TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/4 W236 2236218-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2020
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Entscheidungsdatum

04.11.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W236 2236218-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Republik Moldau, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2020, Zl. 318752208/200525831, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, iVm § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):

1.1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Moldau, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.11.2004 einen ersten Asylantrag.

1.2. Hiezu wurde er am 17.10.2005 von einem Organwalter des Bundesasylamtes inhaltlich befragt. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer dabei zusammengefasst an, dass sein Vater ein Bandit gewesen sei; einmal sei auf sie geschossen worden. Er habe bei seinem Vater in Angst gelebt und so nicht weiterleben wollen. Seine Mutter sei gestorben, sein Vater habe ihn geschlagen. Der Beschwerdeführer sei immer unter Schock gestanden, sei ängstlich gewesen und habe nicht gewusst, was auf ihn zukomme. Die Polizei sei oft bei ihnen zu Hause gewesen und habe seinen Vater mitgenommen; sein Vater sei aber dann immer entlassen worden. Er wolle nicht zurück nach Hause; er habe niemandem, zu dem er gehen könne. Zu seinem Gesundheitszustand befragt erklärte der Beschwerdeführer, dass alles in Ordnung sei.

1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.03.2006, ZI. 04 23.785-BAL, wurde der erste Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Moldawien wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Moldawien ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge niemals Probleme mit den Behörden seines Herkunftsstaates gehabt habe und auch im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat dort keine vom Staat ausgehende Verfolgung befürchte. Die Furcht des Beschwerdeführers gründe sich lediglich auf die Drohungen Dritter. Dass die staatlichen Behörden seines Herkunftsstaates nicht in der Lage oder gewillt gewesen wären, dem Beschwerdeführer Schutz vor Verfolgung zu gewähren, sei seinem Vorbringen nicht zu entnehmen und würde auch mit den zu seinem Herkunftsstaat getroffenen Feststellungen nicht im Einklang stehen. Den allenfalls stattgefundenen Übergriffen durch den Vater des Beschwerdeführers komme lediglich regional begrenzter Charakter zu. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer sich in einem Gesundheitszustand befinde, welcher die Annahme rechtfertige, dass er dauerhaft behandlungsbedürftig sei bzw. unter einer Erkrankung leide, die in Moldawien nicht behandelbar wäre.

1.4. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit rechtskräftigem Bescheid vom 17.05.2008, ZI. 300633-C1-XVIII/58/2006, hinsichtlich aller Spruchpunkte als unbegründet abgewiesen. Die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde abgelehnt.

2. Weiteres Verfahren:

2.1. Nachdem der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 11.11.2010, ZI. 1-1013692/FP/10, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen.

2.2. Am 23.12.2011 wurde dem Beschwerdeführer eine Duldungskarte ausgestellt, da keine Heimreisedokumente erlangt werden konnten. Diese wurde mehrmals (letztlich gültig bis 22.09.2017) verlängert.

2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, ZI. 318752208/170871882, wurde das mit Bescheid vom 11.11.2010 gegen den Beschwerdeführer erlassene, unbefristete Aufenthaltsverbot von Amts wegen aufgehoben (Spruchpunkt I.) und eine mit einem auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Moldau erlassen (Spruchpunkte II. bis VII.). Die gegen die Spruchpunkte II. – VII. dieses Bescheids erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2018, ZI. W212 1300633-2/2E, als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mehrfach rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden sei und sich in Strafhaft befunden habe bzw. derzeit erneut inhaftiert sei. Er leide an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und benötige keine exklusiv im Bundesgebiet verfügbare medizinische Behandlung. Der Beschwerdeführer sei arbeitsfähig, gehe im Bundesgebiet keiner legalen Tätigkeit nach und verfüge über keine Familienangehörigen im österreichischen Bundesgebiet. Er führe seit einem halben Jahr eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, wobei kein gemeinsamer Haushalt bestehe. Weiters wurden aktuelle Feststellungen zur Lage in der Republik Moldau getroffen. Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 07.03.2019, E 4514/2018-11, abgelehnt; die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2019, Ra 2019/21/0123-4, zurückgewiesen.

2.4. Am 18.09.2019 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Moldau abgeschoben.

3. Verfahren über den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz:

3.1. Am 24.06.2020 stellte der Beschwerdeführer nach neuerlicher illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Oktober 2019 aus dem Stande der Strafhaft den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Zu den Gründen für seine neue Antragstellung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er in Österreich angefangen habe, einen Beruf zu suchen und eine Ausbildung begonnen habe. Er sei dann abgeschoben worden. In Moldawien habe er keine Bleibe gehabt und sei deshalb zurück nach Österreich gekehrt, weil er in fünf Monaten Vater werde und seine Frau hier lebe. Weiters habe er in zirka zwei Jahren noch eine Operation vor sich; das sei abhängig davon, wie sich sein Fuß entwickle. Er fühle sich, als wäre er hier aufgewachsen, weil er schon sechzehn Jahre hier sei und in Moldawien keine Bezugspersonen habe; sein Lebensmittelpunkt sei in Österreich. Ansonsten habe er keine weiteren Fluchtgründe.

3.2. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.07.2020 gab der Beschwerdeführer zunächst zu seinem Gesundheitszustand befragt an, dass er eine Verletzung am rechten Bein habe. Er sei am 23.12.2019 operiert worden; der Arzt habe gemeint, dass er in zwei Jahren eine dritte Operation brauche. Auf die Frage, weshalb er jetzt neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stelle, erklärte der Beschwerdeführer, dass er seit sechzehn Jahren hier sei. Er sei nach Moldawien abgeschoben worden; dort habe er keine Bleibe. Er habe um seine Existenz gefürchtet und sei zurückgekommen. In Österreich habe er eine Frau und werde er voraussichtlich im November 2020 Vater. Er habe noch eine Operation, wolle gesundwerden und sich weiterbilden. Auf die Frage, ob sich an seinen Fluchtgründen seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung in Österreich etwas geändert habe, wiederholte der Beschwerdeführer lediglich, dass er abgeschoben worden sei; keiner habe gefragt, ob er eine Bleibe habe. Hier habe er eine Frau; er habe Angst um seine Existenz. Er glaube, er werde im September 2022 aus der Strafhaft entlassen. Nach seiner Abschiebung am 18.09.2019 habe er sich etwa zwei Wochen in Moldawien aufgehalten und dort auf der Straße gelebt.

3.3. Mit dem oben genannten, gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 01.10.2020, Zl. 318752208/200525831, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) zurück.

Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ledig sei, keine Sorgfaltspflichten trage und gesund sei. Er sei nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, mehrmals rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden und bestehe gegen ihn eine aufrechte, mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung. Für den Beschwerdeführer sei seitens der moldawischen Behörden ein Heimreisezertifikat ausgestellt worden und sei der Beschwerdeführer am 18.09.2019 nach Moldawien überstellt worden. Im neuerlichen Asylverfahren habe der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Der Beschwerdeführer habe gegenüber seinem Erstverfahren keine anderen bzw. neuen Fluchtgründe vorgebracht. Im Rahmen seiner Einvernahme habe er angegeben, dass er sich nach seiner Rückkehr nach Moldawien nur zwei Wochen dort aufgehalten und in dieser Zeit auf der Straße geschlafen habe. Übergriffe oder asyl- bzw. schutzrelevante Gründe habe der Beschwerdeführer hingegen nicht vorgebracht. Aus den angeführten Länderberichten gehe hervor, dass die Effizienz des Sozialsystems in Moldawien zwar eingeschränkt, aber vorhanden sei; Arbeitslose würden bis maximal neun Monate eine geringe Unterstützung erhalten. Der Beschwerdeführer stelle den gegenständlichen Antrag lediglich aus privaten Gründen. Da gegen den Beschwerdeführer eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung noch aufrecht sei, sei eine neuerliche Rückkehrentscheidung nicht zu erlassen gewesen; soweit der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz auch damit begründe, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert sei und von dieser ein Kind erwarte, sei darauf hinzuweisen, dass bei der Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung nicht abzusprechen sei. Der Beschwerdeführer sei im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.07.2020 auf die Möglichkeit, einen Antrag nach § 55 AsylG 2005 zu stellen, hingewiesen worden.

3.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15.10.2020 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht habe, aufgrund eines im Dezember 2019 erlebten Unfalls eine schwere Beinverletzung erlitten zu haben, die im Krankenhaus behandelt werden müsse. Er sei zwei Mal operiert worden, wobei ihm zwei Platten und eine Schraube eingesetzt worden seien, welche durch eine dritte Operation entfernt werden müssten. Der Beschwerdeführer brauche laufende Physiotherapie und medizinische Kontrollen. All dies stünde ihm in Moldawien nicht zur Verfügung; er müsste jede Behandlung privat finanzieren, was ihm nicht möglich sei. Es drohe dem Beschwerdeführer eine dauerhafte Schädigung hinsichtlich der Bewegungsfähigkeit seines verletzten Beines, was seine Arbeitsfähigkeit weiter einschränken würde. Der Beschwerdeführer sei seither in seiner Bewegungsfähigkeit erheblich eingeschränkt; seine Arbeitsfähigkeit sei durch die Folgen dieser Verletzung ebenfalls erheblich eingeschränkt und sei er auch aus diesem Grund in Moldawien, wo er über keinerlei Unterstützung durch Familie oder Bekannte verfüge, nicht überlebensfähig. Dieser Sachverhalt sei jedenfalls im Hinblick auf den Antrag auf subsidiären Schutz relevant und stelle einen neuen Sachverhalt dar, den der Beschwerdeführer nicht bereits im abgeschlossenen Asylverfahren geltend gemacht habe. Der Beschwerde werde ein Arztbrief eines Krankenhauses beigelegt. Im Bescheid werde davon gesprochen, dass der Beschwerdeführer gesund sei; dies sei nicht nur aus dem Grund des lädierten Beines des Beschwerdeführers unrichtig, sondern leide der Beschwerdeführer überdies an Hepatitis C, was vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht berücksichtigt worden sei. Der Beschwerdeführer habe darauf hingewiesen, dass er in Moldawien auf der Straße leben müsste und nichts zum Leben hätte. Es hätten ein unfallchirurgisches Sachverständigengutachten eingeholt und die Versorgungssysteme in Moldawien hinterfragt werden müssen. Zudem habe der Beschwerdeführer Bindungen zu seiner in Österreich lebenden Verlobten, welche mit dem Beschwerdeführer ein gemeinsames Kind erwarte, weshalb auch im Licht des Art. 8 EMRK ersucht werde, das Asylverfahren des Beschwerdeführers zuzulassen; zum Beweis werde die Einvernahme der L. M. als Zeugin beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakten des Beschwerdeführers (insbesondere auch zu seinen Vorverfahren), der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.11.2004 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.03.2006, ZI. 04 23.785-BAL, zur Gänze abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit rechtskräftigem Bescheid vom 17.05.2008, ZI. 300633-C1-XVIII/58/2006, hinsichtlich aller Spruchpunkte als unbegründet abgewiesen. Die an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde abgelehnt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2018, ZI. 318752208/170871882, wurde unter anderem gegen den Beschwerdeführer eine mit einem auf die Dauer von zehn Jahren befristeten Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Republik Moldau erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2018, ZI. W212 1300633-2/2E, als unbegründet abgewiesen.

Am 18.09.2019 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Moldau abgeschoben.

Am 24.06.2020 stellte der Beschwerdeführer nach neuerlicher illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Oktober 2019 aus dem Stande der Strafhaft den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2020, Zl. 318752208/200525831, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; eine Rückkehrentscheidung wurde nicht erlassen. Über die Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zu stellen, wurde der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.07.2020 belehrt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15.10.2020 fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers sowie seinen privaten und familiären Verhältnissen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Moldau. Seine Identität steht fest und ist aus dem Spruch der gegenständlichen Entscheidung ersichtlich.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Er ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer beherrscht Rumänisch in Wort und Schrift. Er absolvierte in der Republik Moldau eine mehrjährige Schulbildung.

Der Beschwerdeführer trat in Österreich insgesamt elf Mal strafgerichtlich in Erscheinung. Zuletzt wurde er am 04.06.2020 wegen Verleumdung, Urkundenfälschung sowie Fälschung besonders geschützter Urkunden, Diebstahl und Einbruchsdiebstahl sowie mehrmaligen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (Besitz, Erwerb, anderen überlassen) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er befindet sich seit 06.03.2020 in Strafhaft; geplantes Haftende ist der 04.09.2022, voraussichtliche Entlassung nach zwei Drittel der Haft ist wahrscheinlich am 04.11.2021.

