Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §37Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrat Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Sowa-Janovsky, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. W in W, 2. Naturschutzbund S in G sowie 3. A S und 4. A Ö, beide in Z, alle vertreten durch Mag. Maria-Christina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2018, Zl. W109 2138980-1/224E, betreffend ein Genehmigungsverfahren nach § 17 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: M GmbH in G, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. September 2016 wurde der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen und Befristungen die Genehmigung gemäß § 17 UVP-G 2000 für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens „Verhüttungsanlage M [...] in Z [...]“ erteilt.
2 Das Vorhaben sieht die Errichtung einer Erzverhüttungsanlage auf dem Gelände eines ehemaligen Dampfkraftwerkes vor. Das 14 ha große Betriebsgelände liegt in der Industriezone der Stadtgemeinde Z. Die Zufahrt erfolgt über bestehende Straßen und eine kurze, neu zu schaffende Verbindung.
3 Gegen diesen Bescheid erhoben die erst- und zweitrevisionswerbende Partei als anerkannte Umweltorganisationen (vgl. § 19 Abs. 1 Z 7 UVP-G 2000) sowie die dritt- und viertrevisionswerbende Partei als Nachbarn (vgl. § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000) - ebenso wie zahlreiche weitere Parteien - Beschwerde.
4 2.1. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 2. August 2018 die Beschwerden als unbegründet ab und bewilligte (in Erledigung der erhobenen Beschwerden) den Genehmigungsantrag mit der Maßgabe einer Reihe von Ergänzungen und Änderungen des behördlichen Spruches. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
5 2.2. In seiner Begründung stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich nach dem ergänzenden Beschwerdeverfahren, den von der mitbeteiligten Partei vorgenommenen Projektänderungen und den zusätzlichen Auflagen keine erheblichen Umweltauswirkungen ergeben hätten. Es traf dabei unter anderem Feststellungen zum Vorhaben sowie zu den Fachbereichen Immissionschemie und Gewässerökologie, Schallemissionen, Luftreinhaltetechnik, Umweltmedizin und Naturschutz.
6 Das Bundesverwaltungsgericht stellte - gestützt auf ein von der mitbeteiligten Partei vorgelegtes Gutachten eines Ziviltechnikers - fest, dass die Pumpenanlage des ehemaligen Dampfkraftwerkes (zur Kühl- und Löschwasserentnahme) funktionsfähig sei. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass weder ein Wegfall noch eine Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen vorliege. Sämtliche wesentlichen Teile der Pumpenanlage seien - wie im zugrundeliegenden Wasserrechtsbescheid beschrieben - unverändert vorhanden und in betriebsfähigem Zustand, um die bewilligte Wasserbenutzung auszuüben. Entgegen dem Beschwerdevorbringen beziehe sich die Aussage des Ziviltechnikers, die Pumpenanlage sei reparaturbedürftig, auf die elektrotechnischen Funktionen und auf übliche Wartungen der maschinenbautechnischen Anlagen. Elektrisch leitende Teile in der Nähe eines Gewässers, wo hohe Luftfeuchtigkeit herrsche, würden in ihrer Leitfähigkeit leiden und müssten regelmäßig gewartet werden. Mechanisch-bewegliche Anlagenteile seien nach längerem Stillstand ebenfalls zu warten. Es sei notorisch, dass eine Pumpenanlage nach einem längeren Stillstand bei einer neuerlichen Inbetriebnahme elektrotechnisch und mechanisch einer technischen Wartung bedürfe. In diesem Zusammenhang sei auch entgegen dem Beschwerdevorbringen ein Funktionstest nicht notwendig gewesen und es habe im Gutachten nicht darauf eingegangen werden müssen, ob ein Steuerungskasten und eine Stromzufuhr vorhanden seien, weil der befugte Ziviltechniker nach Durchführung eines Lokalaugenscheins die Funktionsfähigkeit der Anlage attestiert habe.
