Index
E3R E15202000Norm
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser, Dr. Fasching, Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des Bundesministers für Inneres gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 2020, Zl. W211 2224730-1/2E, betreffend Auskunftspflicht in einer Angelegenheit der Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Partei: M H in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Vorgeschichte
1 Mit E-Mail vom 5. März 2018 beantragte der Mitbeteiligte beim Bundesminister für Inneres (belangte Behörde und Amtsrevisionswerber; im Folgenden: BMI) gemäß § 2 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 287 idF BGBl. I Nr. 158/1998, (Auskunftspflichtgesetz) die Erteilung von in vier Fragen dargestellten Auskünften.
2 Mit der - vorliegend alleine relevanten - Frage 4 wurde die Erteilung folgender Auskünfte beantragt:
„Ich bitte um die Auflistung der Namen und, soweit erfasst, der jeweiligen Berufe der Personen, denen in den Jahren 2014, 2015, 2016 (soweit diese nicht auf Seite 3 des unter https://www.bundeskanzleramt.gv.at/documente/131008/570522/1_43_Personalantraege-ZIRKULATIONSBESCHLUSS_vom_22.11.pdf/32d1bdfa-36bd-46d3-9dc4-dfea76173ad5 abrufbaren Dokuments genannt sind) und 2017 die Staatsbürgerschaft wegen besonderem Interesse der Republik gem. § 10 Abs. 6 StbG verliehen wurde.“
3 Mit E-Mail vom 13. Juni 2018 führte der Mitbeteiligte (soweit vorliegend relevant) aus, die ersuchte Auskunft zur Frage 4 sei nicht erteilt worden und beantragte gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz die Erlassung eines Bescheides.
4 Mit Schreiben vom 27. November 2018 teilte der BMI dem Mitbeteiligten unter anderem mit, dass für das Jahr 2017 zwei Ministerratsbeschlüsse veröffentlicht und auf der Webseite des Bundeskanzleramtes abrufbar seien, mit denen die Bundesregierung die Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik bestätigt habe. Die Veröffentlichung der Namen und Berufe der (dort) genannten Personen sei jedoch ausschließlich auf Grundlage ihrer Einverständniserklärungen erfolgt. Für den darüber hinausgehenden Zeitraum seien keine diesbezüglichen Ministerratsbeschlüsse veröffentlicht worden und lägen auch keine Einverständniserklärungen vor.
5 Daraufhin erklärte der Mitbeteiligte mit E-Mail vom 10. Dezember 2018, dass er (soweit vorliegend relevant) seinen Antrag auf Erlassung eines Bescheides zur nicht erteilten Auskunft der Namen und, soweit erfasst, der jeweiligen Berufe der Personen, denen in den Jahren 2014 und 2015 die Staatsbürgerschaft wegen besonderem Interesse der Republik gemäß § 10 Abs. 6 StbG verliehen worden sei, weiterhin aufrecht erhalte.
6 Mit Bescheid vom 17. Juli 2019 wurde dieser Antrag des Mitbeteiligten gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 4 Auskunftspflichtgesetz abgewiesen.
7 Begründend führte der BMI im Wesentlichen aus, bei der begehrten Auskunft handle es sich um personenbezogene Informationen gemäß § 1 Abs. 1 DSG und berühre die Betroffenen in ihrer Privatsphäre, sodass gemäß Art. 20 Abs. 3 B-VG und den §§ 1 und 7 DSG eine Interessenabwägung vorzunehmen sei. Alleine das Vorliegen eines allgemeinen Interesses an personenbezogenen Informationen zu den Personen, denen gemäß § 10 Abs. 6 StbG die Staatsbürgerschaft verliehen worden sei, stelle kein überwiegendes berechtigtes Interesse dar. Daran vermöge auch die vom Mitbeteiligten in Anspruch genommene Rolle als „watchdog“ nichts zu ändern (der Mitbeteiligte hatte im Verfahren angegeben, er sei Generalsekretär des Vereines „F“ und erfülle daher die Rolle eines „social watchdogs“). Ein öffentliches Interesse an Verleihungen der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik sei zwar anzuerkennen, sei aber nicht soweit anzusetzen, dass der Eingriff in die Persönlichkeitssphäre der betroffenen Personen durch öffentliche Bekanntgabe ihrer Namen gerechtfertigt sei. Im gegenständlichen Fall bestehe ein überwiegendes schutzwürdiges und grundrechtlich legitimiertes Interesse der betreffenden Personen an der Geheimhaltung der vom Mitbeteiligten begehrten Auskunft.
8 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
Angefochtenes Erkenntnis
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass der BMI „die beantragte Auskunft zu Unrecht verweigerte, und zwar betreffend eine Auflistung der Namen und, soweit erfasst, der jeweiligen Berufe der Personen, denen in den Jahren 2014 und 2015 die Staatsbürgerschaft wegen besonderem Interesse der Republik gemäß § 10 Abs. 6 StbG verliehen wurde“ (Spruchpunkt A).
10 Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).
11 Begründend stellte das BVwG zunächst den (oben dargestellten) Verfahrensgang und den Umstand fest, dass der Mitbeteiligte Generalsekretär des Vereines „F“ sei, der sich „für Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns engagiert“. Beweiswürdigend stützte das BVwG die letztgenannte Feststellung auf „die Inhalte der Website i.at“.
