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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §311 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. Jänner 1996, Zl. GA 8 - 1970/95, betreffend Mietzinsbeihilfe, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles kann auf die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tage, 94/13/0116, 0117, 95/13/0025, auf den Beschluß vom heutigen Tage, 96/13/0183, und auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 95/13/0121, verwiesen werden, welche Entscheidungen allesamt gegenüber dem Beschwerdeführer auch des vorliegenden Beschwerdefalles ergangen sind. Streitpunkt des mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 94/13/0116, 0117, entschiedenen Beschwerdefalles war in bezug auf die Absprüche der dort angefochtenen Bescheide über Umsatz- und Einkommensteuer des Beschwerdeführers für die Jahre 1985 bis 1988 vornehmlich die Frage, ob Umsätze und Einkünfte aus einer Art rechtsgutachterlicher Tätigkeit dem Beschwerdeführer persönlich zuzurechnen seien (Standpunkt der belangten Behörde) oder einer vom Beschwerdeführer als Zurechnungssubjekt genannten Körperschaft, in welchem Falle der Beschwerdeführer zur Einkommensteuer nicht zu veranlagen und Umsatzsteuer ihm gegenüber nicht festzusetzen wäre (Standpunkt des Beschwerdeführers). Dieselbe Frage allerdings in bezug auf andere vom Beschwerdeführer als Zurechnungssubjekte der Umsätze und Einkünfte bezeichneten Körperschaften bildete den ausschließlichen Streitpunkt des im hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, 95/13/0025, entschiedenen Beschwerdefalles, in welchem der Beschwerdeführer die im Devolutionswege ergangenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1991 und 1992 angefochten hatte. Den Gegenstand des mit dem Beschluß vom heutigen Tage, 96/13/0183, beendeten Beschwerdeverfahrens bildete die vom Beschwerdeführer angefochtene Zurückweisung seines Antrages auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde zur Erlassung der auf Grund der vom Finanzamt von ihm abgeforderten Abgabenerklärungen zu erlassenden Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1994. Mit dem hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 95/13/0121, schließlich hat der Gerichtshof die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 1995 erledigt, mit welchem ein Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Mietzinsbeihilfe im Devolutionswege mit der Begründung abgewiesen worden war, daß der Beschwerdeführer in den drei letztveranlagten Kalenderjahren ein durchschnittliches jährliches Einkommen erzielt habe, welches die für ihn maßgebliche Einkommensgrenze im Sinne des § 107 Abs. 6 EStG 1988 erheblich überschritten habe. Der Beschwerdeführer hatte dieser behördlichen Beurteilung entgegengesetzt, daß jene Einkommensteuerbescheide, auf welche die belangte Behörde sich stütze, zufolge der in diesen Bescheiden vorgenommenen Einkünftezurechnung und Schätzung gesetzwidrig seien. Mit seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 95/13/0121, hat der Gerichtshof diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt, daß die belangte Behörde in ihrer Entscheidung über den vom Beschwerdeführer nach § 107 Abs. 1 EStG 1988 gestellten Antrag gemäß § 107 Abs. 8 leg. cit. vom Ergebnis der erfolgten Veranlagungen auszugehen hatte, während die behauptete Gesetzwidrigkeit dieser Veranlagungen der Prüfung der Einkommensteuerbescheide vorbehalten bleiben muß.
Dem nunmehr vorliegenden Beschwerdefall liegt ein beim Finanzamt am 18. Jänner 1995 eingelangter Antrag des Beschwerdeführers zugrunde, mit dem dieser die Gewährung von Mietzinsbeihilfe in Höhe von S 2.107,-- monatlich ab dem 1. Dezember 1994 begehrte. In der Begründung dieses Antrages verwies der Beschwerdeführer auf seinen mit Schriftsatz vom 25. Mai 1994 gestellten Antrag auf Gewährung von Mietzinsbeihilfe ab dem 1. Juli 1994 in Höhe von monatlich S 1.824,-- wegen des ihm vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages nach § 45 MRG. Die zwischenzeitig erfolgte Anhebung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ab dem 1. Dezember 1994 rechtfertige ab diesem Zeitraum die Gewährung von Mietzinsbeihilfe in der nunmehr beantragten Höhe. In seinen Einkommensverhältnissen habe sich seit dem Mietzinsbeihilfenantrag vom 25. Mai 1994 nichts geändert, was sich aus der beigelegten Mitteilung des Arbeitsamtes über den Bezug von Notstandshilfe durch den Beschwerdeführer ergebe. Daß die Einkünfte jener Vereine, bei denen der Beschwerdeführer Mitglied bzw. Obmann sei, nicht ihm persönlich als Einkommen zugerechnet werden dürften, habe der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung vom 29. Dezember 1994 gegen den in dieser Hinsicht gesetzwidrig-willkürlichen Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 1993 klargestellt. Auf diese bis dato unerledigte Berufung werde ausdrücklich verwiesen.
