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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AusG 1989 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Novak, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dr. N in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. Februar 1995, Zl. 01012/09-Pr.A6/95, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Auskunftserteilung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist rechtskundig und steht als Ministerialrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, in dem er seit 1979 als Leiter der Gruppe IB - Wasserrecht und seit 1990 als Stellvertreter des Leiters der Sektion I tätig ist.
Als 1993 die Funktion des Leiters der Sektion I nachzubesetzen war und ausgeschrieben wurde, bewarb sich der Beschwerdeführer um diese.
Mit 18. Mai 1993 bestellte der damalige Bundesminister seinen bisherigen Kabinettschef, Kommissär Dr. X zum Leiter dieser Sektion.
Der Beschwerdeführer wandte sich darauf zunächst mit einem undatierten Schreiben, dann mit Schreiben vom 6. August 1993 an das Präsidium des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft mit der Bitte um Auskunft, in welchen Punkten seine Qualifikation schlechter gesehen worden sei als jene des Dr. X. Diesem Auskunftsbegehren wurde unter Hinweis auf § 14 des Ausschreibungsgesetzes mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 1993 nicht stattgegeben. Die dagegen vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 8. Juni 1994, Zl. 93/12/0278, mit der Begründung abgewiesen, er habe seinen Antrag ausdrücklich an das Präsidium gerichtet und somit nicht eine Auskunft des Bundesministers als Entscheidungsträger und Dienstvorgesetzten verlangt; der Präsidialvorstand sei jedoch als Mitglied der Ausschreibungskommission an die Geheimhaltungspflicht des § 14 des Ausschreibungsgesetzes gebunden.
Mit Schreiben vom 17. August 1994 ersuchte der Beschwerdeführer daraufhin ausdrücklich den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft in seiner Eigenschaft als Entscheidungsträger und Dienstvorgesetzter um Auskunft, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen er (der Bundesminister) anläßlich der Besetzung der Sektionsleitung seine Qualifikation schlechter gesehen habe als jene des Dr. X. Da sein Schreiben unbeantwortet blieb, stellte der Beschwerdeführer am 16. November 1994 an den Minister den Antrag auf Entscheidung gemäß § 4 des Auskunftspflichtgesetzes.
Nach Schriftwechsel, in dem seitens der Behörde auf den im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheid und auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 93/12/0278 hingewiesen wurde, erging der angefochtene Bescheid, mit welchem das Auskunftsbegehren des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde.
In der Begründung führt die belangte Behörde aus, der nunmehrige Antrag auf Auskunftserteilung des Beschwerdeführers vom 17. August 1994 stimme inhaltlich mit jenem am 13. Juli 1993 beim Präsidium des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft eingelangten Antrag überein, über welchen bereits ein rechtskräftiger Bescheid ergangen sei. Der Unterschied in der Adressierung sei nur ein scheinbarer, da der nunmehrige Antrag zwar an den Bundesminister gerichtet sei, Bundesminister und Bundesministerium bzw. dessen Organisationseinheiten bei der Besorgung der obersten Verwaltungsgeschäfte aber keine verschiedenen Organe seien, vielmehr sei der Bundesminister leitendes Organ des Organkomplexes Bundesministerium. In diesem Sinn sei auch die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes in seinem oben zitierten Erkenntnis zu verstehen, wenn er meine "ein an den Bundesminister gerichtetes Auskunftsbegehren hätte jedenfalls ... zu keinem anderen Ergebnis geführt".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Gegensatz zu der Ansicht der belangten Behörde, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Vorerkenntnis 93/12/0278 ausgesprochen bzw. die Rechtsansicht vertreten, es sei ohne Bedeutung, an wen die Anfrage des Beschwerdeführers auf Auskunft gerichtet war, da in allen Fällen letztlich der Bundesminister als Behördenchef entscheide, lautet das korrekte Zitat des betreffenden Vorerkenntnisses wie folgt:
"...Ausgehend von diesem Vorbringen kann der Verwaltungsgerichtshof aber nicht finden, daß der Beschwerdeführer, wie er nun vorbringt, vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft als Entscheidungsträger und Dienstvorgesetzten eine solche Auskunft verlangt habe. Wenn auch in seinem undatierten Schreiben noch der Bundesminister genannt war, ist doch durch die Beantwortung dieses Schreibens durch den Präsidialvorstand unter Hinweis auf die Tätigkeit der Begutachtungskommission und durch die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf dieses Schreiben in seinem Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch klar, daß sein Auskunftsbegehren auf die Tätigkeit der Begutachtungskommission gerichtet war.