1.3. Zu den Fluchtgründen und der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz liegt ebensowenig vor, wie eine maßgebliche Änderung der vom Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz keine Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsstaat dargetan.

Im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten und wäre ihm die notdürftigste Lebensgrundlage nicht entzogen. Eine maßgebliche Änderung der individuellen Lage des Beschwerdeführers oder der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist diesbezüglich seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht eingetreten.

1.4. Zur maßgeblichen Lage in der Republik Moldau:

Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Ihrem Herkunftsstaat Moldawien wurden bisher 53.042 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 1.320 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden. Derzeit gibt es noch 12.725 aktive Fälle, 38.997 Personen sind bereits wieder gesund. (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 01.10.2020).

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html).

1. Politische Lage

Moldau hat annähernd 34.000 km² Fläche und ca. 2,9 Mio. Einwohner (ohne Transnistrien). Das Land ist eine parlamentarische Demokratie, Staatsoberhaupt ist seit 23. Dezember 2016 Präsident Igor Dodon (PSRM). Regierungschef ist seit 20. Januar 2016 Ministerpräsident Pavel Filip (PDM). Das moldauische Parlament hat eine Kammer mit 101 Sitzen. Die Regierungskoalition umfasst derzeit die Demokratische Partei (PDM – 42 Sitze), informell auch auf die Europäische Volksgruppe (GPPE, 9 Sitze). Zur parlamentarischen Opposition gehören die Partei der Kommunisten der Republik Moldau (PCRM - 6 Sitze), die Partei der Sozialisten der Republik Moldau (PSRM - 24 Sitze), die Liberal-Demokratische Partei (PLDM - 5 Sitze), die Liberale Partei (PL - 9 Sitze) und 6 Parteilose (AA 3.2018a).

Zwei Runden der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 führten zur Wahl von Igor Dodon zum Präsidenten der Republik Moldau. Laut Wahlbeobachtungsmission der OSZE waren beide Wahlgänge kompetitiv und respektierten die Grundfreiheiten. Internationale und nationale Beobachter stellten jedoch eine polarisierte und unausgewogene Medienberichterstattung, harte und intolerante Rhetorik, mangelnde Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung und Fälle von Missbrauch administrativer Ressourcen fest (USDOS 20.4.2018).

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2018, die Bürgermeisterwahl in Chi?in?u wegen kleinerer Vorfälle (Vorwurf des Wahlkampfs über Social Media nach dem offiziellen Ende des Wahlkampfes) für nichtig zu erklären, trug weiter zur Wahrnehmung bei, dass die Justiz politisch entscheidet (FH 2019).

Die Republik Moldau erlebte im Jahr 2017 deutliche Anzeichen eines demokratischen Rückschritts mit illiberalen und autoritären Tendenzen und kam internationalen und nationalen Verpflichtungen bzw. Reformvorhaben nur zum Schein nach. Die Zeiten, in denen Moldau als Erfolgsgeschichte der europäischen Integration galt, sind vorbei. Das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem nationalen Bankensystem (2014) und die erbitterte Auflösung der Regierungskoalition, die dem Bankenskandal folgte, zerstörten viel von dem positiven Bild, das Moldau seit 2009 von sich aufzubauen verstanden hatte. Gerade die Rolle der Demokratischen Partei (PDM) wird in diesem Zusammenhang sehr kritisiert. Deren Vorsitzender, der Oligarch Vlad Plahotniuc, hatte es nach 2014 geschickt verstanden, seine Partei trotz einer bescheidenen demokratischen Legitimation von 16% bei den Parlamentswahlen 2014 zur wichtigsten politischen Kraft des Landes zu machen und diese Macht zu festigen, nicht zuletzt auch durch Einführung eines neuen Wahlsystems (JF 10.1.2018; vgl. FH 2019, BAMF 18.2.2019).

Laut Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments befindet sich die Republik Moldau im Griff von oligarchischen Interessen mit einer Konzentration wirtschaftlicher und politischer Macht in den Händen einer kleinen Gruppe von Menschen, die Einfluss auf das Parlament, die Regierung, die politischen Parteien, die Staatsverwaltung, die Polizei, die Justiz und die Medien ausübt. Es werden darin Rückschritte bei demokratischen Standards und Rechtsstaatlichkeit und Mängel bei Unabhängigkeit der Justiz und Korruptionsbekämpfung moniert (BI 10.10.2018).

Bei der Parlamentswahl am 24. Feber 2019 hat keine Partei eine absolute Mehrheit gewonnen. Pro-russische und pro-westliche Kräfte sind fast gleichauf. Nach den ersten Ergebnissen liegen die pro-russischen Sozialisten (PSRM) von Staatspräsident Igor Dodon mit ca. 31% vorne. Gefolgt von dem bisher nicht im Parlament vertretenen pro-europäischen Wahlblock ACUM mit knapp 26%. Auf Platz drei, mit 24%, liegen die amtierenden formal pro-europäischen Demokraten (PDM) von Vlad Plahotniuc. Die Wahlbeteiligung lag nur bei 49%. Wenn nicht innerhalb von 45 Tagen eine Regierung gebildet wird, müssen Neuwahlen stattfinden (BAMF 25.2.2019).

Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten in einer ersten Reaktion den Urnengang vom 24. Feber als kompetitiv und bestätigten die generelle Respektierung grundlegender Rechte, sprachen jedoch auch von Vorwürfen des Drucks auf öffentlich Bedienstete, starken Hinweisen auf Stimmenkauf und den Missbrauch staatlicher Ressourcen (OSZE 25.2.2019). Oppositionsparteien werfen den regierenden Demokraten massiven Wahlbetrug vor. Sowohl die Demokraten als auch die Sozialisten beschuldigten einander des Stimmenkaufs. Laut der CEC gab es 18 Beschwerden wegen Unregelmäßigkeiten, aber die Wahlen verliefen ohne größere Zwischenfälle (RFE/RL 24.2.2019; vgl. RFE/RL 25.2.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (3.2018a): Republik Moldau, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/moldau/201826, Zugriff 22.2.2019

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (18.2.2019): Briefing Notes vom 18.02.2019, per E-Mail

- BAMF -Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (25.2.2019): Briefing Notes vom 25.02.2019, per E-Mail

- BI – Balkan Insight (10.10.2018): Oligarchs Have ‘Captured Moldova’, EU Resolution Warns, https://balkaninsight.com/2018/10/10/eu-urges-moldovan-authorities-to-respect-democratic-standards-10-10-2018/, Zugriff 26.2.2018

-FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 4.3.2019

- JF – Jamestown Foundation (10.1.2018): A Year in Review: Oligarchic Power Consolidation Defines Moldova’s Politics in 2017, https://www.ecoi.net/de/dokument/1421482.html, Zugriff 22.2.2019

- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.2.2019): Fundamental rights generally respected in competitive Moldovan elections, though campaign tainted by violations, international observers say, https://www.osce.org/odihr/elections/moldova/412361, Zugriff 1.3.2019

- RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Free Europe (24.2.2019): Crucial Moldovan Parliamentary Vote Marred By Fraud Allegations, https://www.rferl.org/a/moldova-elections-dodon-socialists-acum-democrats-russia-eu/29787009.html?ltflags=mailer, Zugriff 1.3.2019

- RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Free Europe (25.2.2019): Moldova Elects Parliament With No Clear Majority, https://www.rferl.org/a/moldova-socialists-lead-democrats-acum-parliamentary-vote/29788181.html, Zugriff 1.3,2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

2. Sicherheitslage

Die Republik Moldau ist Teil der im Mai 2009 ins Leben gerufenen „Östlichen Partnerschaft der EU“, die das Land näher an die EU heranführen soll. Am 27. Juni 2014 wurde in Brüssel das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Moldau unterzeichnet, das am 1. Juli 2016 vollständig in Kraft trat. Zentraler Kern des Abkommens ist die Einrichtung einer Tiefen und umfassenden Freihandelszone (Deep and Comprehensive Free Trade Area - DCFTA), in deren Rahmen eine schrittweise Annäherung moldauischer Rechtsvorschriften an EU-Rechtsvorschriften und Standards erfolgen soll. Die Beziehungen zur Russischen Föderation bleiben für die Republik Moldau von zentraler Bedeutung, unter anderem wegen der Abhängigkeit der Republik Moldau von russischen Gaslieferungen und der großen Bedeutung des russischen Marktes für moldauische Exporte, insbesondere Agrarprodukte. Ein erheblicher Teil der moldauischen Gastarbeiter lebt in der Russischen Föderation. Seit 2013 hat die Russische Föderation Handelsrestriktionen gegen Moldau verhängt. Während die moldauische Regierung an einer pro-europäischen Ausrichtung des Landes festhält, bemüht sich Präsident Dodon um eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland, z.B. durch Erleichterungen bei den Handelsrestriktionen. Die OSZE unterhält seit 1993 eine Mission in Chi?in?u. Die Republik Moldau ist seit 1994 Partner der NATO. Die moldauische Verfassung schreibt die bündnispolitische Neutralität des Landes vor. Moldau nimmt innerhalb dieses Rahmens aktiv am NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“ teil und beteiligt sich mit Soldaten am KFOR-Einsatz. Im Dezember 2017 eröffnete die NATO ein Verbindungsbüro in Chisinau (AA 3.2018b).

Quellen:

-AA – Auswärtiges Amt (3.2018b): Außenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/moldau-node/-/202836, Zugriff 22.2.2019

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Ein großes Problem stellt die mangelnde Unabhängigkeit des Justiz- und Strafverfolgungswesens dar. Das Justizwesen gilt als ausgesprochen korruptionsanfällig. Die Einflussnahme einflussreicher Dritter, besonders im Rahmen selektiver Justiz, wird weitläufig angenommen und kann in Einzelfällen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. In Öffentlichkeit und Medien wird berichtet, dass große Teile der Wirtschaft sowie des Justizsektors von der herrschenden Oligarchie kontrolliert oder zumindest beeinflusst werden. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Justiz liegt bei unter 10%. Die Reform des Justizsektors der letzten Jahre wird allgemein als Misserfolg angesehen, da weder die Transparenz noch die Effizienz erhöht werden konnten (AA 29.10.2018).

Das Gesetz garantiert eine unabhängige Justiz, dennoch sind Fälle fehlenden Respekts von Regierungsvertretern für die richterliche Unabhängigkeit weiterhin ein Problem. Dasselbe gilt für Korruption im Justizwesen. Der Prozess gegen den früheren Premierminister Vlad Filat, der wegen angeblicher Korruption und Einflussnahme im Zusammenhang mit dem Bankbetrug 2014 zu neun Jahren Haft verurteilt wurde, warf Fragen über die Unparteilichkeit von Staatsanwaltschaft und Justiz auf. 68% der befragten Bürger gaben an, dass das Recht auf ein faires Verfahren in Moldau nur in geringem Umfang oder gar nicht existiere. Viele der Befragten glauben auch, dass die Justiz selektiv agiere und von Korruption betroffen sei. Es kommt weiterhin zu selektiver Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. Gegen NGOs gerichtete Maßnahmen, die Absetzung eines Richters und Verhaftungen von Staatsbeamten wegen angeblich erfundener Anklagen haben ebenfalls Bedenken ausgelöst. Spezielle Richter sind für die Durchsetzung eines gerichtlichen Ethik-Kodex und die Untersuchung von Fällen von richterlichem Fehlverhalten oder ethischen Verstößen verantwortlich. Sie berichten dem Obersten Richterrat (Superior Council of Magistrates). Im Jahr 2016 hat der Disziplinarausschuss dieses Rates 86 Disziplinarmaßnahmen eingeleitet und 13 Sanktionen verhängt, darunter sechs Verwarnungen und sieben Warnungen. Trotz einer erheblichen Zunahme der Disziplinarmaßnahmen nach der Reform des Disziplinarausschusses des Rates, wurden die meisten Vorwürfe zurückgewiesen. Das Gesetz garantiert die Unschuldsvermutung, in der Praxis wird diese aber nicht immer respektiert, was sich gelegentlich auch in Wortmeldungen von Richtern äußert. Es gibt die gesetzliche Möglichkeit gegen Menschenrechtsverletzungen gerichtlich vorzugehen, gegebenenfalls bis hin zum EGMR. Die Urteile in solchen Fällen fallen aber oft bescheiden aus und werden nicht immer umgesetzt. Urteile des EGMR hingegen werden in der Regel prompt erfüllt. Die Zahl der Beschwerden vor dem EGMR hat in Vergleich zu den Vorjahren abgenommen (USDOS 20.4.2018).

