TE Vwgh Erkenntnis 2020/12/14 Ra 2020/03/0111

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.12.2020
beobachten
merken

Index

L65006 Jagd Wild Steiermark
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
JagdG Stmk 1986 §50 Abs5
JagdG Stmk 1986 §77
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §29

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2021/03/0029 E 01.06.2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J F in W, vertreten durch die Herbst Kinsky Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 8. April 2020, Zl. LVwG 30.6-2372/2019-17, betreffend Übertretungen des Stmk JG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 30. August 2019 waren dem Revisionswerber drei Übertretungen des § 50 Abs. 5 Stmk JG angelastet worden, weil er an näher genannten Orten zu näher genannten Zeiten außerhalb von genehmigten Rehwildfütterungsanlagen eine unerlaubte Vorlage von Futtermitteln durchgeführt habe. Über ihn wurden deshalb gemäß § 77 Stmk JG drei Geldstrafen von jeweils 300.-- Euro (bzw. Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2        Mit dem angefochtenenErkenntnis des Verwaltungsgerichts wurde die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen, er zum Ersatz eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet und die ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - außerordentliche - Revision.

4        Die belangte Behörde hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        Die Zulässigkeitsbegründung der Revision macht u.a. geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche insofern von der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, als es nicht nach den vom Verwaltungsgerichtshof geforderten logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen, nämlich einer (im Indikativ gehaltenen) Tatsachenfeststellung, einer Beweiswürdigung und einer rechtlichen Beurteilung gegliedert sei. So habe es als „Feststellungen“ ein im Konjunktiv gehaltenes Beschwerdevorbringen und Zeugenaussagen wiedergegeben und zudem dislozierte Feststellungen getroffen. Durch diese Vermengung der zu trennenden Elemente fehle es an einem übersichtlichen und logisch nachvollziehbaren Aufbau und werde eine rechtsstaatliche Kontrolle unmöglich gemacht.

7        Die Revision ist aus dem geltend gemachten Grund (entgegen der im Wesentlichen nur den Gesetzeswortlaut wiedergebenden und damit unzureichenden Begründung des Zulässigkeitsausspruchs des Verwaltungsgerichts) zulässig. Sie ist auch begründet.

8        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 VwGVG den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach dieser Rechtsprechung bestehen die drei aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elemente einer ordnungsgemäß begründeten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung 1. in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. in der Beweiswürdigung, 3. in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund. Bei der Anwendung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften ist die besondere Stellung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen. Angesichts ihrer sich aus Art. 130 B-VG ergebenden Zuständigkeit werden die Verwaltungsgerichte ihrer Begründungspflicht nach § 29 VwGVG dann nicht gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung in den wesentlichen Punkten nicht aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 16.6.2020, Ro 2020/03/0001, mwN).

9        Diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht. Es enthält keinen getrennten Aufbau im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung. Vielmehr werden in den Entscheidungsgründen - nach einer zusammenfassenden Wiedergabe des Verfahrensgangs - unter der Überschrift „Feststellungen“ keine solchen getroffen, sondern bloß Vorbringen des Revisionswerbers und der vernommenen Zeugen ebenso wiedergegeben wie (daran anschließend) der Befund und das Gutachten des vom Verwaltungsgericht bestellten jagdfachlichen Sachverständigen. Daran knüpfen sich - unter der Überschrift „Beweiswürdigung“ bzw. „Rechtliche Beurteilung“ - mit (dislozierten) Feststellungen vermengte beweiswürdigende Überlegungen bzw. rechtliche Ausführungen sowie Überlegungen zur Strafbemessung.

10       Vor diesem Hintergrund rügt die Revision mit Recht, dass das angefochtene Erkenntnis nicht einmal klare Feststellungen dazu trifft, ob der Revisionswerber - der, was zu betonen ist, selbst nicht Jagdausübungsberechtigter ist - die ihm angelasteten unzulässigen Futtervorlagen durchgeführt und damit dem Schalenwild Futtermittel iSd § 50 Abs. 5 Stmk JG zugänglich gemacht habe.

11       Das angefochtene Erkenntnis wird somit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht gerecht, weil es keine eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Parteien ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts enthält. Das angefochtene Erkenntnis ist daher schon aus diesem Grund mit einem relevanten Verfahrensmangel belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

12       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 14. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030111.L00

Im RIS seit

19.07.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten