TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/22 W238 2222313-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2020
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Entscheidungsdatum

22.10.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W238 2222313-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 12.07.2019, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

„Der Antrag vom 18.02.2019 auf Ausstellung eines Behindertenpasses wird gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG aufgrund eines festgestellten Grades der Behinderung von 30 von Hundert (30 v.H.) abgewiesen.“

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer verfügte ab 03.07.2017 über einen befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. Mit Bescheid vom 13.11.2017 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Antrags ab 23.10.2017 dem Kreis der begünstigten Behinderten mit einem Grad der Behinderung 50 v.H. angehört.

2. Am 19.01.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass sowie auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO (Parkausweis). Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer daraufhin ein bis 28.02.2019 befristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. und diversen Zusatzeintragungen sowie ein bis 28.02.2019 befristeter Parkausweis ausgestellt. Die verfügte Nachuntersuchung wurde in dem den Entscheidungen zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vom 22.06.2018 damit begründet, dass eine Rückoperation des damals bestandenen Ileostomas wahrscheinlich sei.

3. Am 18.02.2019 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass, welcher – nach Ablauf der Gültigkeit des befristeten Behindertenpasses – als Antrag auf (Neu-)Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

4. Seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), wurde in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Chirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem – aufgrund einer persönlichen Untersuchung am 20.05.2019 erstatteten – Gutachten vom 02.06.2019 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

g.Z. Zustand nach Rückoperation des künstlichen Dünndarmausgangs, Wahl dieser Richtsatzposition berücksichtigt den Zustand nach Rückoperation des künstlichen Dünndarmausgangs

Oberer Rahmensatz, da Stuhlunregelmäßigkeiten mit imperativem Stuhldrang bestehen.

07.04.04

20

2

Abnützung der Wirbelsäule

Oberer Rahmensatz, da radiologisch Abnützung fassbar.

02.01.01

20

3

Bluthochdruck inkludiert auch das Aortenaneurysma in Observanz

Fixer Rahmensatz.

05.01.01

10

4

Zustand nach Semikastratio wegen Hodenkrebs ca. 1994

Fixer Rahmensatz

08.02.03

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. festgestellt. Begründend wurde festgehalten, dass Leiden 1 durch Leiden 2 nicht erhöht werde, weil keine wechselseitige negative Leidensbeeinflussung vorliege. Auch die Leiden 3 und 4 würden keine Erhöhung bewirken, da sie nur eine geringe funktionelle Relevanz aufweisen würden. Im Vergleich zum Vorgutachten werde Leiden 1 nach einer Stoma-Rückoperation um fünf Stufen abgesenkt; die Leiden 2 bis 4 würden im Wesentlichen unverändert übernommen. Der Gesamtgrad der Behinderung werde insgesamt um fünf Stufen reduziert. Es handle sich um einen Dauerzustand. Die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde im Gutachten mit näherer Begründung bejaht.

5. Nach Einräumung des Parteiengehörs seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 03.06.2019 erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 01.07.2019 Einwendungen gegen die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens. Er brachte vor, dass ihm im Hinblick auf die vorhandene Schließmuskelschwäche mit immer wieder auftretender Stuhlinkontinenz auch schon bei leichten Anstrengungen das Tragen von Inkontinenz-Einlagen geraten worden sei. Ihm sei eine entsprechende Verordnung für Heilbehelfe ausgestellt worden; zudem habe eine Beratung in der Stoma-/Kontinenz Abteilung bzw. seitens einer Diätologin stattgefunden. Der Beschwerdeführer legte weitere Befunde vor.

6. Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers wurde eine gutachterliche Stellungnahme des befassten Sachverständigen vom 12.07.2019 eingeholt. Darin wurde ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer angeführte Schließmuskelschwäche bzw. Stuhlinkontinenz und die notwendige Regulierung der Darmtätigkeit in Leiden 1 bereits berücksichtigt worden seien.