Das Recht auf ein faires Verfahren wird unter anderem auch von der Befangenheit von Richtern und Korruption in der Justiz geschmälert. Die Justiz in Moldau ist weiterhin höchst korrupt und ist dem Business und politischen Gruppen gegenüber dienstbar, derzeit vor allem dem Oligarchen und Parteichef Vlad Plahotniuc gegenüber. Die politisierte Justiz wird oft als Mittel gegen dessen politische Rivalen eingesetzt (BS 2018).

Die Unabhängigkeit der moldauischen Justiz wird durch ihre Anfälligkeit für politischen Druck behindert. Richterernennungen sind intransparent und es wurden auch Richter wegen ihrer Entscheidungen abgesetzt. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2018, die Bürgermeisterwahl in Chi?in?u wegen kleinerer Vorfälle für nichtig zu erklären, trug weiter zur Wahrnehmung bei, dass die Justiz politisch entscheidet. Im Dezember 2018 wurden drei der Regierung nahestehende Richter in den Verfassungsgerichtshof berufen. Ein ordentliches Verfahren ist im moldauischen Justizsystem oft nicht garantiert. Einige Anklagen sind politisch motiviert, insbesondere jene gegen Menschenrechtsanwälte und Oppositionelle. Trotz gesetzlicher Vorschriften, die Audio- und Videoaufnahmen vorschreiben, werden wichtige Fälle hinter verschlossenen Türen verhandelt. Lange Untersuchungshaft ist üblich (FH 2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

- EC – European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 23.5.2018

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

4. Sicherheitsbehörden

Die nationale Polizei ist die primäre Strafverfolgungsbehörde und für die innere Sicherheit, die öffentliche Ordnung, den Verkehr, die Migration und den Schutz der Grenzen zuständig. Sie ist in die Kriminalpolizei und Ordnungspolizei unterteilt und untersteht dem Innenministerium. Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert. Das Ministerium erzielte bescheidene Fortschritte bei der Umsetzung von Reformen zur Bekämpfung von Missbrauch und Korruption. Obwohl die Behörden Berichten über Amtsmissbrauch in Sicherheitsbehörden und anderswo nachgehen, werden selten Beamte erfolgreich wegen Menschenrechtsverletzungen, Korruption oder Komplizenschaft beim Menschenhandel angeklagt und bestraft (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Menschenrechtsorganisationen berichten, dass durch Folter und körperliche Misshandlungen Geständnisse erpresst werden und die Opfer persönlich erniedrigt werden, was wiederum eine abschreckende Wirkung entfaltet. Im Jahr 2017 registrierte der EGMR 9% weniger Klagen als 2016. Trotz des Rückgangs ist die Pro-Kopf-Rate der gegen die Republik Moldau eingereichten Klagen noch immer sehr hoch. Im Jahr 2017 klagten die Bürger der Republik Moldau dreimal häufiger als der europäische Durchschnitt beim EGMR (AA 29.10.2018).

Obwohl die Gesetze Folter verbieten, gibt es weiterhin Berichte über körperliche Misshandlung und Folter vor allem in Haftanstalten und psychiatrischen Einrichtungen. Fälle von Misshandlung in Polizeistationen und Folterfälle in Hafteinrichtungen gingen allerdings zurück. Laut Quellen führten von den über 600 Beschwerden wegen Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, die jährlich bei der Generalstaatsanwaltschaft eingehen, 20% auch wirklich zu einem Strafverfahren. Nach dem Strafgesetzbuch ist Folter mit bis zu zehn Jahren Gefängnis strafbar, in besonderen Fällen sogar bis zu 15 Jahren. Vorsätzliche Folter durch einen Beamten wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Jahren oder einer Geldstrafe von 57.500 bis 67.500 Lei (2.875 bis 3.375 USD) und einem Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter geahndet. Das Gesetz verbietet es den Gerichten, Personen, die wegen Folter verurteilt wurden, eine Bewährungsstrafe zu gewähren. Ein im Jahr 2016 angenommenes Gesetz zur Rehabilitation von Opfern von Straftaten trat im März 2017 in Kraft. Nach dem Gesetz erhalten Opfer von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung staatliche Prozesskostenhilfe, wodurch die ihnen gebotenen Verfahrensgarantien gestärkt werden. In der ersten Jahreshälfte 2017 gingen bei der Generalstaatsanwaltschaft 320 Vorwürfe wegen Folter und Misshandlung ein, von denen 112 die Kriminalpolizei, 78 die Verkehrspolizei, 21 Angestellte des Strafvollzugssystems und 56 weitere Polizeieinheiten und die Zollwache betrafen. Die Staatsanwaltschaft hat 45 Strafverfahren eingeleitet und 15 Fälle vor Gericht gebracht. In den meisten Fällen wandte die Polizei Gewalt während der Haft als Mittel zur Einschüchterung, zur Beschaffung von Beweisen und Geständnissen und zur Bestrafung mutmaßlicher Straftaten an. Die meisten angeblichen Vorfälle ereigneten sich auf der Straße oder an öffentlichen Orten, gefolgt von Polizeistationen und Haftanstalten. Trotz der Abnahme von Folterfällen waren psychologische Folter und erniedrigende Behandlung weiterhin ein Problem in Strafvollzugsanstalten und psychiatrischen Anstalten. Eine unabhängige Bewertung durch lokale nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen ergab, dass der Rückgang der Folterfälle auf härtere Strafen, robustere Sensibilisierungskampagnen und Schulungen für Staatsanwälte, Richter und Polizei, sowie Videoüberwachungsgeräte in Polizeistationen und Hafteinrichtungen zurückzuführen waren. Der Menschenrechtsombudsmann berichtet, dass die meisten Foltervorwürfe und unzureichende Haftbedingungen in der Strafvollzugsanstalt Nr. 13 in Chisinau, der Strafvollzugsanstalt Nr. 11 in Balti und der Strafvollzugsanstalt Nr. 17 in Rezina vorkommen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 führten die Mitglieder des nationalen Anti-Folter-Mechanismus (Ombudsmann) 14 präventive Besuche in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten, psychiatrischen Anstalten und psycho-neurologischen Heimen durch. Trotz eines Rückgangs der mutmaßlichen Fälle von Folter meinen Menschenrechtsexperten, dass die Dunkelziffer höher liegen dürfte, da vielen Personen das Vertrauen in den Justizsektor fehlt (USDOS 20.4.2018).

Es gibt weiterhin Vorwürfe bezüglich Folter und Misshandlung in Hafteinrichtungen und im Strafvollzugssystem (AI 22.2.2018). Obwohl Polizeibeamte in Zusammenhang mit Folter selten strafverfolgt werden, gibt es hierzu einige positive Veränderungen zu beobachten (BS 2018; vgl. FH 2019).

