TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/10 95/20/0201

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.1997
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

VwGG §48 Abs2 Z2;
WaffG 1986 §12 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs2;
WaffG 1986 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 9. Februar 1995, Zl. I-1135/6/1993, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 9. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 9. November 1993, mit dem ihm gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1986 der Besitz von Waffen und Munition verboten worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend stützte sich die belangte Behörde auf den nicht bestrittenen Umstand, daß am 23. und 24. Juni 1994 (richtig: 1993) aus dem Wohnmobil und aus der Wohnung des Beschwerdeführers eine große Anzahl bzw. eine große Menge an Waffen und Munition sichergestellt wurden, und zwar 15 im angefochtenen Bescheid näher bezeichnete, teilweise geladene Faustfeuerwaffen sowie insgesamt 1.845 Stück im angefochtenen Bescheid nach ihrer Art aufgegliederte Patronen und fünf Kisten sowie zwei Kübel mit verschiedener Munition.

Darunter seien auch verbotene Waffen gewesen, nämlich eine Pistole Marke Beretta Kal. 9 mm, verchromt mit Schalldämpfer und 3 Magazinen, ein Gürtelmesser und ein "zum schleunigen Zerlegen eingerichtetes" Gewehr (Bockbüchse); acht im angefochtenen Bescheid im einzelnen angeführte Maschinenpistolen, teilweise mit "aufmagazinierten" Magazinen, seien als Kriegsmaterial einzustufen.

Das Ansammeln einer größeren Menge von Faustfeuerwaffen, Kriegsmaterial und weiteren verbotenen Waffen rechtfertige zwar für sich allein "sicher nicht" die Annahme, daß durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährdet werden könne. Da jedoch neben den Waffen auch große Mengen von Munition sichergestellt worden und teilweise die Waffen geladen bzw. die Magazine "aufmagaziniert" gewesen seien, sei nach Auffassung der belangten Behörde der Schluß begründet, daß sich der Beschwerdeführer "offenbar bewußt über waffenrechtliche Verbote hinwegsetze", was die Annahme rechtfertige, er könnte durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben oder Gesundheit von Menschen oder auch fremdes Eigentum gefährden. Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers tue "dem nichts zur Sache". Wieso aufgrund der Bildung bzw. Ausbildung des Beschwerdeführers ein solcher Mißbrauch nicht zu befürchten sei, könne nicht nachvollzogen werden, zumal er sich bewußt über waffenrechtliche Verbote hinweggesetzt habe, vielmehr hätte der Beschwerdeführer - der über die erforderlichen waffenrechtlichen Urkunden nicht verfüge - aufgrund seines Bildungs- und Ausbildungsniveaus wissen müssen ("bzw. haben Sie auch gewußt"), daß der Besitz der bei ihm sichergestellten Waffen "auf jeden Falle verboten war und einen eindeutigen Rechtsbruch darstellt".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer "Gegenschrift" auszugsweise das Beschwerdevorbringen in indirekter Rede wiedergegeben sowie aus ihrem Bescheid zitiert und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einleitend ist festzuhalten, daß entgegen der offenkundig unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid, die sich auf § 70 Abs. 1 Fremdengesetz bezieht, die Beschwerde zulässig ist, da auch gemäß § 35 Waffengesetz die Entscheidung der belangten Behörde nicht mehr durch ein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden kann, somit die Voraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG erfüllt ist.

Der Beschwerdeführer ist bereits im Verwaltungsverfahren der ihm vorgehaltenen Annahme der Behörde, er habe eine Vielzahl von Waffen und eine Unmenge an Munition besessen, mit dem konkreten Vorbringen entgegengetreten, im einzelnen in (vorgelegten) Listen aufgezählte Waffen gehörten nicht ihm, sondern zwei namentlich genannten Gesellschaften. Dieses Vorbringen hält der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde lediglich in Ansehung des als verboten qualifizierten Gewehres, von drei Faustfeuerwaffen und von

