Entscheidungsdatum
30.10.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W266 2223201-2/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf HALBAUER, Bakk. Phil. als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA Mag. Johannes Polt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle NÖ, vom 8.8.2019, OB XXXX , betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer war Inhaber eines vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge: belangte Behörde) ausgestellten Behindertenpasses.
Am 8.1.2019 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“.
Mit dem im Spruch zitierten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Die belangte Behörde begründete dies damit, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ein ärztliches Gutachten eingeholt worden wäre, welches dem Bescheid beigelegt sei und einen Bestandteil der Begründung bilde. Aufgrund dieses Gutachtens sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und lägen somit die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung nicht vor.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer – unter Vorlage neuer Beweismittel – fristgerecht Beschwerde erhoben und bringt darin im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzung für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ vorlägen. Der gesundheitliche Zustand habe sich nicht gebessert, sondern vielmehr verschlechtert. Der Grad der Behinderung betrage offenkundig mehr als 50 %. Aufgrund der Einschränkungen beim Ein- und Aussteigen sowie beim Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sei die Sicherheit nicht gewährleistet. Aufgrund dieser Bewegungseinschränkungen sei keine ausreichende Beweglichkeit für einen sicheren Transport gegeben. Laut dem aktuellen Befundbericht des Dr. XXXX habe eine NNH Tumor OP stattgefunden und sei eine fortlaufende Kontrolle und Behandlung erforderlich. Die daraus resultierende Beeinträchtigung unter anderem im Zusammenhang mit Atemproblemen/Rheumabeschwerden und ständigen Schmerzen mache die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Der Beschwerdeführer leide zudem an einem Burn-out Syndrom und stehe in psychotherapeutischer Behandlung. Er müsse aufgrund seines Gesundheitszustandes eine Psychotherapie in Anspruch nehmen.
1.1. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Nach Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere die im Akt erliegenden Befunde sowie Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie, eines aus dem Bereich der Unfallchirurgie/Orthopädie sowie Allgemeinmedizin und eines aktuellen Auszuges aus dem zentralen Melderegister, steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist österreichische Staatsbürger, am XXXX geboren und wohnhaft in XXXX , XXXX .
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tage, zur Zahl W266 2223201-1, wurde aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den von der belangten Behörde ausgestellten Behindertenpass entschieden, dass diese Ausstellung mangels der Voraussetzungen zu Unrecht erfolgte. Der Beschwerdeführer ist somit nicht im Besitz eines Behindertenpasses.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes wird folgendes festgestellt:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut. Größe 171 cm, Gewicht 95 kg, Alter: 31a
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein DS.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Gaenslen negativ.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschtuss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 213 möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich der Oberschenkel lateral als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Knie links: Bewegungsschmerzen, sonst unauffällig.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist links bis 400, rechts bis 600 mit endlagigen Schmerzen.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, Achsen physiologisch, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der ges. Wirbelsäule, DS ISG bds Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 25 cm, F und s je 20 0
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität — Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Wanderstöcken, mit angelegtem Lendenstützmieder, das Gangbild ist hinkfrei, unauffällig.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Funktionseinschränkungen:
1) Seroneg. Spondylarthritis
2) Depressio
Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten liegen keine Funktionseinschränkungen vor. Weder im Bereich der Hüftgelenke noch Kniegelenke noch Sprunggelenke und Füße konnte eine Funktionseinschränkung festgestellt werden. Insbesondere konnte kein radikuläres Defizit eindeutig objektiviert werden, eine Vorfußheberschwäche oder Vorfußsenkerschwäche konnte nicht festgestellt werden. Erhebliche Komorbiditäten der oberen Extremitäten liegen nicht vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist unbeschränkt möglich, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich der gesamten oberen Extremitäten beidseits vorliegt.
Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Eine kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektivierbar.
Weiters liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor. Insbesondere konnte kein neurologisches Defizit festgestellt werden.
Zudem liegen keine schweren anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems, keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.
Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m ist möglich, eine maßgebliche Funktionseinschränkung, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke erheblich erschweren könnte, ist nicht objektivierbar. Die teilweise Verwendung von Wanderstöcken als Gehilfe kann ist aufgrund der vorliegenden Einschränkungen nicht notwendig.
Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich. Eine Einschränkung des Bewegungsumfangs der Gelenke der unteren Extremitäten konnte nicht festgestellt werden. Ein neurologisches Defizit, welches zu einer erheblichen Schwäche führen könnte, ist weder dokumentiert noch anhand der aktuellen Begutachtung objektivierbar.
Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, eine Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Das Anhalten ist nicht erschwert, relevante Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten insbesondere der Hände konnten nicht festgestellt werden.
Höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten sind nicht zu erwarten.
Eine Therapierefraktion ist hinsichtlich der angegebenen Beschwerden nicht gegeben.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers am Antragsformular, auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt sowie auf dem eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes bzw. den Funktionsstörungen beruhen die Feststellungen auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten eines Sachverständigen für Psychiatrie/Neurologie und einer Sachverständigen für Unfallchirurgie/Orthopädie sowie Allgemeinmedizin, welche auf persönlichen Untersuchungen basieren. Dies sind in sich schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Es wird darin vollständig und in nachvollziehbarer Art und Weise auf alle, vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde eingegangen.
In Zusammenschau mit dem erhobenen Befund sowie den vorgelegten Befunden führt die Sachverständige für Unfallchirurgie nachvollziehbar aus, dass im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten keine Funktionseinschränkungen vorliegen, da weder im Bereich der Hüftgelenke noch Kniegelenke noch Sprunggelenke und Füße eine Funktionseinschränkung festgestellt werden konnte. Insbesondere konnte kein radikuläres Defizit eindeutig objektiviert werden, eine Vorfußheberschwäche oder Vorfußsenkerschwäche konnte ebenso nicht festgestellt werden.
Ebenso ist nachvollziehbar, dass erhebliche Komorbiditäten der oberen Extremitäten nicht vorliegen und das Erreichen von Haltegriffen sowie das Festhalten unbeschränkt möglich ist, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich der gesamten oberen Extremitäten beidseits vorliegt.
Der neurologische Sachverständige kam bei seiner Untersuchung ebenfalls zu dem Ergebnis, dass an den oberen, wie auch an den unteren Extremitäten keine Paresen vorliegen und die Muskeleigenreflexe jeweils mittellebhaft auslösbar sind. Dies steht im Einklang mit den Ausführungen der unfallchirurgischen Sachverständigen sowie auch mit dem Befund der neurologischen Aufnahmestation KH Horn vom 5.8.2019 (V.a.depr. Episode, M. Bechterew).
Wie die Sachverständige ausführt, sind keine kardiopulmonalen Funktionseinschränkungen oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit objektivierbar und liegen somit keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor.
Zum Vorliegen erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen erklärt die Sachverständige das Nichtvorliegen damit, dass insbesondere kein neurologisches Defizit festgestellt werden konnte und verweist in diesem Zusammenhang auch auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte neurologische/psychiatrische Gutachten. Der psychiatrische Sachverständige führt dazu aus, dass die psychiatrischen Symptome nicht relevant sind für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Er begründet dies schlüssig damit, dass für die Beurteilung die drei Faktoren, klaustrophobe, soziophobe und Kontrollelemente von Relevanz sind. Als Hauptdiagnose muss eine Klaustrophobie, Soziophobie oder eine phobische Angststörung vorliegen. Eine dauernde psychische Erkrankung hat zur Voraussetzung, dass alle sinnvollen, verfügbaren und zumutbaren Therapiemethoden zum Einsatz gekommen und nachgewiesen sein müssen (nervenärztliche Behandlung über mehr als ein Jahr mit zielführender Medikation, die bei Wirkungslosigkeit geändert wurde sowie auch psychotherapeutische Maßnahmen, ebenfalls für mehr als ein Jahr). Diese Voraussetzungen liegen nach dem Sachverständigen nicht vor und sind auch aus den Befunden nicht erkennbar.
Das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems, einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit wurde weder vorgebracht noch sind Hinweise darauf hervorgekommen.
Aufgrund dieser Ausführungen ist die Aussage der Sachverständigen, dass das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m möglich ist, als schlüssig zu erachten. Insbesondere da die Sachverständige hiezu nochmals darauf hinweist, dass eine maßgebliche Funktionseinschränkung, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke erheblich erschweren könnte, nicht objektivierbar ist.
Daraus ergibt sich auch, dass das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung einer Gehhilfe, wie die zum Teil verwendeten Wanderstöcke, nicht ausreichend begründbar ist.
Auch die Aussagen zum Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln sind in Zusammenschau mit dem erhobenen Befund schlüssig und war daher festzustellen, dass das Überwinden möglich ist. Eine Einschränkung des Bewegungsumfangs der Gelenke der unteren Extremitäten konnte nicht festgestellt werden. Ein neurologisches Defizit, welches zu einer erheblichen Schwäche führen könnte, ist weder dokumentiert noch anhand der aktuellen Begutachtung objektivierbar.
Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist, nach den Ausführungen der Sachverständigen, möglich, da eine Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit nicht festgestellt werden konnte. Das Anhalten ist nicht erschwert, relevante Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten insbesondere der Hände konnten nicht festgestellt werden.
Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt beurteilt werden. Anhand des beobachteten Gangbilds - hinkfrei, insgesamt sicher-, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit freier Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten, und der derzeitigen Therapieerfordernis (Adamon long 150 mg 2 x tgl, Tramal gtt b Bed, Dronabinol 20 gtt tgl) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten.
Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine weitere Beschwerdeerleichterung zu erwarten ist.
Zudem beschäftigt sich die orthopädische Sachverständige auch eingehend mit den im Akt aufliegenden Befunden, die wie folgt zusammenfasst werden:
Abl. 27 Befund Dr. XXXX Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie 18.5.2018 (neuropathischer Schmerz, Schlafstörungen, seronegative Spondylarthritis, Nikotinmissbrauch, Belastungsreaktionen) — zwischenzeitlich ist eine psychische Rehabilitation erfolgt. Neuropathische Schmerzen sind nicht durch aktuelle Befunde belegt.
Abl. 29 Befund Dr. XXXX Facharzt für Psychiatrie 30.8.2018 (Teilremission der Belastungsreaktionen, Parästhesien beide unteren Extremitäten links betont. Thymopsyche wechselhaft) - zwischenzeitlich ist eine psychische Rehabilitation erfolgt und eine geringgradige Besserung wird aktuell angegeben. Keine Relevanz für beantragte Zusatzeintragung, siehe auch neurologisches Gutachten vom 21.1.2020.
Abl. 31, Befund Dr. XXXX Arzt für Allgemeinmedizin 11.12.2018 (Seroneg. Spondylarthritis ED 2014, Cervikobrachialsyndrom links, Meralgia parästhetica linker Oberschenkel) im Befund enthaltener Status untermauert Richtigkeit der aktuell getroffenen Beurteilung.
Abl. 35-45 = 51-61 Befund Klinikum Bad Gastein 7.2.2019 (Seroneg. Spondylarthritis, Pes planus bds, Depressio beh.) — Befund untermauert aktuell getroffenen Beurteilung.
Abl. 65-67 Labor 3.5.2019 (geringgradige Eisenmangel, geringgradig Hyperlipidämie, CRP geringgradig erhöht) -steht in Einklang mit getroffener Beurteilung, eine maßgebliche entzündliche Aktivität ist nicht dokumentiert.
Abl. 71 Befund Dr. XXXX Facharzt für HNO Krankheiten 2.7.2019 (Z.n. NNH Papillom Kieferhöhle rechts OP 06/2019, Hörsturz mit Tinnitus, Laryngopharyngitis. Laryngopharyngitis, Raucher Laryngitis) — eine Hörminderung ist nicht dokumentiert. Zustand nach Nasennebenhöhlenoperation führt zu keiner objektivierbaren Funktionseinschränkung, eine Atembehinderung ist nicht feststellbar, keine Relevanz für beantragte Zusatzeintragung.
Abl. 101 Befund Neurolog. Aufnahmestation KH Horn (V.a.depr. Episode, M. Bechterew) — die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht ableitbar, siehe auch neurologisches Gutachten vom 21.1.2020
Abl. 103 Befund Dr. XXXX FA für Psychiatrie 23.8.2019 (reaktiv ondulierendes Burnout mit Ärger, Schlafstörungen) — die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht ableitbar, siehe auch neurologisches Gutachten vom 21. 1. 2020
Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:
Entlassungsbrief Krankenhaus Korneuburg Rheumatologie 20.9.2019 (seronegative Spondylarthritis unter laufender Therapie mit Simponi. Entzündungsparameter im Normbereich, Hl-AB 27 anamnestisch negativ, Diagnose durch MRT der Sacroiliacalgetenke mit Knochenmarksödem an typischer Stelle bestätigt, neuerlich Simponi Therapie gestartet) — untermauert aktuell getroffene Beurteilung.
Röntgen Hand beidseits, Kniegelenk beidseits 17.9.2019 (Hände: unauffällig, Knie: unauffällig) — untermauert aktuell getroffene Beurteilung.
Labor vom 24.4.2020 (Fe-MangeI, Leberfunktionsparameter ggr. erhöht, CRP im Normbereich) - untermauert aktuell getroffene Beurteilung.
