TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/13 W185 2209933-1

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Veröffentlicht am 13.11.2020
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Entscheidungsdatum

13.11.2020

Norm

AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W185 2209933-1/11E

W185 2209936-1/8E

W185 2209939-1/8E

W185 2209941-1/8E

W185 2209945-1/8E

W185 2209946-1/8E

W185 2209953-1/8E

W185 2209949-1/8E

W185 2209952-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 17.10.2018, GZ Addis-Abeba-ÖB/RECHT/0033/2018, aufgrund des Vorlageantrages von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) mj. XXXX , geb. XXXX , 6.) mj. XXXX , geb. XXXX , 7.) mj. XXXX , geb. XXXX , 8.) mj. XXXX , geb. XXXX und 9.) mj. XXXX , geb. XXXX , sämtliche StA Somalia, vertreten durch XXXX , dieser vertreten durch die Caritas Flüchtlingshilfe, Reichsstraße 173, 6800 Feldkirch, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 27.08.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch der angefochtenen Bescheide zu lauten hat wie folgt:

„Die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln werden gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.“

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige Somalias, stellten am 22.12.2017 (im Wege der Caritas) elektronisch und am 15.02.2018 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (in Folge ÖB Addis Abeba) unter Anschluss diverser Unterlagen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt, welchem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei.

Im Zuge der Antragstellung wurde von den Beschwerdeführern u.a. vorgebracht, dass ihnen bewusst sei, dass die Dreijahresfrist gemäß § 35 Abs. 2 AsylG noch nicht abgelaufen sei. Die Familie könne die Dreijahresfrist für die Antragstellung jedoch nicht abwarten, da jedenfalls die Zweitbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin in der Zwischenzeit die Volljährigkeit erreichen würde und somit keine Familienangehörigen iSd § 35 Abs. 5 AsylG mehr wären. Die in § 35 Abs. 2 AsylG vorgesehene Frist von drei Jahren nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson stelle eine Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK sowie eine Verletzung des Art. 14 EMRK und Art. I Abs. 1 BVG-Rassendiskriminierung dar und erscheine verfassungswidrig. Die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG sei bei gebotener verfassungskonformer Interpretation auch auf die Wartefrist des § 35 Abs. 2 AsylG anzuwenden. Auch sei dem Kindeswohl besonderes Gewicht beizumessen. Ein gemeinsames Familienleben sei in Somalia ausgeschlossen. Der Bezugsperson sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt) zwischenzeitig die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.11.2018 erteilt worden.

Am 16.02.2018 teilte die ÖB Addis Abeba der rechtlichen Vertretung der Antragsteller mit, dass die Einreiseanträge aufgrund der Dreijahresfrist gem. § 35 Abs 2 AsylG nicht angenommen werden könnten. Mit E-Mail vom 19.02.2018 wurde mitgeteilt, dass die Antragsteller dessen ungeachtet gewünscht hätten, dass die Anträge weitergeleitet und behandelt würden.

Die ÖB Addis Abeba übermittelte dem Bundesamt die Unterlagen am 07.03.2018 zur Prüfung. Die ÖB merkte hierbei an, dass Zweifel am angeführten Alter der Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen bestünden und regten die Vornahme einer Altersfeststellung an. Betreffend die Dritt-, Fünft- und Achtbeschwerdeführer wurde angemerkt, dass die Geburtsdaten der Geburtsurkunden mit jenen der Reisepässe nicht übereinstimmen würden; die Echtheit der Geburtsurkunden würde nicht anerkannt. Die vorgelegte Heiratsurkunde sei im Nachhinein ausgestellt worden und könne deren Echtheit ebenfalls nicht anerkannt werden. Da die Botschaft aufgrund der geschilderten Umstände Zweifel betreffend Identität, Verwandtschaftsverhältnis zur Bezugsperson und den sonstigen Angaben der Antragstellerinnen hege, werde die Durchführung von DNA-Tests angeregt.

