Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Kein Widerspruch einer Verordnung über die Verhängung einer Bausperre zur Oö BauO; hinlängliche Umschreibung der beabsichtigten Neuplanung und der dahinterstehenden Zielvorstellung der Gemeinde anläßlich der Verhängung der Bausperre; keine unsachliche Verhinderung einer Bebauung; Rechtmäßigkeit der Bausperre unabhängig von Rechtmäßigkeit der beabsichtigten WidmungsänderungSpruch
Die Anträge werden abgewiesen, soweit sie sich auf die Grundstücks-Nummern 691/14, 645/3 und 646/9 in §2 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edt bei Lambach über die Verhängung einer Bausperre im Ortsteil Graben vom 16. Dezember 1992, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 18. Dezember 1992 bis 4. Jänner 1993, in der Fassung der Verordnung vom 30. September 1993, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. Oktober 1993 bis 18. Oktober 1993, beziehen.
Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Beim Verwaltungsgerichtshof sind drei von der Gemeinde Edt bei Lambach eingebrachte Beschwerden gegen Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung anhängig, mit denen jeweils die Baubewilligung versagende Bescheide des Gemeinderates der Gemeinde Edt bei Lambach aufgehoben wurden und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen wurden. Begründet wurde die Aufhebung jeweils im wesentlichen damit, daß auf Grund der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edt bei Lambach vom 16. Dezember 1992, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 18. Dezember 1992 bis 4. Jänner 1993, in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom 30. September 1993, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 1. Oktober 1993 bis 18. Oktober 1993, (im folgenden: Bausperre), auch zu prüfen gewesen sei, ob die beantragten Bauführungen mit der beabsichtigten Wohngebietswidmung in Einklang zu bringen wären.
1.2. Im Zuge der Beratungen über diese Beschwerden entstanden beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Bausperre:
1.2.1. Im derzeit noch gültigen Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde seien die beschwerdegegenständlichen Grundstücke als gemischtes Baugebiet ausgewiesen. Gemäß §58 Abs1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. 35/1976, (in der Folge: OÖ BauO 1976), könne der Gemeinderat durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet eine Bausperre verhängen, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und die Verhängung der Bausperre im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat habe anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.
Der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach habe zwar bereits am 28. April 1992 den Beschluß gefaßt, den Flächenwidmungsplan zu überarbeiten und neu aufzulegen und "offensichtlich" die Ortsplanerin mit der Erstellung von Planungsunterlagen beauftragt. Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten sei aber nicht erkennbar, daß die beabsichtigte Änderung bei Verhängung der Bausperre in ihren Grundzügen umschrieben war.
1.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hegt aber auch das Bedenken, daß der Verhängung der Bausperre nicht das Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung zugrundelag. Abgesehen von der "auffallenden zeitlichen Aufeinanderfolge (Einbringung des Bauansuchens am 1. Dezember 1992 - Mitteilung der Ortsplanerin vom 16. Dezember 1992, wonach eine Entflechtung zwischen gewerblicher Nutzung und Nutzung zu Wohnzwecken vorzunehmen sei, Einbringung eines Dringlichkeitsantrages am 16. Dezember 1992 im Gemeinderat und Beschlußfassung des Gemeinderates am selben Tag über die beantragte Bausperrenverordnung)", betrage nach der vorgelegten Flächenbilanz der Gemeinde Edt bei Lambach der Anteil von Wohngebiet an der gesamten Baulandwidmung 55,8 %, wovon nur 73,1 % ausgenützt seien. Hingegen betrage der Anteil des gemischten Baugebietes 5,4 %, der zu 84,8 % genutzt sei. Die von der Ortsplanerin in ihrem Schreiben vom 16. Dezember 1992 enthaltene Ausführung, daß die Entflechtung von gewerblich genutzten Flächen zu Wohngebietswidmungen ein besonderes Anliegen der Gemeinde sei, sei nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes deshalb nicht begründet, weil nach der Aktenlage als Abgrenzung zum Wohngebiet relativ breite Straßen vorlägen und das gemischte Baugebiet nicht unmittelbar an das Wohngebiet angrenze.
1.2.3. Die Bausperre sei aber auch gleichheitswidrig. Dem Gemeinderatssitzungsprotokoll vom 16. Dezember 1992 sei nämlich zu entnehmen, "daß es sich bei dem 'Dringlichkeitsantrag darum handelt, daß nach Durchführung einer Bauverhandlung der Druck der Anrainer entsprechend groß wurde und man überlegen müsse, was man dort machen könne, damit einem die Situation nicht entgleite.'
Auf die Frage eines Gemeinderatsmitgliedes, ob nun vorgesehen sei, Teile dieses Mischgebietes in Wohngebiet umzuwidmen, verwies der Vorsitzende darauf, daß es vorerst wichtig sei, die Bausperre zu verhängen. Erst dann könne über die Flächenwidmungsplanänderung beraten werden." Der Verwaltungsgerichtshof schließt daher "aus der Zusammenschau der sachlichen Gegebenheiten und des zeitlichen Ablaufes", "daß die Bausperrenverordnung nicht für die Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich war, sondern - entgegen dem Gesetz - dafür eingesetzt wurde, um die Bebauung zu verhindern".
1.3. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt daher gemäß Art139 B-VG, "die Verordnung der Gemeinde Edt bei Lambach vom 16. Dezember 1992, beruhend auf dem Beschluß des Gemeinderates vom 16. Dezember 1992, kundgemacht mit der Kundmachung vom 17. Dezember 1992 i.d.F. der Verordnung vom 30. September 1993, beruhend auf dem Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Edt bei Lambach vom 30. September 1993, kundgemacht mit Kundmachung vom 1. Oktober 1993, als gesetzwidrig aufzuheben".
2. Der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach hat eine Äußerung erstattet, in der er einerseits im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Februar 1988, Z87/05/0151, Bedenken in bezug auf die Präjudizialität der vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bausperre äußert und im übrigen die Gesetzmäßigkeit der Bausperre verteidigt.
2.1. Bereits am 28. April 1992 habe der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach beschlossen, den Flächenwidmungsplan generell im gesamten Gemeindegebiet zu überarbeiten. Die damit beauftragte Ortsplanerin habe in einem Schreiben vom 16. Dezember 1992 der Gemeinde Edt folgendes mitgeteilt:
"Zur Zeit befindet sich der Flächenwidmungsplan Nr. 4 in genereller Überarbeitung. Ein besonderes Anliegen der Gemeinde ist die Entflechtung von gewerblich genutzter Fläche zu Wohngebietswidmungen. Um dieses Anliegen nicht zu gefährden, soll für die o.a. Parzellen eine Bausperre verhängt werden, da ausschließlich auf der Parzelle 691/14 derzeit eine gewerbliche Nutzungsmöglichkeit besteht, die aber zur Zeit nicht ausgeübt wird. Alle übrigen Parzellen sind unbebaut oder dienen Wohnzwecken. Es sollte daher im Interesse einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung eine Bausperre gemäß §58 der OÖ. Bauordnung verhängt werden, um das derzeitige Mischbaugebiet im zukünftigen Flächenwidmungsplan als Wohngebiet auszuweisen."
Daß dann der Bürgermeister der Gemeinde Edt bei Lambach nach Einlangen dieser Stellungnahme der Ortsplanerin versucht habe, in der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres 1992 durch einen Dringlichkeitsantrag eine Beschlußfassung im Sinne der Anregung herbeizuführen, lasse weder "auf eine Unsachlichkeit, noch auf eine gesetzwidrige Vorgangsweise" schließen. Es ergebe sich im Gegenteil aus dem Text des §2 der Bausperre, daß die Planungsabsicht der Auflassung des gemischten Baugebietes und die Widmung als Wohngebiet in diesem Gebiet bestanden habe.
Die bei Erlassung der Bausperre vorgelegene Absicht des Gemeinderates sei bei der Beschlußfassung über die Verlängerung dieser Bausperre in der Sitzung des Gemeinderates vom 28. Dezember 1994 neuerdings bestätigt worden. Dem Protokoll dieser Gemeinderatssitzung sei zu entnehmen, daß der Bürgermeister darauf hingewiesen habe, "daß beim Auftreten des Problembewußtseins mit der Verhängung der Bausperre am 16.12.1992 der Gemeinderat mit Weitblick die Voraussetzungen dafür geschaffen habe, entsprechend den Grundsätzen des OÖ. Raumordnungsgesetzes 1972 und den Bedingungen des §58 der OÖ. Bauordnung eine Entflechtung zwischen gewerblicher Nutzung und Nutzung zu Wohnzwecken in diesem betroffenen Gebiet herbeizuführen und somit künftig ein großes, zusammenhängendes Wohngebiet zu ermöglichen". Auch aus diesem Protokoll gehe hervor, daß "nicht unsachliche oder gesetzwidrige Überlegungen zur Erlassung oder Verlängerung der Bausperrenverordnung geführt haben, sondern die Absicht, und damit die Voraussetzung zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung durch Entflechtung von Wohngebiet und gemischten Baugebiet zu schaffen". Daß die beabsichtigte Flächenwidmungsplanänderung bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der Bausperre ausreichend umschrieben war, bewiesen auch vom Bauwerber angestrengte, für ihn nicht erfolgreiche Amtshaftungsverfahren.