12 Zum Aufgabenbereich des BMI im Verfahren nach § 10 Abs. 6 StbG führte das BVwG im Wesentlichen aus, diesem komme gemäß der Verordnung der Bundesregierung über das Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung gemäß § 10 Abs. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. II Nr. 39/2014, eine zentrale Funktion zu, einerseits im Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung nach § 10 Abs. 6 StbG durch die Bundesregierung, andererseits bei der Übermittlung der Bestätigungen an die jeweiligen Landesregierungen. Somit könne das gegenständliche Auskunftsersuchen berechtigterweise an den BMI gestellt werden.
13 Unter Hinweis auf das Zentrale Staatsbürgerschaftsregister (ZRS), die gemäß § 56a Abs. 1 StbG in diesem verarbeiteten Daten (darunter Erwerbsdatum und Erwerbsgrund sowie sonstige Umstände, die für den Erwerb, Verlust oder die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft erforderlich sind) sowie die gemäß § 56a Abs. 2 StbG bestehende Funktion des BMI als Auftragsverarbeiter gemäß Art. 4 Z 8 iVm Art. 28 Abs. 1 DSGVO sei davon auszugehen, dass es sich bei der vom Mitbeteiligten gestellten Anfrage um eine Frage nach gesichertem (mittels Abfrage im ZRS, nach vorherigem Abgleich mit den in den jeweiligen Ministerratsbeschlüssen enthaltenen Namen, leicht eruierbarem) Wissen des BMI handle. Weder aus den Bestimmungen des StbG noch sonst hätten sich Hinweise ergeben, dass die Auskunftserteilung betreffend jene Informationen, die sich im ZRS befänden, umfangreiche Ausarbeitungen, Gutachten oder die Beschaffung auch anders erlangbarer Informationen im Sinne näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordern würde. Es sei auch nicht hervorgekommen, dass durch die gewünschte Auskunftserteilung, sofern sie die in den Datenbanken vorhandenen Daten betreffe, die Besorgung der übrigen Aufgaben des BMI wesentlich beeinträchtigen würde.
14 Zur Verschwiegenheitspflicht des BMI und zum Geheimhaltungsinteresse nach § 1 DSG führte das BVwG im Wesentlichen aus, bei der vom Mitbeteiligten begehrten Nennung von Namen und Berufen handle es sich „zweifellos um personenbezogene Daten iSd DSG“.
15 Bei der gemäß § 1 Abs. 1 DSG vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sei das Interesse des Mitbeteiligten „in seiner Rolle bei der Förderung eines öffentlichen Diskurses von breitem allgemeinen Interesse“ besonders einzubeziehen. Wie der Mitbeteiligte, der als Generalsekretär eines Vereins, der sich für Transparenz in Politik und Verwaltung einsetze, die Definition eines „social watchdog“ (Verweis auf VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083, und EGMR 8.11.2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11) erfülle, im Verfahren näher erläutert habe, sei Ziel und Zweck seines „Informationsansuchens, eine öffentliche Debatte zur Verleihung von Staatsbürgerschaften gemäß § 10 Abs. 6 StbG anzustoßen“.
16 Vor dem Hintergrund, dass diese Form der Verleihung der Staatsbürgerschaft eine Bestätigung der Bundesregierung erfordere, dass die Verleihung wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liege, sei ein berechtigtes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Namen und Berufsbezeichnungen der betroffenen Personen jedenfalls als gegeben anzusehen. Insbesondere sorge die Offenlegung der angefragten Informationen für Transparenz über die Art und Weise der Führung von Amtsgeschäften und über Angelegenheiten, die „für die Gesellschaft als Ganzes interessant“ seien. Dass gerade an der Auswahl „solcher Personen“ für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ein berechtigtes öffentliches Interesse bestehe, könne nicht angezweifelt werden.
17 Hingegen stelle sich die Frage eines schutzwürdigen Interesses der betroffenen Personen an der Geheimhaltung ihrer Namen und Berufe im Zusammenhang mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft bereits „bedeutend weniger deutlich“ dar. Aus der Beilage für die Ministerratssitzung am 3. Mai 2017 ergebe sich zum Beispiel, „dass damals die Staatsbürgerschaft wegen § 10 Abs. 6 StbG an Sportler_innen, Wissenschaftler_innen, Künstler_innen und an einen Honorarkonsul verliehen wurde“. Die „allgemein davon grundsätzlich betroffenen Personen“, unter anderem „Sportler_innen, Künstler_innen, Forscher_innen und Wirtschaftstreibende“ zeichneten sich zumeist durch eine Berufsausübung aus, die sich „in und teilweise mit der Öffentlichkeit manifestiert“, stünden in einer Verbindung zu Publikum („Sportler_innen, Künstler_innen“), nähmen öffentliche Einrichtungen und Forschungsmittel in Anspruch („Forscher_innen“) oder leisteten herausragende Beiträge in einem „vernetzten“ Wirtschaftsleben. Damit bestehe eine berufliche Beziehung und „manchmal auch eine Dependenz mit (einer Ausgestaltung) der Öffentlichkeit (Publikum, Presse, universitärer Forschungs- und Bildungsbereich, Wirtschaft)“.