7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12.07.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Die Einwendungen des Beschwerdeführers und die nachgereichten Befunde seien nicht geeignet gewesen, eine Änderung der Einschätzung zu bewirken. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Als Beilagen zum Bescheid wurden dem Beschwerdeführer das Gutachten vom 02.06.2019 und die gutachterliche Stellungnahme vom 12.07.2010 übermittelt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2019 wurde gemäß §§ 2, 14 Abs. 1 und 2 BEinstG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nicht mehr erfüllt, weshalb er mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folgt, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört. Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

8. Gegen den erstgenannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin verwies er erneut auf die Notwendigkeit einer Inkontinenzversorgung, da es auch schon bei leichten Anstrengungen zu einer Stuhlinkontinenz aufgrund der vorliegenden Schließmuskelschwäche komme. Dies betreffe insbesondere seine berufliche Tätigkeit als Lehrer und Erzieher. Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme sei der Beschwerdeführer im Alltag mit umfangreichen und tiefgreifenden Einschränkungen konfrontiert.

9. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 12.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

10. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine neuerliche Begutachtung des Beschwerdeführers durch einen bisher nicht befassten Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten Gutachten vom 20.04.2020 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

„Status Präsens:

Das Aus- und Ankleiden erfolgt selbstständig, Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: sehr gut, Größe: 173,5 cm, Gewicht: zwischen 78 und 82 kg.

Caput/Hals: Nase derzeit nach Basaliomentfernung mit einem Schutzpflaster rechtsseitig versorgt, sonst unauffällig, keine Lippenzyanose, Sprache unauffällig, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich.

Cor: reine Herztöne, rhythmische Herzaktion, Blutdruck: 145/80.

Pulmo: V.A. beidseits, keine Rasselgeräusche, sonorer KS, Basen atemversch., keine Kurzatmigkeit beim Sprechen, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer, Abdomen: weich, keine Druckpunkte, keine pathologischen Resistenzen palp., blande Narben im Bauchbereich, Leber am Ribo palp., Milz n.p., Darmgeräusche normal und unauffällig, Nierenlager bds. frei.

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Rekl. frei.

BWS: gerade.

LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung frei.

Extremitäten:

Obere Extremitäten: Rechtshänder. Schultergelenk rechts: frei beweglich, Nackengriff frei, Schürzengriff frei, Schultergelenk links: frei beweglich, Nackengriff frei, Schürzengriff frei, Ellenbogengelenk rechts frei beweglich, Ellenbogengelenk links: frei beweglich, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke beidseits frei, Daumengelenke bds. frei, Faustschluss bds. durchführbar, Zangengriff bds. durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig.

Untere Extremitäten: Hüftgelenk rechts: Beweglichkeit frei, Hüftgelenk links: Beweglichkeit frei, Kniegelenke frei beweglich, bandstabil, Sprunggelenke beidseits frei, Fußheben und -senken frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig, beide unteren Extremitäten können gut von der Unterlage abgehoben werden (60°), Hocke ohne Anhalten gut durchführbar, Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar, Venen: unauffällig, Ödeme: keine.

Psych.: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich. BF ist klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung ausgeglichen. Denkziel wird erreicht.

Gang: ohne Hilfsmittelverwendung unauffälliges, flüssiges und sicheres Gangbild. Der BF trägt Turnschuhe. Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung selbstständig unauffällig und gut möglich. Freies Stehen sicher und gut möglich. Treppen zum Empfangsschalter werden unauffällig im Wechselschritt begangen. In der Zeit des Untersuchungstermins (Anamneseerhebung und Untersuchung) benötigt der BF keine Unterbrechung aufgrund eines notwendigen Toilettenbesuches.

Beurteilung und Stellungnahme:

1. Einschätzung des Grades der Behinderung:

1)       Zustand nach Sigmaresektion und Revision nach Bauchfellentzündung           07.04.05 30 %

Wahl dieser Position, da bei Zustand nach Rückoperation eines künstlichen Darmausganges Stuhlunregelmäßigkeiten und wiederkehrende Bauchbeschwerden berichtet werden, mit dem unteren Rahmensatz, da eine leichtgradige Schließmuskelschwäche dokumentiert ist bei Vorliegen eines guten Allgemeinzustandes und eines sehr guten Ernährungszustands mit Fehlen chronischer Schleimhautveränderungen.

