Entscheidungsdatum
30.09.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W123 2164513-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zl. 640705502-181198679/BMI-EAST_WEST, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 02.08.2013 reiste der Beschwerdeführer von Ungarn aus illegal ins Bundesgebiet ein, und brachte am 10.08.2013 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) ein.
2. Am 13.08.2013 wurde er vor einem Organ des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Einvernahme erklärte er, dass er im Fall einer etwaigen Rückkehr in den Kosovo befürchte, dass er von Moslems umgebracht werden würde.
3. Mit Bescheid vom 14.08.2013, Zl. 13 11.568-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und sprach die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus (Spruchpunkt III.). Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
4.. Mit Beschluss vom 05.09.2013, Zl. B4 437.488-1/2013/5Z, erkannte der Asylgerichtshof der gegen den vorbezeichneten Bescheid gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu.
5. Mit Erkenntnis vom 02.10.2013, Zl. B4-437.488-1/2013/10E, behob der Asylgerichtshof den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG iVm. § 23 Abs. 1 AsylGHG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.
6. Am 26.02.2014 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) neuerlich niederschriftlich einvernommen. Anlässlich dieser Befragung gab er im Wesentlichen kurz zusammengefasst an, dass er während seines Aufenthaltes in Kosovo wegen seiner Homosexualität von streng muslimisch orientierten Albanern geschlagen und misshandelt worden sei. Zwar habe er diesen Vorfall der Polizei angezeigt, doch habe diese, obwohl sie die Täter gekannt hätten, nichts dagegen unternommen. Er sei auch von Polizisten geschlagen worden.
7. Mit Bescheid vom 27.03.2014, Zl. 640.705.502-1702555, wies die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz vom 10.08.2013 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Die belangte Behörde sprach weiter aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.03.2015 erteilt werde.
8. Mit Eingabe vom 10.02.2015 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die bis 27.03.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung zu verlängern.
Begründend führte er im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass sich weder die Lage in seinem Heimatstaat, noch seine persönliche Situation dergestalt verbessert hätte, dass eine Abschiebung nun zulässig wäre. Er sei im Kosovo nach wie vor gefährdet, weshalb er weiterhin Schutz benötige.
9. In Erledigung dieses Antrages sprach die belangte Behörde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 20.03.2015, Zl. 640.705.502-1702555, aus, dass dem Beschwerdeführer die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.03.2017 befristet erteilt werde.
10. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 18.09.2015, Zl. 144 Hv 107/15h, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 und 84 Abs. 2 Z 2 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wurden bei ihm die Unbescholtenheit und das teilweise Geständnis mildernd und erschwerend den Umstand gewertet, dass zwei Opfer verletzt wurden.
11. Mit rechtskräftigem Urteil vom 06.07.2016, Zl. 114 Hv 40/16m, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, wovon ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das Geständnis mildernd und erschwerend das Faktum einer einschlägigen Vorstrafe, weiter die Straftatsetzung innerhalb offener Probezeit und die Verwendung eines Messers als Drohmittel.
12. Am 02.02.2017 stellte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte und führte dazu aus, dass sich die Lage im Kosovo nicht so weit gebessert hätte, dass eine Abschiebung nun für zulässig erklärt werden könnte.
13. Mit Schreiben vom 23.02.2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass derzeit geprüft werde, ob der ihm mit Bescheid vom 27.03.2014 zuerkannte subsidiäre Schutz in Ansehung zweier strafgerichtlicher Verurteilungen des Beschwerdeführers abzuerkennen sei.
14. Mit seiner an die belangte Behörde gerichteten Stellungnahme vom 23.03.2017 begehrte er die Einstellung des Verfahrens und bekräftigte seinen auf die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gerichteten Antrag.
15. Mit Bescheid vom 20.06.2017, Zl. 640705502-170241331, sprach die belangte Behörde aus, dass der dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 27.03.2014 gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und ihm die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen werde und sprach aus, dass er zur Rückstellung der Aufenthaltsberechtigungskarte verpflichtet sei (Spruchpunkt I.) und dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.). Darüber hinaus erließ die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG 2005 (Spruchpunkt III.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Kosovo gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.). Gleichzeitig wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
16. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 05.07.2017 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.10.2017 mit Erkenntnis des BVwG vom 31.10.2017, GZ: G307 2164513-1/16E, als unbegründet abgewiesen wurde.
17. Das Bundesverwaltungsgericht traf dabei umfassende Feststellungen zum sozialen Hintergrund des Beschwerdeführers, seiner Situation im Falle einer Rückkehr sowie zu seinem Leben in Österreich. Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde als nicht schlüssig und widersprüchlich beurteilt, und es wurde nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung oder Bedrohung im Kosovo ausgesetzt sei oder eine solche zu befürchten hätte. Die Gefährdung aufgrund seiner sexuellen Orientierung habe der Beschwerdeführer erst im Zuge von weiteren Einvernahmen vorgebracht und wurde vom erkennenden Richter daher als konstruiert angesehen. Darüber hinaus ergebe sich aufgrund der sexuellen Neigung des Beschwerdeführers laut den dem BVwG vorliegenden Länderberichten keine akute Gefährdungslage für homosexuelle Bevölkerungsgruppen, weil der gesetzliche Schutz von Homosexuellen weiter verbessert worden sei. Insbesondere sei der Beschwerdeführer diesem Umstand im Laufe des Verfahrens auch nicht entgegengetreten. Bei seinem durch Befunde des Universitätsklinikum Salzburg belegten Leiden, eine diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung und Anpassungsstörung, handle es sich um keine lebensbedrohliche Erkrankung und sei im Herkunftsstaat, zwar vermutlich nicht auf demselben Niveau wie in Österreich, behandelbar.
18. Am 11.07.2018 stellte der Beschwerdeführer in Luxemburg einen Antrag auf internationalen Schutz.
19. Aufgrund einer Dublinanfrage Luxemburgs stimmte Österreich am 24.07.2018 einer Rücküberstellung des Beschwerdeführers nach Österreich zu. Die Rücküberstellung des Beschwerdeführers nach Österreich erfolgte am 24.09.2018.
20. Der Beschwerdeführer stellte sodann am 22.10.2018 einen Verlängerungsantrag für subsidiär Schutzberechtigte, welcher von der belangten Behörde mit Bescheid vom 06.11.2018 mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer seinen Status als subsidiär Schutzberechtigter verloren habe, als unzulässig zurückgewiesen wurde.
21. Am 12.12.2019 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am nächsten Tag erstbefragt. Hierbei gab er an, dass seine Gründe aus dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend seine Homosexualität aufrecht bleiben würden. Zudem führte er aus, dass er seit dem Jahr 2014 eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit einem bei der Caritas tätigen Mann gehabt habe, welche aber 2017 endete. Aufgrund seiner sexuellen Neigung sei sein Leben im Kosovo in Gefahr. Darüber hinaus gebe es kriminelle Banden, welche danach trachten würden, ihn umzubringen. Eine Frau, welche einer solchen Bande angehöre, habe letztes Jahr versucht, ihn umzubringen. Er habe zwar der Polizei „Bescheid gesagt“, aber aus Angst Österreich verlassen. Nachdem letztes Jahr jemand in Mödling umgebracht worden sei, habe er sich eine Gaspistole, welche ihm mittlerweile von der Polizei abgenommen worden sei, gekauft. Auch sei er von „Zigeunern“ bedroht worden, daher sei sein Leben in Gefahr gewesen. Bei seiner Rückkehr in den Kosovo fürchte er aufgrund seiner Homosexualität umgebracht zu werden.
22. Am 31.01.2019 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt.
Die Niederschrift lautet auszugsweise:
„F: Warum stellen Sie einen neuen Asylantrag?
A: Weil sie mich im Gefängnis umbringen wollten und ich habe keine andere Wahl.
Ich habe aber gesehen, dass Frauen der Polizei im Gefängnis Drogen übergeben haben, später wurde auch Heroin gefunden, alles was ich angegeben habe. Auch Geld
Vorhalt Sie stellen einen neuen Asylantrag, geben Verfolgungsgründe im Heimatland an, welche Neuerung können Sie jetzt Vorbringen, die einen neuen Asylantrag rechtfertigen können?
A: Alles war der Präsident nach dem Krieg gemacht hat, über ihn ist alles gelaufen, die ganzen kriminellen Machenschaften. Er hatte viel Macht.
F: Sie wurden bereits zu Ihrem ersten Asylantrag niederschriftlich einvernommen. Können Sie sich noch an diese Einvernahmen erinnern?
A: Es war im Jahr 2013
F: Stimmen die damals von Ihnen gemachten Angaben und halten Sie diese auch weiterhin aufrecht?
A: Ja.
F: Gibt es noch weitere Gründe, die eine neuerliche Asylantragstellung rechtfertigen würden?
A: Ich sagte bereits, dass sie mich in der XXXX Straße umbringen wollten. Ich wurde beauftragt auf Leute aufzupassen, wer Ihnen die Waffen gegeben hat, das wissen nur sie, das war im Jahr 2017.
F: Wo war das?
A: In der XXXX , auf der linken Seite der Kirche,
F: Wissen Sie noch, was Sie im Jahre 2013 und 2014 als Fluchtgrund angegeben haben?
A: Ja.
F: Was?
A: Dass ich niedergeschlagen wurde, wegen meiner Homosexualität, die Polizei hat mich auch geschlagen, ich habe die Polizei gesehen und der Staat wollte mich umbringen, mein Haus und der PKW wurden angezündet. Die ganzen Beweise, wo zu sehen ist, dass mein Auto gebrannt hat, habe ich Salzburg abgegeben.
F: Haben Sie seit Ihrer ersten Asylantragstellung das österr. Bundesgebiet wieder verlassen?
A: Ja.
F: Wo waren Sie?
A: Ich bin geflüchtet, weil sie mich umbringen wollten, mein Fuß war geschwollen.
F: Wo waren Sie?
A: Ich war in Brüssel. Von Brüssel bin ich weggeben, dort habe ich mich nicht angemeldet, dann bin ich nach Luxemburg, dort habe ich mich angemeldet. Dort habe ich einen Albaner getroffen, der reif bei seiner Firma, wo er arbeitet, seinen Chef an und fragte ob er für mich eine Arbeit hätte. Ich fing dann bei dieser Firma an,
F: Was erwartet Sie bei ihrer Rückkehr in den Kosovo?
A: Ich weiß, dass mich der Tod erwartet.
Vorhalt: Es wurde schon im Vorverfahren festgestellt, dass sich der gesetzliche Schutz von Homosexuellen in ihrem Heimatland weitgehend verbessert hat, das sagen Sie dazu?
A: Die Leute, die mich damals umbringen wollten, sind immer noch im Kosovo. Der Präsident und die anderen Politiker.
F: Möchten Sie sonst noch etwas vorbringe?
A: Auf mich wurde auch in Frankreich geschossen, als die Polizei anwesend war. Ich habe in Luxemburg 10 bis 15 Stunden durchgearbeitet, auf einmal kam die Polizei und hat auf mich geschossen. Sie wollten mich umbringen, aber ich hatte eine Militärweste an, dadurch wurde ich nicht erwischt.
F: Sind Sie wegen ihren psychischen Problemen in Behandlung?
A: Ich nehme 200 mg Cerokel und 30 mg weitere.
Vorhalt: Es wurde schon im Vorverfahren festgestellt, dass ihre Erkrankung, Posttraumtisches Belastungssyndrom und Anpassungsstörung in ihrem Heimatland behandelbar ist, was sagen Sie dazu?
A: Ich war fast 2 Jahre im Kosovo, deshalb bin ich auch geflüchtet, mein Haus wurde angezündet.
F: Wann waren Sie im Kosovo?
A: Von 2011 bis 2012.
F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, neuerlich einen Asylantrag zu stellen, vollständig geschildert?
A: Im Gefängnis in Wien wollten sie mich umbringen und auch in Luxemburg versuchten sie mich auch umzubringen.
F: Warum wollten Sie Sie in Wien umbringen?
A: Die für den Staat nicht waren, die wollten sie weghaben.
F: Wer sollte wissen, dass Sie in Wien im Gefängnis sind?
A: Die Kriminellen, die mit Drogen zu tun haben, die bekommen direkt Informationen.
F: Ist dieser Vorfall aktenkundig?