18 Dass den betroffenen Personen vor diesem Hintergrund ein besonders schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung ihrer Namen und Berufe im Zusammenhang mit der Verleihung nach § 10 Abs. 6 StbG zukomme, könne nicht erkannt werden. Daher kämen gegenständlich keine Hinweis darauf hervor, dass diese Geheimhaltungsinteressen ein entsprechendes Gewicht entwickeln könnten, um die Interessen des Mitbeteiligten „an der Ausübung seiner Rolle als ‚social watchdog‘ im Rahmen einer Debatte“ im öffentlichen Interesse zu überwiegen. So könne nicht „mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit prima facie“ davon ausgegangen werden, dass die Bekanntgabe der Namen und Berufsbezeichnungen für die betroffenen Personen zu einer beruflichen Einschränkung, einer Rufschädigung, einer wirtschaftlichen Einbuße oder auch zu „persönlichen Unbillen“ führen würde.
19 Damit könne der nur kursorischen Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gefolgt werden. Einem aufgrund der „grundsätzlich anzunehmenden bereits bestehenden Exposition“ der betroffenen Personen, die durch „die zu honorierenden Leistungen“ bedingt werde, „nicht sehr schutzwürdigen“ Geheimhaltungsinteresse stehe die Eigenschaft des Mitbeteiligten „als Förderer des öffentlichen Diskurses und der Meinungsfreiheit“ mit seiner Tätigkeit beim „F“ und das „grundlegende öffentliche Interesse“ zu erfahren, an wen die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 6 StbG verliehen werde, gegenüber.
20 Demnach verstoße die beantragte Beauskunftung nicht gegen § 1 DSG. Eine Auseinandersetzung mit § 7 DSG sei bei diesem Ergebnis nicht mehr notwendig.
21 Die beantragte Beauskunftung finde auch eine datenschutzrechtliche Rechtfertigung in Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO. So ermögliche die Öffnungsklausel des Art. 86 DSGVO die Offenlegung personenbezogener Daten in amtlichen Dokumenten, die eine Verarbeitung iSd Art. 4 Z 2 DSGVO darstelle. Als „rechtmäßigender“ Grund liege Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO auf der Hand, zumal sich schon aus Erwägungsgrund 154 Satz 2 ergebe, dass der Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten als öffentliches Interesse betrachtet werden könne.
22 Dass die Verarbeitung - und damit nach Art. 4 Abs. 2 DSGVO auch die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, die Verbreitung, die Bereitstellung - öffentliche Interessen betreffe, sei ausführlich dargelegt worden. So nehme der Mitbeteiligte mit seiner Arbeit „wichtige Aufgaben der Informationsbereitstellung“ wahr und betreffe das angefragte Thema Bereiche von großem allgemeinen öffentlichen Interesse. Außerdem könne in der Auskunftserteilung eine Aufgabe im öffentlichen Interesse gesehen werden, die auf einer ausreichend konkreten gesetzlichen Grundlage, dem Auskunftspflichtgesetz, beruhe.
23 Damit bestehe ein Anspruch des Mitbeteiligten auf Erteilung der beantragten Auskunft und sei in diesem Umfang die Auskunft durch den BMI zu Unrecht verweigert worden.
24 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision des BMI, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
25 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zulässigkeit
26 Vorauszuschicken ist, dass dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet, Genüge getan wird. Diesem Gebot wird daher insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 27.7.2020, Ra 2020/01/0223, mwN).
27 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung der Amtsrevision fokussiert sich nicht auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösenden grundsätzlichen Rechtsfragen, sondern enthält der Sache nach in weiten Teilen Revisionsgründe (vgl. zur Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage bei einer ordentlichen Revision etwa VwGH 27.4.2020, Ro 2019/17/0004, mwN).
28 Dennoch ist zu erkennen, dass die Amtsrevision grundsätzliche Rechtsfragen aufzeigt: So wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur sachlichen Zuständigkeit des BMI zur Auskunft in Bezug auf Verfahren nach § 10 Abs. 6 StbG. Auch liege insgesamt zur Bestimmung des § 10 Abs. 6 StbG bzw. zu dem darin geregelten besonderen Interesse der Republik an der Verleihung der Staatsbürgerschaft bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
29 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zu § 10 Abs. 6 StbG nur einmal und nicht zu den vorliegend angesprochenen Rechtsfragen geäußert (vgl. VwGH 3.5.2000, 99/01/0414; es besteht aber die weiter unten zitierte Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 10 Abs. 4 StbG).
30 Die Revision ist somit zulässig.
Rechtslage
31 Das Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 158/1998, lautet auszugsweise:
„§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
...
§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Auskunftsbegehrens aufgetragen werden, wenn aus dem Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Auskunft nicht ausreichend klar hervorgeht.
...
§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. ...
...“
32 Das Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz - DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idF BGBl. I Nr. 14/2019, lautet auszugsweise:
„Artikel 1
(Verfassungsbestimmung)
Grundrecht auf Datenschutz
§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
...“
33 Die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, lautet auszugsweise:
„Artikel 4
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
...
2. ‚Verarbeitung‘ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;
...
7. ‚Verantwortlicher‘ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden;
8. ‚Auftragsverarbeiter‘ eine natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des Verantwortlichen verarbeitet;
...
Artikel 6
Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
...
e) die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde;
...
(3) Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gemäß Absatz 1 Buchstaben c und e wird festgelegt durch
a) Unionsrecht oder
b) das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt.
...