Die Tätigkeit dieser Kommission unterliegt aber gemäß § 14 des Ausschreibungsgesetzes einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht, sodaß die belangte Behörde zu Recht die Erteilung der gewünschten Auskunft verweigert hat.
Ein an den Bundesminister selbst gerichtetes derartiges Auskunftsbegehren hätte jedenfalls, INSOWEIT ES SICH UM DAS GUTACHTEN BETREFFENDE DATEN HANDELT, zu keinem anderen Ergebnis geführt." (Unterstreichung nicht im Original.)
Damit hat aber der Verwaltungsgerichtshof deutlich ausgesprochen, daß der Antrag des Beschwerdeführers auf Auskunftserteilung in der Beschwerdesache Zl. 93/12/0278 eben nicht an den Bundesminister als Entscheidungsträger und Dienstvorgesetzten, sondern an das Präsidium bzw. den Präsidialvorstand gestellt war. Aufgrund dieser Tatsache und jener der Beantwortung des damaligen Ansuchens des Beschwerdeführers durch den Präsidialvorstand UNTER HINWEIS AUF DIE TÄTIGKEIT DER BEGUTACHTUNGSKOMMISSION und durch die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf eben dieses Schreiben kam der Verwaltungsgerichtshof in obzitiertem Erkenntnis zu dem Schluß, daß das damalige Auskunftsbegehren AUF DIE TÄTIGKEIT DER BEGUTACHTUNGSKOMMISSION gerichtet war.
Aus diesem Grund, weil die Tätigkeit dieser Kommission gemäß § 14 des Ausschreibungsgesetzes einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt, vertrat der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis die Auffassung, daß die belangte Behörde zu Recht die Erteilung der gewünschten Auskunft verweigert hatte.
Im vorliegenden Fall aber hat der Beschwerdeführer ausdrücklich den Antrag gestellt, der Bundesminister in seiner Eigenschaft als Entscheidungsträger und Dienstvorgesetzter möge ihm schriftliche Auskunft erteilen, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen er anläßlich der Besetzung der Sektionsleitung der Sektion I seine Qualifikation schlechter gesehen habe als jene des Kommissärs Dr. X.
Damit fehlt aber in diesem Fall die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die Tätigkeit der Begutachtungskommission, welche im Erkenntnis Zl. 93/12/0278 zu dem Ergebnis führte, daß die Verweigerung der gewünschten Auskunft durch die belangte Behörde als rechtens erkannt wurde. Ausschlaggebend ist dabei die von der belangten Behörde in ihrem Zitat des betreffenden Erkenntnisses ausgelassene Formulierung, ein an den Bundesminister selbst gerichtetes derartiges Auskunftsbegehren hätte jedenfalls, INSOWEIT ES SICH UM DAS GUTACHTEN BETREFFENDE DATEN handelt, zu keinem anderen Ergebnis geführt.
§ 1 AuskunftspflichtG lautet:
"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden."
§ 14 AusschreibungsG 1989 lautet:
"§ 14. Der Inhalt und die Auswertung der Bewerbungsgesuche sowie das Bewerbungsgespräch sind vertraulich zu behandeln. Über sie ist gegen jedermann, dem gegenüber keine Verpflichtung zu einer amtlichen Mitteilung besteht, Stillschweigen zu bewahren. Nicht untersagt ist jedoch die Bekanntgabe der Namen und einer Reihung der Bewerber."