A: Ja. Ich weiß nicht, ob sie es aufgeschrieben haben, ich habe erzählt, dass 2 Offiziere da waren, da ist einer aus dem Kosovo gekommen und die beiden Offiziere haben ihm etwas gebracht, er war bereits verurteilt.
F: Wann genau war das?
A: Im Jahr 2015. Zuerst saß ich mit einem Kosovaren und einem Bulgaren in einer Zelle, dann wurde ich verlegt. Ich wollte mich nicht aufgeben, dann wollte ich mich aufhängen. Ich habe mich aufgehängt. Dann kamen die Offiziere herein, dann sind Offiziere gekommen, die haben mich hängen sehen, dann bin ich ins Krankenhaus gekommen. Dort erzählten sie mir, dass ich mich aufgehängt habe. Als ich im Gefängnis war, habe ich die Frauen nicht angegriffen, sie haben gelogen, ich habe Beweise, die die Polizei besitzt, dass ich sie nicht angegriffen habe. Das war in der U-Bahn.
V: Gegen Sie besteht ein rechtskräftiges 5-jähriges Einreiseverbot, womit im gegenständlichen Verfahren über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung – beinhaltet die Prüfung Ihres Privat- und Familienlebens – nicht abzusprechen ist. Sie haben jedoch die Möglichkeit, einen Antrag gem. § 55 AsylG 2005 zu stellen.
F: Haben Sie das verstanden?
A: Ja.
Das Bundesamt beabsichtigt, Ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Anmerkung: Dazu wird ihnen mitgeteilt, dass sie eine Mitteilung gem. § 29 Asylgesetz 2005 und § 52a (2) BFA-VG erhalten haben.
F: Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?
A: Wenn das so ist, ist es kein Problem
F: Möchten Sie zu den Länderfeststellungen zum Kosovo etwas anführen?
A: Nein. Das was 2014 war, das ist immer noch. Es ist derselbe Staat.“
23. Die belangte Behörde wies mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 05.02.2019 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I und II).
Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers sich auf bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren vorgebrachte Fluchtgründe stütze. Durch den Grundsatz „ne bis in idem“ sei jedoch eine nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, außer in den Fällen der §§ 68 Abs. 2-4, 69 und 71 AVG, von der Rechtsordnung nicht vorgesehen. Durch das gegen den Beschwerdeführer bestehende Einreiseverbot sei im gegenständlichen Verfahren nicht über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung abzusprechen. Dahingehend sei der Beschwerdeführer manuduziert worden und ihm die Möglichkeit eröffnet worden, einen Antrag gemäß § 55 AsylG zu stellen.
24. Mit Schriftsatz vom 19.02.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2013 in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, welchem vom Asylgerichtshof insoweit entsprochen worden sei, als ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Als dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 31.10.2017 dieser Status wieder aberkannt und ein fünfjähriges Einreiseverbot verhängt worden sei, sei dem Erkenntnis die Feststellung zugrunde gelegt worden, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handle. Außer Acht sei gelassen worden, dass sich der Beschwerdeführer in medizinischer Behandlung befinde und medikamentös eingestellt sei. Vorgelegt wurde eine Kopie eines Rezeptes mit den derzeit verordneten Medikamenten des Beschwerdeführers.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist kosovarischer Staatsangehöriger und führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum). Er gehört der albanischen Volksgruppe an. Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und lebt auch nicht in einer eingetragenen Partnerschaft und ist kinderlos. Im Herkunftsstaat besuchte er sechs Jahre lang die Schule.
1.2. Am 02.08.2013 reiste der Beschwerdeführer mit einem Bekannten ins Bundesgebiet ein, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Mit Bescheid vom 14.08.2013, Zl.: 13 11.568-BAT, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG und den Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab und sprach dessen Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo aus.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde behob der Asylgerichtshof den Bescheid des Bundesasylamtes mit Erkenntnis vom 02.10.2013, Zl.: B4-437.488-1/2013, und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 27.03.2014, Zl. 640.705.502-1702555, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 10.08.2013 gemäß § 3 AsylG ab, erkannte ihm jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und sprach gemäß § 8 Abs. 4 AsylG aus, dass ihm die bis 27.03.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt werde.
