TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/28 W235 2192493-1

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Veröffentlicht am 28.10.2020
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Entscheidungsdatum

28.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2192493-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2018, Zl. 1122215504-160967971, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. (richtig) XXXX alias XXXX , StA. Pakistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2018, Zl. 1122215504-160967971/BMI-BFA_NOE_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.09.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 11.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung am 12.07.2016 gab er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seiner Person an, dass er katholischer Christ sei. Der Beschwerdeführer sei in XXXX geboren, ledig, spreche Punjabi als Muttersprache und auch Urdu. Er habe die Grundschule in XXXX besucht und sei danach als Fabrikarbeiter tätig gewesen. Der Beschwerdeführer sei am XXXX .12.2015 aus Pakistan ausgereist und über den Iran, die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt, wobei er sich in Griechenland ca. dreieinhalb und in Nordmazedonien ca. eineinhalb Monate aufgehalten habe.

Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er religiöse Probleme in Pakistan gehabt habe. Da er Christ sei, sei sein Leben in Pakistan „durch die Moslems“ in Gefahr. Vor einigen Monaten seien viele Christen ermordet worden. Der Beschwerdeführer habe sich nicht mehr sicher gefühlt und daher Pakistan verlassen.

In der Folge führte das Bundesamt Konsultationen gemäß den Bestimmungen der Dublin III-VO mit Ungarn, wobei sich keine Zuständigkeit Ungarns ergeben hat.

1.3. Am 15.02.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi einvernommen, wobei er zunächst angab, dass es ihm gut gehe, er gesund sei und nicht an schweren Krankheiten leide. An Dokumenten habe er einen Reisepass und einen Personalausweis gehabt, die er auf der Reise verloren habe. Seine Geburtsurkunde könne er sich schicken lassen. Seine Eltern seien bereits verstorben, aber in Pakistan würden noch seine drei Brüder und fünf Schwestern leben. Er habe in der Umgebung von XXXX mit zwei seiner Brüder und deren Familien im gleichen Haus gelebt. Sein dritter Bruder lebe auch in der Nähe, habe jedoch ein eigenes Haus. Seine Schwestern seien alle verheiratet. Er habe acht Jahre die Schule besucht und danach in der Fabrik „ XXXX “ – das sei eine Schuhfabrik – gearbeitet. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen. Er besuche regelmäßig die Kirche und aktuell einen Caritas-Deutschkurs. Der Beschwerdeführer lebe von der Grundversorgung.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass eine seiner Schwestern von einem Moslem vergewaltigt worden sei. Die Familie des Beschwerdeführers habe den Burschen angezeigt und seien danach die Polizisten oft bei ihm zu Hause gewesen. Damals habe seine Schwester mit ihren Kindern seit ca. 20 Tagen beim Beschwerdeführer gewohnt, da sie Streit mit ihrem Mann gehabt habe. Ihr Mann habe mit den Behörden nichts zu tun haben wollen. Seine Schwester habe normalerweise ein paar Gassen vom Beschwerdeführer entfernt gewohnt. Auf die Frage, wann seine Schwester vergewaltigt worden sei, gab der Beschwerdeführer an: „April 2015, nein April 2016.“ In der Nähe des Hauses des Beschwerdeführers gebe es einen Gemüsemarkt und als seine Schwester auf dem Nachhauseweg gewesen sei, sei sie von einem Mann namens XXXX entführt worden, dessen Haus auf dem Weg, auf dem sie vorbeigehen haben müssen, gewesen sei. Es sei gegen 16 Uhr gewesen und da die Gegend nicht so dicht besiedelt sei, seien nicht viele Leute auf der Straße gewesen. XXXX habe gesehen, dass wenig Leute auf der Straße gewesen seien und habe die Schwester des Beschwerdeführers in sein Haus gezerrt, wo er sie vergewaltigt habe. An diesem Tag sei auch eine andere Schwester des Beschwerdeführers, namens XXXX , zu Besuch gewesen, der seine Schwester von der Vergewaltigung erzählt habe. Am nächsten Tag habe XXXX dem Beschwerdeführer und seinem Bruder dies erzählt. Sie hätten es in der christlichen Community besprochen und seien am Abend bei der Polizei gewesen. Der Beschwerdeführer sei mit seinem älteren Bruder XXXX und mit den beiden Schwestern zur Polizei gegangen. Die Polizei habe die Anzeige entgegengenommen und den Täter, der zunächst versucht habe zu fliehen, verhaftet. Man habe den Täter gekannt, da die Familien schon ewig dort gewohnt hätten. Nach der Festnahme seien die Familienangehörigen des Täters gekommen und hätten gewollt, dass dem Täter verziehen werde, was die Familie des Beschwerdeführers abgelehnt habe. Nach einigen Tagen seien sie mit den Dorfältesten und eines MPA [Anm.: Abgeordneter eines Provinzparlaments] gekommen und hätten 500.000 Rupien, eine Million Rupien angeboten. Der Beschwerdeführer und sein Bruder hätten abgelehnt, weil sie ihre Ehre nicht hätten verkaufen wollen. Jeden zweiten Tag seien „sie“ gekommen und hätten die Familie des Beschwerdeführers bedroht, damit sie sich versöhnen würden. Es habe keine Unterstützung der Polizei gegeben und sie hätten dem Beschwerdeführer auch nicht geglaubt. Der Beschwerdeführer sei das Hauptproblem für diese Familie, da sein Bruder XXXX bald aufgegeben habe. Nur der Beschwerdeführer habe gewollt, dass der Täter bestraft werde. Der Beschwerdeführer habe die Entscheidung getroffen, obwohl er der jüngere Bruder sei, weil er das Geld, das seine Eltern für seine Hochzeit gespart hätten, für diesen Fall ausgegeben habe. Auch eine seiner Schwestern sei dafür gewesen, dass der Täter bestraft werde.

Der Beschwerdeführer sei von dieser Familie angegriffen und geschlagen worden. Im Krankenhaus hätten sie ihm ausrichten lassen, dass er „das Problem“ sei. Diese Familie sei sehr einflussreich. Als der Beschwerdeführer aus Pakistan ausgereist sei, sei der Täter schon vier Monate hinter Gitter gesessen. Pakistan habe er im Dezember 2016 verlassen. Auf Vorhalt, dass er schon im Juli 2016 in Österreich gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Haus im neunten Monat verlassen und sei im Dezember 2016 ausgereist. Es sei 2015 gewesen; die Vergewaltigung sei auch 2015 gewesen.

Auf die Frage, was passierten würde, wenn der Beschwerdeführer zurückkehre, gab er an, dass er auch beschuldigt worden sei, Blasphemie gegen den Propheten begangen zu haben. Nachdem der Beschwerdeführer gegen eine Versöhnung gewesen sei, habe diese Familie eine Beschwerde beim Session Court eingebracht. Auf die Frage, was seitens der Behörde passiert sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass die DNA des Täters und seiner Schwester zum Labor geschickt worden sei. Dazwischen sei der Täter in U-Haft gesessen. Dann sei festgestellt worden, dass er der Täter sei und das Verfahren sei zu Gericht gekommen. Das habe zwei Monate gedauert. Der Beschwerdeführer und sein Bruder seien auch vor Gericht befragt worden. Sie seien gefragt worden, ob sie aussagen wollten, was sie getan hätten, da der Täter bereits ein Geständnis abgelegt habe. Der Richter habe gefragt, ob ihnen die Schwester tatsächlich erzählt habe, dass sie vergewaltigt worden sei. Auch die Schwester sei von der Polizei und vom Gericht einvernommen worden. Auf die Frage, ob der Täter verurteilt worden sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei nicht verurteilt worden, sondern auf freiem Fuß. Er sei entlassen worden, weil der Beschwerdeführer schon auf der Flucht gewesen sei und seine Familie erpresst worden sei und sich versöhnt habe. Da am Gericht die Unterschrift des Beschwerdeführers gebraucht worden sei und er nicht da gewesen sei, sei so entschieden worden. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in diesem Strafverfahren keine Rolle spiele, da er weder Opfer noch Täter noch Zeuge sei, gab er an, als die Anzeige eingebracht worden sei, sei der Täter so brutal geschlagen worden, dass er ein Geständnis abgelegt habe und der Täter habe sich auch bei der Familie des Beschwerdeführers entschuldigt.

Der Beschwerdeführer habe das Land verlassen müssen, da ihm vorgeworfen worden sei, den Islam beleidigt zu haben. Auf die Frage, wer ihm dies in welcher Form vorgeworfen habe, gab der Beschwerdeführer an, das habe die Familie des Täters überall verbreitet und sie hätten erzählt, dass der Beschwerdeführer den Islam beleidigt habe und jetzt seien alle gegen seine Familie. Die anderen Familienmitglieder würden zwar nach wie vor dort wohnen, seien jedoch erpresst worden, dass „sie“ „es“ dann so machen würden wie mit dem Beschwerdeführer und daher hätten sie sich versöhnt. Allgemein gesehen sei die Lage für Minderheiten auch schlecht. In dem Viertel in dem er wohne seien ca. 200 Häuser und ca. 14 würden Christen gehören.

1.4. Am 07.04.2017 legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen in Kopie vor:

?        „Birth Certificate“ vom XXXX lautend auf „ XXXX “ mit dem Geburtsdatum „ XXXX “ und dem Religionsbekenntnis „christian“;

?        Empfehlungsschreiben vom XXXX .03.2017 und

?        handschriftliches Schreiben ohne Datum, ohne Unterschrift und ohne Angabe eines Verfassers mit dem Hinweis auf Attentate bzw. Selbstmordanschläge in Pakistan

Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer dem Bundesamt ein Konvolut an urdu-sprachigen Unterlagen vor, welche das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens übersetzen ließ, wobei der Dolmetscher anmerkte, dass ca. 75 % des Inhalts schwer leserlich war. Hierbei handelt es sich um Folgendes (chronologisch geordnet):

?        Aussage von XXXX , dass am XXXX .05.2015 XXXX bei ihm zu Hause die Schwester von XXXX , XXXX , zum Ehebruch gezwungen und diese das ihrer Schwester XXXX erzählt habe;

?        Aussage des Beschwerdeführers, dass seine Schwester am XXXX .05.2015, als sie vom Einkaufen zurückgekommen sei, von Herrn XXXX in sein Haus gezerrt und zum Ehebruch gezwungen worden sei, zu Hause habe sie das ihrer Schwester XXXX erzählt;

?        Antrag der Polizei an den Amtsarzt auf Anweisung für eine medizinische Untersuchung des Beschuldigten vom XXXX .05.2015 samt Zustimmung des Beschuldigten;

?        Antrag der Polizei an den Amtsarzt auf Anweisung für eine medizinische Untersuchung von XXXX vom XXXX .05.2015 samt ihrer Zustimmung;

?        Anordnung eines DNA Testes betreffend XXXX und XXXX vom XXXX .05.2015;

?        Aussage eines Constables sowie eines Verwaltungsbeamten betreffend die Übernahme von zwei versiegelten Paketen am XXXX .05.2015;

?        Identifikationsbestätigung der Klägerin Frau XXXX , Ehefrau von XXXX ;

?        Erstinformationsbericht mit Weiterleitung an das Gericht, in dem als Beschwerdeführerin XXXX und als Angeklagter XXXX genannt werden;

?        Antrag der Polizei an das Gericht auf Untersuchungshaft des XXXX vom XXXX .05.2015;

?        Antrag der Polizei an das Gericht auf Rückführung des XXXX in Untersuchungshaft vom XXXX .05.2015;

?        Antrag der Polizei an das Gericht auf weitere gerichtliche Untersuchungshaft des XXXX vom 15.05.2015;

?        Bestätigung über die Vorführung des Beschuldigten vor Gericht samt (negativem) Strafregisterauszug vom XXXX .05.2015;

?        Polizei Ermittlungsformular vom XXXX .05.2015 mit den Namen der Antragstellerin, des Beschuldigten und der Zeugen sowie der Aussage von XXXX vom XXXX .05.2015, dass sie von Herrn XXXX in sein Haus gezerrt, gefesselt und vergewaltigt worden sei, ferner ist dem Formular zu entnehmen, dass der Beschuldigte verhaftet und seine medizinische Untersuchung sowie jene der XXXX durchgeführt, dass der Täter in Untersuchungshaft genommen wurde, die Tat gestanden hat und am XXXX .05.2015 in die Justizanstalt gebracht wurde;

