflichtete die OÖGKK den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 83 ASVG als Geschäftsführer der T GmbH, zur Zahlung eines Rückstandes von EUR 16.689,47 innerhalb von 14 Tagen bei sonstiger Exekution. Zusätzlich sei der Beschwerdeführer verpflichtet, ab 15.03.2019 bis zur Einzahlung Verzugszinsen in der Höhe von derzeit 3,38% p.a. von EUR 16.689,47 zu entrichten. Die Summe setze sich laut beigelegtem Rückstandsausweis vom 19.06.2017 aus „Beiträgen GPLA Rest“ der Monate 09/2014 bis 11/2014, 12/2015, 01/2018 bis 02/2018 und „(NV) Beiträgen Rest“ für die Monate 04/2017 bis 01/2018 zusammen (AZ 5-6).

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer sei von 13.09.2013 bis 07.12.2018 Geschäftsführer bzw. Liquidator der T GmbH gewesen. Die im Rückstandsausweis dargestellten Beträge seien bei der Primärschuldnerin uneinbringlich. Aus dem Insolvenzverfahren habe die OÖGKK eine Quote in Höhe von 2,954 % erhalten, welche berücksichtigt worden sei. Der Beschwerdeführer sei trotz Bescheidankündigung vom 27.11.2018 und nach Fristerstreckung der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen nicht nachgekommen, weshalb die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG festzustellen gewesen sei.

1.4.    Mit Schreiben vom 29.03.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den am 28.11.2018 zugestellten Bescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw] (AZ 7-8).

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, es habe keine Gläubigerbenachteiligung gegeben, und liege in den Jahren 2014 bis 2018 eine Befriedigungsquote für die GKK von 71,2 % vor.

2.       Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht [BVwG] am 03.04.2019 die Beschwerde samt Auszügen aus dem Verwaltungsakt vor (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1 [=AZ 1-8]).

2.1.    Am 02.09.2018 langte beim BVwG eine Berechnung und Gegenüberstellung von Gesamtverbindlichkeiten und der Beitragsverbindlichkeiten der T GmbH samt Belegskonvolut ein (OZ 4), demzufolge sich zwischen 2014 und 2017 eine Befriedigung der Gläubiger in Höhe von [iHv] 73,81% ergab, die Beitragsverbindlichkeiten gegenüber der OÖGKK wurden mit 73,10% befriedigt.

2.2.    Die Österreichische Gesundheitskasse [ÖGK] gab dazu im Wege des Parteiengehörs an, dass nur das Jahr 2017 relevant sei, weil die offenen Beiträge 2014 und 2015 erst im Zuge einer GPLA im Jahr 2017 nachgebucht wurden. Im Jahr 2017 betrage die durchschnittliche Befriedigungsquote 77,14%, die der OÖGKK 45,67%, woraus eine Benachteiligung der OÖGKK iHv 31,47% ergebe. Der Haftungsbetrag für Beitragsmonate aus den Jahren 2014 bis 2017 sei daher auf EUR 4.958,57 zu reduzieren. Die Haftungsbeträge für 2018 blieben mangels Unterlagenvorlage in der vollen Höhe von EUR 932,98 bestehen. Der Haftungsbetrag sei daher in Summe auf EUR 5.891,55 zu reduzieren.

2.3.    Der Beschwerdeführer gab zu den Berechnungen und Ausführungen der ÖGK keine Stellungnahme ab (OZ 9).

II.      ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1.    Der Beschwerdeführer vertrat von 13.09.2013 bis 04.12.2018 als Geschäftsführer, seit 05.12.2018 als Liquidator, die T GmbH selbständig. Mit Beschluss des LG Linz vom 20.02.2018, XXXX , wurde der Konkurs über die T GmbH eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Beschluss vom 05.12.2018 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die T GmbH befindet sich seither in Liquidation.

