Entscheidungsdatum
15.12.2020Index
L82006 Bauordnung SteiermarkNorm
BauG Stmk 1995 §22 Abs2 Z2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter
Mag. Bernhard Peter Lindner über die Beschwerde des Herrn C D und der Frau E F, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Deutschlandsberg vom 09.07.2020, GZ: 030-000/B2020071/EdD/WiE,
z u R e c h t e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet
abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Beschwerdegegenstand, Verfahrensgang:
1. Beschwerdegegenstand
1.1 Bekämpfter Bescheid
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Deutschlandsberg (im Folgenden belangte Behörde) vom 09.07.2020, GZ: 030-000/B2020071/EdD/WiE, wurde der A B GmbH (im Folgenden Bauwerberin) die Genehmigung zur Aufstellung von Klimageräten und Werbeeinrichtungen auf dem Grundstück Nr. X, KG G erteilt.
1.2 Beschwerde
Mit der fristgerechten Beschwerde vom 18.07.2020 führten Herr C D und Frau E F (im Folgenden Beschwerdeführer) im Wesentlichen folgende Beschwerdepunkte ins Treffen:
? Die A B GmbH sei keine Eigentümerin der Geschäftsräume und würde für die beantragte Genehmigung die Einstimmigkeit der Eigentümergemeinschaft erforderlich sein. Demzufolge dürfe keine baubehördliche Bewilligung erteilt werden.
? Durch die Klimageräte würden die Richtwerte für Emissionen bei weitem überschritten werden. Darüber hinaus würden die Betriebszeiten und die technischen Datenblätter der Klimageräte im Bescheid keine Erwähnung finden.
Demzufolge wird beantragt, das Landesverwaltungsgericht Steiermark möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben.
2. Verfahrensgang
Am 16.09.2020 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Mit Eingabe vom 06.11.2020 wurde die Zustimmungserklärung der Mehrheit der Miteigentümer von Seiten der Bauwerberin nachgereicht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
II. Feststellungen
Auf Grundlage des dem Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Eingabe vom 31.07.2020 vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie der geführten Ermittlungsschritte des erkennenden Gerichts, geht das Landesverwaltungsgericht Steiermark von nachstehenden entscheidungsrelevanten Feststellungen aus:
Mit Ansuchen vom 13.05.2020 beantragte die Bauwerberin die baurechtliche Bewilligung für den Umbau des bestehenden Geschäfts, die Errichtung von Werbeeinrichtungen/Fassadengestaltung sowie die Aufstellung von Klimageräten. Das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück Nr. X, KG G, befindet sich im Miteigentum und wurde die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002 zum Bauvorhaben erteilt.
Es liegt die liquide – also unstrittige – Zustimmung von 2.336 Anteilen von
2.964 Anteilen vor. 628 Anteile stimmten dem Bauvorhaben nicht zu.
III. Beweiswürdigung
Die gemachten Feststellungen gründen sich in erster Linie auf den vorgelegten Verwaltungsakt der Verwaltungsbehörde sowie der im Zuge des gerichtlichen Verfahrens nachgereichten Zustimmungsliste der Miteigentümer. Zumal es sich überwiegend um die Lösung einer Rechtsfrage handelt, erübrigen sich weitere beweiswürdigende Ausführungen.
IV. Erwägungen
In Subsumtion dieses Sachverhaltes unter die nachstehenden Normen, hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark im Verwaltungsgegenstand erwogen wie folgt:
1. Allgemeines
Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nichts anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.
Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Das Verwaltungsgericht hat somit in Anwendung der Bestimmungen der
§§ 17 ff VwGVG über die Beschwerde zu erkennen.
2. Die für die Entscheidung maßgeblichen Bestimmungen
Die entscheidungsrelevanten Normen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 (im Folgenden Stmk. BauG ) LGBl. Nr. 59/1995 idF LGBl. Nr. 11/2020 (Ansuchen vom 05.06.2020) lauten wie folgt:
§ 22Ansuchen(1) Um die Erteilung der Baubewilligung ist bei der Behörde schriftlich anzusuchen.
(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:
1.
der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an dem für die Bebauung vorgesehenen Grundstück in Form einer amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen;
2.
die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht selbst Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist oder die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002 idF BGBl. I Nr. 58/2018;
2a.
die gegebenenfalls erforderliche Zustimmung bzw. Bewilligung der Straßenverwaltung nach den landes-straßenverwaltungsrechtlichen Bestimmungen;
3.
der Nachweis, dass der Bauplatz – sofern dieser nicht in zwei Katastralgemeinden liegt – aus einem Grundstück im Sinn des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968 idF BGBl. I Nr. 51/2016, besteht. Der Nachweis kann entfallen
-
für bestehende Bauten,
-
für Bauten, die sich auf Grund ihrer Funktion üblicherweise über zwei Grundstücke erstrecken,
–
wenn rechtswirksame Bebauungspläne bestehen, denen ein Teilungsplan zugrunde liegt
-
sowie bei land- und forstwirtschaftlichen Bauten im Freiland;
4.
ein Verzeichnis der Grundstücke, die bis zu 30,0 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, jeweils mit Namen und Anschriften der Eigentümer dieser Grundstücke;
5.