?        Begleitschreiben der Polizeistation zur Anzeige von XXXX vom XXXX .05.2015;

?        Schriftstück mit „Einzelheiten über den Beschuldigten“ und dem Datum seiner Verhaftung XXXX .05.2015 vom XXXX .05.2015;

?        Skizze des Vorfallortes;

?        Anzeige „Der Staat gegen XXXX “ vom XXXX .06.2015 mit Weiterleitung an das zuständige Gericht District & Sessions Judge Gericht samt Vorführung des Angeklagten, der sich in polizeilicher Verwahrungshaft befindet, und

?        Anklageschrift gegen XXXX wegen Vergewaltigung von XXXX vom XXXX .08.2015 samt Einlassung des Angeklagten als „nicht schuldig“

1.5. Zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelte das Bundesamt dem Beschwerdeführer am 18.10.2017 die (damals) aktuellen Länderfeststellungen zu Pakistan und stellte einige Fragen zur Integration in Österreich.

Der Stellungnahme vom 06.11.2017 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer keine Verwandten in Österreich habe. Er besuche ca. vier bis fünf Stunden in der Woche einen Deutschkurs und spreche die deutsche Sprache, verstehe jedoch noch wenig. Er sei auf dem Sprachniveau A1. Der Beschwerdeführer arbeite in der Gemeinde XXXX in der Reinigung oder bei Gartenarbeiten. Weiters besuche er einen Bibelkreis und habe in Österreich auch einen Freundeskreis. Er fühle sich sehr wohl in Österreich, da es hier keine Verfolgung aufgrund seines christlichen Glaubens gebe.

Beigelegt wurden nachstehende Unterlagen:

?        Bestätigung der Marktgemeinde XXXX über Remunerantentätigkeit des Beschwerdeführers vom XXXX .10.2017 und

?        vier Empfehlungsschreiben

2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Mit Verfahrensanordnung vom 11.01.2018 wurde dem Beschwerdeführer von Amtswegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, mangelhafte bzw. unrichtige Bescheidbegründung und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Nach Wiederholung des Verfahrensganges sowie des wesentlichen Vorbringens des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Christ sei. Im April 2015 sei seine Schwester von einem Moslem namens XXXX vergewaltigt worden. Da der Beschwerdeführer letztlich der Einzige seiner Familie gewesen sei, der gegen eine Versöhnung der beiden Familien gewesen sei, sei er verfolgt, misshandelt und mit dem Tod bedroht worden. Er sei angegriffen worden und habe aufgrund der schweren Verletzungen drei Tage im Spital verbringen müssen. Wenn für die Behörde nicht nachvollziehbar sei, warum gerade der Beschwerdeführer Subjekt der Verfolgung sei, werde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer der einzige Sohn sei, der noch keine eigene Familie habe und aus diesem Grund die Verantwortung für die Geschehnisse tragen müsse. Die restlichen Familienmitglieder würden einer ständigen Unterdrückung und Diskriminierung ausgesetzt sein. Ferner sei die Familie von XXXX sehr einflussreich und halte die muslimische Gesellschaft zusammen, wenn es zu Streitigkeiten mit der christlichen Bevölkerung komme.

Weiters sei den Länderberichten zu entnehmen, dass die christliche Minderheit in Pakistan durch das Verhalten der Gesellschaft diskriminiert und Opfer religiös motivierter Gewalt werde. Marginalisierung, Analphabetismus und Armut würden die christliche Gemeinschaft in Pakistan vulnerabel machen. In Pakistan würden regelmäßig Terroranschläge gegenüber der christlichen Bevölkerung verübt. Kurz vor Weihnachten habe in Quetta wieder ein Angriff stattgefunden, bei dem mehrere Christen ums Leben gekommen seien.

2.3. Am 14.03.2018 führte das Bundesamt unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Punjabi eine ergänzende Einvernahme durch, in welcher der Beschwerdeführer zunächst angab, dass er gesund sei und nicht an schweren Krankheiten leide. Er habe nur seit zwei oder drei Nächten nicht gut geschlafen. Dann habe er in der Bibel gelesen. Aus Pakistan sei er mit seinem Reisepass und seinem Personalausweis ausgereist. In Serbien habe er seine Tasche, die der die Dokumente drinnen gewesen seien, in einem Auto vergessen.

In der Folge wurden dem Beschwerdeführer die von ihm vorgelegten (unter Punkt I.1.4. angeführten bzw. nach Übersetzung beschriebenen) urdu-sprachigen Unterlagen vorgehalten und er wurde zu ihrem Inhalt befragt. Unter anderem brachte er vor, dass seine Schwester, dort, wo sie vergewaltigt worden sei, angebunden gewesen und vom Beschwerdeführer und seinem Bruder befreit und zur Polizei gebracht worden sei. Auf Vorhalt, dass diese Unterlagen alle aus dem Jahr 2015 stammen würden und der Prozess noch nicht zu Ende sei, gab der Beschwerdeführer an, der Täter sei entlassen worden, da die Polizei von ihm Geld erhalten habe. Das habe der Beschwerdeführer von seinem Bruder erfahren. Seine Familie sei dazu gezwungen worden, sich mit dem Täter zu versöhnen. Nach Mai 2015 habe er keine weiteren Unterlagen. Diese erzwungene Versöhnung habe im August oder im September 2015 stattgefunden. Der Beschwerdeführer habe Pakistan im September 2015 verlassen. Bei der erzwungenen Versöhnung sei er nicht dabei gewesen; er sei damals schon in XXXX gewesen. An der Versöhnung teilgenommen hätten sein Bruder XXXX , seine Schwester und ihr Mann. Sie seien gezwungen worden mitzukommen. Der Beschwerdeführer hätte auch unterschreiben müssen, da der Richter Unterschriften von allen Involvierten – Kläger, Beklagter, Zeugen – hätte haben wollen und habe zu dem Täter gesagt, solange der Beschwerdeführer nicht unterschreibe, müsse er weiterhin zu den Gerichtsterminen kommen. Er sei dann von der Polizei entlassen worden und ihm sei gesagt worden, dass er sich immer wieder melden müsse, solange der Beschwerdeführer nicht unterschreibe. Der Täter habe einen Anwalt und es könne sein, dass er ein Ansuchen eingebracht habe. Der Beschwerdeführer wisse nicht, wie lange das mit dem Melden weitergehen solle. Er habe seit sechs Monaten keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Vor ca. 15 bis 20 Tagen habe er Kontakt mit dem Pfarrer aufgenommen, der ihm gesagt habe, dass seine Familie nicht mehr dort leben würde.

