TE Vwgh Beschluss 2020/12/14 Ra 2019/17/0088

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
B-VG Art133 Abs5
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §41
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der D GmbH in W, vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7/2. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 8. Juli 2019, RM/7100001/2018, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Am 14. November 2017 führten Organe der Finanzpolizei in einem von der revisionswerbenden Partei betriebenen Lokal in W eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch.

2        Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2017 erhob die revisionswerbende Partei im Zusammenhang mit dieser Kontrolle eine Maßnahmenbeschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG), in welcher sie die Vornahme einer Hausdurchsuchung und das dabei erfolgte gewaltsame Aufbrechen von Türen durch Organe der Finanzpolizei geltend machte.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - der Maßnahmenbeschwerde teilweise statt, indem es aussprach, dass das Öffnen einer Kassenlade durch ein Organ der Finanzpolizei anlässlich dieser Kontrolle rechtswidrig gewesen und die revisionswerbende Partei in ihrem Hausrecht verletzt worden sei (Spruchpunkt 1.). Im Übrigen wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt 2.). Weiters sprach das BFG aus, die „Kostenansprüche gründen sich auf § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung idgF“ (Spruchpunkt 3.). Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG sei nicht zulässig.

4        In seiner Begründung führte das BFG (u.a.) aus, das Betreten des Lokals „nach der Öffnung der Türen“ sei noch keine systematische Besichtigung der Räumlichkeiten gewesen, zumal die Glücksspielgeräte offen aufgestellt gewesen seien. Auch die Einsichtnahme der Organe in die Aufzeichnungen der Videoanlage des Lokals sei keine Hausdurchsuchung und daher nicht rechtswidrig gewesen. Lediglich das Öffnen und Fotografieren einer Kassenlade, welches von der revisionswerbenden Partei erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens geltend gemacht worden sei, sei als rechtswidrig und als Verletzung des Hausrechts zu beurteilen. Zur Kostenentscheidung führte das BFG nach Wiedergabe der relevanten Bestimmungen des VwGVG und der VwG-Aufwandersatzverordnung - VwG-AufwErsV aus:

„Aufgrund des Antrages der Bf. [revisionswerbenden Partei] in der Beschwerde ergibt sich als Ersatz, welcher der Bf. [revisionswerbenden Partei] als obsiegende Partei zu leisten ist, aus

Z 1 - Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Betrag iHv 737,60 Euro.“

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

6        Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

7        Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 30.7.2019, Ra 2019/05/0063, mwN).

8        Die revisionswerbende Partei erachtet sich in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Eigentum und „nicht den Kostenersatz iHv EUR 737,60 leisten zu müssen“ verletzt.

9        Das von der revisionswerbenden Partei im Revisionspunkt zunächst angeführte Eigentumsrecht bezeichnet kein subjektives Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG. Zur Prüfung einer behaupteten Verletzung des Eigentumsrechts ist der Verwaltungsgerichtshof nämlich gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen, weil es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht handelt (vgl. z. B. VwGH 13.6.2018, Ra 2017/17/0386, mwN).

10       Zur weiteren geltend gemachten Rechtsverletzung wird darauf hingewiesen, dass eine solche sich aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht ergeben kann. Anders als die revisionswerbende Partei vermeint, wird sie nämlich durch den Spruch des angefochtenen Erkenntnisses keinesfalls zum Kostenersatz verpflichtet, führt dieser doch lediglich im Beschwerdeverfahren anzuwendende Rechtsgrundlagen an.

11       Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass in Fällen, in denen wegen der Unklarheit des Spruches an seinem Inhalt Zweifel bestehen, die Begründung einer Entscheidung zur Auslegung deren Spruchs heranzuziehen ist (vgl. etwa VwGH 14.3.2018, Ra 2017/17/0722, mwN). Auch der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ist aber im vorliegenden Fall nicht zu entnehmen, dass das BFG die revisionswerbende Partei zu einem Kostenersatz an die belangte Behörde verpflichtet hätte.

12       Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2020

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170088.L00

Im RIS seit

22.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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