Am 03.08.2018 teilte das Bundesamt gemäß § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten betreffend die Beschwerdeführer nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde ausgeführt, dass seit Zuerkennung der befristeten Aufenthaltsberechtigung im Sinne von § 8 Abs. 4 AsylG an die in Österreich aufhältige Bezugsperson noch keine drei Jahre abgelaufen seien und eine positive Wahrscheinlichkeitsprognose erst nach drei Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung erteilt werden könne, weshalb bereits die formellen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

Mit Schreiben vom 03.08.2018, zugestellt am 09.08.2018, wurde den Beschwerdeführern eine Aufforderung zur Stellungnahme (Parteiengehör) übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt nach Prüfung des Antrags mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei; hingewiesen wurde hiebei auf die beiliegende Mitteilung und Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.08.2018. Daraus ergebe sich, dass die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 26 FPG in Verbindung mit § 35 Abs. 4 AsylG abzulehnen wären. Es werde Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

In einer Stellungnahme vom 17.08.2018, verfasst durch die rechtsfreundliche Vertretung, brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass bereits bei Antragstellung ein Vorbringen erstattet worden sei, welches jedoch keine Berücksichtigung gefunden hätte. Der Inhalt dieses Vorbringens wurde in der Folge wiederholt und ergänzt, dass die Trennung der Bezugsperson von seiner Familie nicht freiwillig erfolgt sei. Eine weitere Trennung entspreche nicht dem Kindeswohl, welches vorrangig zu prüfen sei. Der Eingriff der Wartefrist von 3 Jahren in das Recht auf Familienleben nach Art 8 EMRK sei unverhältnismäßig. Es müsse der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs 4 Z 3 AsylG zur Anwendung kommen. Ein Familienleben sei nur in Österreich möglich.

Nach Übermittlung dieser Stellungnahme an das Bundesamt teilte dieses am 24.08.2018 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.

Mit Bescheiden der ÖB Addis Abeba vom 27.08.2018, zugestellt am selben Tag, wurden die Einreisanträge der Beschwerdeführer mit der o.a. Begründung gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Stellungnahme des Bundesamtes zu entnehmen gewesen. Die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 17.08.2018 sei dem Bundesamt zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung zugeleitet worden. Nach deren Prüfung habe die Behörde mitgeteilt, dass vollinhaltlich an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde. Daraus habe sich ergeben, dass die Anträge abzulehnen gewesen wären.