Er könne nicht in Pakistan leben, da er wegen Blasphemie verfolgt werde. Es gebe eine Anzeige wegen Blasphemie. Diesbezüglich habe ihm der Pfarrer etwas geschickt. Auf Vorhalt, dass in dem vorgelegten Schreiben der „ XXXX “ nichts von einer Blasphemieanzeige stehe und seine Familie nach wie vor in Pakistan lebe, brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Familie schlecht behandelt werde und gewollt habe, dass er das Land verlasse, da er sonst getötet worden wäre. Sein Pfarrer habe ihm geholfen, das Land zu verlassen. Wenn diese Fundamentalisten erfahren würden, dass der Beschwerdeführer in Pakistan sei, würden sie ihn töten. Auf die Frage, ob er von der Polizei oder dem Gericht gesucht werde, gab der Beschwerdeführer wörtlich an: „Die Gegner haben mich wegen Blasphemie … weil wir sind Christen.“ Er sei schon angezeigt worden und habe wegen der Anzeige das Land verlassen müssen. Zwischen XXXX . und XXXX . Dezember 2015 habe er Pakistan verlassen. Das Geld für die Flucht habe er von seinem Schwager, der in Uganda lebe. Der Beschwerdeführer sei in Pakistan sehr schlecht behandelt worden. Er sei von seinem Gegner, dem Mann, der seine Schwester vergewaltigt habe, brutal geschlagen worden. Im Juni 2015 sei er mit seinem Motorrad von der Arbeit nach Hause gefahren als er in der Nähe seines Dorfes von vier Personen aufgehalten worden sei. Zwei von ihnen habe er gesehen und seien dies der Bruder und der Sohn des XXXX gewesen. Sie hätten ihn geschlagen und im Gesicht und am Arm verletzt. Dorfbewohner hätten den Beschwerdeführer gefunden und zum Arzt gebracht. Dann hätten sie seine Familie verständigt, die ihn abgeholt habe. Ihm sei gesagt worden, wenn er zur Polizei gehe, würden „sie“ ihn töten. Christen nehme die Polizei nicht ernst. Seine Familie habe auch allgemeine Probleme, weil sie Christen seien. Auch in der Grundversorgung sei der Beschwerdeführer zweimal von Afghanen geschlagen worden, die gesagt hätten, er sei ein Ungläubiger.

Erstmals vorgelegt wurden nachstehende Unterlagen (in Kopie):

?        undatiertes Schreiben der „ XXXX “ in englischer Sprache, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer aus einer christlichen Familie stammt, von dieser getrennt ist und von fundamentalistischen Moslems verfolgt wird;

?        inhaltlich gleichlautendes undatiertes Schreiben von „ XXXX “ in englischer Sprache;

?        Teilnahmebestätigung „Basisbildung“ des Roten Kreuzes seit XXXX .11.2017;

?        „Certificate of birth & baptism“ vom XXXX , demzufolge der Beschwerdeführer am XXXX geboren und am XXXX getauft wurde;

?        „Death Certificate“ des Vaters und der Mutter des Beschwerdeführers sowie

?        Bestätigung von „ XXXX “ betreffend den Besuch von Deutschkursen vom XXXX .10.2017

2.4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.03.2018 wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

In seiner Begründung hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer an einer schweren physischen oder psychischen Krankheit leide, was er auch nicht behauptet habe. Seine Religionszugehörigkeit und seine Herkunft aus Pakistan seien glaubhaft. Es könne nicht festgestellt werden, dass er aus den von ihm behaupteten Gründen im gesamten Staatsgebiet Pakistans Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Auch von Amts wegen hätten keine derartigen Gründe festgestellt werden können. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Pakistan einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Er sei ein junger Mann von 31 Jahren, gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte; seine Geschwister und deren Familien würden in Pakistan leben. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen und gehe keiner Beschäftigung nach. Seinen Lebensunterhalt bestreite er aus der Grundversorgung. In seiner Wohnsitzgemeinde sei er als Remunerant für die Gemeinde tätig gewesen. Er habe Deutschkurse besucht und spreche auch ein wenig Deutsch. Ferner verfüge der Beschwerdeführer über sozialen Kontakte in Österreich und zwar insbesondere zu Personen aus seinem Bibelkurs. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 5 bis 87 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan und zwar einschließlich Feststellungen zur Religionsfreiheit und zur Situation von Christen.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass seine Herkunft aus Pakistan und seine Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft als glaubhaft gewertet würden. Ferner habe er selbst angegeben, gesund zu sein. Nach Wiederholung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers kommt das Bundesamt mit näherer Begründung zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer weder Zeuge der Tat gewesen sei noch eine Anzeige wegen Blasphemie vorgelegt habe. Ferner habe er in der zweiten Einvernahme widersprüchliche Angaben gemacht. Auch sei es wenig glaubhaft, dass es auf die Meinung des Beschwerdeführers ankomme bzw. er mit seiner Stimme eine Versöhnung verhindern könne, da der der jüngste von vier Brüdern sei. Weiters sei seine Schwester verheiratet und benötige daher kaum die Zustimmung ihres jüngsten Bruders, um eine Versöhnung mit der Familie des Täters herbeizuführen. Es sei auch derzeit nicht von einer generellen Verfolgung von Christen in Pakistan auszugehen. In Pakistan würden Millionen von Christen leben, die keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt seien. Die gesamte Familie des Beschwerdeführers lebe in Pakistan und er könnte gemeinsam mit seinen Angehörigen leben. Der Beschwerdeführer sei 31 Jahre alt, gesund und ihm sei die Aufnahme einer Beschäftigung zumutbar. Es gebe keinen Grund davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr in eine wirtschaftliche Notlage geraten würde. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Privat- und Familienleben [in Österreich] seien glaubhaft gewesen. Die Feststellungen zur Lage in Pakistan würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten, dass die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft gewesen seien. An dieser Einschätzung hätten auch die vorgelegten Beweismittel nicht geändert, da diese ausschließlich die Situation seiner Schwester betroffen hätten. Zu den behaupteten Blasphemievorwürfen habe der Beschwerdeführer keine Beweismittel vorgelegt und seien seine Angaben darüber hinaus widersprüchlich sowie gesteigert gewesen. Die allgemeine Lage von Christen in Pakistan sei keineswegs so, dass dort jedes Mitglied der Religionsgemeinschaft der Christen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre. Eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können. Auch wäre es dem Beschwerdeführerin möglich, in einer Großstadt in Pakistan aufgrund der dortigen Anonymität zu leben. Probleme mit staatlichen Behörden habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine ausweglose Lage oder wirtschaftliche Notsituation geraten würde. Er könne wieder im Familienverband leben und wäre es ihm auch möglich und zumutbar in einem anderen Ort in Pakistan als seinem Heimatort zu leben. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und zur Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt zunächst aus, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfüllt seien. Weiters wurde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich habe und auch nicht in einer Lebensgemeinschaft lebe, sodass kein Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens bestehe. Ein Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens liege zwar vor, aber sei gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt. Zu Pakistan würden weit intensivere Anknüpfungspunkte als zu Österreich bestehen und halte sich der Beschwerdeführer erst vergleichsweise relativ kurz in Österreich auf. Es seien im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die die Vermutung einer besonderen Integration seiner Person in Österreich rechtfertigen würden. Demgegenüber stehe das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesen, dem widersprechend der Beschwerdeführer mit seiner illegalen Einreise gehandelt habe. Daher sei die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1 bis Abs. 3 BFA-VG zulässig. Es sei somit auszusprechen, dass im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig sei. Letztlich wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise binnen 14 Tagen verpflichtet sei.

3. Am 11.04.2018 stellte der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung einen Vorlageantrag.

4. Am 09.09.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Punjabi statt, an der der Beschwerdeführer und seine bevollmächtigte Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer allfälligen Verhandlung verzichtet und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in Pakistan zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei, sich nicht in medizinischer Behandlung befinde und auch keine Medikamente nehme. Bei der Erstbefragung durch die Polizei sei er nicht ausführlich befragt worden und sei die Dolmetscherin nach ein paar Minuten gegangen. Die beiden Einvernahmen vor dem Bundesamt seien ihm rückübersetzt worden, aber in der Niederschrift der Einvernahme von 2018 sei nicht alles, was er gesagt habe, „drinnen“ gewesen. Beispielsweise habe er ausgesagt, dass sein Leben in Pakistan in Gefahr sei, aber es sei übersetzt worden, dass er Probleme habe. Auf Vorhalt, dass im Protokoll angeführt sei: „Ich habe wirklich Probleme gehabt. Mein Leben war in Gefahr.“, brachte der Beschwerdeführer vor, wenn es so im Protokoll stehe, sei es in Ordnung. Er habe immer die Wahrheit gesagt und die Dolmetscher auch gut verstanden. Allerdings habe er zu dem Dolmetscher vor dem Bundesamt kein Vertrauen gehabt, da dieser ein pakistanischer Moslem gewesen sei.

Sein Geburtsdatum sei der XXXX , aber geführt werde er mit XXXX , aber auch mit XXXX . Warum das Geburtsdatum geändert worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er habe dem Bundesamt auch seine Geburtsurkunde im Original vorgelegt. Der Beschwerdeführer sei pakistanischer Staatsangehöriger, Punjabi und katholischer Christ. Aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in Pakistan keine Probleme gehabt. Er sei ledig und habe keine Kinder. Der Beschwerdeführer beherrsche Urdu, Punjabi sowie Englisch in Wort und Schrift und könne auch ein bisschen Deutsch. Er verstehe auch etwas Hindi, könne es aber weder lesen noch schreiben. Zu den mit der Ladung übersendeten Länderfeststellungen zur Situation in Pakistan gab weder der Beschwerdeführer noch seine Vertreterin eine Stellungnahme ab. Vorgelegt wurden „Länderreport 24 Pakistan“ vom Mai 2020 und „Länderreport 1 Pakistan“ vom November 2018, die beide vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stammen. Ein Vorbringen wurde hierzu nicht erstattet.

Zu seinen Wohnorten, zu seinen Familienangehörigen und zu seinem Leben in Pakistan gab der Beschwerdeführer an, dass er drei Brüder und vier Schwestern habe, die in Pakistan leben würden. Eine weitere Schwester lebe in Südafrika. Zwei seiner Brüder und vier Schwestern seien älter als der Beschwerdeführer; ein Bruder und eine Schwester seien jünger. Die letzte Wohnadresse des Beschwerdeführers sei XXXX in XXXX gewesen. Dort habe er von Geburt an bis zu seiner Ausreise gelebt. Seine Mutter sei vor ca. zehn Jahren und sein Vater vor ca. sechs oder sieben Jahren verstorben. Nach dem Tod seiner Eltern habe der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt mit seinem jüngeren Bruder in seinem Elternhaus gelebt. Soweit der Beschwerdeführer wisse, lebe sein jüngerer Bruder nicht mehr dort, da er von den Nachbarn verjagt worden sei. Bis auf seine jüngste Schwester, die in XXXX , wohne, würden alle Geschwister in XXXX leben. Der Beschwerdeführer habe zu seinen Geschwistern in Pakistan so gut wie keinen Kontakt. Er erfahre alles über seine Schwester in Südafrika. Seine Geschwister hätten Angst und würden befürchten, Schwierigkeiten mit den Behörden zu bekommen, wenn diese erfahren würden, dass sie Kontakt zum Beschwerdeführer hätten. Er habe auch von seiner Schwester in Südafrika erfahren, dass die Geschwister von den Behörden immer gefragt würden, wo sich denn der Bruder, der verschwunden sei, aufhalte. Bis zur Mittelschule sei er acht Jahre lang in der Kirche unterrichtet worden. Dann habe er zehn oder 12 Jahre in einer Schuhfabrik gearbeitet. Von dem Gehalt aus der Schuhfabrik habe er seinen Lebensunterhalt in Pakistan verdient. Auch habe er dort den Beruf des Schusters gelernt. Die wirtschaftliche Situation sei schwierig gewesen, da er weniger verdient habe als der moslemische Teil der Bevölkerung. Es sei schwierig als Christ Arbeit zu bekommen. Da der Beschwerdeführer Schuster gelernt habe, hätten sie ihn in dieser Fabrik auch behalten. An weiteren Verwandten in Pakistan habe er noch eine Tante väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits, die auch in XXXX lebe. Kontakt zu diesen Tanten habe der Beschwerdeführer jedoch nicht.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich mit einem Freund in einer Wohngemeinschaft lebe. Verwandte habe er hier nicht und auch keine Freundin. Er spreche etwas Deutsch und habe beim Roten Kreuz einen Deutschkurs gemacht. Die Gemeinde gebe ihm Arbeit. Der Beschwerdeführer arbeite in einer Gärtnerei, mähe den Rasen, kehre Laub und mache auch Reinigungstätigkeiten. Dafür bekomme er zwischen € 4,00 und € 5,00 pro Stunde. Er arbeite ca. sechs Mal pro Monat und zwar jeweils zwischen vier und fünf Stunden. Sonst bekomme er von der Caritas € 365,00 im Monat. Sonstige Ausbildungen habe er in Österreich nicht absolviert. Er besuche die Kirche, wo er einen Mann kennen gelernt habe, der mit ihm Deutsch übe. Das sei eine Freikirche, wo die Gebete und auch die Bibelverse in Punjabi gesprochen würden. Er gehe auch regelmäßig in eine katholische Kirche, wo in Deutsch gesprochen werde. Sonst besuche er häufig ein Fitnessstudio. Der Beschwerdeführer habe einen Freundeskreis in Österreich. In Österreich fühle man sich nicht bedroht von der Mehrheit und könne seine eigene Religion ohne Bedenken und ohne Angst ausüben. Es gefalle ihm hier sehr gut. In Zusammenhang mit der Integration des Beschwerdeführers in Österreich wurden fünf Empfehlungsschreiben vorgelegt.

Zu seinen Reisebewegungen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe Pakistan am XXXX .12.2015 verlassen und sei über den Iran in die Türkei und vor dort aus nach Griechenland gelangt. In Griechenland habe er sich ca. zwei Monate aufgehalten und sei dann über Serbien und Ungarn nach Österreich gereist. Insgesamt sei er sieben Monate lang unterwegs gewesen. Die Reise sei schlepperunterstützt erfolgt, was ca. € 3.000,00 gekostet habe. Dieses Geld habe er von seinem Schwager, der in Südafrika lebe, erhalten.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, da er Christ sei, hätten die Moslems aus „dieser Gegend“ eine Fatwa ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer Blasphemie begangen haben solle. Das sei ein Gerücht und von der Wahrheit weit entfernt. Er spreche von den Leuten, die seine Schwester vergewaltigt hätten. Diese Leute habe der Beschwerdeführer angezeigt und nach der Anzeige seien diese Leute alle gegen ihn gemeinsam aufgetreten. Sie hätten gewollt, dass er einvernehmlich „diese Sache“ bereinige und ihnen entgegenkomme. Das habe der Beschwerdeführer verneint, da er keinen Kompromiss habe eingehen wollen. Dann hätten sie diese Fatwa – eine falsche Anschuldigung – gegen ihn erwirkt. Um sich zu schützen habe sich der Beschwerdeführer in der Kirche aufgehalten und habe ihm der Pastor geraten, dass er weggehen solle, sonst würde er von dieser Gruppe von Menschen umgebracht werden. Man habe ihn auch bedroht. „Die“ seien mit großen Gewehren zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und hätten ihn bedroht, dass er entweder die Anzeige zurücknehme oder umgebracht werde. Diese Gruppe habe auch Verbindungen zu lokalen Politikern und sei auch ein Parlamentarier dabei gewesen. Dem Beschwerdeführer sei vorgeworfen worden, den Propheten Mohamed beschimpft zu haben. Der Pastor habe ihm geholfen zu fliehen und dann sei er nach XXXX gegangen. Seine dortige Verwandtschaft habe Angst gehabt und ihm daher kein Obdach und keinen Schutz geboten. Dann sei er in eine andere Provinz zu seiner Tante väterlicherseits gegangen, wo er ein paar Tage gewesen sei. Diese Gruppe, die ihn angezeigt habe, heiße „Labaik“. Das sei eine islamistische Hardlinergruppierung, die in gesamt Pakistan vernetzt sei. Die Leute dieser Gruppe hätten ihn auch bei seiner Tante aufgesucht und daher sei er von dort in den Iran geflüchtet.

Seine Schwester XXXX sei von XXXX vergewaltigt worden. Auf Vorhalt, er habe zuvor von mehreren Leuten gesprochen, die seine Schwester vergewaltigt hätten, gab der Beschwerdeführer an, sie sei nicht von mehreren, sondern nur von diesem einen Mann vergewaltigt worden. Dieser gehöre zu der einflussreichen Gruppe „Labaik“. Seine Schwester habe einer weiteren Schwester namens XXXX von dem Vorfall erzählt und XXXX habe es dem Beschwerdeführer weitererzählt. Die Vergewaltigung sei im April 2015 gewesen. Der Beschwerdeführer habe Anzeige erstattet und der Täter sei in Haft gekommen. Die Familie des Täters sei sehr einflussreich und sei täglich zum Beschwerdeführer gekommen und habe ihn bedroht. Sie hätten gesagt, er solle die Anzeige zurücknehmen. Da er diesen Kompromiss nicht eingegangen sei, hätten sie ihn angeklagt, Blasphemie begangen zu haben. Der Beschwerdeführer sei zwar mit seinem älteren Bruder XXXX zur Polizei gegangen, aber dieser habe den Kompromiss eingehen wollen, weil er Angst um seine Kinder gehabt habe. Die Polizei habe auch die Schwester des Beschwerdeführers befragt und sei XXXX auch aufgrund der Aussagen seiner Schwester verurteilt worden. Die Vergewaltigung sei weiters auch durch ärztliche Untersuchungen bestätigt worden. Seine Schwester habe diesen Kompromiss auch nicht gewollt. Auf Vorhalt, es sei doch kein Kompromiss, wenn die Familie des Täters sage, der Beschwerdeführer solle die Anzeige zurücknehmen, brachte er vor, dass sie auch Geld angeboten hätten, was der Beschwerdeführer und seine Schwester zurückgewiesen hätten. Sie hätten 500.000 pakistanische Rupien angeboten. Der Mann seiner Schwester habe sich aus der Angelegenheit rausgehalten, da er auch Angst gehabt habe. Er habe auch gemeint, dass er gegen diese einflussreichen Leute machtlos sei. Auf die Frage, was mit seiner Schwester passiert sei, die dem Kompromiss auch nicht zugestimmt habe, gab der Beschwerdeführer an, dass die gesamte Familie ängstlich gewesen sei, als der Beschwerdeführer die Anzeige wegen Blasphemie bekommen habe. Der Täter und seine Familie hätten gedroht, dass sie nicht nur den Beschwerdeführer, sondern seine ganze Familie wegen Blasphemie anzeigen würden. Daraufhin habe seine Schwester ca. im Oktober 2015 die Anzeige zurückgezogen.

Als die Vergewaltigung passiert sei, sei seine Schwester bei ihm auf Besuch gewesen. Der Täter habe eine Fabrik und viel Grund und Felder. Dort habe er die Schwester des Beschwerdeführers „erwischt“. Auf die Frage, wie er persönlich angegriffen worden sei, gab der Beschwerdeführer an, dass „sie“ fast täglich gekommen seien; irgendjemand von der Gruppe sei gekommen und habe den Beschwerdeführer bedroht, dass er die Anzeige zurücknehme. Er sei auch ein paar Mal – ca. drei oder vier Mal – geschlagen worden. Einmal hätten „sie“ nach Dienstschluss auf ihn gewartet und am Heimweg sei der Beschwerdeführer von mehreren Leuten geschlagen worden. Damals sei er auch ins Krankenhaus gebracht worden. Es sei ca. Ende Mai oder Anfang Juni 2015 gewesen. Anzeige habe er damals nicht erstattet, weil „sie“ den Beschwerdeführer bedroht hätten, dass dann seine gesamte Familie in Gefahr sei. Die Anzeige wegen Blasphemie sei im September 2015 erstattet worden.

Auf Vorhalt der Beschwerdeführer habe bei der Einvernahme am 14.03.2018 ausgesagt, dass seine Schwester dort, wo sie vergewaltigt worden sei, angebunden gewesen sei und der Beschwerdeführer und sein Bruder hätten sie befreit und zur Polizei gebracht, gab er an, er habe auch dort ausgesagt, dass seine Schwester dort angebunden gewesen, von ihm und seinem Bruder befreit und zur Polizei gebracht worden sei. Auf Vorhalt, dass er bei der Einvernahme 2017 gesagt habe, dass er erst am nächsten Tag von seiner anderen Schwester von der Vergewaltigung erfahren habe, brachte der Beschwerdeführer vor, so wie er es heute geschildert habe, sei es passiert und damals habe er es auch so ausgesagt. Auf weiteren Vorhalt betreffend die Anzeige wegen Blasphemie habe er 2017 bei der Einvernahme nicht von einer Anzeige, sondern nur davon gesprochen, dass Gerüchte gestreut worden seien, gab er an, er stehe dazu, was er heute gesagt habe. 2017 mit dem „Gerüchte streuen“ habe er gemeint, dass es ein Gerücht sei, dass er über Prophet Mohamed geschimpft oder ihn beleidigt habe. „Sie“ hätten diese Fatwa gegen den Beschwerdeführer ausgesprochen, da er verweigert habe, diesem Kompromiss zuzustimmen und die Anzeige zurückzuziehen. Da seine Schwester nicht von einer pakistanischen Behörde, sondern von einer französischen Klinik untersucht worden sei, habe diese Familie nicht so einen direkten Einfluss auf die Polizei nehmen können. Auf die Frage, wieso er in der Erstbefragung weder die Vergewaltigung seiner Schwester noch die Bedrohung noch die Anzeige wegen Blasphemie erwähnt habe, gab der Beschwerdeführer an, ihm sei gesagt worden, er solle nur sagen, warum er geflüchtet sei. Die ausführliche Einvernahme werde folgen. Daher habe er nur kurz gesagt, dass er dort in Lebensgefahr sei. Der Beschwerdeführer könne auch nicht anderswo in Pakistan leben, da „diese Leute“ sehr gut vernetzt seien und ihn finden würden. Vor ein paar Tagen sei wieder ein Christ in XXXX wegen Blasphemie zum Tode verurteilt worden, obwohl er es abgestritten habe. In Pakistan hätten die Minderheiten keine Rechte und keinen Schutz. Sie würden verjagt und verfolgt von den einheimischen Moslems und könnten auch keine Wohnungen oder sonstiges Eigentum erwerben.

Vorgelegt wird die Fotografie eines urdu-sprachigen Schreibens und gab der Beschwerdeführer dazu an, dass dies eine Kopie der Fatwa wegen Blasphemie gegen ihn sei. Diese habe die örtliche Moschee gegen ihn ausgesprochen und er habe die Kopie vor ca. zwei Monaten von einem Freund erhalten.

