TE Vfgh Beschluss 1995/10/2 V166/94

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Veröffentlicht am 02.10.1995
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Ärzte-AusbildungsO §33 Abs1
Ärzte-AusbildungsO §38 Z8
VfGG §61a

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der Ärzte-AusbildungsO betreffend die Führung bestimmter Berufsbezeichnungen mangels unmittelbarer Betroffenheit des antragstellenden Facharztes für Innere Medizin

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

1. Mit einem auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag begehrt der Antragsteller, er ist Facharzt für Innere Medizin, §33 Abs1 und §38 Z8 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz über die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin und zum Facharzt (Ärzte-Ausbildungsordnung), BGBl. Nr. 152/1994, als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Diese Bestimmungen lauten wie folgt:

"§33. (1) Personen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung 'Facharzt für Anästhesiologie' erworben haben oder ihre Ausbildung zum Facharzt für Anästhesiologie nach den bisher geltenden Bestimmungen beenden, haben die Berufsbezeichnung 'Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin' zu führen."

"§38. Personen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung eine ergänzende spezielle Ausbildung im Sinne der nach dieser Verordnung vorgesehenen ergänzenden speziellen Ausbildung auf dem Teilgebiet eines Sonderfaches oder nachweislich eine zumindest dreijährige Tätigkeit im bezeichnungsrelevanten Teilgebiet eines Sonderfaches zurückgelegt haben, sind nach Eintragung in die Ärzteliste berechtigt, der Berufsbezeichnung 'Facharzt für ...'

folgende Teilgebiete in Klammer als Zusatz anzufügen:

1. ...

...

8. '(Intensivmedizin)' im Rahmen der Sonderfächer Chirurgie, Innere Medizin, Kinder- und Jugendheilkunde, Lungenkrankheiten, Neurochirurgie, Neurologie, Plastische Chirurgie oder Psychiatrie,

9. ...

..."

3. Seine Antragslegitimation begründet der Antragsteller wie folgt:

   "Ich selbst bin Facharzt für Innere Medizin und bin als

solcher berechtigt, die Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere

Medizin' zu führen. Der Umfang meiner beruflichen Berechtigung

ergibt sich aus der Ärzte-Ausbildungsordnung ... . Mit dem Fach

'Anästhesiologie und Intensivmedizin' wird ... lediglich ein Teil

der zum Sonderfach 'Innere Medizin' gehörenden Intensivmedizin

... auch dem Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin

zugewiesen, die Intensivmedizin bleibt aber primär und grundsätzlich im Bereich des Facharztes für 'Innere Medizin'. Durch die angefochtene Neuregelung wird unmittelbar und aktuell ohne behördliche Entscheidung bewirkt, daß ein großer Teil meiner Berufsbefugnisse in irreführender Weise in ein anderes Facharztgebiet 'übergeleitet' erscheint, was im Hinblick auf die formale Legitimität der Berufsbezeichnung 'Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin' rechtlich (nicht bloß faktisch und wirtschaftlich) den Bedeutungsumfang der Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere Medizin' erheblich einschränkt, wozu noch kommt, daß es mir als 'Facharzt für Innere Medizin' von der Ärzte-Ausbildungsordnung nicht zugebilligt wird, mich ohne zusätzliche Ausbildung 'vor Inkrafttreten dieser Verordnung' (!) als 'Facharzt für Innere Medizin (Intensivmedizin)' zu bezeichnen; das alles aber in gesetzwidriger Weise und obwohl ich als Facharzt für Innere Medizin nach wie vor berechtigt bin, Intensivmedizin auszuüben."

4. Die Bundesministerin für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung begehrt.

Zur Zulässigkeit des Antrages wird insbesondere vorgebracht:

"§33 Abs1 der Ärzte-Ausbildungsordnung richtet sich ausschließlich an die Fachärzte für Anästhesiologie und Intensivmedizin und wird auch nur für diese wirksam. Die Rechtsstellung des Antragstellers wird durch diese Bestimmung nicht gestaltet oder berührt.

Wie weiter unten näher ausgeführt ist, wird durch die zitierte Ärzte-Ausbildungsordnung das Tätigkeitsfeld des Facharztes für Innere Medizin nicht eingeengt. Es kann die mangelnde Legitimation des Antragstellers auch keinesfalls dadurch 'ersetzt' werden, daß §33 Abs1 der Ärzte-Ausbildungsordnung allenfalls geeignet sein könnte, sich - indirekt - auf die wirtschaftliche Position des Antragstellers als Facharzt für Innere Medizin auszuwirken.

...

Gemäß §3 des Ärztegesetzes 1984, BGBl. Nr. 373, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 100/94, hat ein Facharzt zur Ausübung seines Berufes (unter anderem) die Eintragung in die von der Österreichischen Ärztekammer zu führende Ärzteliste zu erwirken. Gemäß §11a des Ärztegesetzes 1984 ist in die Ärzteliste die Berufsbezeichnung eines jeden Facharztes einzutragen.

Gegen die Versagung der Eintragung in die Ärzteliste durch die Österreichische Ärztekammer steht gemäß §11b des Ärztegesetzes 1984 die Berufung an den Landeshauptmann offen.

Die Ärzte-Ausbildungsordnung eröffnet u.a. auch Fachärzten für Innere Medizin, die eine ergänzende spezielle Ausbildung in Intensivmedizin absolviert oder eine zumindest dreijährige Tätigkeit auf diesem Gebiet zurückgelegt haben, die Möglichkeit, die Berechtigung zur Führung des Zusatztitels '(Intensivmedizin)' zu erwerben. ... Eine entsprechende Überprüfung durch die für die Vollziehung der zitierten Bestimmung zuständige Österreichische Ärztekammer ist in einem Verfahren auf Verleihung des Zusatztitels 'Intensivmedizin' vorzunehmen und könnte durchaus im Sinne des Antragstellers enden.

Dem Antragsteller steht zur Geltendmachung der - angeblich - gesetzwidrigen Bestimmung des §38 Z8 der Ärzte-Ausbildungsordnung sohin der Weg offen,

   -      bei der Österreichischen Ärztekammer den Antrag zu

          stellen, in der Ärzteliste unter seinem Namen die

          Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere Medizin

          (Intensivmedizin)' einzutragen und/oder

   -      bei der Österreichischen Ärztekammer den Antrag auf

          Ausstellung eines Ärzteausweises mit der

          Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere Medizin

          (Intensivmedizin)' zu stellen,

   -      nach der (allenfalls) bescheidmäßigen Abweisung des

          einen und/oder des anderen Antrages Berufung an den

          Landeshauptmann von Wien zu erheben und (nach

          Ausschöpfung eines allenfalls noch offenstehenden

          weiteren Instanzenzuges)

   -      mit einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG den

          Verfassungsgerichtshof anzurufen."

Der Antragsteller hat eine Replik erstattet, in welcher er sich u.a. zur Frage der unmittelbaren Wirksamkeit der angefochtenen Bestimmungen wie folgt äußert:

   "... Die §§33 Abs1 und 38 Z8 Ärzte-AusbildungsO sind (auch)

für mich wirksam geworden:

   -      §33 Abs1 schlägt die nach wie vor einen integrierten

          Bestandteil der 'Inneren Medizin' bildende

          'Intensivmedizin' bezeichnungsmäßig nicht der (mir

          zustehenden) Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere

          Medizin' zu, sondern schafft ein Sonderfach

          'Anästhesiologie und Intensivmedizin' samt der

          entsprechenden Berufsbezeichnung. Die

          'Intensivmedizin' wird damit - jedenfalls nach außen

          deklariert - von meinem Fachbereich 'Innere Medizin'

          scheinbar abgespalten, obwohl es weiterhin

          integrierter Bestandteil der 'Inneren Medizin' bleibt.

   -      §38 Z8 räumt (auch) mir die Berechtigung ein, meiner

          Berufsbezeichnung 'Facharzt für Innere Medizin'

          (allerdings bloß in Klammer) das Wort

          '(Intensivmedizin)' hinzuzufügen, und zwar nur für den

          Fall, daß ich bestimmte (zusätzliche)

          Ausbildungserfordernisse nachweise. Im Zusammenhang

          mit der Regelung des §33 Abs1 wird damit die oben

          erwähnte, bloß scheinbare 'Abspaltung' deutlich

          gemacht: Es wurde nicht etwa (ohne weitere

          Voraussetzungen) die Berufsbezeichnung 'Facharzt für

          Innere Medizin und Intensivmedizin' geschaffen,

          sondern es wurde - und auch das nicht bedingungslos -

          lediglich die Möglichkeit des in Wahrheit eine

          Einschränkung signalisierenden (und damit

          irreführenden) Klammerausdrucks '(Intensivmedizin)'

          geschaffen."