Gegen die Bescheide der ÖB Addis Abeba wurden, vertreten durch die rechtsfreundliche Vertretung, fristgerecht Beschwerden erhoben und darin im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Stellungnahme vom 17.08.2018 verwiesen. Die Stellungnahme sei nicht erkennbar berücksichtigt worden. Es läge daher durch die Nichtberücksichtigung des Parteienvorbringens und der unterlassenen Ermittlungen eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Mit Hinweis auf die noch nicht abgelaufene Frist von drei Jahren nach § 35 Abs. 2 AsylG sei eine Norm angewendet worden, die sich – wie aus den bereits in der Stellungnahme ausgeführten Erwägungen – als verfassungswidrig erweise. Der Ausnahmetatbestand des § 35 Abs 4 Z 3 AsylG wäre anzuwenden. Die Bezugsperson und die Erstbeschwerdeführerin hätten im Jahr 1996 geheiratet und hätte insgesamt 11 Kinder, wovon 7 noch minderjährig bzw nicht verheiratet seien. Vor der Flucht hätten alle zusammengelebt. Ein gemeinsames Familienleben sei nur in Österreich möglich. Die Familienzusammenführung sei hiezu die einzige Möglichkeit. Die Angehörigen der Bezugsperson seien in Somalia in großer Gefahr. Sooft es möglich sei, habe die Bezugsperson telefonischen Kontakt mit den Genannten. Die weiblichen Beschwerdeführerinnen seien in Somalia von Beschneidung und sexuellen Übergriffen bedroht. Die Bezugsperson habe sich in Österreich gut eingelebt, habe hier Arbeit und Freunde. Dem Kindeswohl, welches vorrangig zu berücksichtigen sei, werde am besten durch ein Familienleben mit beiden Elternteilen entsprochen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17.10.2018 wies die ÖB Addis Abeba die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht. Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes gebunden seien und damit keinen eigenen Entscheidungsspielraum hätten, habe der VwGH in seiner Entscheidung vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Bundesamtes einer Überprüfung nur durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde. Es habe unstrittig eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes vorgelegen. Die Stellungnahme der Beschwerdeführer sei ordnungsgemäß dem Bundesamt vorgelegt worden, welches bei seiner negativen Prognose geblieben sei. Erst in der Folge sei bescheidmäßig abgesprochen worden. Als allein tragender Grund für die Abweisung der von den Beschwerdeführern gestellten Einreiseanträge sei somit nur in Betracht gekommen, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes die Erfolgsaussichten der Anträge der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei in den angefochtenen Bescheiden auch ausschließlich Bezug genommen worden. Jenseits und unabhängig von der dargestellten Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des Bundesamtes, dass die Wartefrist des § 35 Abs. 2 AsylG nicht eingehalten worden sei. Die Rechtslage sei diesbezüglich eindeutig. Betreffend Art. 8 EMRK wurde ausgeführt, dass dieser keineswegs vorschreibe, dass eine Familienzusammenführung jedenfalls unter einem Titel des Asylrechts zu erfolgen hätte. Vielmehr komme im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht. Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stelle den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Betreffend das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Familienzusammenführungsrichtlinie wurde ausgeführt, dass diese auf Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten keine Anwendung finde. Auch in anderen europäischen Staaten würden Fristen betreffend den Nachzug von Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten bestehen; hierbei wurde näher auf die Rechtslage in Dänemark eingegangen. Gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes würden subsidiär Schutzberechtigte nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht erhalten. Die Umstände, welche typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen würden, hätten eher vorübergehenden Charakter und könnten rascher beendet sein, als dies im Allgemeinen von systematischen Verfolgungen aus den Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen angenommen werden könne. Der Gesetzgeber sei offenkundig davon ausgegangen, dass nach einer Wartefrist von drei Jahren der „vorübergehende Charakter“ des Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr gegeben sei. Mit der Wartefrist werde der (weite) Gestaltungsspielraum des Staates nicht überschritten, zumal es nicht um den Ausschluss des Familiennachzugs gehe. Betreffend das Vorbringen zum Kindeswohl wurde ausgeführt, dass es zutreffend sei, dass der EGMR bei der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Interessensabwägung eine besondere Berücksichtigung des Kindeswohl einfordere. Das Kindeswohl verbürge im Zusammenhalt mit Art. 8 EMRK per se jedoch kein Recht auf Einreise. Hinsichtlich der Ausführungen zum Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Einreisetitel bereits wegen des Fehlens der „Wartefrist“ zu verweigern gewesen seien, sodass auf die Frage des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG nicht einzugehen sei.

Am 30.10.2018 wurde bei der ÖB Addis Abeba ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit einem am 22.11.2018 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurden dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten vorgelegt.

Mit Schreiben vom 18.01.2019 wurde mitgeteilt, dass der Bezugsperson der subsidiäre Schutzstatus bis zum 03.11.2020 verlängert worden sei und zwischenzeitlich die Wartefrist des § 35 Abs. 2 AsylG abgelaufen sei. Es wurden aktuelle Gehaltsnachweise der Bezugsperson vorgelegt und nochmals um Berücksichtigung des Art. 8 EMRK bzw der Heranziehung des Ausnahmetatbestandes nach § 35 Abs 4 Z 3 AsylG ersucht.

Am 25.02.2019 wurde die Vollmacht der Drittbeschwerdeführerin für die Bezugsperson vorgelegt.

Am 08.04.2019 wurde mitgeteilt, dass die Bezugsperson zwischenzeitig eine größere Wohnung bezogen habe. Der diesbezügliche Mietvertrag und ein Auszug aus dem Zentralen Melderegister wurden vorgelegt.