2.2. Hinsichtlich des Bedenkens des Verwaltungsgerichtshofes,
daß die Bausperre nicht der Sicherung des Interesses an einer
zweckmäßigen und geordneten Verbauung diene, verweist der
Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach zunächst darauf, daß der
Verwaltungsgerichtshof fälschlicherweise davon ausgeht, daß der
Flächenwidmungsplan 1976 heranzuziehen war. Vielmehr gelte der
mit Beschluß des Gemeinderates vom 3. September 1987 geänderte
Flächenwidmungsplan 1987. Weiters sei "aus der Natur und dem
rechtskräftigen Verbauungsplan Graben II ... eindeutig
ersichtlich", daß als Abgrenzung des bisherigen gemischten
Baugebietes zum Wohngebiet "nur Straßen von 4 m bis 7 m Breite
vorhanden (sind) und ... das gemischte Baugebiet überall an
Wohngebiet an(grenzt)". Auch die "auf einer Seite vorbeiführendes Sattledter Landesstraße mit einer Breite von 7 m stelle keine spürbare Abtrennung der als bisher gemischtes Baugebiet gewidmeten Fläche vom unmittelbar neben dieser Straße befindlichen Wohngebiet dar".
Es sei weiters "unzulässig, die Ausnützungsgrade des bisher gewidmeten Wohngebietes mit dem des bisher gewidmeten gemischten Baugebietes in Beziehung zu bringen und daraus einen weiteren Bedarf an Mischbaugebiet argumentativ abzuleiten". Nach "jetzige(r) Erkenntnis ... (soll) gemischtes Baugebiet überhaupt vermieden werden ..., um Konfliktsituationen über die Liegenschaftsbenützung schon durch eine sachlich richtige Raumordnung möglichst zu vermeiden".
2.3. Zum Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Bausperre gleichheitswidrig sei, verweist der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach darauf, daß "der Vorwurf des Verwaltungsgerichtshofes ... unverständlich (sei), wenn er aus der Antwort des Bürgermeisters auf die Frage eines Gemeinderatsmitgliedes den Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit bei der Erlassung der Bausperrenverordnung begründet sehen will. Die Frage des Gemeinderatsmitgliedes lautete, ob denn vorgesehen sei, sogleich auch Teile des Mischgebietes in Wohngebiet umzuwandeln. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften hat der Bürgermeister geantwortet, daß zunächst über die Bausperre zu beschließen sei und dann über die Flächenwidmungsplanänderung beraten werden könne."
Es bedürfe "wohl keiner Begründung, daß in der Gemeinderatssitzung vom 16.11.1992 (richtig: 16.12.1992) die Flächenwidmungsänderung nicht hätte beschlossen werden können, daß dafür entsprechende Verfahrensschritte notwendig waren und daß selbst der Dringlichkeitsantrag des Bürgermeisters ... nicht nur gerechtfertigt, sondern in der letzten Sitzung des Gemeinderates vor den Weihnachts- und Neujahrsferien auch ein durchaus verantwortungsbewußtes Vorgehen dargestellt hat".
2.4. Abschließend beantragt der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach die Abweisung der Anträge.
3. Auch die Oberösterreichische Landesregierung hat eine Äußerung erstattet und beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß die der Prüfung unterzogene Verordnung nicht gesetzwidrig ist.