2)       Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule  02.01.01 20 %

Wahl dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da fallweise Beschwerdesymptomatik bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen sowie motorischer Defizite.

3)       Bluthochdruck       05.01.01 10 %

Wahl dieser Position, da bei unauffälligem Elektrokardiogramm ohne Hinweis auf relevante Folgeschäden. Ein in Kontrolle befindliches Aortenaneurysma ohne Komplikationen ist mitberücksichtigt.

4)       Verlust eines Hodens nach Tumorleiden (ca. 1994)  08.02.03 10 %

Wahl dieser Position, da ohne Hinweis auf Rezidivgeschehen.

2. Gesamtgrad der Behinderung: 30 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Ein Wirbelsäulenleiden (Position 2), ein Bluthochdruck (Position 3) sowie ein Verlust eines Hodens nach Tumorleiden ohne Hinweis auf Rezidivgeschehen (Leiden 4) wirken mit dem führenden Darmleiden (Leiden 1) nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammen und erhöhen nicht weiter.

Nachsatz: Eine Blutfettstoffwechselstörung ist mittels Ernährungsmodifikation sowie medikamentöser Therapie behandelbar und erreicht keinen Behinderungsgrad.

3. Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antragstellung am 18. Februar 2019 anzunehmen.

4. Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verfahren vorgelegten Unterlagen und Befunden:

Chirurgischer Arztbrief vom 25. Juli 2019: Sphincterinsuffizienz, Zustand nach Sigmaresektion, Z.n. Anastomoseninsuffizienz mit Intensivstationsaufenthalt, Sepsis, VAC- Therapie, Zustand nach Schutzileostomie-Rück-Operation. Therapieempfehlung: aus diesem Grund ist bei dem Patienten eine Einlagenversorgung notwendig. Eine diesbezügliche Verordnung wurde bereits ausgestellt. Die Beckenbodenübungen muss der Patient selbstständig weiterführen. Anamnestisch habe der Patient im Rahmen des Aufenthaltes eine Inkontinenzberatung erhalten. Es zeigt sich eine Schließmuskelschwäche, die schon bei leichten Tätigkeiten zu einem unwillkürlichen Stuhlgang führt. Dies bestätige der durchgeführte LARS-Test mit einem Score von 39. LARS-Fragebogen vom BF ausgefüllt am 25. Juli 2019: 30-42 Punkte entsprechend Major LARS.

Ein Verordnungsschein für Einlagen der Sonderkrankenanstalt Bad Aussee liegt vor.

Ärztlicher Entlassungsbericht Bad Aussee vom 24. Juni 2019: Diagnosen: Zustand nach rezidivierender Divertikulitis im Colon, Sigmaresektion mit Anastomoseninsuffizienz und mehrmaliger Revision, Anlage eines Colostomas Jänner 2017, Rekonstruktion mit Seit-zu-End-Anastomose und Anlage eines Schutzileostomas Jänner 2018, Stoma-Rückoperation März 2018, Hyperlipidämie, essentielle Hypertonie, Aortenaneurysma ascendens 4,1 cm in Observanz. Rehabilitation-Ergebnismessung: Hauptaugenmerk wurde auf die Kräftigung der Bauchmuskulatur sowie Verbesserung der Stuhlfrequenz gelegt. Die Rehabilitationsziele konnten erreicht werden. Übungen zur Kräftigung der Bauchmuskulatur nach Bauchoperationen wurden erarbeitet, bzw. richtiges Heben und Tragen erlernt. Der Patient war während des gesamten Aufenthaltes schmerzarm. Spezielle Übungen zur Kräftigung der Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulen-Muskulatur wurden durchgeführt. Aufgrund einer leichtgradigen Sphincter-lnsuffizienz erhielt der Patient eine Inkontinenzberatung, die sehr gut angenommen werden konnte. Aufgrund der Schließmuskelschwäche auch bei leichteren Belastungen/Anstrengungen sollten bei entsprechenden Aktivitäten Einlagen zur Sicherheit getragen werden. Diätologisch Weiterführen einer sogenannten ‚leichten Reduktionskost‘ bzw. begonnene Therapie mittels Optifibre. Status: normaler Allgemeinzustand, adipöser Ernährungszustand. Abdomen: Bauchdecke deutlich vorgewölbt, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, blande Operationsnarben. Wirbelsäule: kein Klopfschmerz, leichter Aufrichteschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule, obere und untere Extremitäten aktiv und passiv frei beweglich. Grobneurologisch unauffällig.

Chirurgischer Arztbrief vom 7. Februar 2019: Zustand nach Schutzileostomie-Rück-Operation, Zustand nach Sigmaresektion, Z.n. Anastomoseninsuffizienz mit Intensivstationsaufenthalt, Sepsis, VAC- Therapie. Anamnestisch zeigen sich bei der klinischen Untersuchung die Narben bland, jedoch eine deutliche Instabilität der Bauchdecke, Rectusdiastase. Außerdem berichtet der Patient über eine Einschränkung der Stuhlkontrolle, es ergibt sich ein LARS-Score von 39. Therapieempfehlung: Wiedervorstellung jederzeit, eventuell Physikalische Therapie zum Beckenbodentraining und Biofeedback zur Verbesserung des LARS. Im Befund angeführt wird ein CT Thorax/Abdomen vom 30. Januar 2019: kein Hinweis auf Bauchwandbruch, kein Hinweis einer Anastomoseninsuffizienz, keine Lymphadenopathie, unverändert zur Voruntersuchung ein kleines Konkrement im Ductus cysticus ohne Cholestasezeichen. Weiters angeführt wird eine Coloskopie vom 31. Januar 2019: Zustand nach Sigmateilresektion, Polypenknospen im Colon transversum, blande colocolische Anastomose, regelrechter Befund im terminalen Ileum. Zudem angeführt wird ein histologischer Befund vom 04.02.2019 mit hyperplastischem Polyp ohne Hinweis auf Bösartigkeit.

Klinische Abteilung für Allgemein- und Thoraxchirurgie Krankenhaus Krems vom 18. Januar 2018: Es wird bestätigt, dass bei dem Patienten am 16. Januar 2018 bei Hartmann-Situation (Colostoma) eine intestinale Rekonstruktion mittels Seit-zu-End-Anastomose am tiefen Rektum mit Anlage eines Schutzileostomas durchgeführt wurde.

Die vorliegenden Befunde belegen einen Zustand nach Dickdarmresektion nach Divertikelentzündung und Komplikation nach Bauchfellentzündung bei Zustand nach künstlichem Darmausgang. Bei Zustand nach Rückoperation des künstlichen Darmausganges ist eine leichtgradige Insuffizienz des Schließmuskels beschrieben, welche im Rahmen des Rehabilitationsaufenthaltes mittels physikalischer Therapie (Biofeedback, Heilgymnastik, Stärkung der Bauchmuskulatur) sowie medikamentöser Therapie behandelt wurde. Mittels dieser Maßnahmen konnten eine Kräftigung der Bauchmuskulatur sowie eine Verbesserung der Stuhlfrequenz erlangt und die Rehabilitationsziele erreicht werden. Der chirurgische Arztbrief vom 7. Februar 2019 dokumentiert eine laut Darmspiegelung unauffällige Darmschleimhaut ohne Hinweis auf Bösartigkeit. Chronische Schleimhautveränderungen sind nicht beschrieben und liegen nicht vor. Auch der Befund der Computertomografie vom 30. Januar 2019 zeigt einen insgesamt unauffälligen Befund nach Darmoperationen. Im Rahmen der aktuell durchgeführten klinischen Untersuchung ließen sich ein guter Allgemeinzustand und ein sehr guter Ernährungszustand erheben. Eine maßgebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes ließen sich nicht erheben. Zudem dokumentiert ist eine Erweiterung der aufsteigenden Aorta, welche im Vergleich zur Voruntersuchung einen stabilen Befund zeigt. Bei Bluthochdruck belegen die Befunde ein unauffälliges Elektrokardiogramm sowie eine unauffällige Herzfunktion.

5. Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen der Beschwerde:

Vorliegend ist eine schriftliche Stellungnahme des BF vom 1. Juli 2019. Der BF bittet um Berücksichtigung folgender Tatsache zu der im Sachverständigengutachten von XXXX als Leiden 1 bezeichneten körperlichen Funktionseinschränkung: Während der Rehabilitation in Bad Aussee sei bei vorhandener Schließmuskelschwäche mit immer wieder auftretender Stuhlinkontinenz, auch schon bei leichten Anstrengungen das Tragen von Kontinenz-Einlagen angeraten worden. Eine entsprechende Verordnung für Heilbehelfe wurde ausgestellt. Des Weiteren seien von der Diätologin leichte Vollkost als die Diätform sowie die Einnahme von Optifibre zur Unterstützung und Regulierung der Darmtätigkeit dringend empfohlen worden.

Weiters vorliegend ist ein Schreiben des BF vom 5. August 2019. Ein Befund des Chirurgen XXXX inklusive LARS-Fragebogen vom 29. Juli 2019 werden nachgereicht. Weiters wird darauf hingewiesen, dass der BF bis zu seinem Rehabilitationsaufenthalt die Anwendung von Inkontinenzversorgung aufgrund einer Schließmuskelschwächung aus Gründen des persönlichen Schamgefühls nicht besprochen habe. Das Tragen der Inkontinenzversorgung sei ein permanentes Erfordernis geworden, da es auch schon bei leichten Anstrengungen zu Stuhlinkontinenz aufgrund der Schließmuskelschwäche komme. Dies betreffe insbesondere seine berufliche Tätigkeit als Lehrer und Erzieher, vor allem im elektrotechnischen Labor, im Bewegungs- und Sportunterricht sowie als Erste-Hilfe-Lehrbeauftragter. Der BF sehe sich in der Bewältigung eines ‚normalen‘ Alltags aufgrund der medizinischen Vorgeschichte mit umfangreichen und tiefgreifenden Einschränkungen konfrontiert. Daher sei für ihn das Tragen der Inkontinenzeinlagen auch bei leichten Anstrengungen unerlässlich, um im sozialen und beruflichen Umfeld weiter agieren zu können.

In der nunmehr durchgeführten Einschätzung unter Punkt 1. wird das Darmleiden insbesondere unter Berücksichtigung der angeführten Beschwerden bei dokumentierter leichtgradiger Schließmuskelschwäche mit berichteter Besserungstendenz durch physikalische und medikamentöse Maßnahmen bei Vorliegen eines guten Allgemeinzustandes sowie eines sehr guten Ernährungszustandes bei laut Darmspiegelung Fehlen maßgeblicher chronischer Veränderungen der Darmschleimhaut unter Position 07.04.05 mit einem Behinderungsgrad von 30 % nach geltender Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

6. Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 2. Juni 2019 inklusive Stellungnahme vom 12. Juli 2019 abweichenden Beurteilung:

Bei gutem Allgemeinzustand und sehr gutem Ernährungszustand wurde das Darmleiden unter Position 1 unter Berücksichtigung der leichtgradigen Schließmuskelinsuffizienz bei Fehlen relevanter chronischer Schleimhautveränderungen nach geltender Einschätzungsverordnung unter Positionsnummer 07.04.05 mit dem unteren Rahmensatz mit 30 % beurteilt. Unter Berücksichtigung der leichtgradigen Schließmuskelschwäche und der berichteten Stuhlunregelmäßigkeiten, ergeben sich somit im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 2. Juni 2019 eine Änderung der Rahmensatzposition sowie eine Anhebung des Behinderungsgrades des Darmleidens um eine Stufe. Damit erhöht sich auch der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe. Hinsichtlich der Leiden 2, 3 und 4 ergeben sich im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 2. Juni 2019 keine Änderungen der Einschätzung.

7. Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

Nachsatz hinsichtlich der ab 12.08.2019 geltenden Neuerungsbeschränkung:

Anlässlich der am 16. Dezember 2019 durchgeführten Untersuchung wurden folgende Befunde vorgelegt:

Abteilung für Dermatologie Krankenhaus St. Pölten vom 19. November 2019: Verdacht auf kleines Basaliom Nase rechts, am linken Oberschenkel befindet sich ein Dermatofibrom ohne Hinweis auf Bösartigkeit. Ein Termin im Eingriffsraum zur Entfernung der Läsion an der Nase mittels Stanze wird vergeben.

Internistischer Befund vom 30. September 2019: Herzecho unauffällig, linke Kammer gut kontraktil, Klappen unauffällig, Erweiterung der Aorta ascendens mit 41 mm Durchmesser stabil zum Vorbefund. Kontrolle in 6-12 Monaten. Duplexsonographie der hirnzuführenden Gefäße: nicht stenosierende Plaquebildungen der Arteria carotis interna, rechts stärker als links, keine Dynamik zum Vorbefund. Ergometrie: entspricht einer Leistungsfähigkeit von 126 %. Abbruch wegen Ausbelastung. Keine Angina pectoris, keine Atemnot, kein Hinweis auf Belastungskoronarinsuffizienz.

Die neu vorgelegten Befunde führen zu keiner Änderung der Einschätzung sowie zu keiner Änderung des Gesamtgrades der Behinderung.“

11. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.05.2020 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.

12. Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über einen bis 28.02.2019 befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H.

Am 18.02.2019 stellte er einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass, welcher von der belangten Behörde nach Ablauf der Gültigkeit des befristeten Behindertenpasses als Antrag auf (Neu-)Ausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1)       Zustand nach Sigmaresektion und Revision nach Bauchfellentzündung: Stuhlunregelmäßigkeiten und wiederkehrende Bauchbeschwerden bei Zustand nach Rückoperation eines künstlichen Darmausgangs, Bestehen einer leichtgradigen Schließmuskelschwäche bei gutem Allgemeinzustand und sehr gutem Ernährungszustand, Fehlen chronischer Schleimhautveränderungen;

2)       Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule: fallweise Beschwerdesymptomatik bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen und motorischer Defizite;

3)       Bluthochdruck bei unauffälligem Elektrokardiogramm ohne Hinweis auf relevante Folgeschäden und Aortenaneurysma ohne Komplikationen;

4)       Verlust eines Hodens nach Tumorleiden (ca. 1994), kein Hinweis auf Rezidivgeschehen.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, ihres Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 20.04.2020 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 30 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Vorliegen eines befristeten Behindertenpasses sowie zu Zeitpunkt der Einbringung und Wertung des Antrags ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 20.04.2020. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die im Verfahren vorgelegten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte. Im Gutachten erfolgte eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Befundlage und mit den vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 20.04.2020 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung im Ergebnis korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der – in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen – Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass angesichts des beim Beschwerdeführer vorliegenden Zustands nach Sigmaresektion und Revision nach Bauchfellentzündung im allgemeinmedizinischen Gutachten unter dem führenden Leiden 1 korrekt die Positionsnummer 07.04.05 unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 30 v.H. angesetzt wurde. Seitens des Sachverständigen wurde diesbezüglich nachvollziehbar ausgeführt, dass bei Zustand nach Rückoperation eines künstlichen Darmausgangs nur eine leichtgradige Schließmuskelschwäche sowie ein guter Allgemeinzustand und ein sehr guter Ernährungszustand des Beschwerdeführers ohne Hinweise auf chronische Schleimhautveränderungen gegeben sind. Zwar bildet die vom Sachverständigen herangezogene Positionsnummer 07.04.05 chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen Schleimhautveränderungen ab, obwohl der Beschwerdeführer letztere gerade nicht aufweist. Mit Blick auf die insgesamt mittelgradige Beschwerdesymptomatik und die nur geringe Beeinträchtigung des körperlichen Allgemeinzustandes und des Ernährungszustandes erweist sich die Wahl von Positionsnummer und Rahmensatz auch in Abgrenzung zu chronischen Darmstörungen leichten und schweren Grades schlüssig. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 02.06.2019 ergab sich eine Anhebung des Behinderungsgrades des führenden Darmleidens um eine Stufe. Die nunmehr um vier Stufen abgesenkte Einschätzung des Darmleidens im Vergleich zum Gutachten vom 12.05.2018, in welchem dieses noch mit 70 v.H. bewertet wurde, resultiert daraus, dass das damals bestandene Ileostoma inzwischen erfolgreich rückoperiert wurde.