Artikel 86
Verarbeitung und Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten
Personenbezogene Daten in amtlichen Dokumenten, die sich im Besitz einer Behörde oder einer öffentlichen Einrichtung oder einer privaten Einrichtung zur Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe befinden, können von der Behörde oder der Einrichtung gemäß dem Unionsrecht oder dem Recht des Mitgliedstaats, dem die Behörde oder Einrichtung unterliegt, offengelegt werden, um den Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung in Einklang zu bringen.“
34 Art. 11 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lautet auszugsweise:
„Artikel 11. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung, Landessache die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:
1. Staatsbürgerschaft;
...“
35 Das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG), BGBl. Nr. 311 idF BGBl. I Nr. 24/2020, lautet auszugsweise:
„ABSCHNITT II
ERWERB DER STAATSBÜRGERSCHAFT
...
Verleihung
§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn
...
(3) Einem Fremden, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, darf die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, wenn er
1. die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen unterläßt, obwohl ihm diese möglich und zumutbar sind oder
2. auf Grund seines Antrages oder auf andere Weise absichtlich die Beibehaltung seiner bisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt.
...
(6) (Verfassungsbestimmung) Die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 7 sowie des Abs. 3 entfallen, wenn die Bundesregierung bestätigt, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt.
(7) Die Bundesregierung kann über Vorschlag des Bundesministers für Inneres eine Verordnung erlassen, mit der nähere Bestimmungen über das Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung der Bundesregierung in Verfahren gemäß Abs. 6 festgelegt werden.
...
§ 19. (1) Anträge auf Verleihung und Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft sind persönlich bei der Behörde zu stellen. ...
(2) Der Fremde hat am Verfahren mitzuwirken und der Behörde alle notwendigen Unterlagen und Beweismittel sowie ein Lichtbild zur Verfügung zu stellen. ...
...
§ 21. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft hat in einem diesem Anlass angemessenen, feierlichen Rahmen zu erfolgen, dem durch das gemeinsame Absingen der Bundeshymne und das sichtbare Vorhandensein der Fahnen der Republik Österreich, des jeweiligen Bundeslandes, und der Europäischen Union Ausdruck verliehen wird.
(2) Ein Fremder, der voll handlungsfähig ist oder der das 18. Lebensjahr vollendet hat und nur infolge seines Alters nicht eigenberechtigt ist, hat vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) folgendes Gelöbnis abzulegen:
‚Ich gelobe, dass ich der Republik Österreich als getreuer Staatsbürger angehören, ihre Gesetze stets gewissenhaft beachten und alles unterlassen werde, was den Interessen und dem Ansehen der Republik abträglich sein könnte und bekenne mich zu den Grundwerten eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft.‘
§ 22. (1) Hat der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik, so ist das Gelöbnis mündlich vor der nach § 39 zuständigen Behörde abzulegen. Diese kann jedoch die Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich der Fremde seinen Hauptwohnsitz hat, zur Entgegennahme des Gelöbnisses ermächtigen. ...
...
§ 23. (1) Der Bescheid über die Verleihung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) ist schriftlich zu erlassen.
(2) Die Staatsbürgerschaft wird mit dem im Bescheid angegebenen Zeitpunkt erworben. Dieser ist unter Bedachtnahme auf den voraussichtlichen Zeitpunkt der Aushändigung oder Zustellung des Bescheides nach der Kalenderzeit zu bestimmen.
(3) Hat der Fremde, dem die Staatsbürgerschaft verliehen werden soll, das Gelöbnis mündlich abgelegt, so ist ihm der Bescheid im Anschluß daran auszuhändigen. Sonst ist der Bescheid derjenigen Person zuzustellen, die den Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gestellt hat.
...
ABSCHNITT IV
BEHÖRDEN UND VERFAHREN
§ 39. (1) Zur Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft ist unbeschadet des § 41 die Landesregierung zuständig.
(2) Örtlich zuständig ist jene Landesregierung, in deren Bereich die Person, auf die sich der Bescheid bezieht, ihren Hauptwohnsitz hat, sonst die Landesregierung, in deren Bereich die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) liegt. ...
...
ABSCHNITT V
STAATSBÜRGERSCHAFTSEVIDENZ
§ 49. (1) Die Gemeinden (Gemeindeverbände) haben nach Maßgabe dieses Abschnittes ein ständiges Verzeichnis der Staatsbürger (Staatsbürgerschaftsevidenz) zu führen.
(2) Evidenzstelle ist
a) für Personen, die vor dem 1. Juli 1966 im Gebiet der Republik geboren sind:
die Geburtsgemeinde (Gemeindeverband);
b) für Personen, die ab dem 1. Juli 1966 im Gebiet der Republik geboren sind:
die Gemeinde (Gemeindeverband), in der die Mutter im Zeitpunkt der Geburt der zu verzeichnenden Person laut Eintragung im Geburtenbuch ihren Wohnort hatte, wenn dieser aber im Ausland liegt, die Geburtsgemeinde (Gemeindeverband) der zu verzeichnenden Person;
c) für Personen, die im Ausland geboren sind oder bei denen sich nach lit. a oder b keine Zuständigkeit feststellen läßt:
die Gemeinde Wien.
§ 50. Die Staatsbürgerschaftsevidenz ist für jede Gemeinde gesondert im Rahmen des ZSR (§ 56a) zu führen.
§ 51. Die Evidenzstelle hat einen Staatsbürger in der Staatsbürgerschaftsevidenz zu verzeichnen und die den Staatsbürgerschaftserwerb begründenden Umstände anzumerken, sobald sie durch eine Mitteilung nach den §§ 53 bis 55 oder auf andere Art davon Kenntnis erhält, auf welche Weise er die Staatsbürgerschaft erworben hat. Die Evidenzstelle hat, soweit dies ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist, von Amts wegen jede Gelegenheit wahrzunehmen, um sich diese Kenntnis zu verschaffen. ...