1.280 Patronen aufrecht und führt dazu ergänzend aus, daß es sich bei dem zerlegbaren Gewehr nicht um eine verbotene Waffe handle. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß gemäß § 8 WaffG die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen über den Besitz von Waffen und Munition auch für die Innehabung desselben gelten, es somit für seine waffenrechtliche Verantwortung nicht darauf ankommt, wem die bezeichneten Waffen gehören und ob der Beschwerdeführer diese für sich selbst behalten wollte. Abgesehen davon waren selbst nach Abzug dieser Waffen zehn Faustfeuerwaffen, eine Faustfeuerwaffe mit Schalldämpfer, die die belangte Behörde unwidersprochen als verbotene Waffe qualifiziert hat, ein in gleicher Weise qualifiziertes Gürtelmesser, acht als Kriegsmaterial gewertete Maschinenpistolen und 368 einzeln angeführte Patronen sowie fünf Kisten und zwei Kübel Munition - insofern ausdrücklich zugestanden - im Besitz des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich einen Verfahrensfehler insoweit geltend, als es die belangte Behörde unterlassen habe, Ermittlungen über sein aggressionsfreies Verhalten in der Vergangenheit sowie über die Hintergründe des lediglich auf technischem Interesse bzw. Sammlerinteresse beruhenden Ansammelns der Waffen anzustellen. Was letzteres betrifft, hat die belangte Behörde - wie noch auszuführen sein wird - den Beweggründen des Beschwerdeführers zu Recht keine Bedeutung zugemessen, sondern sich lediglich auf das objektive Faktum des Ansammelns einer großen Menge an Waffen und Munition unter Mißachtung waffenrechtlicher Vorschriften gestützt. Zur Frage des aggressionsfreien Verhaltens des Beschwerdeführers in der Vergangenheit ist auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen, wonach auch ein noch so untadeliges Vorleben einer Partei die Behörde nicht davon abhalten darf, mit einem Waffenverbot nach § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 1. März 1977, Zl. 701/76, vom 3. Oktober 1978, Slg. 9647/A, vom 12. April 1989, Zl. 89/01/0079, und vom 21. Juni 1989, Zl. 89/01/0187). Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, er habe noch nie jemanden mit einer Waffe bedroht bzw. die Waffen auch sonst nicht mißbräuchlich verwendet und auch keine Waffen anderen überlassen, ist nicht zielführend, zumal der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG bereits erfüllt ist, wenn eine Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die dort genannten geschützten Rechtsgüter gefährden KÖNNTE; diese Regelung dient somit der VERHÜTUNG einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt nicht voraus, daß tatsächlich eine solche mißbräuchliche Verwendung stattgefunden hat. Bei dieser Betrachtung ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 3. Dezember 1980, Zl. 127/80, vom 20. Februar 1985, Zl. 85/01/0039, vom 21. Oktober 1987, Zl. 87/01/0140, vom 23. November 1988, Zl. 88/01/0186, vom 22. Jänner 1992, Zl. 91/01/0175, vom 5. April 1995, Zl. 94/01/0130, vom 20. September 1995, Zl. 94/20/0658, und vom 28. November 1995, Zl. 95/20/0255).

Soweit der Beschwerdeführer aus seiner "Bildung und Ausbildung" die Voraussetzungen für einen sachkundigen und vorsichtigen Umgang mit Waffen herzuleiten trachtet, ist ihm zu erwidern, daß die belangte Behörde gerade diesen hohen Ausbildungsstandard gegen den Beschwerdeführer gewendet hat, indem sie in nicht unschlüssiger Weise vom Kennen oder Kennenmüssen der waffenrechtlichen Vorschriften durch den Beschwerdeführer ausgegangen ist; auch bezüglich der vom Beschwerdeführer vermißten "objektiven Umstände" bezüglich seiner Person, die einen Schluß auf die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen zuließen, liegen Ermittlungsergebnisse in Ansehung der erheblichen Anzahl geladener Waffen mit Munition sowie hinsichtlich der Mißachtung waffenrechtlicher Vorschriften durch den Beschwerdeführer vor.

In seiner Rechtsrüge führt der Beschwerdeführer zunächst sinngemäß aus, bei einer Beurteilung, ob eine Person gemäß § 6 Abs. 2 WaffG jedenfalls waffenrechtlich unzuverlässig sei, hätten gemäß § 6 Abs. 3 Z. 2 bestimmte Verurteilungen außer Betracht zu bleiben. Er sei mit noch nicht rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. März 1995 wegen Verstoßes gegen § 280 StGB und Verstoßes gegen das Kriegsmaterialgesetzes zu einer - bedingt nachgesehenen - Freiheitsstraße von sechs Monaten verurteilt worden. Dies zeige, daß diese Tat bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 WaffG, die strenger als § 6 WaffG seien, keine maßgebliche Rolle spiele. Damit wird übersehen, daß die für die Vollziehung des WaffG zuständige Behörde die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes selbständig zu beurteilen hat und die belangte Behörde das - im übrigen noch gar nicht rechtskräftige - Strafurteil im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides auch nicht berücksichtigen konnte. Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0248, mwN bereits dargelegt, daß auch Umstände, die (etwa im Grunde des § 6 Abs. 3 WaffG) nicht den Tatbestand der unwiderleglichen Rechtsvermutung des § 6 Abs. 2 WaffG erfüllen, dennoch und ungeachtet der Nicht-Anwendung dieser Fiktion bei einer Beurteilung der Verläßlichkeit gemäß § 6 Abs. 1 zu berücksichtigen sind. Die Argumentation des Beschwerdeführers zur waffenrechtlichen Verläßlichkeit im Sinne des § 6 WaffG kann daher die Beschwerde schon aus diesem Grund nicht zum Erfolg führen.

Die hier maßgebliche Rechtsfrage ist vielmehr, ob der unbefugte Besitz einer beträchtlichen Menge von Faustfeuerwaffen, Kriegsmaterial, verbotenen Waffen sowie Munition, wobei teilweise die Waffen geladen waren, im Zusammenhalt mit der Mißachtung waffenrechtlicher Verbote eine Tatsache darstellt, die die Annahme rechtfertigt, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Dies ist zu bejahen, weil das vom Beschwerdeführer bewußt vernachlässigte Risiko, das von einer derart beträchtlichen Menge an Waffen und Kriegsmaterial, die überdies teilweise geladen und somit einsatzbereit waren, im Zusammenhalt mit dem von der Behörde festgestellten Umstand der keineswegs sachgemäßen Lagerung der Waffen - insbesondere von Kriegsmaterial - im Wohnmobil bzw. in der Wohnung des Beschwerdeführers herrührt, eine Qualität erreicht, die auch sein weiteres Verhalten schlechthin unkalkulierbar und mit dem konkreten Risiko einer neuerlichen schwerwiegenden waffenrechtlichen Fehlleistung behaftet erscheinen läßt. Diese Umstände rechtfertigen auch im Zusammenhalt mit der vom Beschwerdeführer wiederholt ins Treffen geführten "Bildung und Ausbildung", die ihn jedoch nicht von seinem rechtswidrigen Vorgehen abhielten, die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegte Annahme, daß der Beschwerdeführer im Umgang mit Waffen durch deren mißbräuchliche Verwendung das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden "könnte".

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei dem Rechtsträger der belangten Behörde für den als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz kein Ersatz der Aufwendungen zugesprochen werden konnte, zumal darin lediglich die Begründung des angefochtenen Bescheides auszugsweise wiederholt wurde, ohne daß zum Beschwerdevorbringen Stellung genommen wurde, und dies einer bloßen Berufung auf die Begründung des angefochtenen Bescheides gleichkommt (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur die Erkenntnisse vom 15. November 1983, Zl. 83/11/0084, vom 17. September 1991, Zl. 90/05/0247, vom 7. April 1992, Zl. 91/11/0152, vom 21. Mai 1996, Zl. 96/11/0049, und vom 2. Juli 1996, Zlen. 93/08/0240, 0241).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995200201.X00

Im RIS seit

25.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten