TE Vwgh Beschluss 2020/12/1 Ra 2020/10/0154

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Veröffentlicht am 01.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §16 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. September 2020, Zl. W224 2233318-1/2E, betreffend Einstellung eines Säumnisbeschwerdeverfahrens i.A. des Privatschulgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung; mitbeteiligte Partei: Verein „S“ in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1.1. Mit Schreiben vom 12. April 2019 beantragte die mitbeteiligte Partei die Genehmigung des Organisationsstatutes für die von ihr geführte Privatschule in Wien „ab dem Schuljahr 2019/2020“.

2        Mit Schreiben vom 20. Mai 2020 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.

3        Mit - in Rechtskraft erwachsenem - Bescheid vom 2. Juni 2020 genehmigte die belangte Behörde in der Folge das Organisationsstatut für die von der mitbeteiligten Partei geführte Privatschule „ab dem Schuljahr 2020/21“.

4        Mit weiterem Bescheid vom 4. Juni 2020 stellte die belangte Behörde das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG ein, weil mittels des Bescheides vom 2. Juni 2020 der „geforderte Bescheid“ erlassen worden sei.

5        1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 2. September 2020 gab das Bundesverwaltungsgericht einer gegen den Bescheid vom 4. Juni 2020 erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei statt und hob diesen auf, wobei es die Revision gegen diese Entscheidung nicht zuließ.

6        Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentlichste zusammengefasst - aus, die belangte Behörde habe mit dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid das Verfahren wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zu Unrecht eingestellt, weil sie mit dem nachgeholten Bescheid vom 2. Juni 2020 die Verwaltungsangelegenheit nicht zur Gänze erledigt habe.

7        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       3.1. Zur Darlegung der Zulässigkeit ihrer außerordentlichen Revision mit Blick auf Art. 133 Abs. 4 B-VG formuliert die belangte Behörde zunächst mehrere „strittige Rechtsfragen“, welche letztlich alle die Frage aufwerfen, ob die belangte Behörde mit Erlassung des Bescheides vom 2. Juni 2020 den Antrag der mitbeteiligten Partei zur Gänze erledigt habe.

11       Ausgehend von dem unstrittigen, oben (Rz 1 bis 4) dargestellten Verfahrensverlauf kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es von einer bloß unvollständigen Erledigung der durch den Antrag der mitbeteiligten Partei bestimmten Verwaltungsangelegenheit durch den Bescheid vom 2. Juni 2020 ausgegangen ist und deshalb der gegen den Einstellungsbescheid vom 4. Juni 2020 gerichteten Beschwerde der mitbeteiligten Partei stattgegeben hat (zur diesbezüglichen Rechtsschutzfunktion der bescheidmäßig auszusprechenden Einstellung vgl. VwGH 19.9.2017, Ro 2017/20/0001).

12       3.2. Im Weiteren vertritt die revisionswerbende belangte Behörde die Auffassung, das angefochtene Erkenntnis weiche von der hg. Rechtsprechung ab (Hinweis auf VwGH 17.2.1977, 2645/76).

13       Dabei lässt die belangte Behörde allerdings außer Acht, dass der dem hg. Beschluss 2645/76 (mit dem ein Säumnisbeschwerdeverfahren vor dem Gerichtshof eingestellt wurde) zugrunde liegende Antrag auf Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes für eine bestimmte Privatschule auf die „Dauer der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen“ gelautet hatte und somit - anders als der hier gegenständliche Antrag der mitbeteiligten Partei vom 12. April 2019 (vgl. oben Rz 1) - nicht auf einen bestimmten Zeitraum gerichtet gewesen war. Schon deshalb ist der genannte Beschluss mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

14       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

15       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100154.L00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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