Über Antrag des Beschwerdeführers vom 10.02.2015 verlängerte die belangte Behörde mit rechtskräftigem Bescheid vom 20.03.2015, Zl. 640.705.502-1702555, die Aufenthaltsberechtigung befristet bis 27.03.2017.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 18.09.2015, Zl. 144 Hv 107/15h, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 und 84 Abs. 2 Z 2 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zur Gänze nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wurden bei ihm die Unbescholtenheit und das teilweise Geständnis mildernd und erschwerend den Umstand gewertet, dass zwei Opfer verletzt wurden.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 06.07.2016, Zl. 114 Hv 40/16m, hat das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung gemäß § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten verhängt, wovon ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Im Hinblick auf die Strafbemessung wertete das Gericht das Geständnis mildernd und erschwerend das Faktum einer einschlägigen Vorstrafe, weiter die Straftatsetzung innerhalb offener Probezeit und die Verwendung eines Messers als Drohmittel.
Mit Bescheid vom 20.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren verhängt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017 wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
1.3. Der Beschwerdeführer stellte in der Folge am 12.12.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen einerseits mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens und ergänzend damit, dass er von kriminellen Banden bedroht worden sei. Der gegenständliche Antrag wurde in der Folge mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 05.02.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
1.4. Der Beschwerdeführer konnte seit der Rechtskraft der letzten Entscheidung über seinen ersten Asylantrag kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen glaubhaft dartun. Mit seinem Vorbringen, wonach er von kriminellen Banden bedroht werde bzw. dass er aufgrund seiner sexuellen Orientierung Verfolgung ausgesetzt sei, bezieht er sich auf einen Sachverhalt, der bereits in der Erstentscheidung berücksichtigt wurde, sodass damit kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt dargetan wurde bzw. auch keine Hinweise für eine Änderung der Rechtslage gegeben sind.
1.5. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte psychische Erkrankung, in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung und Anpassungsstörung, wurde bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017 berücksichtigt und festgestellt, dass dies einer Rückkehrentscheidung aufgrund der Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat nicht entgegenstehe.
Es kann nicht festgestellt werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach dem Beschwerdeführer im Kosovo aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder ihm im Falle einer Rückkehr in den Kosovo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) sowie dem AJ-WEB Auskunftsverfahren wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zur Nationalität und Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf die Angaben im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend gleichbleibende und glaubhafte Angaben.
Der Beschwerdeführer brachte zunächst vor, die Fluchtgründe des ersten Verfahrens seien nach wie vor aufrecht. Das bloße Behaupten des „Fortbestehens“ und „Weiterwirkens“ der damaligen Fluchtgründe begründet indes keine neue Rechtssache (vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480). Als potenzielle Neuerungen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er werde von kriminellen Banden bedroht, welche vor allem auch in Österreich ihn tätlich angegriffen hätten. So fürchte er insbesondere hier in Österreich um sein Leben.
In Bezug auf das nunmehrige Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer aufgrund von kriminellen Machenschaften von Bandenmitgliedern sich bedroht fühle, weshalb er um sein Leben fürchte, ist auszuführen, dass sich aus diesem Umstand für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages keine Änderung ergeben kann. Eine mögliche Verfolgung durch kriminelle Banden in Österreich kann keine Asylantragstellung nach der GFK begründen. Zu Recht ist der belangten Behörde nämlich zu folgen, wenn diese darauf verweist, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner sexuellen Neigung bereits im rechtskräftig entschiedenen Vorverfahren berücksichtigt wurde und es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, einen geänderten Sachverhalt, der zu einer anderen Beurteilung führen könnte, glaubhaft darzutun. Eine neue Rechtssache konnte somit nicht begründet werden.
Im Übrigen weist das Vorbringen auch keinen glaubhaften Kern auf. In der Erstbefragung vom 13.12.2019 zum Folgeantrag brachte der Beschwerdeführer vor, es gebe überhaupt keine neuen Ereignisse; er habe bereits alle Fluchtgründe im ersten Verfahren genannt. Im Hinblick darauf, dass das weitere Vorbringen hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Bandenmitgliedern keinerlei Asylrelevanz hat, ist dessen Erwähnung nachvollziehbar, um so von den fehlenden neuen Tatsachen abzulenken. Die spätere Steigerung des Vorbringens in der niederschriftlichen Einvernahme vom 31.01.2019 ist als Schutzbehauptung vor drohender Abschiebung zu werten. „Nova producta“, die nach Rechtskraft des Bescheides vom 27.03.2014 entstanden sind, wurden dadurch jedenfalls nicht releviert.
