TE Vwgh Beschluss 2020/12/11 Ra 2019/04/0007

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Veröffentlicht am 11.12.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §87 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision des B V in G, vertreten durch Dr. Stephan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in 1220 Wien, St. Wendelin-Platz 6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 8. November 2018, Zl. VGW-101/020/11108/2018-11, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. August 2018 wurde dem Revisionswerber gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart „Kaffeerestaurant“ an einem näher bezeichneten Standort entzogen.

2        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Entziehung beruhe auf der festgestellten Verurteilung des Revisionswerbers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, mit welchem dieser schuldig erkannt worden sei, in der Zeit von 7. März 2017 bis 16. März 2018 an bestimmten Orten eine namentlich genannte Person in einer Weise, die geeignet gewesen sei, deren Lebensweise unzumutbar zu beeinträchtigen, beharrlich verfolgt zu haben (vgl. § 107a StGB), weswegen über ihn eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen - verhängt worden sei. Der Revisionswerber habe das inkriminierte Verhalten noch nach Beginn der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien fortgesetzt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe der Revisionswerberin darauf hingewiesen, dass er in dem von ihm betriebenen Lokal keinen direkten Kundenkontakt habe und zudem der inkriminierte Kontakt nur durch Telekommunikationseinrichtungen erfolgt sei.

4        Grundsätzlich biete das ausgeübte Gewerbe die Gelegenheit zu Kontakt mit Gästen und somit die Möglichkeit zur Begehung weiterer Straftaten. Die Dauer der Straftat von einem Jahr, die Hartnäckigkeit der Begehung, das Fortsetzen der Straftat nach Einleitung des Strafverfahrens in Kenntnis der gerichtlichen Verfolgung, was zu einer Ausweitung des Strafantrages führte, aber auch die Verantwortung des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung gäbe kein Persönlichkeitsbild wider, das erwarten lasse, dass die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht mehr bestehe. Im Zusammenhang mit der Prognoseentscheidung sei zu beachten, dass der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung nicht zu erkennen gegeben habe, dass er die Verwerflichkeit seines Tuns ernsthaft erkannt habe. Es seien keine besonderen Gründe hervorgekommen, die erwarten ließen, eine bloß befristete Entziehung würde ausreichen, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbetreibenden zu sichern. Aus diesen Gründen seien die Voraussetzungen für die Entziehung trotz der günstigen Prognose des Strafgerichtes im Rahmen der bedingten Strafnachsicht gegeben.

5        3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision.

6        Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zurück- bzw. Abweisung der Revision.

7        4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die Revision führt zur Begründung der Zulässigkeit ins Treffen, die angefochtene Entscheidung weiche von der Rechtsprechung ab, wonach die Überlegungen des Strafgerichts bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht nicht schematisch außer Betracht bleiben könnten. Es bedürfe im Gegenteil einer näheren Erörterung weshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung trotz der günstigen Prognose des Strafgerichtes vorliegen würden. Das Verwaltungsgericht habe keine Prognose durchgeführt.

11       Dem ist zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht ausgehend von den getroffenen Feststellungen eine rechtliche Beurteilung vorgenommen und in diesem Rahmen auch die Frage beantwortet hat, weshalb es trotz der bedingten Strafnachsicht davon ausgehe, dass die Voraussetzungen für die Entziehung vorlägen und dies auf die Einvernahme des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestützt. Der von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung vorgebrachte Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

12       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040007.L00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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