Quellen:

-AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425530.html, Zugriff 22.2.2019

-BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

-FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

6. Korruption

Korruption bleibt das größte Problem des Landes. Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für offizielle Korruption vor, in der Praxis wird dies aber nicht effektiv umgesetzt und die Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. In der Justiz und anderen staatlichen Strukturen gibt es weit verbreitete Korruption. Die Regierung hat bei der Untersuchung von Korruptionsfällen in Amtsapparat und Justiz einige Fortschritte erzielt, doch diese Maßnahmen wurden zumeist als selektive Justiz wahrgenommen (USDOS 20.4.2018).

Korruption ist nach wie vor ein weit verbreitetes Problem auf allen Regierungsebenen und geltende Antikorruptionsgesetze werden nur unzureichend durchgesetzt. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, um die Transparenz zu erhöhen, etwa die Offenlegung der Vermögenswerte von Staatsbeamten, doch diese wurden mangels politischem Willen nicht effektiv durchgesetzt (FH 2019).

Moldau wird im 2018 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit 33 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean). DAmit hat im längerfristigen Vergleich die Bewertung wieder leicht zugenommen (2012: 36 Punkte; 2013: 35; 2014: 35; 2015: 33; 2016: 30, 2017: 31) (TI 2017; vgl. TI 2018).

Korruption ist auch im Gesundheitswesen und in Bildungseinrichtungen verbreitet. Private Unternehmen bezahlen die meisten Bestechungsgelder an Finanzämter und Gerichte. Die zahlreichen Parteiwechsel im moldauischen Parlament seit den letzten Wahlen, sind Beispiele für korrupte Einflüsse auf das Parlament und den Kauf politischer Unterstützung. Grundsätzlich werden selten Beamte erfolgreich wegen Korruption angeklagt und bestraft. Regierungsangaben zufolge hat das Nationale Antikorruptionszentrum 2016 insgesamt 858 Ermittlungen wegen Korruption und Amtsmissbrauch eingeleitet. Insgesamt wurden 187 Fälle betreffend 235 Personen an die Gerichte weitergeleitet, darunter waren ein Richter, Mitarbeiter des Innenministeriums, Grenzpolizisten, Kriminalbeamte, Polizeibeamte und auch drei Mitarbeiter des Antikorruptionszentrums selbst. Von 179 im Jahr 2016 verurteilten Personen, wurden 19 eingesperrt und 15 erhielten sowohl eine Gefängnis- als auch Geldstrafen. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen den öffentlichen und privaten Sektor (720 Fälle), Geldwäsche (32 Fälle) und andere (106 Fälle). Das Zentrum untersuchte Richter, Staatsanwälte, Leiter staatlicher Institutionen, Amtsträger des Gesundheitswesens, Bürgermeister, Gerichtsvollzieher, Polizeibeamte, Anwälte und andere Amtsträger. Die Abteilung für Internes und Korruptionsbekämpfung des Innenministeriums registrierte 2017 24 Fälle von passiver Korruption und 17 Fälle von aktiver Korruption. Die meisten Korruptionsdelikte betrafen Mitarbeiter des Polizeiinspektorats (17 Fälle), gefolgt von normalen Bürgern (16 Fälle), dem Notdienst (fünf Fälle) und der Grenzpolizei (ein Fall). Die Antikorruptionsabteilung registrierte außerdem 24 Fälle von Einflussnahme (USDOS 20.4.2018).

Der Begriff "captured state" wird weiterhin von lokalen und internationalen Experten verwendet, um den Umfang der Korruption in Moldau zu definieren. Transparency International-Moldova zufolge ist sogar der Kampf gegen die Korruption politisiert, um Kontrolle über die Zweige der Staatsgewalt auszuüben. Es gibt Berichte über Fälle selektiver Justiz zur Strafverfolgung von Amtsträgern aus politischen Gründen. 2017 wurde eine nie dagewesene Zahl von hochrangigen Amtsträgern wegen Korruption und Einflussnahme angeklagt (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Antikorruptionszentrum ist eine mächtige Behörde, dessen Aufgabe in der Vorbeugung gegen und Bekämpfung von Korruption besteht. Die in der Republik Moldau überall anzutreffende große Korruptionsanfälligkeit bietet immer wieder Anlass, missliebigen Personen zu drohen, sie einzuschüchtern oder gar strafrechtlich zu verfolgen (AA 29.10.2019).

Strafverfolgung und Verurteilung von Politiker und Amtsträgern (insbesondere hochrangige Beamte) sind selten. Auch wenn Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden, sind diese eher politisch motiviert. Ende Juni 2016 war der ehemalige Premierminister Vlad Filat wegen Korruption im Zusammenhang mit dem Diebstahl von 1 Milliarde US-Dollar öffentlicher Gelder zu neun Jahren Haft verurteilt. Es gibt Meinungen, dass diese Verurteilung eine Konsequenz von Filats langjähriger politischer Feindschaft mit Plahotniuc war. Manchmal werden Ermittlungen gegen niederrangige Beamte geführt, um den Eindruck zu erwecken, die Behörden würden gegen Machtmissbrauch und Korruption vorgehen. Diese Methode wird auch angewandt um Amtsträger loszuwerden, die von politischen Gegnern ernannt worden sind (BS 2018).

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.5.2018

- EC – European Commission (3.4.2018): Association Implementation Report on Moldova, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/association_implementation_report_on_moldova.pdf, Zugriff 22.2.2019

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

- TI – Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#table, Zugriff 22.2.2019

- TI – Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 22.2.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

7. Wehrdienst

Alle männlichen Staatsbürger müssen sich mit 16 Jahren für die Einberufung registrieren lassen. Die Wehrpflicht beginnt mit 18 Jahren und beträgt 12 Monate. Die Abschaffung des Wehrdienstes ist aber angekündigt worden (CIA 17.2.2019).