Mit Schreiben vom 21.05.2019 teilte die Bezugsperson mit, dass sich seine Familie derzeit in einer prekären Situation in Äthiopien befinde; es werde um rasche Entscheidung ersucht.

Am 20.08.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Bezugsperson zwischenzeitig eine neue Arbeitsstelle gefunden habe und nunmehr ein höheres Gehalt beziehe; diesbezügliche Lohnnachweise wurden vorgelegt.

Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson für subsidiär Schutzberechtigte wurde bis 01.11.2022 verlängert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist vorgeblich die Mutter der zum Antragszeitpunkt noch minderjährigen, zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt volljährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen, sowie der nach wie vor minderjährigen Fünft- bis Neuntbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Somalias. Sie stellten am 22.12.2017 schriftlich und am 15.02.2018 persönlich bei der ÖB Addis Abeba Anträge auf Erteilung von Einreisetitel nach § 35 Abs. 2 AsylG, wobei als Bezugsperson der angebliche Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt wurde.

Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung der Bezugsperson wurde in der Zwischenzeit durch das Bundesamt bis 01.11.2022 verlängert.

Aufgrund von Zweifeln am angegebenen Alter bzw an der leiblichen Abstammung einiger Beschwerdeführer(innen) regte die Botschaft die Durchführung von Altersfeststellungen bzw DNA-Tests an.

Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG vom 03.08.2018 wurde den Beschwerdeführern bekanntgegeben, dass eine Gewährung desselben Schutzes nicht wahrscheinlich sei, da die Bezugsperson noch nicht drei Jahre über den Status eines subsidiär Schutzberechtigten verfüge. Diese negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes wurde nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes auf Grundlage einer Stellungnahme der Beschwerdeführer aufrechterhalten.

Die Beschwerdeführer stellten die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln vor Ablauf der in § 35 Abs 2 AsylG 2005 idgF normierten dreijährigen Wartefrist. Die Anträge erweisen sich daher als unzulässig.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB Addis Abeba, den vorgelegten weiteren Unterlagen, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015, mit welchem der Bezugsperson der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, aus der Abfrage des Zentralen Fremdenregisters, des Zentralen Melderegisters und des Betreuungsinformationssystem GVS durch das Bundesverwaltungsgericht (zuletzt am 11.11.2020).

Dass die gegenständlichen Einreiseanträge vor Ablauf der Dreijahresfrist gemäß § 35 Abs. 2 AsylG gestellt wurden, wurde von den Beschwerdeführern im Verfahren auch nie bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idF BGBl. I Nr. 57/2018, lauten wie folgt:

§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005:

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 lautet:

(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 22.12.2017 bzw. 15.02.2018, und somit jedenfalls nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 (01.06.2016) eingebracht. Es war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis. Die Prognose des Bundesamtes ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend:

Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Abs. 2 AsylG gestellt, wobei als Bezugsperson der angebliche Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Neuntbeschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, genannt wurde.

Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.11.2015, rechtskräftig seit 04.11.2015, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die gegenständlichen Einreiseanträge wurden am 22.12.2017 schriftlich und am 15.02.2018 persönlich eingebracht. Die in § 35 Abs 2 AsylG 2005 idgF vorgesehene Frist von 3 Jahren seit Rechtskraft der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson war noch nicht abgelaufen, weshalb die Verweigerung der Einreise seitens der Botschaft zu Recht erfolgte.

§ 35 Abs. 2 AsylG idgF bestimmt, dass der Familienangehörige (gemäß Abs. 5 leg. cit.) eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten stellen kann.

Wie oben festgestellt, waren sich die Beschwerdeführer dieser Bestimmung bewusst, brachten die Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln jedoch trotzdem bereits vor Ablauf der Dreijahresfrist ein, um zu vermeiden, dass eine bzw mehrere Beschwerdeführerinnen in der Zwischenzeit die Volljährigkeit erreichen würden und in weiterer Folge nicht mehr als „Familienangehörige“ zu qualifizieren wären.

