Entscheidungsdatum
13.11.2020Norm
AlVG §10Spruch
W238 2219919-1/12E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , verstorben am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten vom 08.03.2019, VN XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 17.05.2019, GZ XXXX , betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 18.02.2019 bis 31.03.2019 und Abweisung des Antrags auf Ersatz der Verfahrenskosten beschlossen:
A) Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Amstetten (im Folgenden: AMS) vom 08.03.2019 wurde gemäß § 10 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 18.02.2019 bis 31.03.2019 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Annahme einer ihm vom AMS zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung als Außendienstmitarbeiter beim Dienstgeber XXXX vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der damals rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er beim genannten Dienstgeber zweimal vorstellig gewesen sei und die Annahme der Beschäftigung nicht vereitelt habe. Es wurden die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuerkennung des Ersatzes der Verfahrenskosten beantragt.
3. Seitens des AMS wurde mit Bescheid vom 17.05.2019 eine Beschwerdevorentscheidung erlassen, mit der die Beschwerde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen und dem Antrag auf Ersatz der Kosten des Verfahrens keine Folge gegeben wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer bis dato nicht um die zugewiesene Beschäftigung beworben und dadurch eine mögliche Arbeitsaufnahme vereitelt habe. Die vom Beschwerdeführer angesprochene Bewerbung, welche beinahe zwei Jahre zurückliege, entbinde ihn nicht von der Verpflichtung, dem nunmehr persönlich ausgefolgten Vermittlungsvorschlag nachzukommen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG würden nicht vorliegen. Dem Antrag auf Ersatz der Kosten des Verfahrens könne mangels Rechtsgrundlage nicht gefolgt werden.
4. Nach fristgerechter Einbringung eines Vorlageantrags wurde die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht am 11.06.2019 vorgelegt.
5. Am 23.10.2019 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf ein Schreiben des mit der Abwicklung der Verlassenschaft beauftragten Gerichtskommissärs vom 16.10.2019 mit, dass der Beschwerdeführer am XXXX verstorben sei.
6. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes legte das Bezirksgericht Amstetten seinen Beschluss vom 27.07.2020 vor. Darin wurde mit näherer Begründung ausgesprochen, dass die Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer mit einem Betrag von EUR 125.619,38 überschuldet ist. Weiters wurden die Aktiven der überschuldeten Verlassenschaft antragsgemäß dem Sohn des Beschwerdeführers gegen Bezahlung der angeführten Passiva (Gerichtskommissionsgebühren, Begräbniskosten) gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen.
7. Am 14.09.2020 gab der vormalige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bekannt, dass die Vollmacht durch den Tod des Beschwerdeführers erloschen sei.
8. Über Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes um Mitteilung eines allfälligen Eintritts in das verwaltungsgerichtliche Verfahren namens der Verlassenschaft teilte der zuständige Gerichtskommissär mit Eingabe vom 25.09.2020 mit, dass die Abhandlung der Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer unterblieben sei; die Verlassenschaft sei mit einer Überlassung an Zahlungs statt gemäß § 154 AußStrG an den Begräbniskostenzahler abgeschlossen worden. Es gebe keinen Rechtsnachfolger, zumal es sich gegenständlich um eine Einzelrechtsnachfolge anstatt einer Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen einer Abhandlung handle. Gründe für die Fortführung der Verlassenschaft seien nicht gegeben. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass im Fall einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes auf Rückzahlung des bereits geleisteten Arbeitslosengeldes keine Barmittel vorhanden seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht am XXXX verstorben.
Eine Abhandlung der Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer ist unterblieben.
Die Verlassenschaft ist mit einem Betrag von EUR 125.619,38 überschuldet.
Die Aktiven der überschuldeten Verlassenschaft wurden dem Sohn des Beschwerdeführers gegen Bezahlung der angeführten Passiva (Gerichtskommissionsgebühren, Begräbniskosten) gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen.
Die Verlassenschaft wurde damit abgeschlossen.
Es gibt keinen Gesamtrechtsnachfolger nach dem Beschwerdeführer.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus dem im Akt einliegenden Beschluss des Bezirksgerichtes Amstetten vom 27.07.2020 und der Mitteilung des vormals zuständigen Gerichtskommissärs vom 25.09.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Zu A) Einstellung des Verfahrens:
3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlischt die Rechts- und damit auch die Parteifähigkeit des Beschwerdeführers durch seinen Tod. Über eine Beschwerde kann ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Zeitpunkt der Einbringung nicht mehr meritorisch entschieden werden, wenn der Beschwerdeführer verstorben und kein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des Beschwerdeführers in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift (VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189).
Der Tod des Beschwerdeführers führt daher grundsätzlich zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens. Das Verfahren ist nur dann nicht als gegenstandslos einzustellen, wenn nach dem Gegenstand des Verfahrens eine Rechtsnachfolge der Erben (des Nachlasses) in der Parteistellung des Beschwerdeführers möglich ist und die Erben (der Nachlass) auch erklären, das Verfahren fortsetzen zu wollen (VwGH 08.09.1998, 97/08/0151).
3.3. Gegenständlich ist eine Abhandlung der Verlassenschaft nach dem Beschwerdeführer unterblieben. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Amstetten vom 27.07.2020 wurde ausgesprochen, dass die Verlassenschaft mit einem Betrag von EUR 125.619,38 überschuldet ist. Die Aktiven der überschuldeten Verlassenschaft wurden dem Sohn des Beschwerdeführers gegen Bezahlung der angeführten Passiva (Gerichtskommissionsgebühren, Begräbniskosten) gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen.
Da im Beschwerdefall mangels Gesamtrechtsnachfolge kein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des Beschwerdeführers fortzusetzen vermag, scheidet eine Fortführung des Beschwerdeverfahrens aus.
In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall des Untergangs des Beschwerdeführers zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).
Das Beschwerdeverfahren war daher spruchgemäß einzustellen.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.
Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde und ihrer Zurückziehung hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Verfahrensgarantie des „fair hearing“ iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH). Diese Judikatur ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch auf Fälle übertragbar, in denen ein Erledigungsanspruch (erst) nach Beschwerdeeinbringung verloren geht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben zitierte Judikatur des VwGH: VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189; 08.09.1998, 97/08/0151) noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Beschwerdeführer verstorben Gegenstandslosigkeit VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W238.2219919.1.00Im RIS seit
08.01.2021Zuletzt aktualisiert am
08.01.2021