Die Oberösterreichische Landesregierung führt dazu im einzelnen aus, daß es zwar zutrifft, "daß zum Zeitpunkt, als die Gemeinde den Beschluß gefaßt hat, den Flächenwidmungsplan zu überarbeiten (Beschluß vom 28.4.1992), eine über die gemäß §15 Abs3 O.ö. Raumordnungsgesetz 1972 formulierten, von der Gemeinde angestrebten Entwicklungsziele hinausgehende detailliertere Planungsabsicht, insbesondere für den das beschwerdegegenständliche Verfahren betreffenden Bereich noch nicht vorhanden war, doch wurde diese Planungsabsicht, nämlich die Widmungsänderung vom 'gemischten Baugebiet' auf 'Wohngebiet' spätestens zum Zeitpunkt des Verordnungsbeschlusses vom 16.12.1992 der Bausperreverordnung als Planungsabsicht zugrundegelegt". Dies gehe insbesondere aus der Stellungnahme der Ortsplanerin vom 16. Dezember 1992, der Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom 16. Dezember 1992, aber auch aus dem Text der Verordnung (§2 der Bausperre) hervor.
Nach Meinung der Oberösterreichischen Landesregierung begründe aber auch die zeitliche Abfolge der Verhängung der Bausperre keine Gesetzwidrigkeit, "ist es doch Sinn und Zweck der Bausperre, der Gemeinde - vom konkreten Bauvorhaben ungestört - die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Änderung des Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes, welche das Ziel einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung zu verfolgen hat, vorliegen". Nach Aktenlage sei davon auszugehen, daß dem Grundsatzbeschluß für die Neuauflage des Flächenwidmungsplanes vom 28. April 1992 "noch immer die für den ersten Flächenwidmungsplan der Gemeinde erarbeiteten, im Erläuterungsbericht ... formulierten, von der Gemeinde angestrebten Ziele der örtlichen Raumordnung zugrundelagen". Der Umstand, daß auch diese Ziele im Zuge der nunmehrigen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes zu überarbeiten sind bzw. in einem nach dem Oberösterreichischen Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. 114/1993, zu erstellenden örtlichen Entwicklungskonzept zu formulieren sind, vermöge daran nichts zu ändern. In den unter Punkt C.1 formulierten Entwicklungszielen für Betriebsansiedlungen werde das verfahrensgegenständliche Gebiet als "Wohngebiet Kropfing" bezeichnet und die Absiedlung eines Gewerbebetriebes (Karosseriespenglerei) offenbar als erstrebenswert angesehen. Die Gemeinde habe offenbar bereits damals - wie auch aus dem in der Folge erstellten Bebauungsplan zu erschließen sei - für die Ortschaft ein Entwicklungsziel in Richtung "Wohngebiet" verfolgt und die Widmung "gemischtes Baugebiet" wohl eher nur aus Rücksicht auf die beiden damals bestehenden Gewerbebetriebe beschlossen. Dem Bebauungsplan "Graben II" vom Februar 1977 liege die Absicht zugrunde, die noch nicht verbauten Grundstücke südlich der Straße nach Sattledt, auch innerhalb des gewidmeten gemischten Baugebietes, auf Grund der Parzellengröße, der Festlegung der Baufluchtlinien und den sonstigen Festlegungen für Wohnbebauung vorzusehen. Diese Wohnbebauung innerhalb des gemischten Baugebietes sei in der Zwischenzeit weitgehend realisiert.
Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des verfahrensgegenständlichen gemischten Baugebietes könne auch nicht aus dem "Mißverhältnis der Reserven an Wohngebiet und gemischtem Baugebiet" der Schluß gezogen werden, daß im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der Bebauung ein Erfordernis für die Umwidmung von gemischtem Baugebiet in Wohngebiet nicht abzuleiten sei. Dieses Erfordernis sei vielmehr in der konsequenten Verfolgung des angestrebten Entwicklungszieles zu sehen.
Wenngleich nicht in Abrede gestellt werden könne, daß der "Druck der Anrainer" letztlich eines der auslösenden Motive für die Verhängung der Bausperre war, seien der Bausperre doch sachliche Erwägungen im Zusammenhang mit der bereits begonnenen Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes zugrundegelegt worden. Im Hinblick auf die im Rahmen der Planung durchzuführende Grundlagenforschung, insbesondere aber auch im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 11743/1988, sei auch die Aussage des Vorsitzenden (in der Gemeinderatssitzung), wonach vorerst wichtig sei, die Bausperre zu verhängen, erst dann könne über Flächenwidmungsplanänderungen beraten werden, als unverfänglich anzusehen, bringe er doch damit lediglich zum Ausdruck, daß die Bausperre offenbar notwendig war, um dem Gemeinderat die Gelegenheit zu geben, über die endgültige Entscheidung über die Flächenwidmung noch zu beraten.
