TE Bvwg Beschluss 2020/11/3 W175 2231979-2

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Veröffentlicht am 03.11.2020
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Entscheidungsdatum

03.11.2020

Norm

AsylG 2005 §4a
BFA-VG §17
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W175 2231954-2/2Z
W175 2231979-2/2Z
W175 2231980-2/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann über die gemeinsame Beschwerde 1.) der XXXX , geboren am XXXX , 2.) des XXXX , geboren am XXXX , und 3.) der XXXX , geboren am XXXX , iranische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.05.2020, Zahlen: 1.) 1258410606-200077332, 2.) 1258412807-200077367 und 3.) 1258412709-200077345, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 17 BFA-VG aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist die Mutter des minderjährigen Zweit- und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (BF2 und BF3). Die BF1 stellte für sich und die beiden Kinder am 21.01.2020 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Die BF sind nicht im Besitz von Identitätsdokumenten. Die BF1 gab an, in Griechenland Asyl beantragt und eine positive Erledigung erhalten zu haben. Bei der Befragung vor dem BFA gab die BF1 an, dass sie als alleinerziehende Mutter in Griechenland keine Möglichkeiten gehabt habe, Arbeit zu finden, Teilzeitarbeit habe sie nicht bekommen. Sie seien zeitweise in einem Camp in einem Container untergebracht gewesen, ein Jahr hätten sie in einem Park genächtigt. Eines Tages hätten sie die Behörden zur iranischen Botschaft gebracht, damit sie in den Iran abgeschoben werden könne. In Österreich lebe der Mann der BF1 als anerkannter Flüchtling, sie sei seinerzeit von der Familie gezwungen worden, sich von ihm schieden zu lassen, aber er sei der Vater der Künder und sie wolle mit ihm zusammen sein.

Die griechischen Behörden teilten mit Schreiben vom 03.04.2020 mit, dass die BF am 06.09.2016 in Griechenland Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten. Am 14.02.2018 seien den BF der Flüchtlingsstatus zuerkannt und ihnen Aufenthaltstitel vom 15.02.2018 bis 14.02.2021 und entsprechende Reisedokumente erteilt worden.

Mit Bescheiden vom 26.05.2020 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben hätten (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Bescheidmäßig wurde zusammengefasst festgehalten, dass die BF in Griechenland Flüchtlingsstatus erhalten hätten. Es könne nicht festgestellt werden, dass die BF in Griechenland systematischen Misshandlungen beziehungsweise Verfolgungen ausgesetzt gewesen seien oder diese dort zu erwarten hätten; sie seien nicht Opfer von Gewalt. Schwere psychische Störungen oder sonstige schwere Erkrankungen könnten nicht festgestellt werden. Ein Familienleben mit dem Exmann sei nicht gegeben, die Familie sei seit Jahren getrennt.

Gegen die oben genannten Bescheide des BFA wurde am 09.06.2020 im Familienverfahren fristgerecht Beschwerde erhoben. Moniert wurde, dass die BF in Griechenland des längeren obdachlos gewesen seien, Familienzusammenführungen über das Rote Kreuz wären gescheitert. Die BF1 sei psychisch stark belastet, beim BF3 gebe es den Verdacht auf eine „Blutkrankheit“, weitere Untersuchungen würden durchgeführt. Die Familie würde mit dem Mann der BF1 (die Scheidung sei nicht rechtskräftig) und dem Vater der beiden anderen im Familienverband in Österreich leben. In den Bescheiden des BF2 und der BF3 sei auf das Kindeswohl nicht eingegangen worden. Verwiesen wurde dabei auf die vom BFA eingebrachten Länderfeststellungen und die Zustände in Griechenland.

Mir Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.06.2020 wurde der Beschwerde stattgegeben und die bekämpften Bescheide gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG behoben.

Nach erfolgter Anfragen an die Staatendokumentation gab die BF1 nach neuerlicher Einvernahme beim BFA am 09.09.2020 an, dass sie schwanger sei, Belege würden nachgereicht.

Mit Bescheiden vom 07.10.2020 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten erneut gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben hätten (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

In der Beschwere wurde unter anderem moniert, dass im Fall der BF eine Einzelfallzusicherung Griechenlands hinsichtlich Unterbringung und Versorgung erforderlich sei. Die Stellungnahme der Staatendokumentation sei nicht beziehungsweise nicht ausreichend gewürdigt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

§ 17 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„(1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1
Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grund-sätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.“

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes (besonders vulnerable Gruppe im Zusammenhang mit den vorliegenden Länderfeststellungen in den angefochtene Bescheiden, vermutete Schwangerschaft der BF1) nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung der BF eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W175.2231979.2.00

Im RIS seit

08.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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