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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AuslBG §24Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M M, vertreten durch die Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 25. Juni 2020, VGW-151/047/2061/2020-16, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, beantragte die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-weiß-Rot - Karte - selbständige Schlüsselkraft“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).
5 Der Landeshauptmann von Wien (Behörde) wies diesen Antrag - gestützt auf ein Gutachten des Arbeitsmarktservice Wien - mit Bescheid vom 3.1.2020 ab, weil der Revisionswerber nicht als selbständige Schlüsselkraft im Sinn des § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu qualifizieren sei.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte eine ordentlicher Revision für unzulässig.
Das VwG stellte zunächst fest, der Revisionswerber habe im Wege über seine Rechtsvertretung einen Betrag von € 100.000,-- an die S. Investments GmbH als „Investionskapital gem. 41(2)Z. 4 NAG“ überwiesen. Der Revisionswerber verfüge über 40 % der Geschäftsanteile der S. Investments GmbH, beziehe als deren Geschäftsführer ein Bruttomonatsgehalt von € 2.000,-- und erhalte eine Dienstwohnung. Die S. Investments GmbH verfüge über keine Gewerbeberechtigung sowie keine Büroräumlichkeiten und habe bisher keine Dienstnehmer angemeldet; der Firmensitz befinde sich an der Adresse des einschreitenden Rechtsvertreters.
Das Investitionskapital des Revisionswerbers sei von der S. Investments GmbH zur Gänze an die Autoputzmeister R.J. KG überwiesen worden. Die Autoputzmeister R.J. KG verfüge seit 2014 über eine Gewerbeberechtigung und betreibe Betriebsstätten in Wien und Salzburg. Für die Übernahme eines Standortes in Salzburg sei ein Betrag von € 36.000,-- von dem von der I. Investments GmbH stammenden Kapital verwendet worden. Ob und wie das restliche von der I. Investments GmbH stammende Kapital konkret aufgewendet worden sei, habe nicht festgestellt werden können. Im Verfahren habe sich nicht ergeben, dass der Revisionswerber selbst unternehmerische Entscheidungen getroffen habe bzw. künftig treffen werde; die I. Investments GmbH habe lediglich der Autoputzmeister R.J. KG Investitionskapital zur Verfügung gestellt. Inwiefern der Revisionswerber in die unternehmerischen Entscheidungen der Autoputzmeister R.J. KG eingebunden sei, habe er nicht dargelegt. Im Übrigen seien maßgebliche Teile des Kapitals der I. Investments GmbH für die Übernahme und Adaptierung eines bereits bestehenden Standortes aufgewendet worden. Der Kaufpreis für den Ankauf eines zuvor schon bestehenden Unternehmens stelle keinen Transfer von Investitionskapital im Sinn des § 24 AuslBG und somit keinen zusätzlichen Impuls für die Wirtschaft dar (Hinweis auf VwGH 9.11.2010, 2008/21/0316). Die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze sei auch nicht glaubhaft gemacht worden (Hinweis auf VwGH 20.12.2007, 2004/21/0327). Insgesamt stelle sich das Vorbringen des Revisionswerbers als unschlüssig bzw. unsubstantiiert dar, zumal kein neuer Standort eröffnet worden sei, sondern schon zuvor bestehende Standorte gegen Bezahlung einer Ablösesumme in Höhe von € 36,000,-- übernommen worden seien. Die bloße Sicherung von fünf bereits bestehenden Arbeitsplätzen in der KFZ-Reinigungsbranche in Salzburg könne nicht als zusätzlicher Impuls für die inländische Wirtschaft gewertet werden.
7 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es fehle hg. Rechtsprechung zu den Fragen, ob eine Beteiligung an einer österreichischen Gesellschaft, die in eine andere Gesellschaft investiere, die wiederum Betriebe aufbauen wolle, womit die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen verbunden sei, eine unternehmerische Tätigkeit darstelle, die einen zusätzlichen Impuls für die inländische Wirtschaft erwarten lasse; ob die Verwendung von Investitionskapital für die Anmietung eines Standortes, die Übernahme vorhandener Geräte, die Anschaffung weiterer Geräte und die Eröffnung weiterer Standorte einen Transfer von Investitionskapital im Sinn des § 24 Abs. 1 AuslBG darstelle und ob die Sicherung von fünf bestehenden und die Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen in der von Arbeitslosigkeit stark belasteten Stadt Salzburg tatsächlich keinen gesamtwirtschaftlichen Nutzen darstelle.
8 Rechtsfragen des Verfahrensrechtes kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. das Verwaltungsgericht die dazu vorgenommenen Beurteilungen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, wobei auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels, weshalb also im Falle eines mängelfreien Verfahrens von einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage auszugehen gewesen wäre, dargelegt werden muss (vgl. etwa VwGH 15.10.2020, Ra 2020/05/0178, Rn. 9, mwN).
9 Diesen Anforderungen wird die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. Die bloß allgemeine Behauptung, das VwG habe gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze verstoßen, zumal es die Feststellung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts unterlassen habe, ohne konkret auf das gegenständliche Verfahren einzugehen, stellt keine rechtmäßige Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar.
10 Das VwG beurteilte in seiner Beweiswürdigung das Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die Eröffnung weiterer Standorte und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze als nicht glaubhaft. In der Zulässigkeitsbegründung wird weder vorgebracht, inwiefern eine Änderung in der Eigentümerstruktur der Autoputzmeister R.J. KG einen zusätzlichen Impuls für die österreichische Wirtschaft erwarten lasse (vgl. etwa VwGH 29.1.2013, 2010/22/0082, mwN, betreffend die Zahlung eines Abtretungspreises für einen Geschäftsanteil) noch, dass die Arbeitsplätze der derzeit an den Standorten Wien und Salzburg beschäftigten (insgesamt sieben) Arbeitnehmer ohne die Investition der I. Investments GmbH gefährdet wären (vgl. etwa VwGH 20.12.2007, Ra 2004/21/0327).
Im Übrigen steht es auch mit der hg. Rechtsprechung im Einklang, dass die Beschäftigung einiger weniger Arbeitnehmer keinen gesamtwirtschaftlichen Nutzen einer Erwerbstätigkeit im Sinn des § 24 AuslBG begründet (vgl. VwGH 9.9.2020, Ra 2020/22/0170, Rn. 11, mwN).
11 Dem Revisionswerber gelingt es somit nicht, aufzuzeigen, dass die einzelfallbezogene Beurteilung, wonach die geplante Erwerbstätigkeit des Revisionswerbers keinen gesamtwirtschaftlichen Nutzen ergebe, nicht im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. nochmals VwGH Ra 2020/22/0170, Rn. 10).
12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. Dezember 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020220213.L00Im RIS seit
26.01.2021Zuletzt aktualisiert am
26.01.2021