5.1. Der in der Folge vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Übersetzung dieser Fatwa (vgl. OZ 10) ist zu entnehmen, dass der Anzeiger ein Bewohner von XXXX , XXXX , und der Vorsitzende einer lokalen Moschee sei. „Heute“ um 14 Uhr sei er angerufen und informiert worden, dass ein Mann blasphemische Wörter und Sprüche gegen den heiligen Propheten Mohamed auf der XXXX brülle. Als er dorthin gegangen sei, habe er den Beschwerdeführer gesehen, der blasphemische Sprüche gegen den heiligen Propheten artikuliert habe. Als man versucht habe ihn aufzuhalten, sei er davon gerannt und habe „uns“ mit dem Umbringen bedroht. Er sei in der Straßenmenge verschwunden und untergetaucht. Daher habe er die Emotionen der Moslems verärgert, was zu Ressentiments und Wut geführt habe. Es sollten strenge rechtliche Maßnahmen gegen ihn eingeleitet und er möge öffentlich getötet werden. Ausgestellt und unterfertigt wurde diese XXXX von „ XXXX “. Ein leserlicher Name des Unterfertigenden findet sich hierauf ebenso wenig wie ein Name bzw. ein Hinweis auf die Person des Anzeigers. Auch findet sich kein Datum auf der Fatwa.

5.2. Diese Übersetzung wurde den Verfahrensparteien zur Stellungnahme übermittelt und brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung vor, dass er keine Einwände gegen diese Übersetzung habe. Dieses Schriftstück habe er vor ca. drei Monaten von einem Freund erhalten, der auch Pastor der Kirche seiner Heimatstadt sei. Der Beschwerdeführer sei zu Unrecht beschuldigt worden, Blasphemie begangen zu haben und befürchte eine Verfolgung aufgrund dieser Beschuldigungen.

Bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt langte keine Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Pakistan, Zugehöriger der Volksgruppe der Punjabi und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er stammt aus XXXX , einer Stadt in der Nähe von XXXX in der pakistanischen Provinz Punjab, wo er geboren ist und bis zu seiner Ausreise in seinem Elternhaus gelebt hat. In XXXX leben noch drei Brüder und drei Schwestern des Beschwerdeführers, eine weitere Schwester ist in XXXX in Pakistan aufhältig und eine fünfte Schwester lebt in Südafrika. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Im Dezember 2015 verließ der Beschwerdeführer Pakistan und reiste über den Iran und die Türkei nach Griechenland, wo er sich mehrere Wochen lang aufgehalten hat. Von Griechenland aus gelangte er über Nordmazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am 11.07.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan. Es wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist, die dem pakistanischen Staat zurechenbar ist. Darüber hinaus wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten einer einflussreichen islamistischen Gruppierung ausgesetzt ist, da der Beschwerdeführer ein Mitglied dieser Gruppe aufgrund der behaupteten Vergewaltigung seiner Schwester angezeigt und sich in der Folge geweigert hat, diese Anzeige zurückzuziehen. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen Blasphemie angezeigt wurde bzw. dass ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan staatliche und/oder private Verfolgung aufgrund der „Beleidigung des Islam“ droht. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines christlichen Glaubens einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung in Pakistan ausgesetzt ist, die asylrelevante Intensität erreicht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Pakistan aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Punjabi einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Pakistan aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt ist. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schwerwiegenden psychischen noch an einer schwerwiegenden physischen Krankheit. Ferner gehört er keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19-Pandemie stellt für den Beschwerdeführer kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage in Pakistan. Er ist ledig und kinderlos bzw. ohne Obsorgeverpflichtungen, verfügt über eine ca. achtjährige Schulbildung und beherrscht neben Punjabi, Urdu und Englisch in Wort und Schrift auch etwas Deutsch und versteht Hindi. Nach der Schulzeit arbeitete der Beschwerdeführer ca. zwölf Jahre lang in einer Schuhfabrik und hat auch den Beruf des Schusters gelernt. Durch diese Tätigkeiten konnte der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt in Pakistan verdienen. In Pakistan bzw. in seinem Herkunftsgebiet XXXX leben nach wie vor die drei Brüder sowie drei Schwestern des Beschwerdeführers. Eine weitere Schwester lebt in XXXX , ebenfalls in Pakistan, sodass festgestellt wird, dass familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Pakistan bestehen. Ob der Beschwerdeführer zu seinen Angehörigen aktuell Kontakt hat, kann nicht festgestellt werden. Festgestellt wird, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar ist, wieder Kontakt zu seinen Geschwistern aufzunehmen.

Festgestellt wird sohin, dass der gesunde, ledige und kinderlose Beschwerdeführer über eine mehrjährige Schulbildung sowie über eine Berufsausbildung und berufliche Erfahrung verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Pakistan ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und lebt auch mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Er ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer arbeitet ca. sechs Tage pro Monat jeweils vier bis fünf Stunden auf der Basis einer Remunerantentätigkeit für die Marktgemeinde XXXX , wofür er zwischen € 4,00 und € 5,00 pro Stunde verdient. Er hat zumindest einen Deutschkurs besucht und ist in der Lage, eine Unterhaltung in einfachen Worten in deutscher Sprache zu führen. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 11.07.2016 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. In Österreich besucht der Beschwerdeführer regelmäßig die Kirche, geht in ein Fitnessstudio und verfügt im Bundesgebiet über einen Freundeskreis. Darüber hinausgehende Hinweise auf eine besonders ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, liegen nicht vor.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Pakistan:

1.2.1. Neueste Ereignisse:

1.2.1.1. Integrierte Kurzinformation vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir:

Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).

Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außenwie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in NeuDelhi dar (ARTE 7.8.2019).

Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).

Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine „Hinduisierung“ des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).

Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).

Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).

Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als „nicht akzeptabel“ und „nicht bindend“ bezeichnet (SCMP 7.8.2019).

Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).

Anmerkung:

Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).

Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].

Quellen:

?        ARTE – (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut? https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistanerneut, Zugriff 8.8.2019;

?        BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370: What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019;

?        BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370: Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019;

?        DS – Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus, https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-austoter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019;

?        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad16321737.html, Zugriff 8.8.2019;

?        HP – Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistansuspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019;

?        IT – India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory, https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-201908-06, Zugriff 7.8.2019;

?        NZZ – Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-dessonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019;

?        ORF – Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019;

?        SCMP – South China Morning Post (7.8.2019): China calls India’s move to scrap Kashmir’s special status ‘not acceptable’ and not binding,

https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrapkashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019;

?        SO – Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung, https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-dasgebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019;

?       

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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