Entscheidungsdatum
25.09.2020Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W180 2169365-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Georg PECH in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2020, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Erster Antrag auf internationalen Schutz
1. Der Antragsteller, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.06.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
2. In seiner Erstbefragung am 13.06.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller zu seinem Fluchtgrund an, dass er aufgrund seiner Tätigkeit für die ausländischen Streitkräfte mit den Taliban in Konflikt geraten sei. Er sei von den Taliban mittels Drohbriefen und -anrufen aufgefordert worden, seine Tätigkeit aufzugeben. Er fürchte um sein Leben. Sonst habe er keine Fluchtgründe.
3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 22.03.2017 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er sei in der Provinz Wardak geboren, Dorf XXXX . Er sei sunnitischen Glaubens und nach islamischem Recht verheiratet. Er sei Bauarbeiter im Iran gewesen. Später habe er in Afghanistan als Verkäufer im Geschäft der Familie gearbeitet. Zuletzt sei er als Lieferant/Fahrer bei XXXX beschäftigt gewesen, wo er für das amerikanische Militär Öl geliefert habe. Er konkretisierte seine Fluchtgründe und führte aus, er habe einen Drohbrief von den Taliban erhalten, dessen Inhalt ihm sein Bruder telefonisch wiedergegeben habe, an den der Brief übergeben worden sei. Er solle binnen einer Woche seine Tätigkeit beenden und sich den Taliban anschließen. Nach Ablauf der Frist sei ein weiterer Brief gekommen. Erneut sei der Antragsteller selbst nicht zuhause gewesen, weshalb auch der zweite Brief seinem Bruder übergeben worden sei. Dieser habe dem Antragsteller telefonisch erzählt, dass gefragt werde, warum er der Anordnung nicht Folge geleistet habe. Er solle seine Tätigkeit binnen einer Woche beenden, sonst würden die Taliban die Familie töten. Daraufhin habe der Antragsteller das Land verlassen.
4. Mit Bescheid vom 14.08.2017, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den ersten Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte das Bundesamt dem Antragsteller keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Das Bundesamt stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters sprach das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
5. Der Antragsteller erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde und führte darin begründend zusammengefasst aus, er erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung von internationalem Schutz, da er von der bestechlichen afghanischen Polizei keinen Schutz vor den Taliban erhalte. Außerdem könne er auch in anderen Teilen Afghanistans keinen Schutz vor seinen Verfolgern finden, denn sie seien sehr gut vernetzt und fänden ihn überall. Des Weiteren habe er seit ca. acht Monaten keinen Kontakt zu seiner Frau und wisse nicht, ob es ihr gut gehe.
6. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, Zl. W262 2169365-1/12E, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.01.2020 als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst behauptet, dass er Afghanistan wegen der Taliban bzw. einer ihm drohenden Zwangsrekrutierung verlassen habe. Er habe jedoch eine Verfolgung im Sinne der GFK nicht glaubhaft darlegen können. Im Ergebnis habe auf Basis der Angaben des Antragstellers nicht festgestellt werden können, dass dieser als Lieferant für ausländische Streitkräfte tätig gewesen sei und vor seiner Ausreise einer konkreten individuellen Verfolgung in Form einer (versuchten) Zwangsrekrutierung durch Taliban oder ähnliche Gruppierungen ausgesetzt gewesen sei oder im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre. Abgesehen davon habe auch nicht festgestellt werden können, dass der Antragsteller ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder (von staatlichen Organen geduldet:) durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit (Paschtune), seiner Religion (sunnitischer Islam), Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte. Was den subsidiären Schutz betreffe, so scheide eine Rückkehr des Antragstellers in seine ursprüngliche Herkunftsprovinz Maidan Wardak aus, weil ihm dort aufgrund der vorherrschenden Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde, zumal die Provinz für ihn nicht sicher erreichbar wäre. Der gesunde und arbeitsfähige Antragsteller, der Berufserfahrung habe, könne jedoch in zumutbarer Weise auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in einer der relativ sicheren Städte Herat oder Mazar-e Sharif verwiesen werden. Er sei in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen, spreche Paschtu und Farsi und sei mit den kulturellen Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut. Schließlich habe der Antragsteller in Österreich zwar bereits Integrationsschritte gesetzt, dennoch würden in einer Gesamtabwägung die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die subjektiven Interessen des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.
Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs am 05.03.2020 in Rechtskraft.
7. Der Antragsteller kam in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nach Afghanistan nicht nach und versuchte am 05.07.2020 nach Deutschland auszureisen, wobei ihm von den deutschen Behörden die Einreise verweigert wurde und er an die österreichische Polizei übergeben wurde.
8. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 05.07.2020, Zl. XXXX , wurde über den Antragsteller gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und gegenständliches Verfahren über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005
9. Am 28.07.2020 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).
10. In der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller, befragt nach dem Grund für seine neuerliche Asylantragstellung, an, ihm habe jemand vom Verein für Menschenrechte gesagt, dass er nach Afghanistan zurück müsste. Er könne nicht zurück, weil er das alte Problem nach wie vor habe. Als er seinen negativen Asylbescheid bekommen habe, habe er nach Deutschland gewollt, sei aber von der deutschen Polizei aufgehalten und der österreichischen Polizei übergeben worden. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte er, getötet zu werden. Sein Bruder habe zwei Drohbriefe von den Taliban erhalten. Sie hätten den Antragsteller bedroht, ihn umzubringen, wenn er nicht mit ihnen zusammenarbeite. Mit der Regierung habe er keine Probleme, ihm drohe der Tod seitens der Taliban. In seiner Region gebe es nur Taliban, deshalb habe er Angst und könne nicht nach Afghanistan zurück. Befragt nach dem Zeitpunkt, seit wann ihm die Änderungen des Fluchtgrundes bekannt gewesen seien, gab er an, es gebe keine Änderung, er habe noch immer das gleiche Problem.
11. In der am 13.08.2020 mittels Videoübertragung durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Antragsteller im Wesentlichen vor, er wisse nicht, wie es seinen Familienangehörigen gehe, da er seit 16-17 Monaten keinen Kontakt mehr habe. Das Telefon dort gehe nicht mehr. Bezüglich seines Privat- oder Familienlebens habe sich seit Abschluss des Erstverfahrens nichts geändert. Er sei gesund und arbeitsfähig und benötige keine Medikamente. Er wurde befragt, ob er seit der ersten Antragstellung Österreich verlassen habe, und verneinte dies, er sei nur bis zur deutschen Grenze gekommen, es sei ihm aber nicht gelungen, nach Deutschland zu reisen. Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Asylantrag gestellt habe, antwortete der Antragsteller, er wolle nicht zurück in die Heimat, weil er Schwierigkeiten habe, und zwar jene, die er damals gehabt habe, sie bestünden noch immer. Österreich wolle ihn zurückschicken, er wolle aber auf keinen Fall zurück nach Afghanistan. Es gebe dort Krieg und keine Gesetze. Bezüglich seiner Ausreisegründe habe sich gegenüber dem ersten Verfahren nichts geändert, diese seien gleich geblieben. Der Antragsteller wurde nochmals explizit befragt, ob es stimme, dass seine Fluchtgründe für den gegenständlichen Antrag dieselben seien, welche er bereits im Erstasylverfahren angegeben habe, und dass es keine neuen Fluchtgründe gebe. Dies bejahte der Antragsteller.
12. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG 2005 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2020 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da das Bundesamt davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.
13. Am 07.09.2020 wurde der Antragsteller in Anwesenheit eines Rechtsberaters erneut mittels Videoübertragung vor dem Bundesamt einvernommen. Der Antragsteller gab zu seinem Gesundheitszustand an, er habe Stress und könne nicht gut schlafen, manchmal habe er Kopfschmerzen. Sonst gehe es ihm gut. Er halte seine Angaben aus der ersten Einvernahme aufrecht.
Mit im Anschluss an diese Einvernahme mündlich verkündetem Bescheid vom 07.09.2020, Zl. XXXX , der im Protokoll beurkundet wurde, hob das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorverfahren des Antragstellers sei mit 05.03.2020 rechtskräftig negativ entschieden worden. Auf die konkrete Frage, ob seine Fluchtgründe im gegenständlichen Verfahren dieselben wären, wie im Vorverfahren, habe er dies bestätigt. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert. Die gegen den Antragsteller ausgesprochene Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung sei aufrecht, zumal er zwischenzeitlich das Bundesgebiet noch nicht verlassen habe bzw. 18 Monate ab einer Ausreise noch nicht verstrichen seien. Er verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz sei voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, da der Antragsteller keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und er sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe, bzw. das Vorbringen jeglicher Glaubwürdigkeit entbehre. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, z.B. die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, seien bereits gegeben bzw. stünden unmittelbar bevor. Auch habe sich die allgemeine Lage im Herkunftsland des Antragstellers nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass seine Abschiebung in den Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen würde. Es möge zwar zutreffen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Afghanistan aufgrund der Maßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 verschlechtert hätten. Von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Verletzung von Art. 3 EMRK sei jedoch nur unter exzeptionellen Umständen auszugehen, nämlich dann, wenn dem Betroffenen im Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage entzogen sei. Zur Begründung einer diesbezüglich drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK sei es notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reiche hingegen nicht aus. Der Antragsteller gehöre nicht zu einer SARS-CoV-2 Risikogruppe. Er habe, bezogen auf die Auswirkungen der Pandemie, keinerlei Angaben gemacht, dass gerade bei ihm, fallbezogen als Einzelperson, Umstände vorlägen, dass eine Rückkehr eine Verletzung der nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte darstellen würde. Selbiges gelte auch für seine persönlichen Verhältnisse. Auch bezüglich dieser sei keine Veränderung in Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des Antragstellers in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben drohe, weshalb somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorlägen.
14. Am 07.09.2020, eingelangt am 10.09.2020, legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten amtswegig zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vor. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom selben Tag wurde das Einlangen der Akten gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG bestätigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der volljährige Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Er ist traditionell nach islamischem Recht verheiratet und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Paschtu, er spricht auch Farsi.
Er stammt aus der afghanischen Provinz Wardak, wo er auch aufwuchs und fünf Jahre lang die Schule besuchte. Der Antragsteller arbeitete für einige Jahre im Iran als Bauarbeiter und ansonsten in Afghanistan als Verkäufer und in der Landwirtschaft. Seine Familie (Ehefrau, Eltern und Geschwister) lebt nach wie vor in Afghanistan.
Der Antragsteller ist jung und arbeitsfähig und leidet an keiner ernsten oder lebensbedrohlichen Erkrankung, die seiner Rückkehr nach Afghanistan im Wege stehen würde. Er gehört nicht zur COVID-19-Risikogruppe, somit ist sein Risiko, an COVID-19 zu erkranken, sehr niedrig.
Er hat in Österreich keine Familienangehörigen und verfügt hier auch sonst über keine ausgeprägten sozialen Bindungen.
Der Antragsteller ist strafgerichtlich unbescholten.
Er hält sich zumindest seit 11.06.2015 im Bundesgebiet auf, wobei er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügte.
Der Antragsteller stellte am 11.06.2015 in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen damit, dass er als Lieferant für ausländische Streitkräfte gearbeitet habe und deswegen Drohbriefe der Taliban erhalten habe. Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan fürchte er, von den Taliban getötet zu werden.
Mit Bescheid vom 14.08.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den ersten Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Gemäß § 57 AsylG 2005 erteilte das Bundesamt dem Antragsteller keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Das Bundesamt stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters sprach das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Antragstellers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, Zl. W262 2169365-1/12E, als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 05.03.2020 in Rechtskraft.
Der Antragsteller kam in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nach Afghanistan nicht nach und versuchte am 05.07.2020 erfolglos nach Deutschland auszureisen.
Am 05.07.2020 wurde über den Antragsteller die Schubhaft verhängt.
Am 28.07.2020 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er in der durchgeführten Erstbefragung sowie in der Einvernahme an, dass seine Fluchtgründe dieselben seien, welche er bereits im Erstverfahren angegeben habe.
Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 07.09.2020, Zl. XXXX , hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 auf.
Eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts, insbesondere der persönlichen Situation des Antragstellers sowie der Ländersituation im Herkunftsstaat, ist seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht eingetreten.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des gegenständlichen Folgeantragsverfahrens und in die den Antragsteller betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsakte des Vorverfahrens sowie in das Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019 (letzte Information eingefügt am 21.07.2020).
Die Feststellungen zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zum Familienstand und zu den Sprachkenntnissen des Antragstellers, sowie auch zu seiner Herkunft, seinen familiären und persönlichen Verhältnissen, seiner Schul- und Berufslaufbahn und zum derzeitigen Aufenthaltsort seiner Familie ergeben sich aus dem bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz festgestellten Sachverhalt sowie auch aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen des Bundesamtes im gegenständlichen Bescheid gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es haben sich daran im weiteren Verfahren keine Zweifel ergeben, zumal der Antragsteller diese Angaben anlässlich seiner Befragung im Folgeverfahren bestätigte.
Die Arbeitsfähigkeit des Antragstellers ergibt sich ebenfalls aus den bereits vom Bundesverwaltungsgericht im Erstverfahren festgestellten Sachverhalt. In der Einvernahme im Folgeantragsverfahren wurde der Antragsteller zudem auch nach seiner Arbeitsfähigkeit befragt, was dieser bejahte. Was den Gesundheitszustand des Antragstellers betrifft, so gab dieser in der Einvernahme am 07.09.2020 an, er habe Stress und könne nicht gut schlafen, manchmal habe er Kopfschmerzen. Sonst gehe es ihm gut. Bei diesen Beschwerden handelt es sich jedoch um keine schwerwiegenden Symptome, sodass die Feststellung getroffen werden konnte, dass der Antragsteller an keiner ernsten oder lebensbedrohlichen Erkrankung leidet. Dass die Beschwerden die Arbeitsfähigkeit des Antragstellers beeinträchtigen würden, hat er nicht angegeben. Dass der Antragsteller nicht zur COVID-19-Risikogruppe gehört, ergibt sich aus einer Nachschau in der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BGBl. II Nr. 203/2020). Der Antragsteller hat im Verfahren nicht behauptet, einer Risikogruppe anzugehören oder einer ihn treffenden besonderen Gefährdung aufgrund der COVID-19-Pandemie ausgesetzt zu sein.
Dass der Antragsteller in Österreich keine Familienangehörigen hat und auch sonst nicht über außergewöhnliche soziale Bindungen verfügt, ergibt sich aus dem im Erstverfahren festgestellten Sachverhalt und aus der Aktenlage. Der Antragsteller hat auch im Folgeantragsverfahren keine verdichtete Integration geltend gemacht. Er hat zudem angegeben, seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens habe es keine Änderung in seinem Privat- oder Familienleben gegeben.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Antragstellers ergibt sich aus einer Einschau in das Strafregister.
Der Antragsteller hat nie angegeben, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.
Die Feststellungen zum Gang des ersten Asylverfahrens und zum Verlauf des gegenständlichen Verfahrens wurden auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes getroffen.
Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts nicht eingetreten ist, ergibt sich hinsichtlich der Fluchtgründe des Antragstellers aus einer Zusammenschau der von ihm im Erstverfahren sowie im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Verfolgungsbehauptungen. Im ersten Asylverfahren gab der Antragsteller an, dass er aufgrund seiner Tätigkeit für die ausländischen Streitkräfte mit den Taliban in Konflikt geraten sei. Er sei von den Taliban mittels an seinen Bruder gerichteten Drohbriefen aufgefordert worden, seine Tätigkeit aufzugeben. Von ebendieser Bedrohung sprach der Antragsteller wieder im Folgeantragsverfahren (sein Bruder habe zwei Drohbriefe von den Taliban erhalten, sie hätten den Antragsteller bedroht, ihn umzubringen, wenn er nicht mit ihnen zusammenarbeite). Zudem gab der Antragsteller auch auf mehrmaliges Nachfragen vor dem Bundesamt explizit an, seine damaligen Schwierigkeiten bestünden noch immer, seine Ausreisegründe seien gegenüber dem ersten Verfahren gleich geblieben und er habe keine neuen Fluchtgründe.
Dass die allgemeine Situation in Afghanistan – soweit sie den Antragsteller betrifft – seit der Erlassung der Rückkehrentscheidung im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in Afghanistan für den Antragsteller nicht geändert hat, ergibt sich aus den vom Bundesamt im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderinformationsquellen, die dem Antragsteller in der Einvernahme zur Kenntnis gebracht worden sind, und denen er nicht substantiiert entgegen getreten ist, in Zusammenschau mit den im Erstverfahren zugrunde gelegten Länderinformationen. Sowohl bei den vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 05.03.2020 als auch vom Bundesamt im gegenständlichen Bescheid vom 07.09.2020 herangezogenen Länderinformationen handelt es sich um das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019. Dass es zwischenzeitlich zu einer relevanten Änderung gekommen wäre, hat der Antragsteller auch nicht behauptet, er hat in den Einvernahmen lediglich unsubstantiiert angegeben, „die Situation dort“ verschlechtere sich und es herrsche dort Krieg. Wie bereits das Bundesamt im mündlich verkündeten Bescheid ausführte, hat der Antragsteller damit aber keine individuelle Bedrohung für ihn als Person vorgebracht.
Auch wenn insgesamt durch das Auftreten einer allgemeinen Hungersnot, durch Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse, Gründe auftreten können, die eine relevante Änderung der Lage indizieren können, so war dennoch bezogen auf die Corona-Epidemie im gegenständlichen Verfahren das Vorliegen einer verfahrenswesentlichen Änderung der Lage im Herkunftsstaat auch bei einer amtswegigen Überprüfung der relevanten Situation nicht zu erkennen. So gibt es auch unter Berücksichtigung dieser Epidemie keine Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im gesamten Herkunftsstaat des Antragstellers.
Der Antragsteller hat in den Einvernahmen zum gegenständlichen Folgeantrag angegeben, er wisse nicht, wie es seinen Familienangehörigen gehe, da er seit 16-17 Monaten keinen Kontakt mehr zu ihnen habe. Das Telefon dort gehe nicht mehr. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Antragsteller jedoch nicht, eine entscheidungswesentliche Änderung seiner persönlichen Situation darzutun. Das Bundesverwaltungsgericht ging im Erkenntnis vom 05.03.2020 zwar davon aus, dass der Antragsteller in regelmäßigem telefonischem Kontakt zu seiner Ehefrau steht und dass er finanzielle Unterstützung von seiner Familie erhalten könnte. Dennoch vermag das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen, dass der vom Antragsteller behauptete verlorene Kontakt zu seiner Familie – abgesehen davon, ob diesem Vorbringen überhaupt ein glaubhafter Kern zuzusprechen wäre und alternativ, ob es dem Antragsteller nicht etwa möglich wäre, per Brief mit seiner Familie in Kontakt zu treten – voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde. Das Bundesverwaltungsgericht stützte seine Entscheidung vom 05.03.2020 nämlich nicht primär darauf, dass der Antragsteller auf finanzielle Unterstützung durch seine Familie angewiesen wäre, sondern stellte eine mögliche Unterstützung nur zusätzlich fest. Vielmehr ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragsteller gesund und arbeitsfähig ist, Schulbildung und Berufserfahrung hat und anfänglich auch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten verrichten könnte, zumal er in der Vergangenheit auch körperlich schwere Arbeit verrichtet hat. Zudem wurde ausgeführt, dass der Antragsteller im afghanischen Familienverband aufgewachsen ist, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates und mit den Sprachen Paschtu und Farsi vertraut ist und dass es ihm auch möglich wäre, Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Angesichts dieser beim Antragsteller vorliegenden individuellen Faktoren ist ersichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht primär angenommen hat, der Antragsteller könnte sich im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan aus Eigenem seinen Lebensunterhalt verdienen. Hinzuzufügen ist, dass der Antragsteller im Folgeantragsverfahren auch nicht vorgebracht hat, der fehlende Kontakt zu seiner Familie würde ihm eine Rückkehr nach Afghanistan verunmöglichen. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. etwa VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0309). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt, dass einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden kann, und dass selbst der Umstand, dass ein Asylwerber in seinem Herkunftsstaat über keine familiären Kontakte verfüge, die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht hindere (vgl. VwGH 13.02.2020, Ra 2019/19/0406; 15.04.2020, Ra 2019/20/0340).
Somit konnte aber in einer Prognoseentscheidung insgesamt nur von einer voraussichtlichen Zurückweisung des vom Antragsteller gestellten Folgeantrags ausgegangen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A)
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.
Daher war diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 BFA-VG dahingehend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.
§ 12 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:
„Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.“
§12a Abs. 2 AsylG 2005 lautet:
„Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“
Ein Folgeantrag ist nach § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:
„Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.“
§ 22 BFA-VG lautet:
„Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.“
Im vorliegenden Fall bedeutet dies:
1. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 (aufrechte Rückkehrentscheidung):
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2017, der insoweit durch das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, Zl. W262 2169365-1/12E, vollinhaltlich bestätigt wurde, wurde gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen. Gegen den Antragsteller besteht damit eine aufrechte Rückkehrentscheidung, zumal 18 Monate nicht vergangen sind und er das Bundesgebiet nicht verlassen hat (es gelang ihm nicht, nach Deutschland auszureisen).
2. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 (res iudicata – entschiedene Sache):
Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet – unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU – etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).
§12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine voraussichtliche Antragszurückweisung (vgl. Muzak, Die Einschränkungen des faktischen Abschiebeschutzes im Asylverfahren, migralex 2010, 2 [4]); die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens (vgl. RV 330 BlgNR 24. GP). Darüber hinaus sieht §12a Abs. 2 Z 3 leg.cit. vor, dass vor Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und damit vor der möglichen Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erneut eine Refoulement-Prüfung nach Art. 2 und 3 EMRK sowie eine Interessenabwägung iSv Art. 8 EMRK vorzunehmen sind (vgl. VfGH 10.10.2018, G186/2018 ua).
Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhalts die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne deren sachliche Richtigkeit nochmals zu überprüfen (vgl. VwGH 28.04.2017, Ra 2017/03/0027). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 28.08.2019, Ra 2019/14/0091). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat – von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen – im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198).
Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), sohin jene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, mit der die Beschwerde des Antragstellers betreffend das erste Asylverfahren als unbegründet abgewiesen wurde.
Im gegenständlichen Verfahren hat der Antragsteller erklärt, dass er seine Gründe aus der Vergleichsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020 aufrechterhalte. Er behauptet damit das Fortbestehen des bereits erstatteten Vorbringens. Dieses wurde bereits in der Entscheidung vom 05.03.2020 rechtskräftig als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant beurteilt. Diesem Vorbringen steht daher die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684).
Gegen den Antragsteller besteht seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020 eine aufrechte Rückkehrentscheidung. Der Antragsteller ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, zumal er weder in den Herkunftsstaat, noch in ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder in einen anderen Drittstaat ausgereist ist.
Das Bundesamt konnte auf Grundlage des von ihm bis dahin durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts auch nachvollziehbar von der Prognose ausgehen, dass der gegenständliche Folgeantrag auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen sein würde, weil keine entscheidungswesentlichen Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten seien. Dabei ist der Umstand relevant, ob vor dem Bundesamt neue, mit einem glaubhaften Kern versehene Tatsachen vorgebracht wurden, die eine andere Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten indizieren können.
Wie bereits vom Bundesamt ausgeführt, hat der Antragsteller zur Begründung seiner neuerlichen Antragstellung keine Sachverhalte dargetan, die geeignet sind, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen, zumal er erklärte, dass seine Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien.
Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, sodass auch § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verwirklicht ist.
3. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 (Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK):
Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes normiert § 12a Abs. 2 AsylG 2005 in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, Zl. W262 2169365-1/12E, wurde ausgesprochen, dass für den Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Städte Herat und Mazar-e Sharif nicht gegeben sind und dass von einer Zulässigkeit der Abschiebung auszugehen ist. Somit wäre er bei seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt und für ihn würde als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen.
Auch im zweiten Asylverfahren bzw. im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Antragstellers in seinen Heimatstaat Afghanistan im Sinne dieser Bestimmungen spricht:
Bei der Beurteilung betreffend einen drohenden Verstoß gegen Art. 2 oder 3 EMRK ist stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0482).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (z.B. VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).
Die Außerlandesschaffung in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059).
Es sind keine erheblichen, in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Antragstellers wurde kein entsprechendes Vorbringen hierzu getätigt. Der Antragsteller ist bis auf einige leichte Beschwerden gesund und gehört nicht zur COVID-19-Risikogruppe. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, besteht keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung nach Art. 3 EMRK alleine aufgrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie sowie keine Hinweise einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage im gesamten Herkunftsstaat. Auf den nicht entscheidungswesentlichen Aspekt des fehlenden Kontaktes des Antragstellers zu seiner Familie wurde oben in der Beweiswürdigung bereits eingegangen. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt worden bzw. amtswegig hervorgekommen, dass der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr ausgesetzt wäre. Es sind im Verfahren somit keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr ein „reales Risiko“ einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder die Todesstrafe droht. Vielmehr handelt es sich beim Antragsteller um einen im Allgemeinen gesunden, arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Insbesondere in Bezug auf Herat und Mazar-e Sharif stellt sich auch die Sicherheitslage nicht derartig dar, dass ihm bei einer Rückkehr dorthin eine reale Gefahr der Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK droht.
Auch eine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 8 EMRK liegt nicht vor bzw. ist ein Eingriff in die Rechte nach Art. 8 EMRK (Familien- und Privatleben) gerechtfertigt:
Der Antragsteller befindet sich zwar seit dem Jahr 2015 im Bundesgebiet. Bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020 wurde der Eingriff in das Privatleben des Antragstellers jedoch als verhältnismäßig angesehen, zumal er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Verfahrens auf internationalen Schutz verfügte, Leistungen aus der Grundversorgung bezog, nicht über eigene, den Lebensunterhalt deckende Mittel verfügte und keine außergewöhnlich verdichtete bzw. entscheidungswesentliche Integration aufwies. Daran hat sich seit rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens nichts geändert, zumal der Antragsteller selbst angegeben hat, es habe seitdem keine Änderung in seinem Privat- oder Familienleben gegeben.
Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt – nach der Prüfung des Aktes im hier erforderlichen Ausmaß – aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt.
Unter Hinweis auf die im Verwaltungsakt einliegenden Länderberichte ist davon auszugehen, dass für den Antragsteller als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
4. Rechtmäßigkeit des Verfahrens:
Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.
Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.
Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Form eines Beschlusses zu entscheiden. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag non-refoulement Prüfung Pandemie RisikogruppeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2169365.2.00Im RIS seit
08.01.2021Zuletzt aktualisiert am
08.01.2021