Angaben über die Bauplatzeignung;
6.
das Projekt in zweifacher Ausfertigung. Bei elektronischer Einbringung des Projektes genügt eine Ausfertigung.
(3) Wenn aus den im Abs.2 angeführten Unterlagen allein nicht beurteilt werden kann, ob das geplante Bauvorhaben den Vorschriften dieses Gesetzes entspricht, sind auf Verlangen der Behörde weitere Nachweise, insbesondere über die Standsicherheit, die Tragfähigkeit des Bodens, die Einhaltung des Brand- und Schallschutzes u. dgl. sowie ein Höhenschichtlinienplan zu erbringen.
(4) Die Behörde kann von der Beibringung einzelner in Abs. 2 angeführten Unterlagen absehen, wenn die Unterlagen zur Beurteilung des Vorhabens ausreichend sind.
(5) Wird der Nachweis gemäß Abs. 2 Z 3 dem Ansuchen nicht angeschlossen, so muß dieser spätestens vor Erteilung der Baubewilligung erbracht werden.
(6) Der Bauwerber besitzt die Wahlmöglichkeit, ein Gesamtbauvorhaben, das aus baubewilligungspflichtigen Vorhaben gemäß § 19 und baubewilligungspflichtigen Vorhaben im vereinfachten Verfahren gemäß § 20 besteht, als baubewilligungspflichtiges Vorhaben gemäß § 19 Z 8 einzureichen. Hinsichtlich der dem Bauansuchen betreffend ein baubewilligungspflichtiges Vorhaben im vereinfachten Verfahren anzuschließenden Unterlagen ist § 33 Abs. 2 und 3 anzuwenden. § 33 Abs. 5 gilt sinngemäß.
3. Rechtliche Erwägungen
Die Grundeigentümer (wenn sie selbst nicht Bauwerber sind) nehmen an der Bauverhandlung grundsätzlich nur hinsichtlich der Frage teil, ob die nach ständiger Rechtsprechung des VwGH liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung zum Bauvorhaben vorliegt oder nicht. So gesehen genießen die Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren eine sehr eingeschränkte Parteistellung (vgl. VwGH 18.09.1990, 90/05/0073).
Seit der Novelle LGBl. Nr. 11/2020, in Kraft getreten am 04.02.2020, ist die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002 idF BGBl. I Nr. 58/2018 ausreichend um den Zustimmungsnachweis der Eigentümer zu erbringen. Aufgrund des klaren Wortlautes des Gesetzes bedarf es keiner über den Wortlaut hinausgehenden Interpretation (vgl. diesbezüglich LVwG Steiermark 28.10.2020, LVwG 50.32-1971/2020-10). Die Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder ein Mehrheitsbeschluss oder aber die Genehmigung durch den Außerstreitrichter ist für die Erlangung einer baurechtlichen Bewilligung sohin nicht (mehr) Voraussetzung für die Erteilung einer baurechtlichen Genehmigung (zur Rechtslage vor der Novelle LGBl. Nr. 11/2020
vgl. LVwG Steiermark 30.01.2018, LVwG 50.21-1001/2017).
Diese Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen konnte von Seiten der Bauwerberin, zumal ursprünglich mangelhaft vorgelegt, im gerichtlichen Verfahren nachgereicht werden. Demzufolge geht das Beschwerdevorbringen, wonach sämtliche Miteigentümer dem Bauvorhaben zustimmen müssten und sohin die erforderliche Zustimmung nicht gegeben sei, ins Leere. Darüberhinausgehende Rechte, welche auch vorgebracht wurden, kommen den Beschwerdeführern als Miteigentümer nicht zu.
Somit hat der Bauwerber einen Anspruch darauf, dass die Baugenehmigung bei Vorliegen der Zustimmung der Mehrheit an Anteilen nach dem Wohnungseigentumsgesetz und bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen erteilt wird.
Es ist auch verfassungsrechtlich nicht bedenklich, wenn Eingriffe in das Eigentum Dritter (hier der Beschwerdeführer) normiert werden, die im Privatinteresse liegen, der Zustimmung des Eigentümers bzw. der Miteigentümer bedürfen und die Frage, ob auf diese Zustimmung privatrechtlich ein Rechtsanspruch besteht, im Verwaltungsverfahren ausgeklammert bleibt (vgl. VwGH 13.10.2011, 2011/07/0174; VfGH 20.06.2011, B644/11).
Aus zivilrechtlicher Sicht darf ausgeführt werden, dass die Zulässigkeit der Änderung eines Wohnungseigentumsobjektes nach baurechtlichen Vorschriften für sich allein keine Duldungspflicht der anderen Wohnungseigentümer begründet
(vgl OGH 07.06.1995, RS0082982). Anders formuliert kann auch bei Vorliegen einer baurechtlichen Bewilligung nach zivilrechtlichen Vorschriften (hier WEG) die Verwirklichung des Projektes verhindert bzw. unzulässig sein.
Zusammenfassend liegt sohin die erforderliche Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz liquid vor und kommt den Beschwerdeführern darüber hinaus kein Mitspracherecht zu. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne
des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung
zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Zustimmung Bauansuchen, Mehrheit nach Anteilen ausreichend, Miteigentum, Mehrheitsbeschluss, EigentümergemeinschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.50.38.1794.2020Zuletzt aktualisiert am
08.01.2021