Die unter Leiden 2 berücksichtigten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule wurden mit Blick auf die fallweise Beschwerdesymptomatik bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen und motorischer Defizite im Sachverständigengutachten korrekt unter Heranziehung der Positionsnummer 02.01.01 und des oberen Rahmensatzes von 20 v.H. eingeschätzt.

Der unter Leiden 3 erfasste Bluthochdruck wurde bei unauffälligem Elektrokardiogramm ohne Hinweis auf relevante Folgeschäden unter Positionsnummer 05.01.01 mit dem dafür vorgesehenen fixen Rahmensatz von 10 v.H. eingeschätzt, wobei auch ein in Kontrolle befindliches Aortenaneurysma ohne Komplikationen miterfasst wurde.

Bei der Einschätzung von Leiden 4 (Verlust eines Hodens nach Tumorleiden) wurden im Sachverständigengutachten zutreffend die Positionsnummer 08.02.03 und der fixe Rahmensatz von 10 v.H. gewählt, da kein Hinweis auf ein Rezidivgeschehen vorliegt.

Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung im Ausmaß von 30 v.H. wurde im allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten schlüssig ausgeführt, dass die Leiden 2 bis 4 mit dem führenden Darmleiden 1 nicht auf maßgebliche Weise wechselseitig negativ zusammenwirken und den Behinderungsgrad daher nicht zu erhöhen vermögen.

Auch die Einwendungen im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese vom befassten Sachverständigen in seinem Gutachten vom 20.04.2020 gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet bzw. durch die Anhebung des führenden Leidens berücksichtigt wurden. Auch wurden im Beschwerdeverfahren keine Befunde vorgelegt, die das Ergebnis des Gutachtens widerlegen könnten.

Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffenen Einschätzungen des Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten vom 20.04.2020 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Er hat zu diesem Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr Stellung genommen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 20.04.2020. Es wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.“

„§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(…)“

„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(…)“

„§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(…)“

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

„Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.“

„Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-        sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-        zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.“

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012 (bzw. die Änderung hiezu), sieht – soweit für den Beschwerdefall relevant – auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

„02.01    Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades   10 – 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich

05.01      Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen.

Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.

05.01.01 Leichte Hypertonie        10 %

07.04      Magen und Darm

07.04.05 Chronische Darmstörungen mittleren Grades mit chronischen     Schleimhautveränderungen      30 – 40 %

30 %:

Häufige rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

40 %:

Häufige Durchfälle, mit nachweislich chronischen Schleimhautveränderungen, mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes

08.02      Männliche Geschlechtsorgane

08.02.03 Fehlbildung, Funktionseinschränkung, Verlust eines Hodens  10 %“

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall – wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm – nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Gegenständlich wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eines bisher nicht befassten Arztes eingeholt, das auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstattet wurde und – sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung – den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entspricht.

3.6. Wie oben unter Punkt II.2.2. eingehend ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 20.04.2020 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 30 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten vom Beschwerdeführer letztlich unwidersprochen blieb.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt – entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid – 30 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind jedoch die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße – und zu begründende – Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin. Diesem – vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten – Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten, das auf die Einwendungen des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht, wurde im Rahmen des Parteiengehörs vielmehr unwidersprochen zur Kenntnis genommen. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt – gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine Verhandlung nicht beantragt wurde – die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3.7.3. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihm seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass – sollte er eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen – eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Der Beschwerdeführer hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an den Beschwerdeführer und der ihm explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind – soweit im Beschwerdefall relevant – eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2222313.1.00

Im RIS seit

08.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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