Labor vom 23.3.2020 (Leberfunktionsparameter ggr. erhöht, CRP geringgradig erhöht) untermauert aktuell getroffene Beurteilung.
CT Nasennebenhöhlen 15.10.2019 (geringes Schleimhautödem) — nicht behinderungsrelevant.
Befund Dr. Brandl Facharzt für Lungenkrankheiten 25.2.2020 (mäßiggradige bronchiale Obstruktion. Verdacht auf bronchiale Hyperreagibilität, Foster, Singulair) — einmalige Dokumentation einer bronchialen Hyperreagibilität bedingt kein behinderungsrelevantes Leiden, da nicht über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten belegt.
Befund Dr. Brandl Facharzt für Lungenkrankheiten 21.11.2019 (geringgradiges Schlafapnoesyndrom, Zustand nach Operation bei Deviation der Nasenscheidewand, seronegative Spondylarthritis, Nikotinabusus. Berodual) — Schlafapnoesyndrom: nicht durch aktuelle Befunde belegt.
Bericht rheumatologische Ambulanz 10.9.2019, Befund rheumatologische Ambulanz 19.11.2019 (Kontrolle noch fehlende Besserung auf Simponi), Bericht rheumatologische Ambulanz 17.12.2019 (Fortsetzen der Therapie mit Simponi), Befund rheumatologische Ambulanz Krankenanstalt 11. 2. 2020 (Besserung unter Simponi, Kur in Bad Gastein geplant) - untermauert aktuell getroffene Beurteilung.
Die vorgelegten und im Gutachten berücksichtigten Befunde stehen gemeinsam mit dem Ergebnis der persönlichen Untersuchungen im Einklang mit den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):
Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).
Daraus folgt:
Die gegenständlichen Sachverständigengutachten entsprechen den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Einschätzungsverordnung und wird, aus den unter Punkt 2 näher ausgeführten Gründen, der Entscheidung zugrunde gelegt.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
? erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
? erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
? erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
? eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
? eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Beim Beschwerdeführer liegen keine der genannten oder diesen entsprechende Einschränkungen oder Erkrankungen vor und ist das Erreichen, ein gesichertes Ein- und Aussteigen und ein gesicherter Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich.
Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Im Übrigen ist der Beschwerdeführer aufgrund des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tage zur Zahl W266 2223201-1 nicht mehr Inhaber eines Behindertenpasses und kann somit ohnehin keine Zusatzeintragung erfolgen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung im Erkenntnis vom 16.12.2013, 2011/11/0180 (mit Hinweis auf EGMR 13.10.2011, Fexler gg. Schweden, Beschw. Nr. 36.801/06) aus, dass eine solche unterbleiben kann, wenn der Ausgang des Verfahrens vor allem vom Ergebnis der Gutachten medizinischer Sachverständiger abhängt und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass er den von der Behörde eingeholten Gutachten entgegentritt. Dies gilt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes umso mehr für den Fall einer von den Parteien nicht beantragten mündlichen Verhandlung.
In diesem Zusammenhang wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) verwiesen, die im Bereich von Entscheidungen, die eher technischer Natur („rather technical in nature“) sind und deren Ausgang von schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachten abhängt („the outcome depended on the written medical opinions“) unter Rücksichtnahme u.a. auf die genannten Umstände von der Zulässigkeit des Absehens einer mündlichen Verhandlung ausgeht, dies nicht nur im Verfahren vor dem jeweils zuständigen Höchstgericht, sondern auch in Verfahren vor dem als erste gerichtliche Tatsacheninstanz zuständigen (Verwaltungs)Gericht, dem die nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen zukommt (vgl. etwa EGMR [Unzulässigkeitsentscheidung] 22.05.2012, Osorio gg. Schweden, Beschw. Nr. 21.660/09, sowie VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221, mit Hinweis auf EGMR 18.07.2013, Beschw. Nr. 56.422/09, Schädler-Eberle gg. Liechtenstein; EGMR 10.05.2007, Beschw. Nr. 7401/04, Hofbauer gg. Österreich Nr. 2; EGMR 03.05.2007, Beschw. Nr. 17.912/05, Bösch gg. Österreich).
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten – und als schlüssig erachteten – Gutachten zweier medizinischer Sachverständigen, denen der Beschwerdeführer weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten ist. Die strittigen Tatsachenfragen gehören ausschließlich dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
ZU B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung im Gegenstand von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W266.2223201.2.00Im RIS seit
04.01.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2021