TE OGH 2020/11/25 9Ob57/20b

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Veröffentlicht am 25.11.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, *****, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 36.000 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Juli 2020, GZ 1 R 147/19y-15, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. Juli 2019, GZ 43 Cg 53/18v-11, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 5.058,80 EUR (darin 2.861 EUR Barauslagen, 366,30 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist eine Verbraucherorganisation iSd § 29 KSchG. Die in Österreich ansässige Beklagte ist eine Bank mit dem Schwerpunkt Konsumfinanzierung. Sie hat über 490.000 Kundenverträge und rund 2.600 Partner im Waren- und KFZ-Handel. Sie hat im Jahr 2018 Barkredite (exemplarisch) mit Sollzinssätzen von 8,3 bis 12,49 % und einem effektiven Jahreszinssatz von 9,06 bis 13,69 % abgeschlossen. Sie bietet Kredite auch im Fernabsatz an. Ihre Homepage weist folgendes Startbild auf:

Die Fußnote 1) hinter dem Wort Monatsrate lautet also:

1) Sollzinssatz bonitätsabhängig ab 2,99 % p.a. (Sonderkondition gültig für Neukunden bei Onlineantrag); Repräsentatives Berechnungsbeispiel: 2,99 % p.a. Sollzinssatz, 3,07 % Effektivzinssatz, € 0,00,- Erhebungsgebühr, € 0,00,- Lohnvormerkgebühr, 0,00 % Bearbeitungsgebühr, € 0,00,- monatliche Kontoführungsgebühr (bei Einziehungsauftrag), Laufzeit: 60 Monate, monatliche Rate: € 143,84, Gesamtkreditbetrag: € 8.000,00, zu zahlender Gesamtbetrag: € 8.630,40. Angebot gültig bis 30. 09. 2018. Erfüllung banküblicher Bonitätskriterien vorausgesetzt. Produktangaben: Laufzeit 24–120 Monate.

Die Größe und Lesbarkeit der Website ist jeweils auf die Darstellung typischer Monitore zugeschnitten.

Kunden haben in der Folge die Möglichkeit, auf der Website in einem mehrstufigen Verfahren unter Angabe von generellen Daten sowie Budgetangaben und persönlichen Angaben einen Kreditantrag bis zu 65.000 EUR abzugeben. Die Konditionen sind dabei jeweils bonitätsabhängig.

Die Beklagte hat im Jahr 2018 auch Kreditverträge zu den genannten Konditionen abgeschlossen. Es konnte nicht festgestellt werden, wie viele Kredite die Beklagte aufgrund ihres Online-Angebots tatsächlich mit einem Sollzinssatz von 2,99 % und einem Effektivzinssatz von 3,07 %, also zu den Niedrigstzinssätzen aus der Beispielrechnung in ihrer Werbung, abgeschlossen hat.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, den Abschluss von Verbraucherkrediten im Sinne des VKrG unter Hinweis auf eine bestimmte monatliche Rate oder sonstige auf die Kosten des Verbraucherkreditvertrags bezogene Zahlen zu bewerben,

a. ohne dass die Werbung klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels sämtliche nach § 5 VKrG vorgeschriebenen Standardinformationen enthält, insbesondere, wenn die in § 5 VKrG angeführten Standardinformationen gegenüber dem sonstigen Text und speziell gegenüber der angegebenen Rate oder gegenüber den sonstigen auf die Kosten des Verbraucherkreditvertrags bezogenen Zahlen optisch in den Hintergrund treten, etwa weil sie in einer kleineren Schriftgröße oder schlechter lesbaren Schriftart oder -farbe dargestellt werden, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden;

b. ohne ein repräsentatives Beispiel iSd § 5 VKrG anzuführen, insbesondere weil das in der Werbung der Beklagten angeführte Berechnungsbeispiel anhand des niedrigst möglichen Zinssatzes berechnet wird, ohne dass dabei die Häufigkeit der Vertragsabschlüsse berücksichtigt wird, oder sinngleiche Praktiken anzuwenden.

Weiter begehrt sie die Erteilung der Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils des Urteilsspruchs in der Samstagsausgabe einer bestimmten Tageszeitung.