Mit einem bei der belangten Behörde am 30. Oktober 1995 eingelangten Anbringen begehrte der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 311 Abs. 2 BAO den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangten Antrag auf Gewährung der Mietzinsbeihilfe an die belangte Behörde. Eine Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1994 habe nicht stattgefunden, die Einkünfte des Beschwerdeführers im Jahre 1994 gingen aus seinem Mietzinsbehilfenantrag samt Beilage hervor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde "aufgrund des Devolutionsantrages vom 30. Oktober 1995" den am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangten Antrag des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß gemäß § 107 Abs. 8 EStG 1988 als Einkommen bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen das durchschnittliche Einkommen nach § 2 Abs. 2 leg. cit. der drei letztveranlagten Kalenderjahre gelte. Die belangte Behörde habe das Einkommen des Beschwerdeführers für die Jahre 1991 und 1992 im Wege der Einkommensteuerbescheide vom 11. Jänner 1995 in einer Höhe festgesetzt, aus welcher sich ein durchschnittliches jährliches Einkommen "in den drei letztveranlagten Kalenderjahren" ergebe, mit welchem die für den Beschwerdeführer maßgebliche Einkommensgrenze im Sinne des § 107 Abs. 6 EStG 1988 auch unter Einbeziehung des mitwohnenden Angehörigen erheblich überschritten würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht darauf als verletzt zu erachten, daß bei der Beurteilung der Berechtigung des Anspruches auf Mietzinsbeihilfe mangels Veranlagung zur Einkommensteuer im Jahre 1994 das Einkommen dieses Jahres als des letztvorangegangenen Kalenderjahres herangezogen werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 107 Abs. 1 EStG 1988 werden auf Antrag des unbeschränkt steuerpflichtigen Hauptmieters Erhöhungen des Hauptmietzinses als außergewöhnliche Belastung (§ 34) berücksichtigt, wenn sie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Als Erhöhungen des Hauptmietzinses gelten nach § 107 Abs. 3 lit. b dritter Teilstrich EStG 1988 auch auf Grund eines vom Vermieter eingehobenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages nach § 45 Mietrechtsgesetz oder § 14d Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz erfolgte Erhöhungen auf mehr als 4,50 S je Quadratmeter der Nutzfläche der Wohnung. Nach § 107 Abs. 6 EStG 1988 liegt eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Abs. 1) vor, wenn das Einkommen des Hauptmieters und der in Abs. 7 genannten Personen insgesamt den Betrag von jährlich S 100.000,-- nicht übersteigt, wobei eine Erhöhung dieser Einkommensgrenze für die in Abs. 7 genannten Personen normiert wird. Als Einkommen gilt nach § 107 Abs. 8 Z. 1 EStG 1988 bei zur Einkommensteuer veranlagten Personen das durchschnittliche Einkommen nach § 2 Abs. 2 der drei letztveranlagten Kalenderjahre, vermehrt um den Durchschnitt der steuerfreien Einkünfte und der abgezogenen Beträge nach näher genannten Gesetzesstellen, nach § 107 Abs. 8 Z. 2 leg. cit. hingegen bei nicht zur Einkommensteuer veranlagten Personen das Einkommen nach § 2 Abs. 2 des letztvorangegangenen Kalenderjahres, vermehrt um die steuerfreien Einkünfte und um die abgezogenen Beträge nach näher genannten Gesetzesstellen.
Gemäß § 311 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Werden Bescheide der Abgabenbehörden erster Instanz der Partei nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen bekanntgegeben (§ 97), so geht nach § 311 Abs. 2 BAO auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Ein solches Verlangen ist nach § 311 Abs. 4 BAO unmittelbar bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen und dann abzuweisen, wenn die Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist.
Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall den am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangten Antrag des Beschwerdeführers im Devolutionswege durch Abweisung dieses Antrages meritorisch erledigt und mit dieser Entscheidung das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 311 Abs. 2 BAO für den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an sie bejaht. Diese dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende rechtliche Beurteilung der belangten Behörde erweist sich jedoch deswegen als verfehlt, weil zum Zeitpunkt des Einlangens des Devolutionsantrages des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde am 30. Oktober 1995 die vom Beschwerdeführer mit diesem Anbringen geltend gemachte Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Abgabenbehörde erster Instanz nicht mehr vorlag. Diese Entscheidungspflicht war nämlich schon durch den im Devolutionswege erlassenen, im Beschwerdeverfahren zu 95/13/0121 angefochtenen Bescheid vom 21. April 1995 durch die belangte Behörde erfüllt worden. Mit diesem Bescheid war jener Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Mietzinsbeihilfe ab dem 1. Juli 1994, auf den der Beschwerdeführer sich in seinem beim Finanzamt am 18. Jänner 1995 eingelangten Anbringen bezogen hatte, durch Abweisung aus dem Grunde des Überschreitens der maßgeblichen Einkommensgrenze im Sinne des § 107 Abs. 6 EStG 1988 durch den Beschwerdeführer meritorisch erledigt worden. Dieser Abspruch aber erfaßte auch das am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangte Anbringen des Beschwerdeführers, mit welchem er Gewährung der Mietzinsbeihilfe ab dem 1. Dezember 1994 in einem höheren Betrag, als bisher begehrt, beantragt hatte. Dieser vom Beschwerdeführer gestellte Antrag war zufolge der von ihm geltend gemachten Erhöhung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ab dem 1. Dezember 1994 zulässig. Es wurde mit diesem Anbringen aber kein neues Verfahren eingeleitet, sondern der bereits im Jahre 1994 gestellte Antrag für den Zeitraum ab dem 1. Dezember 1994 auf unveränderter Basis der Antragsbehauptung der Maßgeblichkeit einer Einkommensbeurteilung nach § 107 Abs. 8 Z. 2 EStG 1988 nur hinsichtlich des geforderten Betrages modifiziert. Gegenstand der Verwaltungsangelegenheit, in welcher die Abgabenbehörde eine Entscheidungspflicht traf, war damit der im Jahre 1994 gestellte und mit dem am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangten Anbringen für Zeiträume ab dem 1. Dezember 1994 der Höhe nach modifizierte Antrag auf Gewährung von Mietzinsbeihilfe. Der im Devolutionswege ergangene Abspruch der belangten Behörde vom 21. April 1995, mit welchem dieser Antrag zufolge Überschreitens der Einkommensgrenze im Sinne des § 107 Abs. 6 EStG 1988 durch den Beschwerdeführer dem Grunde nach abgewiesen worden war, hatte die anhängig gemachte Verwaltungsangelegenheit auch im Umfang der Modifizierung des Antrages durch das am 18. Jänner 1995 beim Finanzamt eingelangte Anbringen abschließend erledigt. Zum Zeitpunkt des Einlangens des auf das Modifizierungsanbringen abzielenden Devolutionsantrages des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde am 30. Oktober 1995 war die abgabenbehördliche Entscheidungspflicht in der betroffenen Verwaltungsangelegenheit damit bereits erfüllt, wie sich vom Zeitablauf her schon durch das Datum des im Beschwerdeverfahren zu 95/13/0121 angefochtenen Bescheides und des darüber ergangenen Erkenntnisses vom 30. Mai 1995 ergibt.
Es hätte die belangte Behörde den bei ihr am 30. Oktober 1995 eingelangten Devolutionsantrag damit richtigerweise zurückweisen müssen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Tz 33 zu § 311 BAO). Daß die belangte Behörde dies verkannt und in inhaltlicher Stattgebung des Devolutionsantrages den Sachantrag des Beschwerdeführers abgewiesen hat, anstatt den Devolutionsantrag zurückzuweisen, konnte nach Lage des Beschwerdefalles eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers denkmöglich nicht bewirken.
Es war die Beschwerde aus dem Grunde einer fehlenden Rechtsverletzungsmöglichkeit mangels Berechtigung des Beschwerdeführers zu ihrer Erhebung demnach gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996130011.X00Im RIS seit
20.11.2000