Wenn die Beschwerdeführer im Verfahren dahingehend argumentieren, dass eine „verfassungskonforme Interpretation“ der durch BGBl. I Nr. 24/2016 in § 35 Abs. 2 AsylG eingeführten dreijährigen Frist, welche zwischen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson und Stellung eines Einreiseantrages mindestens verstrichen sein muss, nur darin bestehen könne, dass die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG auch auf die Wartefrist von drei Jahren anwendbar sei, steht diese Argumentation im Gegensatz zum klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung, da in Bezug auf die dreijährige Frist eine Ausnahmebestimmung durch den Gesetzgeber gerade nicht normiert wurde, weshalb diesbezüglich von einer zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels auszugehen ist, welche der Gesetzgeber bewusst eingeführt hat.

Bereits vor der mit 01.06.2016 in Kraft getretenen Novellierung waren Familienangehörige von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 35 Abs. 2 AsylG (idF BGBl. I Nr. 68/2013) erst nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des in Österreich den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehabenden Fremden antragslegitimiert und hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf die dem Grunde nach vergleichbare Rechtslage in der Vergangenheit (auch) keinen Anlass zur Einleitung eines Gesetzprüfungsverfahrens erkannt. Auch hat der Gesetzgeber die Anwendung des Familienverfahrens nicht erweitert, sondern vielmehr zunehmend bewusst eingeschränkt, weshalb auch vor diesem Hintergrund kein Raum für eine ergänzende Interpretation erblickt werden kann.

In diesem Zusammenhang sowie in Bezug auf Art. 8 EMRK, der von den Beschwerdeführern im Verfahren ebenfalls releviert wurde, ist auf ein jüngst ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in einem ähnlich gelagerten Fall zu verweisen (vgl. VfGH vom 10.10.2018, E 4248-4251/2017-20), in welchem der Verfassungsgerichtshof ausspricht, dass aus Art. 8 EMRK keine generelle Verpflichtung abzuleiten sei, dem Wunsch des Fremden, sich in einem bestimmten Konventionsstaat aufzuhalten, nachzukommen (vgl. auch VfSlg. 19.713/2012). Die EMRK verbürge Ausländern demnach weder ein Recht auf Einreise, Einbürgerung und Aufenthalt (vgl. EGMR vom 28.06.2011, Nunez, Nr. 55.597/09) noch umfasse Art. 8 EMRK die generelle Verpflichtung eines Konventionsstaates, die Wahl des Familienwohnsitzes durch die verschiedenen Familienmitglieder anzuerkennen und die Zusammenführung einer Familie auf seinem Gebiet zu erlauben (vgl. EGMR vom 19.02.1996, Gül, Nr. 23.218/94). Bei der Festlegung der Bedingungen für die Einwanderung, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden sei den Konventionsstaaten ein Gestaltungsspielraum eingeräumt (vgl. EGMR vom 08.11.2016, El Ghatet, Nr. 56.971/10). Allerdings – so der Verfassungsgerichtshof weiter – könne sich unter besonderen Umständen aus Art. 8 EMRK eine Verpflichtung der Konventionsstaaten ergeben, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, wodurch sich für diese Einschränkungen in ihrer Gestaltungsfreiheit bei der Regelung des Einwanderungs- und Aufenthaltsrechts bis hin zu Pflicht, Einreise oder Aufenthalt zu gewähren, ergeben könnten (vgl. etwa VfGH vom 14.03.2018, E 4329/2017, G 408/2017). In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch Immigration betreffen würden, variiere das Ausmaß der staatlichen Verpflichtung, Verwandte von in dem Staat aufhältigen Personen zuzulassen, nach den besonderen Umständen der betroffenen Personen und dem Allgemeininteresse (vgl. EGMR vom 03.10.2014, Jeunesse, Nr. 12.738/10). Wenn Kinder betroffen seien, müsse das Kindeswohl berücksichtigt werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verweise im Besonderen darauf, dass es einen breiten Konsens auch im Völkerrecht gebe, dass in allen Entscheidungen, die Kinder betreffen würden, deren Wohl von überragender Bedeutung sei (vgl. EGMR vom 03.10.2014, Jeunesse, Nr. 12.738/10). Weiters führt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10.10.2018 aus, dass der Gesetzgeber die so gezogenen Grenzen seines Gestaltungsspielraumes im Hinblick auf die Anforderungen von Art. 8 EMRK in § 35 Abs. 2 AsylG nicht überschritten habe.