Die seitens der belangten Behörde im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Kosovo werden in Bezug auf den Beschwerdeführer als weiterhin aktuell angesehen. Von der belangten Behörde wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, welches sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Eine wesentliche Sachverhaltsänderung ist aus den gegenständlichen länderkundlichen Feststellungen im Vergleich zu den im Erstverfahren herangezogenen Erkenntnisquellen nicht abzuleiten.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers werden aufgrund dessen Angaben im Verfahren sowie amtswegig eingeholter Auszüge aus dem GVS und dem Strafregister getroffen und stimmen im Wesentlichen mit den Feststellungen im Vorverfahren überein.
Es sind im Verfahren keine Hinweise darauf, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen, hervorgekommen und wurde dies auch seitens des Beschwerdeführers nicht behauptet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustands des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund der vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Befunde. Soweit im Beschwerdeschriftsatz behauptet wird, dass der Beschwerdeführer der medizinischen Behandlung in Österreich bedürfe, ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer kein Vorbringen dahingehend erstattete, wonach die medizinische Versorgung im Kosovo nicht gewährleistet wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz; BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz; BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz; VwGVG), BGBl I Nr. 22/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09. 09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2007, 2004/20/0100). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (zweiten) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).
Gegenüber neu entstandenen Tatsachen („novae causae supervenientes“; vgl. VwGH 20.02.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen „nova reperta“; zur Abgrenzung vgl. zB VwGH 04.05.2000, 99/20/0192; 21.09.2000, 98/20/0564; 24.08.2004, 2003/01/0431; 04.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identischem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn das selbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183 mwN; 24.08.2004, 2003/01/0431).
Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist der Fall zu unterscheiden, in dem der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden („nova reperta“). Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050; 13.09.2016, Ro 2015/03/0045).
Zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen iSd § 18 Abs. 1 AsylG 2005 – kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls sie festgestellt werden kann – zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 AsylG 1997). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.02.2000, 99/20/0173; 19.07.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl. auch VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 04.05.2000, 98/20/0578; 99/20/0193; 07.06.2000, 99/01/0321; 21.09.2000, 98/20/0564; 20.03.2003, 99/20/0480; 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.03.2005, 2003/20/0468; 30.06.2005, 2005/18/0197; 26.07.2005, 2005/20/0226; 29.09.2005, 2005/20/0365; 25.04.2007, 2004/20/0100).
Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt bzw. verpflichtet die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 04.05.2000, 99/20/0192).
Auch wenn das Vorbringen des Folgeantrages in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Behauptungen steht, die im vorangegangenen Verfahren nicht als glaubwürdig beurteilt worden sind, schließt dies allerdings nicht aus, dass es sich um ein asylrelevantes neues Vorbringen handelt, das auf seinen „glaubhaften Kern“ zu beurteilen ist. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der neu behaupteten Tatsachen von Bedeutung sein, macht eine neue Beweiswürdigung aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar unzulässig, etwa in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden. „Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit“ (VwGH 29.09.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 16.02.2006, 2006/19/0380; vgl. auch VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; 26.07.2005, 2005/20/0343; 27.09.2005, 2005/01/0363; 22.12.2005, 2005/20/0556; 22.06.2006, 2006/19/0245; 21.09.2006, 2006/19/0200; 25.04.2007, 2005/20/0300; vgl. weiters VwGH 26.09.2007, 2007/19/0342).
3.3.2. Im gegenständlichen Fall hielt der Beschwerdeführer seine – bereits im Vorverfahren als unglaubwürdig befundene – Fluchtgeschichte vollinhaltlich aufrecht und ergänzte diese um ein neues Vorbringen, das jedoch ohnedies keinen glaubhaften Kern aufweist, welches sich auf Ereignisse bezieht, die sich vor Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 27.03.2014 ereignet haben sollen und dem Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt auch bereits bekannt gewesen sein müssten, weshalb jedenfalls keine „nova producta“ releviert wurden.
