TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/23 W135 2234729-1

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Veröffentlicht am 23.10.2020
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Entscheidungsdatum

23.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W135 2234729-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC als Vorsitzende und die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.08.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist seit 30.09.2016 im Besitz eines Behindertenpasses, in welchem der Gesamtgrad der Behinderung zuletzt mit 50 v.H. ausgewiesen wurde (festgestellte und nach der Einschätzungsverordnung eingeschätzte Funktionseinschränkung: Zustand nach Leberzelltransplantation wegen einer bösartigen Neubildung in der Leber ohne Hinweis auf Absiedlungen).

Der am 28.12.2018 gestellte – erste – Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (in weiterer Folge: belangte Behörde) vom 23.05.2019 abweisend erledigt und die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.11.2019, W133 2220814-1, rechtskräftig abgewiesen.

Am 19.05.2020 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten, den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass bei der belangten Behörde und führte begründend aus, dass mittels einer Biopsie eine chronisch schwere Nierenkrankheit festgestellt habe werden können. Die Folgen seien Kurzatmigkeit und hoher Blutdruck. Er gelte als Risikopatient, da er im Juni 2018 eine Lebertransplantation gehabt habe. Es sei hm abgeraten worden, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ein Arzt habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass er aufgrund der Operation ohne zusätzliche Untersuchung höchstwahrscheinlich die Eintragung erhalten werde. Er habe einen hohen Betrag für die Ummeldung seines KFZ ausgegeben und benötige diesen Eintrag nun dringend für das Finanzamt.

Seinem Antrag legte der Beschwerdeführer einen histologischen Befundbericht vom 17.02.2020 vor.

Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten der bereits im Rahmen der ersten Antragstellung im Jahr 2019 befassten Fachärztin für Innere Medizin ein, welches am 21.07.2020, nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.06.2020, erstellt wurde. Die Sachverständige hält darin wie folgt fest:

„Anamnese:

Letzte Begutachtung vom 21.2.2019: GdB 50vH wegen Z.n. Lebertransplantation wegen bösartiger Neubildung befristet bis 06/2023 Beantragung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel"

Derzeitige Beschwerden:

"Das Knie ist neu, da fahre ich auf Rehab, das habe ich erst seit ein paar Wochen, ich hatte das schon einmal vor 20 Jahren. Ich habe jetzt beim Spar geparkt, bekomme Schmerzen in der Brust. Bekomme leicht blaue Flecken. Ich blute schnell. Die öffentlichen Verkehrsmittel kann ich nicht benutzen, weil ich erstens schon 70 Jahre alt bin. Ich bin tot, wenn es mich erwischt. Ich habe mich rechtlich erkundigt, sie können es befürworten. Es ist noch nicht offiziell. Meine Frau wurde von einem Neurologen begutachtet, seither geht sie nicht mehr aus dem Haus, da ist der Arzt schuld."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Envarsus, Co Enac, Carvedilol, Enalapril, Nephrotrans, Amlodipin, Resonium, Antiflat, Lasix, Excipial, Balneum, Dolgit, Hirudoid

Sozialanamnese:

verheiratet

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befund Histo Niere vom 14.2.2020: Glomerulopathie

nachgereicht:

Kreatinin: 1,69mg/dl

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: normal

Größe: 162 cm Gewicht: 61,00 kg  Blutdruck: 130/80

Klinischer Status – Fachstatus:

HNAP frei, keine Lippenzyanose

Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten palpabel

Thorax: symmetrisch Pulmo: VA, SKS

Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent

Abdomen: Narbe bland, V.a kleine Hernie, Leber und Milz nicht palpabel, keine

Druckpunkte, keine Resistenzen, Darmgeräusche lebhaft

UE: keine Ödeme, Fußpulse palpabel

Faustschluss: möglich, NSG: möglich, FBA: 10cm ZFS: möglich

Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen

Gesamtmobilität - Gangbild:

keine Hilfsmittel, Gangbild unauffällig

Status Psychicus:

Ductus kohärent, allseits orientiert

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Zustand nach Lebertransplantation wegen bösartiger Neubildung

2

Glomerulopathie, Kreatinin leicht erhöht

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstmalige Berücksichtigung von Leiden 2

Dauerzustand.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Gutachterliche Stellungnahme:

Keine. Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellen sich ein guter Allgemein- und Ernährungszustand dar. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten lassen sich keine erheblichen funktionellen Einschränkungen objektivieren. Das Gangbild stellt sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln flüssig und sicher dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen Extremitäten liegen nicht vor. Greif- und Haltefunktion ist beidseits insgesamt gegeben. Bei Fehlen maßgeblicher funktioneller Einschränkungen der Wirbelsäule lassen sich keine maßgeblichen motorischen Defizite und Lähmungen objektivieren. Erhebliche kardiopulmonale Störungen lassen sich im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht erheben und sind befundmäßig nicht dokumentiert. Es besteht ein Zustand nach Lebertransplantation mit den danach üblichen immunsupprimierenden Medikamenten. Eine schwere Erkrankung des Immunsystems- einem Zustand nach aktueller Knochenmarkstransplantation gleichzusetzen- ist daraus aber nicht abzuleiten. Den Befunden ist weder eine signifikant erhöhte Infektanfälligkeit zu entnehmen, noch gibt es einen Hinweis auf Infektionen mit Problemkeimen. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten mit erheblicher Limitierung der Gehstrecke liegt nicht vor. Ein psychisches Leiden, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert, liegt nicht vor. Zusammenfassend ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung möglich; das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen und damit die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ liegen daher nicht vor.“

Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21.07.2020 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit und gab ihm Gelegenheit binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen. Als Beilage wurde ihm das eingeholte Sachverständigengutachten vom 21.07.2020 übermittelt.

Die Möglichkeit einer Stellungnahme zum eingeholten Gutachten ließ der Beschwerdeführer ungenutzt.

Mit angefochtenem Bescheid vom 18.08.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 21.07.2020, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Die Ergebnisse dieses ärztlichen Begutachtungsverfahrens wurden als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer neuerlich das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 02.09.2020 das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin vor, dass sein Immunsystem aufgrund der Transplantation nicht in der Lage sei Corona oder eine Grippe abzuwehren. Er habe Atembeschwerden beim Gehen und werde schnell müde. Des Weiteren habe er Arthrose in den Knien und leide zeitweise an schmerzhaften Krämpfen in den Beinen.

Der Beschwerdeführer legte seiner Beschwerde keine weiteren Befunde bei.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.09.2020 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses, in welchem ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. ausgewiesen ist.

Beim Beschwerdeführer liegen aktuell folgende dauerhafte Funktionseinschränkungen vor:

1.       Zustand nach Lebertransplantation wegen bösartiger Neubildung

2.       Glomerulopathie, Kreatinin leicht erhöht

Das Gangbild des Beschwerdeführers ist frei und unauffällig, sodass das Zurücklegen von kurzen Wegstrecken, sowie die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

Es liegen beim Beschwerdeführer keine Funktionseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität ausreichend erheblich und dauerhaft einschränken. Es liegen auch keine entscheidungsrelevanten Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.

Es besteht beim Beschwerdeführer ein Zustand nach einer Lebertransplantation mit den üblichen immunsuppressiven Medikamenten, eine darüberhinausgehende schwere Erkrankung des Immunsystems ist aus den Befunden nicht ableitbar. Den Befunden ist weder eine signifikant erhöhte Infektanfälligkeit zu entnehmen, noch gibt es einen Hinweis auf Infektionen mit Problemkeimen.

Die erfasste Funktionseinschränkung „Glomerulopathie“ wirkt sich nicht in einer die Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel bedingenden Weise aus.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt, insbesondere dem darin einliegenden Datenstammblatt, woraus ersichtlich ist, dass beim Beschwerdeführer ab 30.09.2016 ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 v.H. vorlag und dieser seit 28.12.2018 50 v.H. beträgt. Dem Akt ist auch das Schreiben der belangten Behörde vom 23.05.2019 einliegend, mit welchem der Beschwerdeführer über das Ergebnis des damaligen Ermittlungsverfahrens zu seinem am 28.12.2018 gestellten Antrag in Kenntnis gesetzt wurde, woraus sich auch ergibt, dass der Behindertenpass im Scheckkartenformat unbefristet ausgestellt wurde.

Die Feststellungen zu den beim Beschwerdeführer aktuell vorliegenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem von der belangten Behörde veranlassten und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten ärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Inneren Medizin vom 21.07.2020, welches oben im Detail wiedergegeben wurde.

Die Fachärztin für Innere Medizin geht darin nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und deren Auswirkungen auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei ein. In die Beurteilung der Sachverständigen ist sowohl das vom Beschwerdeführer mit dem gegenständlichen Antrag vorgelegte medizinische Beweismittel vom 14.02.2020 mit den aktuellen Diagnosen, als auch der im Rahmen der durchgeführten Untersuchung vorgelegte Kreatininwert eingeflossen.

Die Sachverständige konnte im Ergebnis keine gesundheitlichen Einschränkungen beim Beschwerdeführer feststellen, die die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen ließen. Die Auswirkungen der bei ihm festgestellten Funktionseinschränkungen „Zustand nach Lebertransplantation wegen bösartiger Neubildung“ und „Glomerulopathie, Kreatinin leicht erhöht“ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zeigen sich in keinem Ausmaß, welches deren Benützung verunmöglichen würde.