7 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht daraus, dass die beiden näher bezeichneten Wasserbenutzungsrechte aufrecht seien. Da es sich um dingliche, mit den Betriebsgrundstücken verbundene Rechte handle, würden sie von der mitbeteiligten Partei als Verfügungsberechtigte der Grundstücke genutzt werden. Es sei somit von einem aufrechten Bestand des wasserrechtlichen Konsens auszugehen. Nur der gänzliche Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Anlagenteile könne ein Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes herbeiführen. Das liege nicht vor, wenn die wesentlichen Anlageteile - wenn auch reparaturbedürftig - noch vorhanden seien. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei nicht davon auszugehen, dass eine Anlage „auf Knopfdruck“ betriebsfähig sein müsse. Für den Fortbestand des Wasserbenutzungsrechts komme es auch nicht darauf an, dass die Anlage seit dem Jahr 2001 nicht mehr in Betrieb gewesen sei und die vorgeschriebenen Wartungen nicht durchgeführt worden seien. Von einer Betriebsunfähigkeit der Anlage könne nicht die Rede sein. Die Pumpenanlage des ehemaligen Dampfkraftwerkes sei funktionsfähig, weshalb die belangte Behörde zu Recht den Tatbestand des Erlöschens nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 als nicht erfüllt angesehen habe.
8 Das Bundesverwaltungsgericht kam insgesamt zum Ergebnis, dass die wasser-, naturschutz- und luftreinhalterechtlichen Vorgaben bzw. Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt seien. Das Genehmigungsverfahren habe zudem ergeben, dass - insbesondere auch auf Grund der im behördlichen und gerichtlichen Verfahren erlassenen Nebenbestimmungen - Emissionen und Abfälle nach dem Stand der Technik begrenzt worden seien und die Immissionsbelastung von den zu schützenden Gütern möglichst gering gehalten werde. Gesundheits- und Eigentumsgefährdungen bzw. unzumutbare Belästigungen von Nachbarn würden ebenso vermieden werden wie erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen. Die zusätzlichen Genehmigungskriterien des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 seien daher eingehalten.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdeverfahrens sei auch nicht von so schweren Umweltbeeinträchtigungen auszugehen, dass zusätzliche Auflagen bzw. eine Abweisung des Vorhabens nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 gerechtfertigt wären.
9 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 4.1. Die vorliegende außerordentliche Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend, es liege eine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angenommen habe, dass der Tatbestand des Erlöschens nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 trotz Reparaturbedürftigkeit der Anlage nicht erfüllt sei. Dies widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach jeder Teil einer Wasserkraftanlage, ohne den diese nicht betrieben werden könne, als wesentlicher Teil der Anlage im Sinn des § 27 Abs. 1 lit g WRG 1959 gelten müsse, weil der Gesetzgeber die Rechtsfolge des Erlöschens des Wasserrechts an die Tatsache der Unterbrechung durch bestimmte Zeit geknüpft habe und es nicht darauf ankommen könne, ob eine Anlage reparaturfähig sei oder nicht. Ob ein solcher zerstörter oder weggefallener Anlagenteil allenfalls ersetzt oder repariert werden könne, sei daher unbeachtlich. Jeder Teil einer Wasserbenutzungsanlage, ohne den diese nicht betrieben werden könne, müsse als „wesentlicher Teil der Anlage“ im Sinn des § 27 Abs. 1 lit g WRG 1959 zu qualifizieren sein. Das Bundesverwaltungsgericht hätte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung schlussfolgern müssen, dass die betreffenden Wasserrechte nicht mehr aufrecht seien und ein aufrechter Bestand des wasserrechtlichen Konsens nicht vorliege (Verweis ua. auf VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0139).
Diese Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil ihr über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme. Die Frage, wann ein Wasserrecht erlösche, sei für viele Verfahren von Bedeutung. Auch hänge die vorliegende Revision von der Lösung der grundsätzlichen Rechtsfrage ab.
Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 dahingehend, ob es sich bei der Qualifizierung als „wesentlicher Teil der Anlage“ um eine Rechtsfrage handle. Diese Frage stelle sich, weil das Bundesverwaltungsgericht auf Grund des Gutachtens eines Ziviltechnikers festgestellt habe, dass die Anlage funktionsfähig sei. Aus Sicht der Revisionswerber bilde die Frage, ob ein Anlagenteil als „wesentlicher Teil der Anlage“ zu qualifizieren sei, eine Rechtsfrage. Dies sei entscheidend, weil nur anhand dieser rechtlichen Qualifikation die Frage der Funktionsfähigkeit beantwortet werden könne. Es liege sohin eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor, der über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme, weil eine Vielzahl von Verfahren die Frage betreffe, ob „ein ‚wesentlicher Teil der Anlage‘ im Sinn des § 27 Abs 1 lit g WRG 1959 als solcher zu qualifizieren ist“. Auch hänge die vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung dieser grundsätzlichen Rechtsfrage ab, weil der wasserrechtliche Konsens schon erloschen sei.
13 4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechts nach dem Tatbestand des § 27 Abs. 1 lit g WRG 1959 allein der Umstand maßgebend, ob sich die zur Wasserbenutzung erforderlichen Anlagen schon über drei Jahre in einem betriebsunfähigen Zustand befinden. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so erlischt das Wasserbenutzungsrecht kraft Gesetzes, der hierüber im Einzelfall ergehende Bescheid hat lediglich deklarative Bedeutung (vgl. das - auch von der Revision zitierte - Erkenntnis VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0139, mwN). Der Gesetzgeber hat an die Tatsache der Unterbrechung der Wasserbenutzung während eines bestimmten Zeitraumes das Erlöschen des Wasserrechts geknüpft, sodass es nicht darauf ankommen kann, ob eine Anlage reparaturfähig ist oder nicht (vgl. VwGH 26.9.2013, 2013/07/0092, mwN). Dem zuletzt genannten Erkenntnis lag die Beurteilung durch den Amtssachverständigen zu Grunde, wonach durch schwere technische Mängel und des festsitzenden Wasserrades eine Ausübung des Wasserbenutzungsrechtes nicht mehr möglich sei.
Derart kommt dieser Zeitraum nur zum Tragen, wenn eine Ausübung eines Wasserbenutzungsrechts dem Grunde nach in diesem Sinn nicht mehr in Betracht kommt.
14 Ausgehend davon ist es fallbezogen nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht - gestützt auf das Gutachten eines Ziviltechnikers - einen betriebsunfähigen Zustand der gegenständlichen Pumpenanlage verneinte. Es ging davon aus, dass die wesentlichen Anlageteile (wenn auch in einem reparaturbedürftigen Zustand) noch vorhanden seien. Dass das Bundesverwaltungsgericht dabei von den rechtlichen Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen wäre, vermag die Revision, die sich auch nicht gegen die fachliche Beurteilung des Ziviltechnikers (der nach Durchführung eines Lokalaugenscheins die Funktionsfähigkeit der Anlage attestierte) wendet, nicht darzulegen.
Soweit die Revision weiter vorbringt, dass keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu bestehe, ob es sich bei der Qualifizierung als wesentlicher Teil der Anlage um eine Rechtsfrage handle, ist nicht ersichtlich, inwieweit der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die vorliegende Revision diese Frage zu lösen hätte (zur fehlenden Fallbezogenheit einer solchen Frage siehe etwa VwGH 26.4.2017, Ra 2017/05/0055). Für die Lösung bloß abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zuständig (vgl. VwGH 4.9.2020, Ra 2020/07/0053, mwN).
15 5.1. Die Revisionswerber sehen eine grundsätzliche Rechtsfrage auch darin begründet, dass das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 abweiche (Verweis auf VwGH 30.5.2017, Ra 2015/07/0098). Danach könne ein Wegfall des Zwecks einer Wasserbenutzung auch dann vorliegen, wenn die bewilligungsgegenständliche Wasserbenutzungsanlage nicht mehr benutzt werde (bzw. ohne weitere Maßnahmen auch nicht bewilligungsgemäß benutzt werden könne).
16 Die Frage, inwieweit der Erlöschenstatbestand nach § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 zur Anwendung komme, sei für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung. Die vorliegende Revision hänge auch von der Lösung dieser grundsätzlichen Rechtsfrage ab, weil sich der Antragsteller gegebenenfalls nicht auf den wasserrechtlichen Konsens stützen könne.
17 5.2. Die Revision lässt bei ihrem Vorbringen zu § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959, wonach das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall vom Erkenntnis VwGH Ra 2015/07/0098 abgewichen sei, außer Acht, dass der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung in Zusammenhang mit dem Wegfall des Zwecks einer Wasserbenutzung im Sinn des § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 nicht bloß auf die Nichtbenützung der Wasserbenutzungsanlage abstellt, sondern auch darauf, dass die Anlage „ohne weitere Maßnahmen auch nicht bewilligungsgemäß benutzt werden kann“.
Dem zitierten Erkenntnis VwGH Ra 2015/07/0098 lag zu Grunde, dass die Brunnenanlage zum Teil nicht mehr funktionsfähig, das Bohrloch verlegt und unzugänglich war. Ebenso entsprach die Anlage nicht mehr dem Stand der Technik. Der Brunnen ist daher nicht nur bescheidwidrig, sondern gar nicht mehr benutzt worden. Der von der Revision ins Treffen geführte Rechtssatz aus dem Erkenntnis VwGH Ra 2015/07/0098 bezieht sich somit auf eine erheblich mangelhafte und teilweise nicht mehr funktionsfähige Anlage. Angesichts dessen erachtete der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach die vorhandene Situation dem im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid festgehaltenen Zweck der Trink- und Nutzwasserversorgung für Bewohner bzw. Groß- und Kleinvieheinheiten widerspreche und damit der Zweck im Sinn des § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 weggefallen sei, im Ergebnis als rechtskonform.
18 Dass im vorliegenden Fall die Anlage nicht bewilligungsgemäß benutzt werden konnte, wurde weder festgestellt noch geht die Revision auf diesen Aspekt ein. Die behauptete Abweichung von der Rechtsprechung ist somit nicht ersichtlich. Bei einem Vorbringen der Abweichung von der Rechtsprechung muss der Revisionswerber aber näher aufzeigen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem von ihm ins Treffen geführten Judikat des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht aber dennoch anders entschieden hat (vgl. VwGH 27.1.2020, Ra 2017/04/0142, mwN).
19 Die Revision rügt in Zusammenhang mit § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 zudem, dass das Bundesverwaltungsgericht gar nicht beurteilt habe, ob das Wasserrecht durch Wegfall oder eigenmächtige Veränderung des Zweckes der Anlage, wenn das Wasserbenutzungsrecht im Sinn der Bestimmungen des § 21 Abs. 4 WRG 1959 an einen bestimmten Zweck gebunden wurde, erloschen sei. Damit werde gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, wonach ohne entsprechende Begründung den Parteien eine zweckmäßige gegen die Entscheidung gerichtete Rechtsverfolgung nicht möglich sei (Verweis auf „VwSlg 5007 A/1959“). Diesem behaupteten Begründungsmangel kommt aus den oben dargelegten Erwägungen zum Nichtvorliegen dieses Erlöschenstatbestandes im vorliegenden Fall jedoch keine Relevanz zu.