1.2.    Die Summe der verfahrensgegenständlichen offenen Forderungen am Beitragskonto der T GmbH setzt sich laut Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom 19.06.2017 wie folgt zusammen:

Beiträge GPLA Rest 09-11/2014, 12/2015

EUR      274,61

Beiträge Rest 04/2017-12/2017

EUR      15.481,88

Beiträge und Beiträge GPLA Rest 01-02/2018

EUR      932,98

Summe

EUR      16.689,47

1.3.    Alle Beiträge sind um die Schlussverteilungsquote und die Insolvenzentgeltfondszahlungen bereinigt (AZ 6, 8). Die Beiträge GPLA Rest 09-11/2014 und 12/2015 wurden mit 14.08.2017 wertgestellt (OZ 8-9).

1.4.    Im Jahr 2017 betrug die durchschnittliche Gläubigerbefriedigungsquote 77,14 %, die Beitragsverbindlichkeitsbefriedigungsquote der OÖGKK 45,67 %. Für das Jahr 2018 liegt kein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten vor (OZ 4, 8-9).

2.       Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1.    Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen

im Verfahrensakt der GKK:

?        Haftungsbrief und Aufforderung zur Unterlagenvorlage der GKK (AZ 1)

?        Bescheid samt Rückstandsausweis vom 26.02.2019 (AZ 5, 6)

?        Stellungnahme und Beschwerde des Beschwerdeführers (AZ 4, 8)

im hg. Gerichtsakt:

?        Unterlagenkonvolut des Beschwerdeführers zur Gläubigerbehandlung 2014-2017 (OZ 4)

?        Stellungnahme ÖGK zum Unterlagenkonvolut (OZ 8)

?        Aufforderung zur Stellungnahme zu den Berechnungen der ÖGK (OZ 9)

?        Firmenbuchauszug der GmbH (OZ 10)

2.2.    Beweiswürdigung

2.2.1.  Der Zeitpunkt des Beginns der Geschäftsführertätigkeit sowie die Konkurseröffnung und -aufhebung ergeben sich aus dem österreichischen Firmenbuchauszug (OZ 10), an dessen Richtigkeit kein Anlass zu zweifeln bestand.

2.2.2.  Die Höhe des Haftungsbetrages ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 19.06.2017, sowie den Ausführungen der belangten Behörde, wonach die vereinbarte Schlussverteilungsquote und die Insolvenzentgeltzahlungen Berücksichtigung fanden, und wird vom Beschwerdeführer der Höhe nach auch nicht bestritten (AZ 4-8; OZ 4).

2.2.3.  Die Wertstellung der Nachverrechnungsbeiträge aus 2014 und 2015 im Jahr 2017 ergibt sich aus der Stellungnahme der ÖGK, welcher der Beschwerdeführer nach Parteiengehör nicht entgegengetreten ist (OZ 8-9). Die Quotenberechnung für 2017, sowie dass für 2018 keine Unterlagen vorliegen, ergibt sich aus der Zusammenschau der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (OZ 4) und der Stellungnahme der ÖGK (OZ 8), der der Beschwerdeführer in der Folge nicht mehr entgegentrat (OZ 9).

3.       Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.    Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter (§ 24 VwGVG unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC]). Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.2.    Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt war weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4.       Rechtliche Beurteilung

4.1.1.  Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2.  Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2.    Teilweise Stattgabe der Beschwerde

4.2.1.  Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG ist eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung. Danach haftet der Vertreter für bei der Primärschuldnerin uneinbringlich gewordene (nicht schon für bloß rückständige) Beiträge insoweit, als ein Kausalzusammenhang zwischen der Uneinbringlichkeit und einer schuldhaften (leichte Fahrlässigkeit genügt) und rechtswidrigen Verletzung der den Vertretern auferlegten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten besteht (VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist zunächst die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge bei der Primärschuldnerin. Zur Beurteilung der Uneinbringlichkeit bedarf es nicht notwendigerweise der vollständigen Abwicklung (bis zur Aufhebung) des Konkurses, Uneinbringlichkeit ist vielmehr bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra2018/08/0039 mwN).