Insbesondere bedingt sein Zustand nach der erfolgten Lebertransplantation keine schwere Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränken könnte. Die Sachverständige attestiert beim Beschwerdeführer weder eine signifikant erhöhte Infektanfälligkeit noch gibt es einen Hinweis auf Infektionen mit Problemkeimen. Der im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung vom Beschwerdeführer angegebenen Medikamentenliste ist zu entnehmen, dass er unter anderem das immunsupprimierende Medikament Envarsus einnimmt, welches zur Behandlung von Abstoßungsreaktionen nach einer Organtransplantation eingesetzt wird (Quelle: Beipackzettel von Envarsus 0,75 mg Retardtabletten). In diesem Zusammenhang ist auf die – nachfolgend in den rechtlichen Ausführungen im Detail wiedergegebenen – Erläuterungen zur im gegenständlichen Fall anzuwendenden Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hinzuweisen, wonach es bei allen frisch transplantierten Patienten nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa drei Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation komme, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass nicht erkannt werden kann, dass er aufgrund der Corona-Pandemie - unter Einhaltung der derzeit geltenden Vorsichtsmaßnahmen in öffentlichen Verkehrsmitteln - einem höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt wäre; wie bereits festhalten, wurde beim Beschwerdeführer keine signifikant erhöhte Infektanfälligkeit festgestellt.

Zu den in der Beschwerde weiters hervorgehobenen Atembeschwerden beim Gehen und der schnellen Ermüdung ist festzuhalten, dass die Sachverständige beim Beschwerdeführer einen guten Allgemeinzustand attestiert und auch der klinische Status keine Hinweise auf erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit enthält, der die beantragte Zusatzeintragung rechtfertigen könnte. Ebenso wenig sind erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten aus dem vorgebrachten Umstand erkennbar, dass der Beschwerdeführer Arthrosen in den Knien habe und zeitweise an schmerzhaften Krämpfen in den Beinen leide, wobei diese Beschwerden mit keinerlei Befunden untermauert wurden. Die Sachverständige konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.06.2020 ein unauffälliges Gangbild erheben und werden vom Beschwerdeführer beim Gehen auch keine Hilfsmittel benutzt. Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten mit erheblicher Limitierung der Gehstrecke liegt der Sachverständigen zu Folge nicht vor.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, ein Arzt habe ihm gesagt, dass er aufgrund der Operation höchstwahrscheinlich die Eintragung ohne zusätzliche Untersuchung erhalten werde, ist festzuhalten, dass gemäß § 1 Abs. 5 der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die gegenständlich in Rede stehende Zusatzeintragung, ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice bildet. Die im Fall des Beschwerdeführers beigezogene Sachverständige hat das Vorliegen der Voraussetzungen schlüssig und nachvollziehbar sowie ausreichend begründet verneint. Dem Beschwerdeführer wäre es freigestanden, so er der Meinung ist, dass die Beurteilung der Sachverständigen, nämlich, dass ihm trotz der unstrittig vorliegenden Lebertransplantation die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, unzutreffend ist, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften. Durch eine bloße gegenteilige Behauptung, die in ihrer Qualität nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgt, kann das Gutachten eines Sachverständigen nicht entkräftet werden (vgl. VwGH 18.04.2001, 98/09/0218). Der Beschwerdeführer hat jedoch weder im zuvor geführten, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.11.2019, W133 2220814-1/5E, rechtskräftig erledigten noch im gegenständlichen Verfahren ein Gegengutachten oder medizinische Befunde vorgelegt, welche darauf hinweisen könnten, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Lebertransplantation die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A)

Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.

Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.

Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.

In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.

Der für die hier begehrte Zusatzeintragung relevante § 1 Abs. 4 Z 3 der zitierten Verordnung hat folgenden Wortlaut:

„§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 
1. ...         
2. …
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und         
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder         
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder         
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder         
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder         
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.“

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) Folgendes ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

[...]

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-        vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-        laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-        Kleinwuchs,

-        gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-        bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde im in den wesentlichen Teilen wiedergegebenen, auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 21.07.2020 nachvollziehbar dargelegt, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit – diese betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen –, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen festzustellen gewesen.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, ergibt sich aus den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 zudem, dass laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern – welcher sich der Beschwerdeführer unterzieht – für sich noch keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedeuten.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen der beigezogenen fachärztlichen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig wären und er hat im Rahmen der Beschwerde auch keine Unterlagen vorgelegt, die Hinweise auf ein zusätzliches Dauerleiden oder aber auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leiden ergeben würden.

Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Betreffend die Frage, ab wann die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gerechtfertigt ist, konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ohnehin klare Rechtslage des BBG bzw. der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen. Dass bei der Beurteilung dieser Frage ein medizinischer Sachverständiger beizuziehen ist, gründet auf der – an entsprechender Stelle angeführten – ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W135.2234729.1.00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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