Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über den Antrag der S in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Ergänzung der zur hg. Zl. 96/20/0439 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1995, Zl. 4.343.673/12-III/13/95, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben.
Begründung
Die 1975 geborene Beschwerdeführerin - eine Staatsangehörige des Irak, die 1993 in das Bundesgebiet einreiste - wurde nach ihren Angaben im Asylverfahren 1990 wegen des Diebstahls dreier Akten für ein Mitglied der assyrischen Partei nach Verhören und Mißhandlungen zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt und 1991 von Schiiten aus dem Gefängnis befreit. Mit dem Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1995 wurde ihre Berufung gegen die Abweisung ihres Asylantrages im wesentlichen deshalb abgewiesen, weil "Staatsverrat" und "Diebstahl von Geheimakten" allgemein kriminelle Handlungen seien, die auch in klassisch demokratischen Rechtsstaaten mit Strafe bedroht seien.
Die Behandlung der dagegen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde lehnte dieser mit Beschluß vom 7. März 1996, B 111/96-5, ab. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 1996 wurde der durch Dr. P. anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin aufgetragen, die vom Verfassungsgerichtshof über nachträglichen Antrag an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene, zur Zl. 96/20/0439 protokollierte Beschwerde für das Verfahren vor diesem Gericht in bestimmter Weise zu ergänzen.
Während des Laufes der dafür gesetzten Frist von vier Wochen beantragte Dr. P. namens der Beschwerdeführerin die Gewährung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang. Am 17. Oktober 1996 wurde Rechtsanwalt Dr. H. der Beschluß über seine Bestellung zum Verfahrenshelfer zugestellt. Da eine Beschwerdeergänzung nicht einlangte, wurde das Verfahren mit Beschluß vom 20. März 1997 eingestellt. Dieser Beschluß wurde nicht wie verfügt an Dr. H., sondern an Dr. P. (der auch fälschlich als Beschwerdevertreter in der Ausfertigung genannte wurde) zugestellt.
Mit dem vorliegenden, am 25. Juni 1997 zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag macht Dr. H. namens der Beschwerdeführerin geltend, er habe durch ein am 11. Juni 1997 bei ihm eingelangtes Schreiben von Dr. P. von der Einstellung erfahren, wobei ihm bei dieser Gelegenheit erstmals zur Kenntnis gebracht worden sei, daß er nicht zur Erhebung einer Beschwerde, sondern für die mit Beschluß vom 16. Juli 1996 aufgetragene Mängelbehebung zum Verfahrenshelfer bestellt worden sei. Bei seiner Kontaktaufnahme mit Dr. P. nach der Zustellung des Bestellungsbescheides und im Zuge der Übermittlung von Unterlagen für die - wie Dr. H. gemeint habe - Verfassung einer Beschwerde sei ihm dies aufgrund im Antrag näher beschriebener Kommunikationsmängel nicht bewußt geworden.
Die am 28. November 1996 von ihm eingebrachte, zur
hg. Zl. 96/20/0862 protokollierte Beschwerde sei wegen Verbrauchs des Beschwerderechts zurückgewiesen worden. Zum Mißverständnis habe auch beigetragen, daß die Ausfertigung des Beschlusses über die Bewilligung der Verfahrenshilfe die Belehrung enthalten habe, daß mit der Zustellung des Bestellungsbescheides an den Verfahrenshelfer "die Frist zur Erhebung der Beschwerde" beginne.
Aufgrund dieses durch dem Antrag beigefügte Unterlagen und den Akteninhalt bescheinigten Vorbringens erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles und unter gleichzeitiger Verwerfung anderer Erklärungsmöglichkeiten als richtig, die Versäumung der Frist für die mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachgeholte Beschwerdeergänzung auf eine Verkettung von Umständen zurückzuführen, durch die die beteiligten Vertreter der Beschwerdeführerin nicht mit einem einen minderen Grad des Versehens übersteigenden Verschulden belastet werden.
Gemäß § 46 VwGG war dem Wiedereinsetzungsantrag daher stattzugeben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997200369.X00Im RIS seit
20.11.2000