TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 W198 2228895-1

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
GSVG §273
GSVG §3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W198 2228895-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 23.01.2020,
GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK) hat mit Bescheid vom 23.01.2020, GZ: XXXX , die für XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer), BKNR XXXX , seit 01.10.1986 bestandene Teilversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG wegen Wegfall der Voraussetzungen per 30.11.2019 beendet.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 01.10.1986 als freiberuflich tätiger bildender Künstler gemäß dem seinerzeit in Geltung gestandenen § 8 Abs. 1 Z 4 lit. a ASVG in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert und nach dem damals geltenden § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG in der Pensionsversicherung teilversichert gewesen sei. Voraussetzung für diese Pflichtversicherung sei gewesen, dass die vom Beschwerdeführer ausgeübte künstlerische Tätigkeit seinen Hauptberuf bilde. Im Rahmen einer gesetzlichen Änderung sei festgelegt worden, dass für Neufälle ab 01.01.2001 sowohl die Kranken- und Unfall-, als auch die Pensionsversicherung im GSVG geregelt sei. Aufgrund der im § 273 Abs. 6 GSVG vorgesehenen Übergangsbestimmung sei für den Beschwerdeführer nach dem 01.01.2001 die Teilversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG jedoch weiterhin bestehen geblieben. Am 22.11.2019 habe die ÖGK davon Kenntnis erlangt, dass der Einkommenssteuerbescheid 2017 des Beschwerdeführers beim Einkommen aus selbständiger Arbeit einen Negativbetrag von € 5.136,86 aufweise. Die Teilversicherung des Beschwerdeführers in der Kranken- und Unfallversicherung sei daher mit Bekanntwerden dieses Umstandes per 30.11.2019 zu beenden.

2. Gegen diesen Bescheid der ÖGK hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.02.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Begründung der ÖGK, wonach die freiberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers durch den negativen Einkommenssteuerbescheid 2017 nicht mehr gegeben sei, als unzutreffend angesehen werde, da bei jeder freiberuflichen Tätigkeit natürliche Schwankungen beim Einkommen vorkommen würden. Der Beschwerdeführer sei bereits über 30 Jahre in seinem Beruf tätig und habe es bereits zwei bis dreimal Einkommenssteuerbescheide mit Negativbeträgen gegeben, die bislang ohne Auswirkungen gewesen seien. Im Sinne der Gleichbehandlung von Personen mit geregeltem Einkommen zu freiberuflich Versicherten mit schwankendem Einkommen ersuche der Beschwerdeführer um Stattgabe seiner Beschwerde.

3. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 25.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war seit 01.10.1986 als freiberuflich tätiger bildender Künstler gemäß dem seinerzeit in Geltung gestandenen § 8 Abs. 1 Z 4 lit. a ASVG in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert und nach dem damals geltenden § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG in der Pensionsversicherung teilversichert.

Der Einkommenssteuerbescheid 2017 des Finanzamtes Wien 12/13/14/Purkersdorf vom 29.05.2019 des Beschwerdeführers weist bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit ein negatives Einkommen von € 5.136,86 auf. Dieser Einkommensteuerbescheid wurde vom Beschwerdeführer am 22.11.2019 an die ÖGK übermittelt.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verfahrensaktes der ÖGK und des Aktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Sachverhalt ist im vorliegenden Fall unstrittig. Es handelt sich daher um eine reine Beurteilung einer Rechtsfrage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu A.) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 lit. a ASVG in der am 31.12.1999 geltenden Fassung
(BGBl. I Nr. 173/1999) waren freiberuflich tätige bildende Künstler im Sinne des
§ 3 Abs. 3 Z 4 GSVG in der Kranken- und Unfallversicherung teilversichert.

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG in der damals geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 139/1997) waren freiberuflich tätige bildende Künstler, wenn diese Tätigkeit ihren Hauptberuf und die Hauptquelle ihrer Einnahmen bildet, in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Der Beschwerdeführer war daher – aufgrund eben zitierter Bestimmungen - seit 01.10.1986 als freiberuflich tätiger bildender Künstler gemäß dem seinerzeit in Geltung gestandenen
§ 8 Abs. 1 Z 4 lit. a ASVG in der Kranken- und Unfallversicherung teilversichert und nach dem damals geltenden § 3 Abs. 3 Z 4 GSVG in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Aus Anlass der Einführung einer einheitlichen Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung für alle selbstständig erwerbstätigen Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBI. Nr. 400, erzielen, wurde
§ 8 Abs. 1 Z 4 lit. a ASVG aufgehoben, wobei diese Aufhebung gemäß § 581 Abs. 1a ASVG mit 01.01.2001 zum Tragen kam. Im Rahmen dieser gesetzlichen Änderung wurde hinsichtlich der Personengruppe der freiberuflich tätigen bildenden Künstler im Sinne des damaligen
§ 3 Abs. 3 Z 4 GSVG sohin festgelegt, dass für Neufälle ab 01.01.2001 sowohl die Kranken- und Unfall- als auch die Pensionsversicherung im GSVG geregelt ist.

Die Übergangsbestimmung des § 273 Abs. 6 GSVG lautet: „Freiberuflich tätige bildende Künstler, freiberuflich tätige Pflichtmitglieder der Tierärztekammern und freiberuflich tätige Mitglieder der Österreichischen Dentistenkammer, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und die am 31. Dezember 1999 nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert sind, nunmehr aber nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes pflichtversichert wären, bleiben weiterhin nach den genannten Vorschriften des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes in der Kranken- und Unfallversicherung pflichtversichert, so lange die selbständige Erwerbstätigkeit, welche die Pflichtversicherung nach den bisherigen Vorschriften begründet hat, weiter ausgeübt wird und keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eintritt. Dabei gilt der Anfall einer Pension nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz sowie das Ruhen nach § 22a K-SVFG nicht als Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes.“

Zumal beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 273 Abs. 6 GSVG zum damaligen Zeitpunkt gegeben waren, blieb für den Beschwerdeführer auch nach dem 01.01.2001 die Teilversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG weiterhin bestehen.

Am 22.11.2019 übermittelte der Beschwerdeführer seinen Einkommenssteuerbescheid 2017 an die ÖGK, welcher bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit ein negatives Einkommen von € 5.136,86 aufweist. Daraus ergibt sich, dass die freiberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Künstler nicht mehr die Hauptquelle der Einnahmen war.

Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde zu Recht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 2005, Zl. 2003/08/0276, verwiesen hat,
in welchem ausgeführt wurde, dass die Beitragsgrundlagen der ehemals gemäß § 4 Abs. 3 Z 3 ASVG pflichtversichert gewesenen Personen nach § 44 Abs. 1 Z 3 ASVG idF der Novelle BGBI. Nr. 201/1967 gebildet würden. Demnach sei als allgemeine Beitragsgrundlage der „Arbeitsverdienst" (das „Erwerbseinkommen") in der Weise zu errechnen, dass jeweils für den Zeitraum der Tätigkeit in dem Kalenderjahr, in dem der Beitragszeitraum liege,
der auf den Beitragszeitraum entfallende Durchschnitt des Einkommens zu ermitteln sei.
Bei der danach vorzunehmenden Festsetzung der Beiträge sei zu beachten, dass nach
§ 5 Abs. 1 Z 2 ASVG die Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs. 2 ASVG auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden seien, dass es statt auf das „Entgelt" auf das „Erwerbseinkommen" ankomme. Liegt das demgemäß zu errechnende monatliche Erwerbseinkommen einer Person unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG,
liegt daher keine Versicherungspflicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem weiteren Erkenntnis vom 02.07.2008, Zl.2006/08/0200, unter anderem festgehalten, dass die Versicherungs- und damit auch die Beitragspflicht daran geknüpft ist, dass der Künstler überhaupt ein steuerpflichtiges Einkommen erzielt.

Im gegenständlichen Fall erhielt die ÖGK am 22.11.2019 davon Kenntnis, dass der Einkommensteuerbescheid 2017 des Beschwerdeführers bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit ein negatives Einkommen von € 5.136,86 aufweist.
Die Teilversicherung des Beschwerdeführers in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG war daher mit Bekanntwerden des Umstandes per 30.11.2019 zu beenden.

Die vom Beschwerdeführer - allfällig - geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken („im Sinne der Gleichbehandlung von Personen mit geregelten Einkommen zu freiberuflich Versichert mit schwankenden Einkommen werde um Stattgabe der Beschwerde ersucht“) werden vom Bundesverwaltungsgericht nicht geteilt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Einkommenssteuerbescheid Krankenversicherung künstlerische Tätigkeit Rechtslage selbstständig Erwerbstätiger Teilversicherung Übergangsbestimmungen Unfallversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2228895.1.00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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