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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des T in R, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1995, Zl. 4.347.109/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 6. August 1995 in das Bundesgebiet ein. Am 9. August 1995 beantragte er, ihm Asyl zu gewähren. Bei seiner am 16. August 1995 vor dem Bundesasylamt erfolgten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer an, er habe von 1993 bis 1994 in G am Schwarzen Meer als einfacher Soldat seinen Militärdienst abgeleistet. Er habe keine Ruhe gehabt. Als er in der ersten Oberstufenklasse des Gymnasiums gewesen sei, habe man ihn von der Schule geworfen. Man habe ihn auch mit Gewalt zum Militär gebracht. Während der Ableistung seines Militärdienstes habe er mehr Arbeit und Dienst leisten müssen als "ein Türke". Er sei beim Militär auch geschlagen worden. Nach dem Militärdienst habe man ihn überreden wollen, als Dorfschützer tätig zu werden. Der Kommandant der Gendarmerie sei zu ihm nach Hause gekommen und habe ihm gesagt, er solle Dorfschützer werden. Er habe das abgelehnt. Danach sei er nach Ga geflüchtet, wo er - ohne in sein Dorf zurückzukehren - bis zu seiner Flucht geblieben sei. In Ga sei er keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen. Er sei dann nur noch einen Tag bei seiner Familie geblieben, um sich zu verabschieden. Wäre er in der Türkei geblieben, wäre er gestorben. Wäre er Dorfschützer geworden, hätte ihn die PKK umgebracht, wäre er nicht Dorfschützer geworden, hätte ihn das Militär umgebracht. Die Aufforderung, Dorfschützer zu werden, sei zwei Monate nach seinem Militärdienst erfolgt. Seine Ausreise habe er durch Bestechung und durch einen Schlepper geregelt.
Mit Bescheid vom 21. August 1995 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers im wesentlichen mit der Begründung ab, die von ihm vorgebrachten Umstände indizierten seine Flüchtlingseigenschaft nicht, im übrigen nahm die Behörde erster Instanz den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 infolge der Durchreise des Beschwerdeführers durch Ungarn und dort erlangter Verfolgungssicherheit an.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gerichtete Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Sie legte ihrer Entscheidung das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens zugrunde und übernahm, da sie keinen der in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 angeführten Fälle, auf Grund derer eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gewesen wäre, als vorliegend erachtete, sowohl die Tatsachenfeststellung als auch die "zutreffende" rechtliche Beurteilung des Bescheides des Bundesasylamtes, legte diese ihrer Entscheidung zugrunde und erhob die dortigen Ausführungen "vollständig" auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Im übrigen nahm auch die belangte Behörde den Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 als vorliegend an und verwies hiezu darauf, der Beschwerdeführer habe der von der Behörde erster Instanz herangezogenen Stellungnahme des UNHCR vom 4. Juli 1994 hinsichtlich der Verfolgungssicherheit in Ungarn nichts Konkretes entgegenzuhalten vermocht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Ohne auf die Frage der Verfolgungssicherheit im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 eingehen zu müssen (vgl. hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162), erweist sich die Beschwerde aus nachstehenden Gründen im Ergebnis als nicht berechtigt:
Das Bundesasylamt hat die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer sei im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und sei im Jahr 1995 legal über den Flugplatz Istanbul nach Albanien und Ungarn ausgereist. Hätte tatsächlich Verfolgungsabsicht seitens seines Heimatstaates bestanden, wäre ihm diese legale Ausreise nicht möglich gewesen bzw. hätten Maßnahmen gegen seine Person die Folge sein müssen. Auch die bloße Aufforderung, als Dorfschützer tätig zu werden, könne nicht als Grundlage für die Gewährung von Asyl herangezogen werden. Er habe sich nach dieser Aufforderung nicht mehr in seinem Heimatort, sondern in Ga aufgehalten, wo er nach eigenen Angaben keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Die Verfolgung (bzw. die Furcht davor) müsse sich jedoch auf das gesamte Gebiet seines Heimatstaates beziehen, um asylrelevant zu sein. Insoweit in der Berufung dagegen Ermittlungsfehler der Behörde erster Instanz geltend gemacht wurden, insbesondere, die Behörde erster Instanz hätte festzustellen unterlassen, welche möglichen Folgen mit der Aufforderung, Dorfschützer zu werden, für den Asylwerber hätten bestehen können, sei auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 16 Abs. 1 AsylG 1991 wohl bestimmt, daß die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, daß die für die Entscheidung erheblichen Angaben über die zur Begründung des Asylantrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Asylantrages notwendig erscheinen, erforderlichenfalls auch von Amts wegen Bescheinigungsmittel beizuschaffen sind, diese Gesetzesstelle, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt, aber keine über den Rahmen der angeführten Bestimmung hinausgehende Ermittlungspflicht beinhaltet. Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. als Beispiel für viele hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0487). Lag diesbezüglich keine Verfahrensverletzung durch die Behörde erster Instanz vor, war auch von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 AsylG vom Ermittlungsergebnis des Verfahrens erster Instanz auszugehen.
Den erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß die Verweigerung, die Stellung eines Dorfschützer anzunehmen, für ihn von konkreten asylrelevanten Konsequenzen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat sogar die Frage nach einer etwaigen Verfolgung während seines Aufenthaltes in Ga ausdrücklich verneint. Unter diesen Umständen kann in der daran anschließenden Beurteilung der Verwaltungsbehörden, eine befürchtete Verfolgung müsse sich auf das gesamte Heimatland des Beschwerdeführers beziehen, im Sinne der hg. Judikatur keine Rechtswidrigkeit erblickt werden; hinzu kommt, daß im Hinblick darauf, daß der Militärdienst des Beschwerdeführers zumindest bereits Ende 1994 beendet war, die Aufforderung, Dorfschützer zu werden, zwei Monate später erfolgte, er jedoch erst Anfang August 1995 aus seinem Heimatland ausgereist ist, ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der von ihm mißachteten Aufforderung, Dorfschützer zu werden, und seiner Ausreise nicht mehr hergestellt werden kann. Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995200698.X00Im RIS seit
20.11.2000