5. Drei Fachärzte für Anästhesiologie und Intensivmedizin haben unter Berufung auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13641/1993 und 8489/1979 ihre Berechtigung zur Beteiligung am gegenständlichen Verfahren behauptet und eine Äußerung erstattet.

6. Der Antrag ist unzulässig.

Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

Mit seinem Vorbringen vermag der Antragsteller nicht darzutun, daß seine Rechtsposition durch die angefochtenen Gesetzesbestimmungen der Ärzte-Ausbildungsordnung unmittelbar betroffen wird. §33 Abs1 der genannten Verordnung ordnet an, daß bestimmte Personen die Berufsbezeichnung "Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin" zu führen haben. Diese Anordnung richtet sich nicht unmittelbar an Fachärzte für Innere Medizin. Sie bezieht sich nur auf die Berufsbezeichnung von Personen, die vor Inkrafttreten der Ärzte-Ausbildungsordnung die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung "Facharzt für Anästhesiologie" erworben haben oder ihre Ausbildung zum Facharzt für Anästhesiologie nach den bisher geltenden Bestimmungen beenden. Deren Rechtsposition, nicht aber die der Fachärzte für Innere Medizin und damit auch nicht die des Antragstellers wird durch die in Rede stehende Vorschrift gestaltet.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß die durch diese Vorschrift, d.h. durch die erste der beiden angefochtenen Bestimmungen erfolgte Erweiterung der Berufsbezeichnung bisheriger Fachärzte für Anästhesiologie unter Umständen auf die wirtschaftliche Position von Fachärzten für Innere Medizin im Wettbewerb um Patienten sich auszuwirken geeignet ist. Dies ändert aber nichts daran, daß §33 Abs1 der Ärzte-Ausbildungsordnung die Rechtsstellung des Antragstellers als Facharzt für Innere Medizin nicht gestaltet (vgl. VfGH 27.9.1994, G184/94).

Auch durch §38 Z8 der Ärzte-Ausbildungsordnung in seiner Gesamtheit wird die Rechtsposition des Antragstellers nicht unmittelbar betroffen. Diese Vorschrift ermöglicht es zwar Fachärzten für Innere Medizin, aber nicht nur diesen, sondern auch Fachärzten für Chirurgie, Kinder- und Jugendheilkunde, Lungenkrankheiten, Neurochirurgie, Neurologie, Plastische Chirurgie oder Psychiatrie bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen an ihre Berufsbezeichnung in Klammer den Zusatz "Intensivmedizin" anzuschließen. Nur ein Teil dieser Vorschrift, nämlich die Wortfolge "Innere Medizin", ist potentiell dazu geeignet, Rechtswirkungen für den Antragsteller zu entfalten. Zu deren Aktualisierung aber bedarf es, wie sich aus dem Wortlaut der in Rede stehenden Vorschrift ergibt, der Stellung eines entsprechenden Antrages.

Der Antrag war daher hinsichtlich beider bekämpfter Vorschriften mangels Legitimation zurückzuweisen.

Die von der Bundesministerin für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz begehrten Kosten waren nicht zuzusprechen, da Prozeßkostenersatzansprüche in Verfahren gemäß Art139 B-VG nur für obsiegende Individualantragsteller vorgesehen sind (§61 a VerfGG).

7. Auf die Äußerung der behaupteterweise als mitbeteiligte Parteien einschreitenden Personen - die zur Stützung der Legitimation ihres Einschreitens bezogene Judikatur hat Bescheidbeschwerden, nicht aber Normenprüfungsverfahren zum Gegenstand - war mangels Parteistellung (vgl. VfSlg. 8521/1979) nicht einzugehen.

8. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Ärzte, Berufsrecht Ärzte, VfGH / Kosten, VfGH / Beteiligter, VfGH / Parteien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V166.1994

Dokumentnummer

JFT_10048998_94V00166_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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