4. Der Bauwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat als mitbeteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in welcher er eine umfangreiche und weitwendige Sachverhaltsdarstellung abgibt, zum Teil die vom Verwaltungsgerichtshof gegen die Verordnung erhobenen Bedenken weiter ausführt und zum anderen Teil neue Bedenken aufwirft.
5. Der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach hat auf diese Äußerung der mitbeteiligten Partei repliziert.
II. 1. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf ein Antrag eines Gerichts auf Aufhebung einer Verordnung gemäß Art139 Abs1 B-VG in Verbindung mit Art89 Abs2 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig, also denkunmöglich ist, daß die - angefochtene - Verordnung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984).
Wie den Anträgen des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmen ist, beziehen sich die bei ihm angefochtenen Bescheide der Oberösterreichischen Landesregierung auf Baubewilligungen bzw. Bauplatzerklärungen für die Grundstücke Nr. 645/3, 646/9 und 691/14, EZ 502, KG Kreisbichl. Die vom Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach beschlossene Bausperre vom 16. Dezember 1992 idF der Verordnung vom 30. September 1993 erfaßt jedoch gemäß ihrem §2 auch zahlreiche weitere Parzellen, deren Nummern im §2 der Verordnung angeführt sind. Es ist offenkundig, daß der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die bei ihm anhängigen Beschwerden die zitierte Bausperre der Gemeinde Edt lediglich bezüglich der Grundstücke Nr. 645/3, 646/9 und 691/14 der KG Kreisbichl, nicht aber hinsichtlich der sonstigen von der Bausperre erfaßten Grundstücke anzuwenden hat. Soweit mit dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes die Aufhebung der Bausperre für die im §2 der Verordnung ziffernmäßig bezeichneten Grundstücke Nr. 645/3, 646/9 und 691/14 der KG Kreisbichl begehrt wird, ist er, da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, zulässig. Im übrigen war der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes jedoch mangels Präjudizialität zurückzuweisen.
2. Gemäß §58 Abs1 OÖ BauO 1976 kann der Gemeinderat durch Verordnung für ein bestimmtes Gebiet die Bausperre verhängen, wenn ein Flächenwidmungsplan für dieses Gebiet geändert werden soll und die Verhängung der Bausperre im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Verhängung der Bausperre ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.
Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur für die Zulässigkeit einer Bausperre gefordert, daß anläßlich der Verhängung der Bausperre die beabsichtigten Änderungen des Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes in der kundgemachten Verordnung zum Ausdruck zu bringen sind (VfSlg. 10953/1986 zur Bauordnung für Wien, VfSlg. 9910/1983 zur OÖ BauO 1976). Seit seinem Erkenntnis VfSlg. 11743/1988 (vgl. auch VfSlg. 13150/1992) geht er ferner davon aus, daß es genügt, in der Verordnung über die Bausperre die beabsichtigte(n) Widmungsänderung(en) zu benennen, ohne daß die Rechtmäßigkeit der Bausperre von der Zulässigkeit der Änderungsabsichten abhängt: Ob nämlich die Voraussetzungen für eine Flächenwidmungsplanänderung, wie sie etwa im §23 OÖ ROG 1972 umschrieben waren und nunmehr im §36 OÖ ROG 1994 genannt sind, vorliegen, braucht bei Erlassung der Verordnung (über die Bausperre noch) nicht geprüft zu werden. Auch eine entsprechende Grundlagenforschung ist nicht im Zuge der Verhängung der Bausperre, sondern erst im Verfahren zur Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes anzustellen. Alle Einwände, welche die Fehlerhaftigkeit der Änderungsabsichten dartun wollen, gehen sohin von vornherein ins Leere, wenn sie gegen die Bausperre anstatt gegen die auf deren Grundlage dann geänderte Flächenwidmung erhoben werden. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 9910/1983 bereits ausgeführt hat, ist es gerade Sinn und Zweck einer Bausperre, innerhalb ihres von vornherein begrenzten Geltungszeitraums die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes vorliegen. Ob Aspekte der Rechtssicherheit und des Vertrauens auf die durch eine rechtsverbindliche Widmung geschaffene Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks eine Planänderung verhindern, kann sohin im Zuge der Prüfung der Bausperre - noch - nicht festgestellt werden, sondern ist erst im Falle der Anfechtung des geänderten Flächenwidmungsplanes Prüfungsthema des Verfassungsgerichtshofes (vgl. Jann/Oberndorfer, Die Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes im Bereich der Raumplanung, 1995, 160 f.).