...
ABSCHNITT Va
Zentrales Staatsbürgerschaftsregister (ZSR)
§ 56a. (1) Die Evidenzstellen sind als gemeinsam Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 der Verordnung (EU) Nr. 679/2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, in der geltenden Fassung (DSGVO), ermächtigt, zu Staatsbürgern
1. Namen;
...
4. den Umstand, dass jemand Staatsbürger ist, und weitere Staatsangehörigkeiten;
5. Datum des Erwerbs und entsprechender Erwerbsgrund;
...
10. sonstige Umstände, die für den Erwerb, Verlust oder die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft erforderlich sind,
gemeinsam in der Art zu verarbeiten, dass jeder Verantwortliche auch auf jene Daten in der Datenverarbeitung Zugriff hat, die dieser von den anderen Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wurden (Zentrales Staatsbürgerschaftsregister).
(1a) Die Erfüllung von Auskunfts-, Informations-, Berichtigungs-, Löschungs- und sonstigen Pflichten nach den Bestimmungen der DSGVO obliegt jedem Verantwortlichen nur gegenüber jenen Betroffenen, für die er gemäß § 49 Abs. 2 Evidenzstelle ist. ...
(2) Der Bundesminister für Inneres übt die Funktion des Auftragsverarbeiters gemäß Art. 4 Z 8 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 DSGVO aus. Er ist in dieser Funktion verpflichtet, die Datenschutzpflichten gemäß Art. 28 Abs. 3 lit. a bis h DSGVO wahrzunehmen. Zudem ist er berechtigt, weitere Auftragsverarbeiter in Anspruch zu nehmen. Staatsbürgerschaftsbehörden haben dem Bundesminister für Inneres für die Zwecke des ZSR ihre Staatsbürgerschaftsdaten zu übermitteln.
...
Abschnitt VII
Schluss- und Übergangsbestimmungen
...
Vollziehung
§ 66. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:
1. soweit sie dem Bund zukommt, hinsichtlich
a) des § 10 Abs. 6 die Bundesregierung;
...
2. soweit die Vollziehung dem Land zukommt, die Landesregierung.“
36 Die (gemäß § 10 Abs. 7 StbG erlassene) Verordnung der Bundesregierung über das Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung gemäß § 10 Abs. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. II Nr. 39/2014, lautet auszugsweise:
„Vorlagepflicht
§ 1. (1) Die Landesregierung hat in einem Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 6 StbG zum Zweck der Einholung einer Bestätigung der Bundesregierung den Verwaltungsakt in Abschrift, geordnet und unter Anschluss eines Aktenverzeichnisses, ehestmöglich dem Bundesminister für Inneres vorzulegen.
(2) Die Vorlage des Verwaltungsaktes hat nur dann zu erfolgen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6 und 8 sowie Abs. 2 StbG vorliegen und die entscheidungsrelevanten Umstände erhoben worden sind.
Einholung von Stellungnahmen
§ 2. (1) Der Bundesminister für Inneres hat eine Abschrift des begründeten Antrages des Fremden auf Verleihung der Staatsbürgerschaft samt den dazugehörigen Nachweisen zur Beurteilung, ob die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt, an den zuständigen Bundesminister oder gegebenenfalls an die zuständigen Bundesminister weiterzuleiten.
(2) Ergibt sich aus dem Verwaltungsakt eine Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres, so hat dieser die Beurteilung gemäß Abs. 1 selbst vorzunehmen.
(3) Verfügt ein Fremder, der einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 6 StbG gestellt hat, über keinen Hauptwohnsitz in Österreich, so sind die Aktenteile gemäß Abs. 1 durch das Bundesministerium für Inneres auch an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres zur Beurteilung gemäß Abs. 1 weiterzuleiten.
(4) Die mit der Beurteilung befassten Bundesminister haben für den jeweiligen Einzelfall eine begründete Stellungnahme zu verfassen und diese dem Bundesminister für Inneres zu übermitteln. Die Stellungnahme hat die wesentlichen Gründe der Beurteilung darzulegen, insbesondere im Hinblick auf die vorgenommene Wertung der bereits vom Fremden erbrachten und noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen und die Gründe, weshalb eine Verleihung der Staatsbürgerschaft im besonderen Interesse der Republik liegt. Des Weiteren muss aus der Stellungnahme ersichtlich sein, ob der jeweilige Bundesminister die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Fremden befürwortet oder nicht. Besteht weiterer Abklärungsbedarf kann der Bundesminister für Inneres den bereits befassten Bundesminister neuerlich oder einen weiteren Bundesminister befassen.
(5) Die mit der Beurteilung befassten Bundesminister können zur Meinungsbildung zu jedem Einzelfall auch fachliche Expertisen von Sachverständigen im jeweiligen Themenfeld einholen.
Aufbereitung der Verwaltungsakten
§ 3. Der Bundesminister für Inneres bereitet den Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der eingelangten Stellungnahmen gemäß § 2 Abs. 4 beschlussreif auf und erstellt für die Beschlussfassung der Bundesregierung eine entsprechend begründete Empfehlung.
Entscheidung der Bundesregierung
§ 4. Die Bundesregierung entscheidet regelmäßig, jedenfalls einmal im Kalenderhalbjahr über die Erteilung oder die Nichterteilung einer Bestätigung gemäß § 10 Abs. 6 StbG in den gemäß § 3 beschlussreif aufbereiteten Einzelfällen.