Sie bringt vor, die Werbung erfülle die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 VKrG („klar, prägnant und auffallend“) nicht. Das Erfordernis der „Auffälligkeit“ bedeute, dass die Informationen an optisch hervorgehobener Stelle stehen müssten und zu den sonstigen Aussagen des Werbetextes nicht in den Hintergrund treten dürften. Der verständige, durchschnittlich informierte und aufmerksame Durchschnittsverbraucher müsse in die Lage versetzt werden, die erteilten Informationen zu identifizieren und deren Bedeutung richtig einzuordnen. Die Schriftgröße, das Schriftbild und der Kontrast zwischen Buchstaben und Hintergrund seien zu beachten. Sämtliche Zahlenangaben sollten in derselben Art und Weise dargestellt werden. Daraus sei zu schließen, dass die Standardinformationen in jener Schriftart und -größe zu halten seien, in welcher die Kreditkosten angeführt werden, um jegliche Irreführung des Verbrauchers zu vermeiden. Dies sei auf der Website der Beklagten nicht der Fall. Auch die Angabe eines „ab-Zinssatzes“ entspreche nicht diesen Vorgaben. Ein Interessent könne nicht realistisch einschätzen, mit welchem Zinssatz nun zu rechnen sei.

Auch sei das Berechnungsbeispiel im Kreditrechner kein „repräsentatives Beispiel“ iSd § 5 VKrG. Der Sollzinssatz und der effektive Jahreszinssatz seien bei den von der Beklagten gewährten Krediten deutlich höher als im Kreditrechner angeführt, wofür sechs Verbraucherkreditverträge exemplarisch vorgelegt würden, in denen der Sollzinssatz jeweils mindestens über 8,3 % und der Effektivzinssatz jeweils mindestens über 9 % betrage. Für ein „repräsentatives Beispiel“ sei vom überwiegend gewährten Zinssatz auszugehen. Repräsentativ sei ein Beispiel jedenfalls erst dann, wenn zumindest die Mehrheit der Verträge zu einem solchen effektiven Zinssatz abgeschlossen werde. Die Werbung mit einem vollkommen unrealistischen Zinssatz (dh einem Zinssatz, bei dem der Werbende ausgehen müsse, dass er ihn nicht gewähren werde) würde die nach der Verbraucherkredit-Richtlinie und dem VKrG angestrebte Vergleichbarkeit ad absurdum führen. Die systematischen Verstöße der Beklagten ließen Wiederholungsgefahr vermuten.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, „auffallend“ bedeute, dass die Informationen relativ zu den sonstigen Aussagen des Werbetextes nicht in den Hintergrund treten dürften. Der verständige, durchschnittlich informierte und aufmerksame Durchschnittsverbraucher müsse in der Lage sein, die erteilten Informationen zu identifizieren und deren Bedeutung richtig einzuordnen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Die optische Ausgestaltung des Berechnungsbeispiels sei „auffallend“ genug iSd § 5 Abs 1 VKrG, weil die Schriftgröße ausreichend groß abgedruckt sei, die Fußnote mit hellgrauer Farbe auf schwarzem Hintergrund gut leserlich sei, alle Informationen in der Fußnote in derselben Schriftgröße abgedruckt seien, es nicht erforderlich sei, über einen Link an die notwendigen Informationen zu gelangen und sich der erklärende Text im selben Feld wie der Kreditrechner und somit unmittelbar bei der Kreditrate befinde und somit jedermann ins Auge falle. Dass alle Zahlenangaben in derselben Schriftgröße abgedruckt werden müssten, ergebe sich weder aus der Richtlinie 2008/48/EG noch aus § 5 VKrG oder aus der Rechtsprechung. Nach überwiegender Lehre könne den Anforderungen des § 5 VKrG auch durch Informationsangaben im Kleindruck entsprochen werden, sofern der durchschnittliche Verbraucher die realistische Möglichkeit habe, diese zur Kenntnis zu nehmen. Der Kleindruck sei auch gängige Praxis, sodass bereits ein flüchtiger, jedenfalls aber der an einer Kreditaufnahme interessierte Verbraucher derartige Hinweise wahr- und zur Kenntnis nehme. Die unterschiedliche Druckgröße sei der Wahrnehmung und damit dem Verständnis des durchschnittlichen Lesers förderlich. Eine Darstellung aller Informationen in derselben Schriftgröße würde die Wahrnehmung aller Standardinformationen erschweren, weil ein Textblock in derselben Schriftgröße langweilig und daher abschreckend wirke. Sei er unterschiedlich gegliedert und in verschiedenen Schriftgrößen gehalten, wirke er interessanter, was den Zugang zum Inhalt erleichtere. Die Hervorhebung der Schlüsselteile Kreditbetrag, Laufzeit und monatliche Rate unterstütze die „klare, prägnante und auffallende Wiedergabe“ der gesamten Standardinformationen.

Zur Auswahl eines repräsentativen Beispiels brachte die Beklagte vor, dass ein Rechenbeispiel bereits dann repräsentativ sei, wenn Verträge grundsätzlich mit dem angebotenen Zinssatz abgeschlossen werden könnten. Dem angesprochenen Verbraucher sei mit der Angabe eines „ab-Zinssatzes“ außerdem klar, dass er einen Kreditvertrag bestenfalls zu diesen Konditionen erhalte, aber damit rechnen müsse, mehr zu bezahlen. Er erwarte nicht, dass dies der durchschnittlich angebotene und zum Tragen kommende Zinssatz sei. Aus dem Berechnungsbeispiel gehe auch klar hervor, dass der tatsächliche Zinssatz bonitätsabhängig sei. Die Verwendung von „ab-Preisen“ sei auch nicht irreführend iSd § 2 UWG. Sofern die Bekanntgabe des Preises vernünftigerweise nicht im Voraus möglich sei, habe der Werbende über die Art seiner Preisberechnung zu informieren. Die an das „repräsentative Beispiel“ iSd § 5 VKrG gestellten Bedingungen dürften nicht überspannt werden. Eine genauer auf die jeweilige Situation des Verbrauchers zugeschnittene Information sei in der Werbung (noch) nicht nötig. Die Verpflichtung, die Informationen nach § 5 VKrG „anhand eines repräsentativen Beispiels“ zu erläutern, sei dahingehend zu verstehen, dass der Durchschnittsverbraucher kaum in der Lage sei, die verwendeten Fachbegriffe (zB Gesamtkreditbetrag, Gesamtbetrag, Gesamtkosten, effektiver Jahreszins) usw zu verstehen, sofern ihm nicht die Bedeutung der einzelnen Begriffe veranschaulicht werde. Diesem Zweck würden die Angaben entsprechen. Die von der Klägerin vorgelegten Kreditverträge seien zudem nicht relevant, weil sie nicht im Fernabsatz und nicht mit Neukunden abgeschlossen worden seien. Das auf der Website angeführte Beispiel beziehe sich ausschließlich auf Onlineanträge von Neukunden.

Das Erstgericht folgte der Rechtsansicht der Klägerin und gab dem Klagebegehren statt. Bei einer Gesamtbetrachtung könne hier nicht von einer ausreichend auffälligen Darstellung iSd § 5 Abs 1 VKrG gesprochen werden. Ob ein Beispiel als repräsentativ angesehen werden könne, erfordere eine nachvollziehbare Prognose des Kreditgebers zum Zeitpunkt der Durchführung der Werbemaßnahme. Wie viel Prozent der abgeschlossenen Kreditverträge zum beworbenen und zu einem darüber liegenden Zinssatz tatsächlich erfolgt seien, sei für den Kläger nicht beweisbar. Dahingehende Informationen könne lediglich die Beklagte zur Verfügung stellen. Es sei eine Umkehr der Beweislast anzunehmen, der die Beklagte nicht nachgekommen sei. Wiederholungsgefahr liege vor.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nur in Bezug auf die Leistungsfrist Folge und bestätigte das Ersturteil unter Ergänzung einer einmonatigen Leistungsfrist. Die Werbung der Beklagten genüge den Anforderungen des § 5 VKrG nicht. Im Vergleich zur besonders hervorgehobenen Angabe der Monatsrate (groß und fett) würden die in der Fußnote enthaltenen Informationen ungebührlich in den Hintergrund treten (klein und blass). Die Verwendung einer Fußnote verschaffe den darin enthaltenen Informationen typischerweise einen bloß an- oder bemerkenden Charakter mit naturgemäß geringerer Relevanz als dem Fließtext. Es bestehe die Gefahr, dass ein Verbraucher die angeführte Monatsrate wahrnehme und zur Grundlage einer Entscheidung mache, aber dem Kleingedruckten weniger Beachtung schenke. Damit seien die in der Fußnote enthaltenen Informationen nicht iSd § 5 Abs 1 VKrG „auffallend“ platziert. Die unterschiedliche Schriftgröße sei der Wahrnehmung nicht förderlich.