Im vorliegenden Fall ist daher sowohl auf Grund des Vorerkenntnisses als auch der Rechtslage davon auszugehen, daß dem Antrag des Beschwerdeführers an den Bundesminister auf Auskunftserteilung, ohne die Verschwiegenheitspflicht des § 14 des Ausschreibungsgesetzes zu unterlaufen, hätte nachgekommen werden können.
Denn, eine Auskunft an den Beschwerdeführer, welcher Mangel an Qualifikationen ihn im Gegensatz zu Dr. X als nicht geeignet erscheinen ließ, die Leitung der Sektion I zu übernehmen, erscheint ohne Verletzung der gebotenen Amtsverschwiegenheit, also ohne auf den Inhalt und die Auswertung der Bewerbungsgesuche und der Bewerbungsgespräche der Mitbewerber des Beschwerdeführers einzugehen, möglich. Dem § 14 des Ausschreibungsgesetzes kann nicht entnommen werden, daß auch der Inhalt und die Auswertung der Bewerbungsgesuche und des Bewerbungsgesprächs eines Bewerbers selbst diesem Bewerber gegenüber vertraulich zu behandeln sind. Vielmehr enthält § 14 des Ausschreibungsgesetzes ausdrücklich eine Einschränkung der Schweigepflicht in seinem zweiten Satz, welcher festlegt, daß über obgenannte Gesuche und Gespräche gegen jedermann, dem gegenüber keine Verpflichtung zu einer amtlichen Mitteilung besteht, Stillschweigen zu bewahren ist.
Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch die "entschiedene Sache", das heißt, durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1990, Zl. 89/08/0163).
Schon aus diesem Grund, weil der Antrag des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall erkenntlich nicht auf Auskunft im Hinblick auf die Tätigkeit der Begutachtungskommission, sondern im Hinblick auf die Überlegungen und Bewertung seines Gesuchs durch den Bundesminister gerichtet war, kann nicht von einer Identität der Verwaltungssache gesprochen werden und war daher der angefochtene Bescheid, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers wegen bereits entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, aufzuheben. Darüberhinaus besteht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein Recht des Beschwerdeführers auf Mitteilung der Bewertung seiner Person und insbesondere allfälliger Qualifikationsmängel auf Grund des § 1 des Auskunftspflichtgesetzes in Verbindung mit der in § 45 Abs. 1 BDG 1979 geregelten Förderungspflicht der Vorgesetzten in bezug auf ihre Mitarbeiter.
Es wäre sinnwidrig, § 14 des Ausschreibungsgesetzes so zu interpretieren, daß dies auch den Inhalt und die Auswertung des eigenen Bewerbungsgesuches und Bewerbungsgespräches betrifft, weil in diesem Fall keine schutzwürdigen Interessen bestehen, welche einer Auskunftserteilung entgegenstehen könnten. Im Falle einer offenbar mutwilligen Anfrage reicht die Bestimmung des § 1 Abs. 2 des Auskunftspflichtgesetzes aus, ein Ausufern derartiger Anträge zu unterbinden.
Eine derartige Mutwilligkeit läßt sich aber dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht entnehmen. Vielmehr erscheint es im Hinblick auf das berufliche Fortkommen des Beschwerdeführers, aber auch auf seine bestmögliche Dienstleistung im Dienste der Öffentlichkeit verständlich, wenn er sich über seine, mit der Bestellung eines wesentlich jüngeren Beamten zum Leiter der Sektion implizierten Nichteignung sorgt.
Aus diesem Grund kann auch eine Beschwer nicht verneint werden, wenn der über die allgemeine Tätigkeit der Begutachtungskommission hinausgehende Antrag des Beschwerdeführers auf Auskunftserteilung wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Auch wenn der damalige Entscheidungsträger (Dr. Franz Fischler) nicht mehr im Amt ist, so kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß dessen persönliche Erwägungen erhoben werden könnten, sofern sie nicht ohnehin in einem Akteninhalt, welcher dem Beschwerdeführer in Erfüllung seines Auskunftsbegehrens zur Kenntnis gebracht werden könnte, Niederschlag gefunden haben.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den vorher dargelegten Gründen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG iVm der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995120089.X00Im RIS seit
20.11.2000