In weiterer Folge führte der Verfassungsgerichtshof in dem oben wiedergegebenen Erkenntnis vom 10.10.2018, E 4248-4251/2017-20, zusammenfassend aus, dass sich vor diesem Hintergrund der Umstand, dass die dreijährige Wartefrist generell - und unter Ausschluss einer Abwägung der Umstände im Einzelfall - angeordnet sei, als verfassungsrechtlich unbedenklich erweise. Dem Gesetzgeber sei – auch unter dem Gesichtspunkt, dass diese Frist einen Eingriff in das Recht auf Familienleben (und zwar regelmäßig von Kindern) nach Art. 8 EMRK bedeute – nicht entgegenzutreten, wenn er angesichts des provisorischen Charakters des Aufenthalts subsidiär Schutzberechtigter für den Fall des Familiennachzugs in diesen drei Jahren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehe und eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erst für die Zeit nach Ablauf dieses begrenzten Zeitraums vorsehe. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegte – unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 10.10.2018, E 4248-4251/2017 – an der Verfassungskonformität der in § 35 Abs 2 erster Satz AsylG 2005 normierten Frist keine Bedenken (vgl VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0029 bis 0039-3).

Daran ändert auch die Argumentation in den gegenständlichen Verfahren nichts, dass die Antragstellung im vorliegenden Fall vor Ablauf der dreijährigen Wartefrist erfolgen „musste“, da andernfalls (bei Abwarten der Frist) (zumindest) die Zweitbeschwerdeführerin bereits volljährig und sohin keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG mehr wäre. Wie den oben dargelegten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zu entnehmen ist, ist die dreijährige Wartefrist unter Ausschluss der Umstände im Einzelfall angeordnet und kommt sohin der diesbezüglichen Argumentation der Beschwerdeführer – bei Abwarten der dreijährigen Frist wäre die Zweitbeschwerdeführerin (aufgrund Volljährigkeit) keine Familienangehörige mehr – keine Relevanz zu. Im Hinblick darauf ist auch festzuhalten, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht hatte, in Fällen wie dem vorliegenden – Wegfall der Eigenschaft als Familienangehörige/r bei Abwarten der dreijährigen Frist – eine Ausnahme zu statuieren.

Wenn die Beschwerdeführer eine (aus ihrer Sicht) „massive Ungleichbehandlung“ zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten (bzw. deren Familienangehörigen) in den Raum stellen, ist ebenfalls auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, E 4248-4251/2017-20, zu verweisen, in welchem der Gerichtshof auch zu dieser Frage Stellung bezieht und ausführt, dass in der Differenzierung zwischen Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten keine unsachliche Ungleichbehandlung erblickt werden könne, zumal zwischen diesen Gruppen im ausreichenden Maße Unterschiede bestünden, die eine Differenzierung zu rechtfertigen vermögen. Beiden Personengruppen sei zwar gemeinsam, dass derzeit eine Rückkehr in den Herkunftsstaat (den sie aus unterschiedlichen Gründen verlassen hätten) nicht möglich sei und sie sich diesbezüglich in im Wesentlichen vergleichbaren Lebenssituationen befänden. Allerdings würden subsidiär Schutzberechtigte von vornherein nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr erhalten, welches (bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen) verlängert werden könne, weil davon ausgegangen werde, dass jene Umstände, die typischerweise subsidiären Schutz rechtfertigen würden, eher vorübergehenden Charakter hätten und rascher beendet sein könnten, als dies im allgemeinen bei systematischen Verfolgungen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen angenommen werden könne. Dieser vorübergehende Charakter des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die damit verbundene Möglichkeit des zeitnahen Verlustes des Aufenthaltsrechts im Fall der Besserung der Sicherheitslage würden es rechtfertigen, den Familiennachzug von Angehörigen subsidiär Schutzberechtigter erst nach einer bestimmten Wartefrist zuzulassen. Bei der vom Gesetzgeber gewählten Frist von drei Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten könne davon ausgegangen werden, dass der provisorische Charakter des Aufenthalts nach Ablauf dieser Zeitspanne nicht mehr vorliege und eine gewisse Verfestigung des Aufenthalts bereits eingetreten sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass Asylberechtigte seit der Asylrechtsnovelle 2016, BGBl. I 24/2016, zunächst nur eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten würden, zumal diese nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ex lege zu einer unbefristeten Berechtigung werde, wenn kein Aberkennungsverfahren eingeleitet werde.