Auch müsse ein Beispiel gewählt werden, von dem erwartet werden dürfe, dass der Unternehmer den überwiegenden Teil der aufgrund der Werbung zustande kommenden Verträge so abschließen werde, sodass der Häufigkeit des Abschlusses solcher Verträge Relevanz zukomme. Der Frage der Beweislastverschiebung müsse nicht nachgegangen werden, weil es sich im Rechenbeispiel, wie von der Beklagten erwidert, um einen „ab-Zinssatz“ handle, somit nicht um den durchschnittlich angebotenen/zum Tragen kommenden Zinssatz, sodass dem angesprochenen Verbraucher klar sei, dass er einen Kreditvertrag bestenfalls zu diesen Konditionen erhalte, aber damit rechnen müsse, mehr zu bezahlen. In der Folge habe sich die Beklagte darauf berufen, keine Angaben darüber zu machen, zu welchen Prozentsätzen die Mehrheit der Kunden Kreditverträge abschließe, weil es sich um ein Geschäftsgeheimnis handle. Damit habe sie zugestanden, dass es sich nicht um den durchschnittlich angebotenen bzw zum Tragen kommenden Zinssatz handle und der Verbraucher damit rechnen müsse, mehr zu zahlen. Sie habe daher kein Beispiel gewählt, von dem sie angenommen habe oder annehmen habe können, dass sie den überwiegenden Teil der aufgrund der Werbung zustande kommenden Verträge so abschließen werde.

Der Urteilsspruch sei auch nicht deshalb, weil er sich nicht nur auf den Kreditrechner der Beklagten auf ihrer Website beziehe, überschießend. Die Maßnahmen könnten von der Beklagten binnen eines Monats umgesetzt werden.

Die ordentliche Revision sei mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Vorgaben des § 5 VKrG in Bezug auf Informationen im Kleingedruckten und auf das repräsentative Beispiel zulässig.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung; in eventu, ihre Unterlassungspflicht im Urteilsspruch gemäß Pkt II.4.5. der Revision einzuschränken. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Zwischen den Streitteilen ist unstrittig, dass es sich bei dem auf ihrer Website verwendeten Kreditrechner um Werbung iSd § 5 Verbraucherkreditgesetz (VKrG) handelt.

2. Die Beklagte steht auch in der Revision auf dem Standpunkt, dass die optische Gestaltung des Kreditrechners den Vorgaben des § 5 VKrG entspreche.

§ 5 Abs 1 VKrG lautet:

Werbung

§ 5. (1) Werden in einer Werbung für Kreditverträge Zinssätze oder sonstige, auf die Kosten eines Kredits für den Verbraucher bezogene Zahlen genannt, so muss die Werbung klar, prägnant und auffallend anhand eines repräsentativen Beispiels folgende Standardinformationen enthalten:

1. den festen oder variablen Sollzinssatz oder den festen und den variablen Sollzinssatz, zusammen mit Einzelheiten aller für den Verbraucher anfallenden, in die Gesamtkosten des Kredits einbezogenen Kosten, im Fall einer Kombination von festem und variablem Sollzinssatz die Geltungsdauer des festen Sollzinssatzes,

2. den Gesamtkreditbetrag,

3. den effektiven Jahreszins,

4. gegebenenfalls die Laufzeit des Kreditvertrags und

5. gegebenenfalls den vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrag sowie den Betrag der Teilzahlungen.

Mit dieser Bestimmung wird Art 4 Abs 1 und 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG (idF: RL) umgesetzt. ErwGr 18 der RL hält dazu fest, dass besondere Bestimmungen für die Werbung für Kreditverträge und über bestimmte Standardinformationen vorzusehen sind, die die Verbraucher erhalten sollten, damit sie insbesondere verschiedene Angebote miteinander vergleichen können. Diese Informationen sollten „in klarer, prägnant gefasster Form an optisch hervorgehobener Stelle durch ein repräsentatives Beispiel erteilt werden“. Die Vorgaben folgen damit einem mehrstufigen „Informationsmodell“.

3. Auch die Rechtsprechung sieht den Normzweck des § 5 VKrG darin, dem Verbraucher schon in der Phase der Werbung vor Augen zu führen, mit welchen Belastungen er bei Erwerb des beworbenen Produkts zu rechnen hat und ihn derart in die Lage zu versetzen, verschiedene Angebote miteinander zu vergleichen. Dem Verbraucher soll ermöglicht werden, die Konditionen des Anbieters und damit die von ihm zu tragende Gesamtbelastung vollständig zu überschauen (RS0129480; s auch Zöchling-Jud in Wendehorst/Zöchling-Jud, Verbraucherkreditrecht [2010] § 5 Rz 1; Pesek, Der Verbraucherkreditvertrag [2012] 23 f; Heinrich in Schwimann/Kodek ABGB4 Bd 5a § 5 VKrG Rz 1; Schurr in Klang3 § 5 VKrG Rz 5 f). Mit der Standardisierung der Informationen soll auch eine Irreführung durch Angabe einzelner günstiger Zahlenangaben unterbunden werden (s Heinrich in Schwimann/Kodek aaO Rz 6 mwN; Schurr in Klang3 aaO Rz 5 f).

4. Dass die Informationen „in klarer, prägnant gefasster Form an optisch hervorgehobener Stelle durch ein repräsentatives Beispiel erteilt“ werden müssen, ist nach Lehre und Rechtsprechung dahin zu verstehen, dass Klarheit und Prägnanz den Inhalt der Informationen betreffen, während „auffallend“ eine optisch hervorgehobene Stelle meint (4 Ob 24/19m mwN). Die Informationen müssen in besonderer Weise gegenüber anderen Informationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmungsfähig hervorgehoben werden (4 Ob 24/19m mit zahlreichen Nw der Lit). „Auffallend“ bedeutet demnach nicht bloß, dass Informationen im Vergleich zur sonstigen Werbeaussage „nicht ungebührlich zurücktreten“ oder „optisch nicht in den Hintergrund“ treten dürfen (Schurr in Klang3 § 5 Rz 10; Zöchling-Jud aaO § 5 Rz 5 unter Verweis auf Koch in ÖBA 2009, 98; ders in Dellinger, Kommentar zum BWG [2007] Rz 38, dieser jedoch noch zu § 35 BWG aF [vor RL-Umsetzung]). Nach der Rechtsprechung meint „auffallend“ vielmehr als formale Anforderung eine Platzierung an hervorgehobener, leicht bemerkbarer Stelle, wogegen „klar und prägnant“ inhaltliche Vorgaben macht, wonach die Informationen exakt, möglichst knapp und für einen durchschnittlichen Verbraucher verständlich sein müssen (RS0132626; Heinrich in Schwimann/Kodek aaO Rz 9, 12).

5. Die Frage, ob auch Informationen im Kleindruck diesen Anforderungen entsprechen können, wird in der Literatur mit unterschiedlichen Akzentuierungen nicht von vornherein verneint:

Zemann, Transparenz bei Verbraucherkrediten, ecolex 2014, 932, erwägt, dass etwa in Prospekten bei einer auffälligen Werbung mit auf die Kosten des Kredits bezogenen Zahlen auch die Wiedergabe eines repräsentativen Beispiels in einer Fußnote ausreichen könnte, wenn in unmittelbarer Nähe zu den angegebenen Zahlen ebenso deutlich („auffallend“) auf die Fußnote hingewiesen wird (etwa durch auffallenden Sternchenhinweis).

Pesek aaO S 25 ff, erachtet Informationen für zulässig, sofern der Kleindruck als solcher im Vergleich zur sonstigen Werbeaussage nicht ungebührlich zurücktritt und der durchschnittliche Verbraucher die realistische Möglichkeit hat, ihn zur Kenntnis zu nehmen und innerhalb des Kleindrucks die nach § 5 VKrG anzugebenden Informationen optisch auffallend von einem sonstigen Text hervorgehoben werden.

Schurr in Klang3 aaO Rz 11 zufolge dürfte die Informationserteilung im Kleindruck zulässig sein, wenn aus der Perspektive des Durchschnittsverbrauchers alle Zahlen im selben (kleinen) Schriftbild aufscheinen und hinsichtlich Farbe, Schriftbild und Kontrast nicht wesentlich hinter den sonstigen Aussagen im Werbetext zurücktreten.

Nach Heinrich in Schwimann/Kodek § 5 VKrG Rz 10 wird dem Gesetzeszweck nicht entsprochen, wenn einzelne Zahlenangaben im normal großen Text, die übrigen Informationen aber lediglich im Kleingedruckten erteilt werden, selbst dann nicht, wenn diese optisch hervorgehoben sind. Anderes gelte aber wohl dann, wenn sämtliche Zahlenangaben im Kleingedrucken enthalten und optisch hervorgehoben seien.

6. Auch der erkennende Senat schließt es nicht von Vornherein aus, dass die Standardinformationen auch im Kleingedruckten erteilt werden können, sofern sie den Anforderungen nach Klarheit, Prägnanz und Auffälligkeit genügen. Wie schon vom Berufungsgericht ausgeführt, kann das der Fall sein, wenn sämtliche Zahlen in Entsprechung dieser Anforderungen im Kleingedruckten enthalten sind, weil ihnen der Durchschnittsbetrachter dann in der Regel gleichwertige Aufmerksamkeit entgegenbringt. Werden aber nur einzelne – etwa die für den Verbraucher besonders vorteilhaften – Zahlen im „normalen“ Text, die übrigen Informationen aber im Kleingedruckten platziert, wird dieser Anforderung in der Regel nicht entsprochen, weil letztere dann per se weniger ins Auge fallen und ihnen daher für gewöhnlich weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das gilt umso mehr, wenn die im Normaltext präsentierten Zahlen blickfangartig hervorgestrichen werden, gilt aber auch selbst bei Hervorhebung einzelner Informationen innerhalb des Kleingedruckten (zB durch Fettdruck oä), wenn ihnen nach dem Gesamteindruck der Werbung nicht ein mit den im Normaltext platzierten Zahlen vergleichbarer Auffälligkeitswert zukommt. Dass sämtliche Zahlenangaben in derselben Art und Weise dargestellt werden müssten (Schurr in Klang3 § 5 VKrG Rz 10) oder eine einheitliche Schriftart und -größe aufzuweisen hätten, ist daraus aber nicht abzuleiten, weil sich je nach Geschick des Werbegestalters auch bei unterschiedlichen Schriftarten oder -größen ausreichende Auffälligkeitswerte von Informationen erzielen lassen.

7. Der erkennende Senat teilt die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die konkrete optische Gestaltung der Werbung den Vorgaben des § 5 VKrG hier nicht genügt:

Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass unterschiedliche Schriftarten und -größen einen Text prinzipiell optisch „lebendiger“ wirken lassen können und dieser Umstand der Aufmerksamkeit für die darin enthaltenen Informationen förderlich sein kann. Im konkreten Fall trifft dies aber auch nicht ansatzweise zu, weil die in der Fußnote enthaltenen Informationen im Kleindruck gegenüber der als „eyecatcher“ im Haupttext angeführten Monatsrate eine wesentlich kleinere Schriftgröße aufweisen, nicht fett gedruckt sind, sich dadurch weniger vom Hintergrund abheben und hier im Blocksatz-Fließtext auch keinen besonderen Auffälligkeitswert haben. Auch wenn man der Beklagten darin folgt, dass ein Text gerade bei unterschiedlicher Gliederung und Formatierung der Informationen interessanter wirkt und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers dabei auf den Text in der Fußzeile gelenkt werde, findet sich im vorliegenden Fußnotentext kein Informationsbestandteil, der als „auffallend“ wahrzunehmen wäre.

Die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, dass die optische Gestaltung des Kreditrechners hier nicht den Vorgaben des § 5 VKrG entspricht.

8. Die Beklagte richtet sich auch dagegen, dass sie ein Beispiel zu wählen habe, das dem überwiegenden Teil der aufgrund der Werbung abgeschlossenen Verträge entspreche. Sie habe auch nicht zugestanden, dass es sich bei dem Beispiel nicht um den durchschnittlich zum Tragen kommenden Zinssatz handle. Die Klägerin habe keinen einzigen im Fernabsatz abgeschlossenen Vertrag vorgelegt, sie sei ihrer Beweislast nicht nachgekommen. Der Hinweis auf die Bonitätsabhängigkeit des Zinssatzes schaffe ausreichend Transparenz.