Übermittlungen der Entscheidungen
§ 5. (1) Die Entscheidung der Bundesregierung über die Erteilung oder die Nichterteilung einer Bestätigung ist vom Bundesminister für Inneres unverzüglich der jeweiligen Landesregierung zu übermitteln.
(2) Die jeweilige Landesregierung hat eine Abschrift der verfahrenserledigenden Entscheidung an den Bundesminister für Inneres zu übermitteln.
...“
Vorbringen
Vorbringen der Amtsrevision
37 Als Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) bringt die Amtsrevision (wie oben angeführt in weiten Teilen bereits in der Zulässigkeitsbegründung) im Wesentlichen vor, Auskünfte müssten nur über solche Angelegenheiten erteilt werden, die entweder Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens bei der befragten Behörde seien bzw. gewesen seien oder nach der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit in einem Verwaltungsverfahren von dieser Behörde zu entscheiden gewesen wären (Verweis auf VwGH 31.3.2003, 2000/10/0052).
38 Dem BMI mögen im Verfahren zur Erstellung einer Bestätigung der Bundesregierung nach § 10 Abs. 6 StbG zentrale verfahrenskoordinierende Aufgaben zukommen, dies ändere aber nichts daran, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft an sich der jeweiligen Landesregierung obläge (Verweis auf Art. 11 Abs. 1 Z 1 B-VG). Eine sachliche (und örtliche) Zuständigkeit des BMI bestehe schon aufgrund der genannten kompetenzrechtlichen Grundlage des B-VG nicht.
39 Abgesehen von der mit der Verfassungsbestimmung des § 10 Abs. 6 StbG begründeten und als Ausnahme von der grundlegenden Kompetenzbestimmung verankerten Vollziehungszuständigkeit der Bundesregierung im Umfang der Bestätigung, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liege, würden mit § 10 Abs. 6 StbG weder spezifische Aufgaben noch eine wie immer ausgestaltete Zuständigkeit des BMI geregelt.
40 Bei der Verordnung der Bundesregierung über das Verfahren zur Erlangung einer Bestätigung gemäß § 10 Abs. 6 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 handle es sich um eine solche der Bundesregierung als Kollegialorgan. Daher werde mit dieser auch keine verfahrensrechtliche Zuständigkeit des BMI begründet, sondern wenn, dann nur eine solche der Bundesregierung als Kollegialorgan. Obwohl der BMI als Mitglied des Kollegialorgans eine die Beschlussfassung der Bundesregierung vorbereitende Funktion wahrnehme, erfolge die Entscheidung durch Beschlussfassung der Mitglieder der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit. Der Empfehlung des BMI komme keine bindende Wirkung zu, er verfüge auch über kein anderes Stimmengewicht als die übrigen Mitglieder der Bundesregierung.
41 Gegenstand des vorliegenden Auskunftsersuchens sei die Auflistung der Namen und Berufe von Personen, denen in den Jahren 2014 und 2015 die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 6 StbG verliehen worden sei. Die Verleihung erfolge durch die jeweilige Landesregierung. Die Bestätigung der Bundesregierung stelle zwar die notwendige Tatbestandsvoraussetzung dar, nicht allerdings schon den Akt der Verleihung.
42 Zwischen Beschlussfassung der Bundesregierung hinsichtlich der Bestätigung und der Staatsbürgerschaftsverleihung an sich könne ein gewisser Zeitraum liegen, der längstens auch in das nächstes Kalenderjahr fallen könne, etwa wenn der Ministerrat im Monat Dezember stattfinde. Dies könne dazu führen, dass die Verleihung erst im nachfolgenden Jahr stattfinde. Darauf habe die Bundesregierung bzw. der gegenständlich zur Auskunft herangezogene BMI keinen Einfluss. Die verfahrensabschließende Verleihung - um deren Auskunft vorliegend für die Jahre 2014 und 2015 ersucht worden sei - obliege der verfahrensführenden Landesregierung. Auch könnten kurzfristige Änderungen, etwa die Zurückziehung des Antrags auf Verleihung, nur von der verfahrensführenden Landesregierung berücksichtigt werden.
43 § 56a Abs. 2 StbG lege fest, dass der BMI im Rahmen des ZSR ausschließlich die Funktion des Auftragsverarbeiters (gemäß Art. 4 Z 8 iVm Art. 28 DSGVO) ausübe und damit nicht als Verantwortlicher gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO tätig werde. Die gemeinsame Verarbeitung obliege den Evidenzstellen als gemeinsam Verantwortliche. Damit gingen die Ausführungen des BVwG ins Leere, da dieses selbst darlege, dass es einer Weisung des Verantwortlichen bedürfe.
44 Zur Ausgestaltung des in § 10 Abs. 6 StbG angeführten besonderen Interesses der Republik fehle es an „einer grundsätzlichen Äußerung“ des Verwaltungsgerichtshofes. Es liege auch „bislang keine Rechtsprechung des VwGH“ zu der im angefochtenen Erkenntnis vorgenommenen Beurteilung des besonderen Interesses der Republik gemäß § 10 Abs. 6 StbG vor.