Dem Gesetz zufolge haben Bürger zwischen 18 und 27 Jahren das Recht, sich für einen zivilen Ersatzdienst zu entscheiden, wenn der Wehrdienst ihren religiösen Überzeugungen widerspricht. Die übliche Dauer des Ersatz- wie des Wehrdienstes beträgt 12 Monate. Hochschulabsolventen können zwischen sechs Monaten Zivildienst und drei Monaten militärischer Ausbildung wählen. Wer sich für den Zivildienst entscheidet, kann diesen bei öffentlichen Einrichtungen oder Unternehmen absolvieren, die auf Bereiche wie Sozialhilfe, Gesundheitswesen, Industrietechnik, Stadtplanung, Straßen- und Straßenbau, Umweltschutz, Landwirtschaft oder landwirtschaftliche Verarbeitung, Stadtverwaltung und Feuerwehr spezialisiert sind. Es gibt keine pauschalen Ausnahmen für religiöse Gruppen, aber höhere Geistliche, Mönche und Theologiestudenten sind auch vom alternativen Dienst befreit. Die Verweigerung der Zivildienstleistung wird mit einer Geldstrafe von bis zu 32.000 Lei (1.900 US-Dollar) oder zwischen 100 und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit geahndet (USDOS 29.5.2018).

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency (17.2.2019): The World Factbook – Moldova, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/md.html, Zugriff 4.3.2019

- USDOS – US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436859.html, Zugriff 22.2.2019

8. Allgemeine Menschenrechtslage

Es gibt keine gezielten staatlichen Repressionsmaßnahmen, die sich gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung richten. Die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen können aber den zunehmenden autoritären Tendenzen in der Republik Moldau nur wenig entgegensetzen (AA 29.10.2018).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen zählen Folter in Gefängnissen und psycho-neurologischen Einrichtungen; harte Haftbedingungen; willkürliche Festnahme oder Inhaftierung; Verweigerung eines fairen öffentlichen Verfahrens; Einschränkungen der Medienfreiheit, Korruption; Fälle von Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen in Betreuungseinrichtungen; und Menschenhandel. Eine Vielzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkungen und untersucht Menschenrechtsfälle und veröffentlicht ihre Ergebnisse. Regierungsstellen sind einigermaßen kooperativ und offen für deren Vorstellungen. Es gibt eine voll funktionsfähige Ombudsstelle der Regierung. Das Parlament verfügt auch über einen eigenen ständigen Ausschuss für Menschenrechte und interethnische Beziehungen (USDOS 20.4.2018).

Auf offizieller Ebene ist die Republik Moldau verpflichtet, die Bürgerrechte zu achten, die gesetzlich kodifiziert sind. Trotz positiver Entwicklungen in dieser Hinsicht über die letzten Jahre hinweg, werden Grundfreiheiten immer noch oft verletzt. Dies betrifft das Fehlen fairer Verfahren, Hassreden, das Recht auf sozialen Schutz und Gesundheitsversorgung, schlechte Bedingungen in Gefängnissen, Menschenhandel und die Rechte sexueller Minderheiten und der Roma-Gemeinschaft. Und obwohl moldauische Gesetze Folter verbieten, gibt es Berichte über Verletzungen des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit, einschließlich Fälle des Todes von Gefangenen oder Häftlingen (BS 2018).

Einige Menschenrechtsanwälte und -aktivisten hatten unter politisch motivierten Medienkampagnen, polizeilichen Ermittlungen und Anklagen zu leiden. Aktivisten der Zivilgesellschaft äußeren Bedenken gegen Abhöraktionen und stellen fest, dass die Anzahl der von den Richtern der Republik Moldau genehmigten Abhöranfragen zunimmt (FH 2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

9. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Meinungsfreiheit ist grundsätzlich gewährleistet. Die Gewährleistung der Pressefreiheit hat sich seit dem Jahr 2016 verschlechtert. Investigativen Journalisten wird der Zugang zu Daten über in der Öffentlichkeit stehende Beamte unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen erschwert. Kritische Medienvertreter werden gelegentlich mit Gewalt bedroht. Zu beobachten sind auch Fälle politisch motivierter Einschüchterungsversuche gegen unabhängige Journalisten. Fast alle reichweitenstarken Medien (v. a. Fernsehen) dienen als Sprachrohr politischer Parteien. Die Verbreitung russischsprachiger Medieninhalte ist aufgrund der niedrigeren Kosten und traditioneller Sehgewohnheiten weiterhin groß. Ein Mitte Februar 2018 in Kraft getretenes Gesetz verbietet die Übertragung von Nachrichten und Programmen mit politischem, analytischem oder militärischem Charakter aus Ländern, die nicht die Europäische Konvention für grenzüberschreitendes Fernsehen unterzeichnet haben. Dies ist in erster Linie gegen Russland gerichtet (sog. Anti-Propaganda-Gesetz). Das Gesetz wurde von der Venedig-Kommission und der EU kritisiert, weil es das Grundrecht auf Information unverhältnismäßig einschränke. Die Abhängigkeit der Medien von oligarchischen Strukturen nimmt ständig zu. Es gibt noch einige wenige unabhängige Medien in Internet, Print und Fernsehen, allerdings mit geringem Marktanteil und nahezu keinen Werbeeinnahmen. Soziale Medien wie Blogs, Twitter und Facebook haben große Bedeutung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie unterliegen keiner Zensur (AA 29.10.2018).

Die Gesetze sehen Meinungs- und Pressefreiheit vor, die Behörden respektieren dieses Recht aber nicht immer. Während die Printmedien unterschiedliche politische Ansichten und Kommentare äußern, kontrollieren oligarchische Firmengruppen die meisten Medien des Landes und verzerren Informationen zu ihrem Vorteil. Es gibt aber auch einige bemerkenswerte Ausnahmen. Die Regierung, politische Parteien und politische Persönlichkeiten besitzen oder subventionieren eine Anzahl von Zeitungen, die klar definierte politische Ansichten ausdrücken. Große Medien, die mit Führern politischer Fraktionen oder Oligarchen in Verbindung stehen, üben Druck auf kleinere Medien aus, was einige nahe an das wirtschaftliche Scheitern brachte und so prominente Journalisten veranlasste, einige oligarchische Medien zu verlassen. Diese Oligarchen überwachen streng die redaktionellen Inhalte der Medien in ihrem Besitz. Gesetzesänderungen des Jahres 2016 beschränken die Anzahl der Medien, die eine Person besitzen darf, auf zwei. Die Änderungen treten jedoch erst nach Ablauf der bestehenden Lizenzen in Kraft. Außerdem umgehen, Medienexperten zufolge, die Oligarchen diese Regelung, indem sie ihre Medien einfach unter dem Namen nahestehender Personen erneut registrieren. In vielen Fällen praktizieren Journalisten Selbstzensur, um Konflikte mit den Sponsoren oder Eigentümern ihrer Medien zu vermeiden. Journalisten äußerten Bedenken, dass das Datenschutzgesetz den Zugang von Journalisten zu Informationen einschränke. Einige Zeitungen praktizieren Selbstzensur und vermeiden kontroverse Themen, um zu vermeiden, dass Regierungsbeamte und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Verleumdungsklagen gegen sie anstrengen könnten, um sich für kritische Berichterstattung zu rächen (USDOS 20.4.2018).

Mehr als 80% der Fernsehsender sind im Besitz von Personen aus dem Umfeld politischer Parteien. Etwa 70% des moldauischen Medienmarktes wird vom Chef der Demokratischen Partei, dem Oligarchen Vlad Plahotniuc kontrolliert. Journalisten werden von der Regierung unter Druck gesetzt, etwa durch verweigerten Zugang zu Informationen, öffentlichen Einrichtungen oder Veranstaltungen bzw durch Drohungen mit rechtlichen Konsequenzen. Dies führt zu Selbstzensur und Unterdrückung kritischer Berichterstattung. Einige Journalisten äußerten den Verdacht überwacht zu werden (FH 2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom Feber 2019 waren Journalisten in mindestens zehn Fällen Druck, (Todes-)Drohungen, Beleidigungen und körperlichen Übergriffen durch Politiker, Beamte und andere Personen ausgesetzt. Grund dürften nicht zuletzt einige Enthüllungsberichte zu Korruption im öffentlichen Bereich gewesen sein. Abgesehen spüren Journalisten wachsenden Druck des Werbemarktes, der in Moldau de facto von zwei großen Firmen kontrolliert wird welche mit den den beiden größten Parteien des Landes verbunden sind. 20% der Werbemittel werden der Sozialistischen Partei von Präsident Igor Dodon zugerechnet, 80% der Demokratischen Partei des Medienmoguls Vlad Plahotniuc. Unabhängige Medien überleben meist nur mit westlichen Spendenmitteln. Diese Politisierung der Medien hilft auch bei der Verbreitung von Desinformation und Propaganda (Fake News) (BI 24.1.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

- BI – Balkan Insight (24.1.2019): Moldovan Journalists Under Unprecedented Fire Before Election, https://balkaninsight.com/2019/01/24/moldovan-journalists-under-unprecedented-fire-before-election-01-21-2019/, Zugriff 1.3.2019

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 1.3.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert und in der Praxis meist gewährleistet (FH 2019). Versammlungen müssen lediglich angemeldet werden (AA 29.10.2018).

Die Zivilgesellschaft ist aktiv und engagiert, aber das öffentliche Vertrauen in NGOs ist begrenzt. So bleibt der tatsächliche Einfluss von NGOs auf die Gesetzgebung, trotz eigentlich guter legislativer Basis, praktisch begrenzt und der Dialog Regierung-NGOs hat seit der politischen Krise 2015 gelitten. Nichtsdestotrotz sind moldauische NGOs weiterhin sehr aktiv beim Monitoring der Aktivitäten und Reformen der Regierung (BS 2018).

Verfassung und Gesetze sehen Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Das Gesetz verbietet Organisationen, die gegen den politischen Pluralismus, die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit oder die Souveränität und Unabhängigkeit oder territoriale Integrität des Landes eintreten. 2017 verunglimpften Regierungsbeamte und Mitglieder der parlamentarischen Mehrheit zunehmend die Rolle der Zivilgesellschaft im Land und charakterisierten regierungskritische Nichtregierungsorganisationen als politische Akteure, die verstärkt reguliert werden müssten. Der UN-Menschenrechtskommissar äußerte sich besorgt über die Strafverfolgung und Schikanierung von Anwälten, die Oppositionelle, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten vertreten. Nach Angaben des Kommissars haben u.a. auch Repressalien gegen NGOs Bedenken ausgelöst. Die zahlreichen Parteiwechsel im moldauischen Parlament seit den letzten Wahlen, sind Beispiele für korrupte Einflüsse auf das Parlament und den Kauf politischer Unterstützung. Mehr als ein Drittel der Abgeordneten vertritt nicht mehr jene Partei, für die sie gewählt worden sind. Seit den Kommunalwahlen 2015 haben zusätzlich Hunderte von Bürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern ihre Parteien verlassen. Lokale Amtsträger beschweren sich, dass die Regierung Oppositionsparteien angehörenden Bürgermeistern staatliche Mittel vorenthält und dass die Sicherheitsbehörden Oppositionsparteien angehörende lokale Amtsträger belästigen (USDOS 20.4.2018).

Der NGO-Sektor in Moldau ist dynamisch. Die Regierung neigt jedoch dazu, deren Input zu Gesetzesinitiativen zu ignorieren und hat sie aus dem Prozess der Ausarbeitung politischer Konzepte ausgeschlossen (FH 2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (29.10.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Moldau, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452871/4598_1543584844_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-moldau-stand-oktober-2018-29-10-2018.pdf, Zugriff 26.2.2019

- BS – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018; Moldova Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427438/488350_en.pdf, Zugriff 22.2.2019

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 22.2.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 Moldova, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430313.html, Zugriff 22.2.2019

11. Bewegungsfreiheit

Die Gesetze garantieren Reisefreiheit innerhalb und außerhalb des Landes und die moldauischen Behörden respektieren diese Rechte generell. Obwohl die Bürger im Allgemeinen frei reisen und in das Land zurückkehren können, gab es einige Einschränkungen bei der Auswanderung. Vor der Auswanderung verlangt das Gesetz, dass alle ausstehenden finanziellen Verpflichtungen mit anderen Personen oder juristischen Personen beglichen werden. Die Regierung setzt diese Anforderung aber nicht streng durch. Das Gesetz sieht auch vor, dass nahe Verwandte, die finanziell von einem potenziellen Auswanderer abhängig sind, zustimmen müssen, bevor der potenzielle Auswanderer das Land verlassen darf. Die Behörden setzen auch dieses Gesetz nicht durch (USDOS 20.4.2018).

Das Gesetz schützt die Personenfreizügigkeit im Inland und Ausland und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Es gibt keine formellen Einschränkungen für das Recht, den Arbeits- oder Ausbildungsort zu wechseln (FH 2019).

Quellen:

- FH – Freedom House (2019): Freedom in the World 2019: Moldova, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/moldova, Zugriff 4.3.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Huma

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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