Dazu war zu erwägen:

Die Werbung muss die Standardinformationen des § 5 Abs 1 Z 1 bis 5 VKrG anhand eines „repräsentativen Beispiels“ enthalten. ErwGr 19 der RL 2008/48/EG hält zu diesem Erfordernis fest: „Da der effektive Jahreszins in diesem Stadium nur anhand eines Beispiels angegeben werden kann, sollte dieses Beispiel repräsentativ sein. Deshalb sollte es beispielsweise der durchschnittlichen Laufzeit und dem Gesamtbetrag des gewährten Kredits bei der betreffenden Art von Kreditvertrag entsprechen und sich gegebenenfalls auf die gekauften Waren beziehen. Bei der Auswahl des repräsentativen Beispiels sollte auch die Häufigkeit des Abschlusses bestimmter Kreditverträge auf einem speziellen Markt berücksichtigt werden. …“

9. Anders als nach § 6 Abs 2 HIKrG ist eine nähere Konkretisierung des „repräsentativen Beispiels“ von Gesetzes wegen nicht erfolgt (vgl demgegenüber auch § 6a Abs 4 dt Preisangabenverordnung [PAngV], wonach der Werbende bei der Auswahl des Beispiels von einem effektiven Jahreszins ausgehen muss, von dem er erwarten darf, dass er mindestens zwei Drittel der aufgrund der Werbung zustande kommenden Verträge zu dem angegebenen oder einem niedrigeren effektiven Jahreszins abschließen wird; zur fraglichen Zulässigkeit einer solchen Vorgabe im Hinblick auf das Vollharmonisierungskonzept der Richtlinie Heinrich in Schwimann/Kodek4 aaO Rz 10 mwN). Nach der Grundidee eines „repräsentativen“ Beispiels und wie auch aus ErwGr 19 hervorgeht, sind für das Beispiel aber jedenfalls solche Zahlen zu wählen, dass der von der Werbung angesprochene Verbraucher von für den beworbenen Kredit typischen Kreditkonditionen ausgehen kann. Da es sich um eine Werbemaßnahme für künftige Kreditvergaben handelt, kann es dabei nicht darauf ankommen, wie viele Kredite in der Folge tatsächlich am Markt zu den genannten Konditionen vergeben werden. Beurteilungszeitpunkt ist vielmehr der Zeitpunkt der Werbemaßnahme, in der der Kreditgeber einschätzen muss, zu welchen Konditionen er Kredite typischerweise an die beworbenen Adressaten zu vergeben bereit ist. Der Wahl der Zahlen kann daher nur eine Prognoseentscheidung des Kreditgebers zugrunde liegen, die im Hinblick auf den „Repräsentationszweck“ des Beispiels freilich nachvollziehbar sein muss (vgl Heinrich in Schwimann/Kodek4 aaO Rz 10).

10. Einer weiteren Konkretisierung des repräsentativen Beispiels bedarf es im vorliegenden Fall nicht:

Die Verwendung eines Sollzinssatzes „abhängig von der Bonität ab 2,99 %“ kann von einem Werbeadressaten nur dahin verstanden werden, dass es sich um einen Mindest-Sollzinssatz handelt, der nicht regelmäßig, sondern nur bei günstigster Bonität gewährt wird. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass der „billigste“ Kredit („ab“) schon jener ist, der im Rahmen einer Kreditpalette typischerweise gewährt werden soll. Dass die von der Beklagten angesprochenen Werbeadressaten aber die dafür erforderliche Bonitätsvoraussetzung im Durchschnitt nicht erfüllen, geht schon aus dem Vorbringen in ihrer Klagebeantwortung (ON 3 S 4) hervor: Sie führte aus, dass in ihrem Rechenbeispiel klar darauf hingewiesen werde, „dass dies ein 'ab-Zinssatz' ist und somit dies nicht der durchschnittlich angebotene/zum Tragen kommende Zinssatz ist. Dem angesprochenen Verbraucher ist klar, dass er einen Kreditvertrag bestenfalls zu diesen Konditionen erhält, aber damit rechnen muss, mehr zu bezahlen“. Damit gesteht die Beklagte aber selbst zu, dass hier keine Kreditvergabe beworben werden soll, bei der die dem Kreditrechner zugrunde liegenden günstigsten Konditionen schon in Durchschnittsbetrachtung gewährt werden.