45 Das besondere Interesse der Republik nach § 10 Abs. 6 StbG könne aber „nicht gleichgesetzt werden mit einem in jedem Fall auch gegebenen überwiegenden öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung personenbezogener Daten“. Vielmehr zeichneten sich die in den Verleihungsverfahren nach § 10 Abs. 6 StbG „zugrundeliegenden Lebensrealitäten“ der einzelnen Staatsbürgerschaftswerber durch eine „große Diversität“ aus. Insbesondere könne nicht stets von einem besonderen Bezug des Staatsbürgerschaftswerbers zur Öffentlichkeit „geschweige denn von einer Tätigkeit bzw. Interaktion mit der Öffentlichkeit“ ausgegangen werden. Außerordentliche Leistungen könnten auch abseits der Öffentlichkeit erbracht werden, denkbar etwa im Bereich wissenschaftlicher Tätigkeit und Forschung, „die nicht konsequenterweise mit einem Auftreten des jeweiligen Wissenschaftlers oder Forschers in der Öffentlichkeit einher gehen muss“. Eine nähere Darstellung der Kriterien, an Hand derer das besondere Interesse der Republik nach § 10 Abs. 6 StbG beurteilt werde, sei von der Bundesregierung mit Ministerratsbeschluss vom 25. Februar 2014 vorgenommen worden (abrufbar unter https://www.bmi.gv.at/406/verleihung.aspx). Die darin enthaltenen Kriterien bzw. aufgezeigten Tätigkeitsbereiche (Wissenschaft, Wirtschaft, Sport und Kunst) dienten der Bundesregierung als Orientierung zur sachlichen Einschätzung des Einzelfalls und stellten keine abschließende Aufzählung dar sowie müssten nicht kumulativ erfüllt werden. Insbesondere seien Verleihungen nach § 10 Abs. 6 StbG auch bei außerordentlichen Leistungen in anderen als den genannten Tätigkeitsbereichen möglich. Diese Kriterien zeigten deutlich auf, dass auch solche Leistungen nach § 10 Abs. 6 StbG ausschlaggebend sein könnten, denen keine Öffentlichkeit oder „Exposition“ der Staatsbürgerschaftswerber zugrunde liege (vgl. etwa im Bereich der Wissenschaft „Tätigkeiten auf Gebieten, die noch nicht erschlossen sind bzw. die Weiterentwicklung von wissenschaftlichen Gebieten“ sowie im Bereich der Wirtschaft eine „hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens“).
46 Das besondere Interesse könne gerade auch bei Personen vorliegen, die abseits der Öffentlichkeit tätig seien, was sich regelmäßig auch durch die in der Praxis vorkommenden Fälle zeige. Deren Geheimhaltungsinteressen seien als schutzwürdig zu beurteilen bzw. „jedenfalls nicht von vornherein als den öffentlichen Interessen an der Bekanntgabe der personenbezogenen Daten unterlegen einzuordnen“.
47 Weiter bringt die Amtsrevision vor, dem angefochtenen Erkenntnis fehle eine nachvollziehbare Begründung zum Fehlen schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen. Die kursorische Begründung des BVwG lasse eine nähere Auseinandersetzung vermissen, da den mit der Staatsbürgerschaftsverleihung (nach § 10 Abs. 6 StbG) zu „honorierenden“ außerordentlichen Leistungen „gerade keine besondere Interaktion mit der Öffentlichkeit“ zu Grunde liege. Dies erscheine im Hinblick auf die nach § 10 Abs. 6 StbG „nicht abschließend definierbaren in Frage kommenden Zielgruppen an Staatsbürgerschaftswerbern“ aber als maßgeblich, da sich das besondere Interesse aus Leistungen ergebe, die „im Grunde auch überhaupt keinen Bezug zur Öffentlichkeit haben müssen“.
48 Die Auffassung des BVwG, für die Offenlegung der personenbezogenen Daten sei in Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO eine „datenschutzrechtliche Rechtfertigung“ zu sehen, lasse außer Acht, dass Art. 6 Abs. 1 lit. e wie auch Art. 86 DSGVO als „unechte“ Öffnungsklauseln auf Normen aus einem (andern) nationalen Regelungsbereich verwiesen. Der Gesetzgeber habe es (mit Inkrafttreten der DSGVO) unterlassen, im Auskunftspflichtgesetz ausdrückliche Regelungen iSd Art. 6 Abs. 1 iVm Abs. 3 DSGVO für jene Fälle zu erlassen, in denen ein Auskunftswerber die Übermittlung bzw. Offenlegung von personenbezogenen Daten Dritter begehre. Zur Frage, ob das Auskunftspflichtgesetz iSd DSGVO eine ausreichend konkrete gesetzliche Grundlage für die Beauskunftung personenbezogener Daten darstelle, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Vorbringen des Mitbeteiligten
49 Der Mitbeteiligte bringt vor, eine „korrekte Anwendung“ der Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes iVm Art. 20 Abs. 4 B-VG und den Kriterien des Urteils des EGMR vom 8. November 2016, Magyar Helsinki Bizottsag, 18030/11, führe „zwangsläufig und trotz anderslautenden Bedenken der Revisionswerberin“ zu einer Auskunftserteilung.
50 Der EGMR habe in seinem Urteil vom 28.11.2013, Österreichische Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, 39534/07, ein mit dem vorliegenden Begehren analoges Auskunftsbegehren und eine analoge Auskunftsverweigerung behandelt. Die einschlägigen Entscheidungen des EGMR seien in Österreich „von Behörden und Gerichten direkt zu beachten, liegen im Verfassungsrang und sind so konkretisiert, dass sie direkt anwendbar sind“. Die Rechtslage sei somit klar.