20 6.1. Die zweitrevisionswerbende Partei rügt zudem eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Amtswegigkeit des Verfahrens in Zusammenhang mit den Asbestfasern und dem Vorkommen von Antigorit (Verweis unter anderem auf VwGH 27.2.2014, 2013/12/0218; 19.6.2018, Ra 2018/03/0021). Das Bundesverwaltungsgericht habe festgehalten, dass Emissionen von Asbestfasern projektbedingt nicht vorgesehen seien, weshalb es eine nähere Untersuchung der von den zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien vorgelegten Unterlagen und deren Vorbringen unterlasse.
21 Darüber hinaus habe das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien auf Offenlegung des „geheimen Prozesses“ für die Bearbeitung des Gesteins nicht behandelt. Auch darin liege ein Verstoß gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf VwGH 25.9.2014, 2011/07/0006).
22 Auch diese Abweichungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würden eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung begründen, weil ihnen über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme. Die Frage, ob das Ermittlungsverfahren von Amswegigkeit getragen sei und „geheime Unterlagen“ den Parteien offengelegt werden müssten, würde eine Vielzahl von Verfahren betreffen. Die vorliegende Revision hänge von der Lösung dieser grundsätzlichen Rechtsfrage ab, weil die Freisetzung von Asbestfasern nur auf der Grundlage des „geheimen Prozesses“ beurteilt werden könne und die Auswirkungen auf die Gesundheit massiv seien, weshalb das Projekt sohin nicht genehmigungsfähig sei.
23 6.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört zu den tragenden Grundsätzen des Verfahrensrechts die Pflicht des Verwaltungsgerichts, beantragte Beweise aufzunehmen. Das Verwaltungsgericht ist - auch im Hinblick auf die das verwaltungsgerichtliche Verfahren beherrschenden Grundsätze der Amtswegigkeit (§ 39 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG) und der materiellen Wahrheit (§ 37 AVG iVm § 17 VwGVG) - verpflichtet, für die Durchführung aller zur Klärung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Beweisanträge dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, erforderliche Beweise aufzunehmen. Es darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne eine dem Gesetz entsprechende Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch bereits ausgesprochen, dass es regelmäßig der fallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts obliegt, ob eine beantragte Beweisaufnahme notwendig ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 14.9.2020, Ra 2019/17/0005, mwN).
Eine derart krasse Fehlbeurteilung wird gegenständlich nicht aufgezeigt, zumal das Bundesverwaltungsgericht das Absehen von einer näheren Untersuchung der von den zweit- und drittrevisionswerbenden Parteien vorgelegten Unterlagen und deren Vorbringen nicht nur mit dem Verweis auf die Bindung an den Projektgegenstand begründete. Es stützte sich vielmehr auch auf Gutachten der Amtssachverständigen, wonach im vorliegenden Fall eine Emission von Asbestfasern in relevanter Konzentration nicht wahrscheinlich sei. Darüber hinaus verweist das Bundesverwaltungsgericht auf die zur Absicherung vorgesehenen Auflagen zum Monitoring sowie die ergänzend vorgeschriebene Auflage 140a. Demnach sei der Roherzbunker bei Anlieferung von Material abzusaugen. Die Abluft sei sodann im Entstaubungssystem zu sammeln und gereinigt abzuleiten.
24 Soweit die Nichtoffenlegung des „geheimen Prozesses“ für die Bearbeitung des Gesteins gerügt wird, ist darauf zu verweisen, dass dieser Vorgang im - den Verfahrensparteien zugänglich gemachten - Gutachten des Amtssachverständigen für Verfahrenstechnik vom 18. Dezember 2015 unter der Überschrift „Darstellung der wesentlichen Verfahrensschritte des Verhüttungsprozesses“ beschrieben wird. Dass diese Ausführungen des Amtssachverständigen den Prozess nicht vollständig bzw. ausreichend wiedergeben würden, bringt die Revision nicht vor. Insoweit fehlt es dem diesbezüglich behaupteten Verfahrensmangel an Relevanz für den Verfahrensausgang.
25 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
26 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 22. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018040169.L00Im RIS seit
08.03.2021Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021