11. Dieser Umstand ist hier ohne Weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (RS0040110). Danach liegt hier aber – wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte – jedenfalls kein Beispiel vor, das für die beworbenen Kredite als repräsentativ iSd § 5 Abs 1 VKrG angesehen werden könnte. Auf Fragen der Beweislast kommt es danach nicht weiter an.

12. Die Entscheidung 4 Ob 70/14v ändert daran nichts. In ihr wurde ausgesprochen, dass ein schlichter Hinweis auf Art und Umfang der erforderlichen Nebenleistung „abhängig von der Bonität des Kunden“ als ausreichend transparent angesehen werden kann. Jene Entscheidung beschäftigte sich mit § 5 Abs 2 VKrG, sohin mit der Frage der Informationsdarstellung bei einem allenfalls erforderlichen Vertragsabschluss über eine Nebenleistung (dort: Versicherung), bei der die Kosten nicht im Voraus bestimmt werden können. Dass auf diese Verpflichtung hinzuweisen und sie überdies „zusammen mit dem effektiven Jahreszins“ anzugeben ist, soll dem Verbraucher verdeutlichen, dass noch weitere Nebenkosten hinzukommen. Die hier zu beurteilenden Informationen betreffen jedoch den Informationskern nach § 5 Abs 1 VKrG.

13. Die Beklagte erachtet den Urteilsspruch mangels Einschränkung auf die Verwendung des Kreditrechners auf ihrer Website und wegen der beispielhaften Bezugnahme auf die Schriftgröße und -farbe als überschießend.

Zwar ist Gegenstand des Klagebegehrens und des Urteilsspruchs nur die konkrete Verletzungshandlung (RS0037478 [T2, T5]). Wie die Beklagte selbst ausführt, ist das Unterlassungsbegehren in seiner Beschreibung aber einer gewissen Verallgemeinerung zugänglich (vgl RS0037478), um die Umgehung des Verbots nicht allzu leicht zu machen (RS0037733; RS0037607). Es muss der Kern der Verletzungshandlung so erfasst sein, dass unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruchs nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen (RS0037733; RS0133084). Die Zulässigkeit der allgemeinen Fassung eines Unterlassungsbegehrens geht aber nicht so weit, dass beispielsweise ausschließlich allgemein gehaltene Behauptungen verboten werden könnten (RS0037634). Diese Grenze überschreitet der Urteilsspruch nicht, trägt er doch nur dem Umstand Rechnung, dass die Beklagte in der Ausgestaltung ihrer Werbung keine den Erfordernissen des § 5 VKrG entgegenstehende Werbeinformationen erteilen soll. Wie dargelegt, kommt der gewählten Gestaltung durch die kleinere Schriftgröße und die gewählte Schriftart und -farbe auch keine mit der Monatsrate vergleichbare Auffälligkeit zu, sodass sich der Urteilsspruch auch unter diesem Aspekt nicht als zu weit gefasst erweist.

14. Die Beklagte sieht schließlich die Leistungsfrist von einem Monat als zu kurz an.

Auch bei Unterlassungsklagen ist nach § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu bestimmen, wenn die Unterlassung die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (s RS0041265 [T2, T3]). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob die Umsetzung des Unterlassungsgebots aktiver Vorkehrungen wie bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedarf (vgl RS0041265 [T12]). In Klauselprozessen werden je nach Art und Anzahl der zu ändernden Klauseln Leistungsfristen von in der Regel drei bis sechs Monaten gewährt. Hier handelt es sich aber nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen, die auch einen hohen Umstellungsaufwand erfordern können, sondern um eine Werbemaßnahme der Beklagten in ihrem Internet-Auftritt. Zu ihrer Anpassung ist aber eine Leistungsfrist von einem Monat nicht weiter korrekturbedürftig.

15. Der Revision der Beklagten ist danach insgesamt keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E130180

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0090OB00057.20B.1125.000

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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