Ergänzend wird noch darauf verwiesen, dass nicht ersichtlich ist, dass die Behörde das Kindeswohl unberücksichtigt gelassen hat, wenn sie den gesetzlichen Vorschriften – der Einhaltung der dreijährigen Wartefrist – den Vorrang gibt. Es kann nicht erkannt werden, aus welchen Gründen in Fällen wie dem vorliegenden von der Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen dreijährigen Wartefrist des § 35 Abs. 2 AsylG Abstand genommen werden sollte, offensichtlich lediglich aus dem Grund, dass dann bereits volljährigen Antragstellern die Antragstellung als Familienangehöriger im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG ermöglicht werden soll. Eine solche Vorgehensweise liegt weder in der Absicht bzw. im Willen des Gesetzgebers noch ist sie – wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist – verfassungswidrig, weist doch der Verfassungsgerichtshof selbst darauf hin, dass auch unter dem Gesichtspunkt, dass diese Frist einen Eingriff in das Recht auf Familienleben – und zwar regelmäßig auch von Kindern – nach Art. 8 EMRK bedeute, der Ansicht des Gesetzgebers betreffend die dreijährige Wartefrist für den Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter nicht entgegenzutreten sei.

Die Behörde hat im Verfahren auch nicht Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung verletzt, da dieser Rechtsakt auf Verfahren betreffend den Nachzug von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter nach seinem Art. 3 Abs. 2 keine Anwendung findet. Die in § 35 AsylG normierte Differenzierung von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen des Familiennachzugs findet vor diesem Hintergrund eine sachliche Rechtfertigung (vgl. neben den obigen Ausführungen auch die Erläuterungen zur RV 996 BlgNR 25. GP 5). Allfällige Bestrebungen einer Angleichung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an jenen des Asylberechtigten im Unionsrecht führen jedenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung.

Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass eine nähere Auseinandersetzung mit der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG unterbleiben kann, da zweifelsfrei feststeht, dass die dreijährige Wartefrist nach Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson nicht eingehalten wurde und sich somit ein näheres Eingehen auf die (weiteren) Erteilungsvoraussetzungen bzw ein Absehen von diesen erübrigt.

Da es den gegenständlichen Anträgen aufgrund obiger Ausführungen gemäß § 35 Abs. 2 AsylG idgF an einer zwingenden Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt, hätte die belangte Behörde die Anträge auf Erteilung der Einreisetitel mit den angefochtenen Bescheiden nicht ab-, sondern zurückweisen müssen. Der Spruch der angefochtenen Bescheide war daher mit der spruchgemäßen Maßgabe abzuändern und die dagegen erhobenen Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 35 AsylG 2005 idgF abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die dreijährige Wartefrist mittlerweile abgelaufen ist und der Erstbeschwerdeführerin und den noch minderjährigen Beschwerdeführern die Möglichkeit offensteht, neuerlich Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln zu stellen.

Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung humanitärer Einreisetitel besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Einreisetitel Familienangehöriger Familienverfahren Frist Kindeswohl Privat- und Familienleben Prognose subsidiärer Schutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2209933.1.00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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