51 Der Zweck der Anfrage sei gewesen, eine „oft medial kritisierte Praxis der Verwaltung näher zu beleuchten und die öffentliche Diskussion mit zusätzlichen Fakten zu befeuern“. Die Informationen seien notwendig, „um die laufende Debatte mit vollständigen Fakten führen zu können“. Die angefragten Informationen seien im öffentlichen Interesse, sie beträfen „nicht nur die Verwendung von politischen Einflüssen in einem laut Erfahrungen internationaler Antikorruptionsorganisationen sensiblen Bereich, sondern auch in einem Bereich, in dem weitreichende politische Entscheidungsspielräume bestehen, da die Anspruchskriterien nur in Ansätzen umrissen und weit auslegbar sind“.
52 Der Mitbeteiligte erfülle die Rolle eines „public watchdog“ und habe „mehrfach über die Verwendung staatlicher Finanzen und andere staatliche Problembereiche berichtet“. Er sei ein Experte im „Bereich Antikorruption und Transparenz“, der regelmäßig von Medien zu aktuellen Themen befragt werde. Aussendungen der Organisation „F“, deren Vorstandsmitglied der Mitbeteiligte sei, würden regelmäßig von Medien „mit bundesweiter Relevanz“ zitiert.
53 Die angefragten Auskünfte seien zwar personenbezogene Daten, jedoch seien die betroffenen Personen allein durch die gegenständlichen Verfahren, die „im Interesse der Republik“ geführt würden, Personen öffentlichen Interesses. Daher falle eine Abwägung eindeutig zu Gunsten des öffentlichen Interesses an Auskunftserteilung aus.
54 Der BMI verkenne bei seiner Auffassung, nicht für die „materielle Verfahrensführung“ zuständig zu sein, dass er nach dem Bundesministeriengesetz („Anlage zu § 2, H.4“) für Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft explizit zuständig sei. Der Gesetzgeber des Auskunftspflichtgesetzes habe nicht den vom BMI angesprochenen Begriff der materiellen Zuständigkeit, sondern den weiter gefassten Begriff des Wirkungsbereichs verwendet. Die von der Amtsrevision zitierte Entscheidung 2000/10/0052 sei nicht einschlägig, da sie Informationen betroffen habe, welche bei der Behörde nicht vorgelegen seien.
55 Vorliegend seien nur die Namen der Betroffenen und die Bezeichnung ihres Berufes angefragt worden. Es seien keine „besonders sensiblen und schützenswerten persönlichen Details“ angefragt worden. Die Berufsbezeichnung sei angefragt worden, um Verwechslungen vorzubeugen, diese Angaben seien auch in den 2016 bis 2018 veröffentlichten Ministerratsbeschlüssen angeführt worden. Die „Revisionsgegnerin“ (gemeint: der BMI) habe nicht darlegen können, welche konkreten Nachteile die Staatsbürgerschaftswerber erfahren würden, wenn offengelegt würde, dass die Bundesregierung ihr Ansuchen um eine Staatsbürgerschaft unterstützt habe.
56 Tatsächlich liege im konkreten Fall ein überwiegendes öffentliches Interesse vor, da die Verleihung der Staatsbürgerschaft aufgrund von Verdiensten für die Republik erfolge. Der „Souverän dieser Republik (nämlich die Gemeinschaft der BürgerInnen, um die sich die Person ja angeblich verdient gemacht haben soll“, dürfe auch wissen, „wer sich angeblich um sie verdient gemacht hat, und wen sie damit aus eben diesen Gründen (im beschleunigten Verfahren) in ihre Mitte als weiteren Co-Souverän aufnehmen“. Auch bestehe bei der Thematik der Verleihung von Staatsbürgerschaften „auf Beschluss der Regierung ein erhöhtes Risiko, dass es zu Interessenskonflikten, zu Versuchen unlauterer Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger, sowie zu Korruption kommen könnte“. Es sei von großer Bedeutung, dass Bürgerinnen und Bürger derartige Entscheidungen der Bundesregierung nachvollziehen, bewerten und einordnen könnten.
Zuständigkeit zur Auskunftserteilung
Zuständigkeit nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz
57 Gemäß § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz haben (soweit vorliegend relevant) die Organe des Bundes „über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches“ Auskünfte zu erteilen (vgl. zum Begriff der Organe des Bundes iSv Organen der Bundesverwaltung etwa VwGH 27.5.2020, Ra 2020/03/0019, mwN).
58 Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung erstreckt sich auf „Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches“, damit auf Angelegenheiten innerhalb der jeweiligen örtlichen und sachlichen Zuständigkeit des um Auskunft ersuchten Organs (vgl. zu § 1 Wiener Auskunftspflichtgesetz VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083, mwN; vgl. zur Verpflichtung nach § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz, Auskünfte im jeweiligen Wirkungsbereich zu erteilen, VwGH 27.2.2013, 2009/17/0232, mit Verweis auf VwGH 31.3.2003, 2000/10/0052, mwN). Die Auskunftspflicht besteht daher nur im Rahmen der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des jeweils befragten Organes. Für die Hoheitsverwaltung bedeutet dies, dass Auskünfte nur über solche Angelegenheiten erteilt werden müssen, die entweder schon Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens vor der befragten Behörde sind bzw. waren oder nach der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit in einem Verwaltungsverfahren vor dieser Behörde zu entscheiden wären (vgl. VwGH 31.3.2003, 2000/10/0052, mwN).
59 Mit einem Auskunftsverweigerungsbescheid gemäß § 4 A