4.2.2.  Der Beschwerdeführer war im gegenständlich betroffenen Zeitraum Geschäftsführer der T GmbH, und somit die zur Vertretung berufene Person der Primärschuldnerin iSd § 67 Abs. 10 ASVG. Die Primärschuldnerin befindet sich nach durchgeführtem Konkursverfahren und Schlussverteilung seit 05.12.2018 in Liquidation, so dass eine objektive Uneinbringlichkeit der aushaftenden Beträge bei der Primärschuldnerin vorliegt. Die Heranziehung des Beschwerdeführers als Vertreter der T GmbH zur Haftung für deren uneinbringliche Beitragsschulden erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

4.2.3.  Als haftungsbegründend kommt (seit der Novellierung des § 58 Abs. 5 ASVG mit BGBl I 2010/62 [SRÄG 2010]) die Verletzung all jener Pflichten in Betracht, deren Verletzung dafür kausal sein kann, dass Beiträge nicht bei Fälligkeit entrichtet und später uneinbringlich werden, etwa die Verletzung der Meldepflichten, die Abfuhrpflicht der einbehaltenen Dienstnehmerbeiträge sowie die Zahlungspflicht. Eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung ist immer schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermag, weshalb er ohne sein Verschulden gehindert war die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig zur Gänze oder zumindest anteilig entrichtet wurden (VwGH 12.01.2016, Ra2014/08/0028). Im Hinblick auf den Haftungsumfang ist bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden darauf abzustellen, ob der Vertreter die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, als er diese bedient, erstere aber unberichtigt lässt, bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Einen zur Haftung herangezogenen Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, weil ohne diese Mitwirkung jener Anteil, der durch das schuldhafte Verhalten uneinbringlich geworden ist, nicht festgestellt werden kann. Bei entsprechendem Nachweis haftet ein Vertreter (bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden) nur für die Differenz zwischen jenem Betrag, der bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger zu entrichten gewesen wäre und der tatsächlich erfolgten Zahlung (zur detaillierten Berechnungsmethode des Haftungsbetrages nach der Zahlungstheorie siehe VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 uHa 29.01.2014, 2012/08/0227 und den dort ergänzend aufgezeigten alternativen Berechnungsmethoden sowie weiteren Nachweisen). Tritt ein haftungspflichtiger Vertreter diesen Nachweis nicht an und erbringt kein entsprechendes Beweisanbot, so erstreckt sich die Haftung auf die gesamten uneinbringlichen Beitragsverbindlichkeiten der Primärschuldnerin im Haftungszeitraum (vgl. VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, haften Vertreter jedoch ohne Bedachtnahme auf die Frage der Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern und ohne Bedachtnahme auf die bei Fälligkeit oder bei tatsächlich erfolgter Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze (VwGH 27.11.2014 2012/08/0216 mwN).

4.2.4.  Im vorliegenden Fall liegt die Differenz zwischen der durchschnittlichen Gläubigerbefriedigungsquote von 77,14 % und jener der Beitragsverbindlichkeitsbefriedigungsquote der OÖGKK von 45,67 % für das Jahr 2017 bei 31,47 %. Für das Jahr 2018 liegt kein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten vor.

Dies ergibt für die im Jahr 2017 offenen Beitragsverbindlichkeiten idHv EUR 15.756,49 einen Haftungsbetrag idHv EUR 4.958,57 und für die im Jahr 2018 aushaftenden Beiträge einen Haftungsbetrag idHv EUR 932,98 in Summe somit EUR 5.891,55.

4.2.5.  Da im Bescheid der OÖGKK die Gläubigerbefriedigungsquote noch nicht berücksichtigt wurde, ist der Haftungsbetrag spruchgemäß zu korrigieren.

III.    ad B) Unzulässigkeit der Revision

Wie sich aus der oben unter A) Punkt II.4.2. wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zu § 67 Abs. 10 eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf diese Judikatur.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragsrückstand Geschäftsführer Gläubiger Gleichbehandlung Haftung Herabsetzung Teilstattgebung Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2217108.1.00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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