Der Beschwerdeführer stellte im gegenständlichen Fall bereits einen unbegründeten Antrag. Das Fluchtvorbringen wurde bereits im ersten Verfahren von der belangten Behörde als nicht glaubhaft erachtet. Das neue Fluchtvorbringen wurde abermals als nicht plausibel beurteilt. Blickt man auf den Verlauf der einzelnen Einvernahmen und auf den Umstand, dass die Neuerungen in der Erstbefragung nicht einmal ansatzweise erwähnt wurden, liegen doch starke Indizien dafür vor, dass der Folgeantrag vom Beschwerdeführer lediglich deshalb gestellt wurde, um eine Abschiebung zu verhindern bzw. zu verzögern.
Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers im Gegensatz zur ursprünglichen Entscheidung zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK mit sich brächte, oder dass ihm im Herkunftsstaat jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis vom 31.10.2017, G307 2164513-1/16E, ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer die Rückkehr in den Kosovo offen steht und sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, aufgrund derer das Bestehen dieser Rückkehrmöglichkeit nicht mehr vorliegen würde. Aufgrund der Länderberichte ergibt sich, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im Aberkennungsverfahren nicht wesentlich geändert hat.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides war somit abzuweisen.
3.3.3. Vorauszuschicken ist hinsichtlich der Frage, ob eine Rückkehrentscheidung trotz aufrechten Einreiseverbots zu treffen ist, dass die belangte Behörde zu Recht davon ausgeht, dass auch Zurückweisungen von Anträgen auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 – soweit die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen – mit Rückkehrentscheidungen zu verbinden sind (siehe VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). § 59 Abs. 5 FPG gilt nur bei Rückkehrentscheidungen mit Einreiseverboten (vgl. VwGH vom 13.02.2018 Ra 2017/18/0332). Für generelle Rückkehrentscheidungen gilt die alte Rechtsprechung (vgl. VwGH vom 19.11.2015, Ra 2015/20/0082). Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher die Zurückweisung mit einer Ausweisung zu verbinden. Dabei spielen allenfalls bereits verfügte Ausweisungen im Prinzip keine Rolle (vgl. VwGH vom 19.02.2009 2008/01/0344). Die Nichterlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgte daher zu Recht, weil im Bescheid über die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, welches mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017 bestätigt wurde, ein Einreiseverbot verhängt wurde.
Insgesamt führte die belangte Behörde daher zutreffend aus, dass bereits ein aufrechtes Einreiseverbot besteht und in diesem Fall eine neuerliche Rückkehrentscheidung unterbleiben kann. Diesbezüglich wurde der Beschwerdeführer im Einvernahmeprotokoll dokumentiert manuduziert, dass er die Möglichkeit habe, einen Antrag gemäß § 55 AsylG zu stellen. Dies hat der Beschwerdeführer jedoch unterlassen. Erst in der Beschwerdeschrift stellte er diesbezüglich einen Antrag gemäß §55 AsylG, ohne jedoch entscheidungsrelevante Tatsachen vorzubringen, welche eine Neubewertung des Privat-und Familienlebens des Beschwerdeführers erforderlich machen.
Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG („Schutz des Privat- und Familienlebens“). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet und Herkunftsland wird auf die bereits zuvor im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017 im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 EMRK getroffenen Feststellungen verwiesen.
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2017, G307 2164513-1/16E, eine Rückkehrentscheidung erlassen. Der Beschwerdeführer stellte bereits im Dezember 2019 den gegenständlichen Folgeantrag. Wie oben ausgeführt ist anzunehmen, dass der Folgeantrag lediglich deshalb gestellt wurde, um eine Abschiebung zu verhindern bzw. zu verzögern. Der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass diese Anordnung mit der rechtskräftigen Erledigung des Antrages auf internationalen Schutz zeitlich determiniert ist und dies durch die Erledigung der Beschwerde mit gegenständlichem Erkenntnis erfolgt.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).
Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG – ungeachtet des diesbezüglichen Parteiantrags – eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (vgl. auch § 24 Abs. 4 VwGVG).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
aufrechtes Einreiseverbot Folgeantrag glaubhafter Kern Glaubwürdigkeit Identität der Sache Prozesshindernis der entschiedenen Sache RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2164513.2.00Im RIS seit
08.01.2021Zuletzt aktualisiert am
08.01.2021