3. In Anbetracht der dargestellten, durch die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes geklärten Rechtslage erweisen sich die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes ob der Rechtmäßigkeit der Bausperre im Ortsteil Graben nicht als berechtigt. Der Gemeinderat der Gemeinde Edt bei Lambach hat auf Grund der sachverständigen Meinung der mit der Ortsplanung beauftragten Architektin in seiner Sitzung vom 16. Dezember 1992 die Absicht geäußert, im Zuge der Überarbeitung des Flächenwidmungsplanes eine Entflechtung zwischen gewerblicher Nutzung und Nutzung zu Wohnzwecken vorzunehmen und bislang als gemischtes Baugebiet ausgewiesene Flächen im Ortsteil Graben künftig als Wohngebiet auszuweisen. Diese Änderungsabsicht wurde im §2 der daraufhin beschlossenen Verordnung vom 16. Dezember 1992 auch zum Ausdruck gebracht. Der Gemeinderat hat damit die beabsichtigte Neuplanung, die den Anlaß für die Verhängung der Bausperre bildete, in ihren Grundzügen hinlänglich umschrieben und auch die dahinterstehende Zielvorstellung der Gemeinde deutlich gemacht.
Ob angesichts der vorgelegten Flächenbilanz der Gemeinde Edt bei Lambach die Umwidmung des gemischten Baugebiets in Wohngebiet zu rechtfertigen ist und ob eine entsprechende Widmungsänderung konkret für die Grundstücke, deren beabsichtigte Bebauung Anlaß für die beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerden bildet, auf Grund der gesetzlich gebotenen Interessenabwägung zulässig ist, bildet den Gegenstand des Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes. Die Rechtmäßigkeit der Bausperre hängt jedoch (- vom hier nicht zu beurteilenden Extremfall einer von vornherein und jedenfalls unzulässigen beabsichtigten Planänderung abgesehen -) nicht von der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Widmungsänderung ab, die erst Gegenstand des nachfolgenden Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes ist. Auch die vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfene Frage, inwieweit die Widmung der fraglichen Grundstücke als gemischtes Baugebiet in Anbetracht ihrer bestehenden Abgrenzung zum Wohngebiet durch relativ breite Straßen zu rechtfertigen ist, wird im Zuge der planerischen Interessenabwägung im Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes zu lösen und als Plandatum zu berücksichtigen sein, ohne daß derartige Umstände bereits für die Gesetzmäßigkeit der Bausperre von Relevanz sind.
Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die Bausperre entgegen §58 Abs1 OÖ BauO 1976 nicht "im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung" verordnet wurde, sondern, wie der Verwaltungsgerichtshof meint, in gleichheitswidriger Weise dem "Druck der Anrainer" folgend erlassen wurde, "um die Bebauung zu verhindern". Dazu genügt es, darauf hinzuweisen, daß §36 Abs3 OÖ ROG 1994 bei "Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes", die selbstverständlich nicht nur von einem Grundstückseigentümer, sondern auch von dessen Nachbarn oder sonstigen dritten Personen herrühren können, eine Verpflichtung des Gemeinderates statuiert, über das Vorliegen der Voraussetzungen für Änderungen des Flächenwidmungsplanes zu befinden. Desgleichen ist die Erlassung einer Bausperre, um eine "Bebauung zu verhindern", nicht von vornherein gleichheitswidrig, weil mißbräuchlich. §58 Abs3 OÖ BauO 1976 zufolge ist es nämlich gerade der Sinn der Bausperre, baurechtliche Bewilligungen und damit das Unterlaufen der Änderungsabsicht des Gemeinderates durch Bebauungen der von der Bausperre betroffenen Grundstücke zu verhindern, sofern eine solche Bebauung nicht "ausnahmsweise" (so §58 Abs3 OÖ BauO 1976) mit der beabsichtigten Planänderung vereinbar ist.
Insgesamt treffen sohin die vom Verwaltungsgerichtshof gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edt bei Lambach vom 16. Dezember 1992 idF der Verordnung vom 30. September 1993 erhobenen Bedenken nicht zu. Auf sonstige, etwa von der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in ihrer Äußerung geltend gemachte Bedenken durfte der Verfassungsgerichtshof schon mit Rücksicht auf seine Bindung an die antragsbegründenden Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes (VfSlg. 6053/1969, 9911/1983 und 10640/1985) in diesem Verfahren nicht eingehen.
III. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Baurecht, Bausperre, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:V37.1995Dokumentnummer
JFT_10049070_95V00037_00